Veitshöchheimer Walter Schilling lädt am 19.9. Interessierte zur Vorstellung seines Buches "Die Burgen, Schlösser und Herrensitze Unterfrankens" ein
Der Veitshöchheimer Architekt Walter Schilling übergab dieser Tage ein frisch gedrucktes Exemplar seines Buches "Die Burgen, Schlösser und Herrensitze Unterfrankens" an Elisabeth Birkhold zur Aufnahme in die heimatgeschichtliche Abteilung der Veitshöchheimer Bücherei im Bahnhof.
Im Lesecafé der Bücherei stellt der Autor am Mittwoch, 19.09.12 um 20.00 Uhr das soeben im Echter Verlag erschienene Buch der interessierten Öffentlichkeit vor. Dazu ergeht eine herzliche Einladung an alle interessierten Bürger. Der Eintritt ist frei.
Walter Schilling hat berufsmäßig schon viele historische Kirchen wie die Vituskirche in seinem Heimatort restauriert, nebenbei baute er aber auch Neuartiges wie die Mainfrankensäle, den Kindergarten Sankt Martin oder die Aussegnungshallen in den beiden Friedhöfen seiner Heimatgemeinde.
Der Architekturhistoriker Dr. Joachim Hennze beschreibt in seiner Einführung Schillings architektonisches Wirken: "Nach seiner Ausbildung am Würzburger Polytechnikum prägte ihn das Werk des Architekten Emil Steffann (1899—1968). Ausgehend von der klassischen Moderne suchte Schilling vor allem im Sakralbau seine Wirkungsstätte, plante und baute in Achtung vor Maß und Proportion, respektierte auch die Kargheit der Nachkriegszeit. Schnörkellosigkeit und Vermeidung unnötiger Ornamente waren seine Leitlinien."
Nun hat sich der 82jährige neben seinen zahlreichen Neubauten und Generalinstandsetzungen auch als Autor verewigt. In seinem soeben erschienenen, mit Mitteln des Bezirks Unterfranken geförderten Buch lädt der Heimatforscher auf 574 Seiten ein zu einer Reise durch die Vergangenheit, die auch heute noch unter uns weilt.
Mit feinen Stiftzeichnungen der über 300 Burgen, Schlösser und Herrensitze und kurzen, allgemein verständlichen Beschreibungen jedes historischen Bauwerkes macht Walter Schilling auf unbekannte, oft ungesehene Meisterwerke der Baukunst aufmerksam, die sich in Unterfranken verstecken.
Dazu Hennze: "Die von Schilling verwendete Stiftzeichnung, ein bewährtes Arbeitsmittel, wie sie früher in der Architektenausbildung gang und gäbe war, hat den Vorteil, dass interessierte Leser und Betrachter nicht nur nüchterne Worte oder beliebige Fotografien vor sich haben, sondern eine konzentrierte, detailreiche Ansicht jedes Bauwerkes.
Dem Leser legt er seine auf Fahrten und Wanderungen gesammelten und gezeichneten Bauten ans Herz. Wichtig dabei: Diese Zeugen der Vergangenheit sind allesamt Lehrbeispiele, die heute noch von gutem Bauen künden! Den Neugierigen und den Nichtfranken führt es ein in die „grüne Ouvertüre“ Franken, dem Kundigen und Kenner aber eröffnet es neue Perspektiven, Blickachsen auf vor langer Zeit Gesehenes, das eine erneute Reise wert ist."
Die dargestellten Objekte hat er gegliedert nach den Stadt- und Landkreisen des Bezirks.
Schematische Übersichtskarten der einzelnen Kreise erleichtern das Auffinden der Orte und machen es einfach auf eine Wanderung mit Kulturcharakter aufzubrechen. Allein in Würzburg skizzierte Schilling 20 historische Bauwerke (siehe Lageplan).
Seit 18 Jahren schon zeichnete Schilling historische Bauwerke. Es sind alles Unikate, die er aus seinem speziellen Blickwinkel heraus, alle vor Ort anfertigte und mit vielen Notizen versah.
Augenscheinlich wird der besondere Blickwinkel bei den Perspektiven einiger bedeutender Sehenswürdigkeiten der Festung Marienberg in Würzburg wie v.l. der Rundkirche mit einem Außendurchmesser von 19,8 Meter an der Nord-Ost-Seite der Kernburg, der mittig in der Kernburg stehende 35,3 Meter hohe Bergfried mit fünf Geschossen, der markante Kiliansturm an der Nord-West-Ecke (Schillings Beschreibung: über vier quadratischen Geschossen wurde unter Julius Echter ein zurückversetztes, achteckiges Geschoss aufgebaut, das eine Zwiebelhaube mit Laterne trägt) und der mächtige von Balthasar Neumann erbaute Maschkuliturm mit fünf Schießscharten in fünf Geschossen am südlichen Fuß des Festungsberges.
Schillings Werk unterscheidet sich nach seinen Worten vor allem auch dadurch von anderen, dass es durch die Einbeziehung auch kleiner Überreste historischer Profanbauten eine gewisse Vollständigkeit anstrebt. So habe er für sein Buch alles zusammengetragen, was über die Burgen und Schlösser Unterfrankens — ob verfallen oder noch erhalten — zu erfahren war.
Seine Arbeit, so Schilling, solle nicht nur eine Katalogisierung der momentan auffindbaren Baudenkmäler darstellen, sondern auch zum Besuch baugeschichtlicher Zeugen anregen. Nicht nur für Kenner würden sich neue Perspektiven auf Vