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Schokolade aus Veitshöchheim – Landrat im Austausch zu den aktuellen Herausforderungen

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

 "Wo drückt der Schuh und wo können wir als Behörde und von der Politik her unterstützen?" Diese Frage steht seit jeher im Mittelpunkt der traditionellen Firmenbesuche, so auch am Montagnachmittag bei  Landrat Thomas Eberth, als dieser der Frankonia Schokoladenwerke GmbH in Veitshöchheim seine Aufwartung machte, wie zuvor auch schon Waldemar Zorn im November 2003 (siehe nachstehender Link auf Bericht am Ende).

Im Gefolge des Landrats dabei waren neben seinen Stabsstellen-Mitarbeitern (li. Rico Neubert, Kreisentwicklung und 3.v.l. Michael Dröse, Stabsstelle Landrat) und Geschäftsbereichsleitern (u.a. re. Mira Dos Santos Brandao, Kommunales und Sicherheit) auch Bürgermeister Jürgen Götz (2.v.l.), IHK-Geschäftsführer Professor Dr. Rolf Jahn (2.v.r.), Vorstand Dr. Hans-Peter Ebert vom Bayerischen Zentrum für Angewandte Energie (3.v.r.) und Nicole Kerber von der Agentur für Arbeit.

"Ich finde es Klasse und als starkes Zeichen der Wertschätzung, dass so viele Bereiche hier vertreten sind, in einer Zeit, die nicht ganz so einfach ist", sagte zur Begrüßung Geschäftsführer Hüseyin Alkan (2.v.r.), im Bild mit seinen Betriebsleitungskräften Ramona Taverne und Christian Endrich. Wie Alkan sagte, brenne sein Betrieb, wie viele andere Betriebe auch, derzeit vieles auf der Seele, das man loswerden möchte. Den Firmenbesuch des Landrats bezeichnete  Alkan deshalb als ein hervorragendes Instrument, miteinander in den Dialog zu treten, mit Leuten, die direkt Verantwortung tragen oder indirekt beitragen können, Entwicklungen in eine bestimmte Richtung zu lenken. So sagte der Geschäftsführer denn auch: "Nach Vorstellung der Firma mittels Powerpoint und einer Führung durch die Produktionsstätte müssen wir uns auch mit anderen Themen auseinanderzusetzen, die uns wirklich vor riesige Herausforderungen stellen."

"In Europa konsumieren die Deutschen pro Person mit  9,1 Kilogramm nach den Schweizern mit 11,3 Kilogramm die meisten Schokoladewaren", dies offenbarte Alkan, als er Einblicke in die deutsche Süßwarenindustrie gab und die Produktion seiner seit 40 Jahren auf einer Fläche von 43.000 Quadratmeter im Veitshöchheimer Gewerbegebiet ansässigen Firma vorstellte. So verführt Frankonia mit einer Produktionskapazität von zwölf Millionen Kilogramm weltweit mit besonderen Süßwaren – von laktosefreien, veganen und mit Maltit oder Traubenzucker gesüßten Schokoladen über Fitnessprodukte bis zu gefüllten Waffelschnitten und konventioneller Schokolade. Alkan: "Immer am Puls des Marktes ist unser Unternehmen geprägt von Flexibilität und Kontinuität im Produktsortiment und in der Produktionstechnologie. Sowohl Lebensmittelhandel als auch Industrieunternehmen (B2B) zählen zu unseren Kunden und schätzen uns als innovatives und serviceorientiertes Unternehmen."

Das 1869 von dem Würzburger Konditor Wilhelm Wucherer im Frauenland gegründete innovative und serviceorientierte mittelständische Unternehmen konnte im September 2019, sich auf einem Höhepunkt in der durch zahlreiche Höhen und Tiefen gekennzeichneten Firmengeschichte befindend, mit einem Betriebsfest im großen Stil mit den 240  Mitarbeitern das 150jährige Bestehen feiern (siehe nachstehender Link).

Zum gleichen Zeitpunkt wurde hier auf Veitshöchheim News berichtet, dass sich Frankonia im 150. Jubiläumsjahr sich großen Herausforderungen hinsichtlich Markt, Digitalisierung und Nachhaltigkeit stellt (siehe nachstehender Link). Für das mittelständische Unternehmen, dessen Stammkapital von 2,8 Millionen Euro seit der Umwandlung in eine GmbH im Jahr 1980  zu über 95 Prozent die französische Cémoi-Gruppe hält, hat sich, wie der Geschäftsführer berichtete, ist im Juli 2021 eine strukturelle Neuausrichtung eingetreten.

Das seit 1962 von der Familie Poirrier im französischen Perpignan geführte Mutterunternehmen der Frankonia mit 14 Produktionsstätten, 3.200 Mitarbeitern in neun Produktionseinheiten, jährlich 200.000 Tonnen verkauften Pralinen und Süßwaren und einem Umsatz von 750 Millionen Euro im Jahr 2020 wurde im Juli 2021 durch die belgische Gruppe Baronie (benannt nach den Familiennamen der Gründer: Barents, de Roth und Nieuwenhuis) übernommen. Deren Mutterfirma wiederum ist die von der Familie Wander geführte belgische Gruppe Sweet Products, die 2011 die vom Umsatz her zehnmal größere  1839 in Köln gegründete Stollwerck-Gruppe übernahm und zu der auch die belgische Eiscremegruppe gehört.

Die Frankonia Schokoladenwerke gehört somit nun nach der Fusion der weltweiten Nummer eins im Bereich der Eigenmarken-Schokoladenhersteller an und profitiert bei einem Umsatz des Konzerns von zuletzt 1,2 Billionen Euro und insgesamt 5.000 Mitarbeitern und mit 23 Fabriken und vier Lagern in Europa, den Vereinigten Staaten, England und der Elfenbeinküste von der vollständigen Kontrolle über die Kakaolieferkette, von der Bohne bis zum fertigen Produkt. Obwohl konzernzugehörig ist die Frankonia, so Geschäftsführer Alkan, nach dem Motto "Wir denken global, aber handeln lokal" völlig eigenständig bei der Produktentwicklung und den Investitionen.

DISKUSSIONSRUNDE

In der Diskussionsrunde nach der Betriebsbesichtigung kristallisierte sich schnell heraus, dass auch bei der Frankonia "der Kittel brennt" durch die sprunghaft angestiegenen Energiepreise.

"Was uns besonders bewegt ist  unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit der Einsatz von Primärenergie einerseits zur Temperaturanhebung für die Schokoladenmasse  auf bis zu 45 Grad und andererseits zur Kühlung  von Produkten auf fünf Grad und im Lager auf 18 Grad", erläuterte  der Geschäftsführer. Bereits im Vorjahr habe man die Kältetechnik auf den neuesten Stand gebracht. Problem sei beim Blick in die Zukunft, dass man eine Grundlage für Investitionen brauche, die einigermaßen Sicherheit gibt. Was jedoch, so meinte der Landrat, hinsichtlich Planungs-, Handwerkerkapazität schwierig sei und auch der Markt nicht hergibt. So warte man aktuell realistisch auf Wärmepumpen ein Jahr, auf Wechselrichter für PV-Anlagen viele Monate. Professor Jahn geht davon aus, dass sich die Preise in ein bis zwei Jahren wieder einigermaßen normaliseren. So erklärte denn auch Geschäftsführer Alkan, nicht ad hoc zu reagieren, sondern etwas Langfristiges zu machen, alles auf  vernünftiger Basis durchzukalkulieren, nicht nur das Thema Energie, sondern auch die CO2-Minimierung.

Da der Betrieb einen sehr hohen Energiebedarf hat, bot bereits beim Landratbesuch 2003 ein Mitarbeiter des Zentrums für angewandte Energieforschung der Uni eine thermische Beratung an, um die Betriebsprozesse bei Frankonia energetisch zu optimieren. Das Angebot innovativer Elemente machte nun auch wieder Vorstand Dr. Hans-Peter Ebert.

Bürgermeister Götz regte an, die Energieproblematik zum Thema bei einem Unternehmer-Frühstück der Betriebe im Gewerbebetrieb zu machen, ob man Möglichkeiten für einen Austausch von Energie untereinander sieht und sich hierbei auch über die Installation von PV-Anlagen auf den Flachdächern im Gebiet auszutauschen..

Ein weiteres Problem, das Alkan ansprach, ist schon seit Jahren der Fachkräftemangel, wie auch ein Blick auf die aktuellen Stellenausschreibungen der Firma offenbart:

Impressionen von der Betriebsbesichtigung des Landrats

(Landrat Eberth: "Wir waren sehr neugierig, es war sehr interessant und ganz toll auch, was in der Entwicklung  passiert.")

Geschäftsführer Hüseyin Alkan erläuterte  seinen Gästen im Detail den Produktionsablauf; im Bild verweist er im Rohstofflager auf die Behälter mit Flüssigkomponenten, die über Rohrverbindungen mittels moderner IT-Technik automatisch den Knetanlagen der Schokoladenmasse zugeführt werden. Details sind im Bericht vom September 2019 nachzulesen (siehe nachstehender Link).

Höchst interessant war für Landrat und Bürgermeister in der Entwicklungsabteilung das Kosten von neuen Rezepturen. 

Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022
Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022

Fotos Dieter Gürz vom 18.9.2022

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D
Im Ausreden-Erfinden groß.<br /> <br /> Herkömmliche Solarmodule wiegen inklusive der Unterkonstruktion 13 bis 16 kg pro Quadratmeter. Industriebauten wurden früher mit Dachlasten von 75 kg pro Quadratmeter (Schneelast) berechnet. Außer den herkömmlichen, mehrere Zentimeter starken Modulen, die häufig verbaut werden, gibt es auch eine Dünnschichttechnologie, Module aufgedruckt auf dünne Folien. Zudem gibt es PKW-Parkflächen, die auch überdacht werden können, mit einer Statik, die mit den 16 kg pro Quadratmeter spielen zurechtkommt. Aber da hätte man ja investieren müssen. Jammern, jetzt, wo der Zug abgefahren ist, das ist da schon leichter.<br /> <br /> Dieter Leimkötter
Antworten
B
Auf dem Ackerland, neben dem Firmengebäude, ist kein Betrieb einer Solaranlage möglich?
D
Probleme teils hausgemacht<br /> <br /> Schokolade ist nicht nur ein Energieträger für das persönliche Wohlbefinden. Das Produkt verbraucht in der Herstellung auch eine Menge Energie. Jetzt, wo die Energie teuer wird, bekommt dieser Faktor große Aufmerksamkeit. Eigentlich hätte Frankonia, wie auch viele andere Betriebe Veitshöchheims hier vorsorgen können. Schaut mal auf die riesigen Dachflächen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind diese ungenutzt. Allein bei Frankonia könnten auf fast 800 Quadratmetern günstig Strom für den Eigenbedarf produziert werden. Praktischerweise tagsüber, wann die Maschinen laufen. Oder im Sommer, wenn die Kühllager auf Hochtouren laufen. Man hätte in den letzten Jahren hier investieren können, aber da wurden die Gewinne lieber an den Mutterkonzern überwiesen. Heute, wo’s Probleme gibt, da ruft man dann lieber nach dem Staat. Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren, das kennen wir ja noch aus der Finanzkrise.<br /> <br /> Dieter Leimkötter
Antworten
D
Laut Firma ließ sich eine PV-Anlage auf dem Dach wegen statischer Probleme leider nicht realisieren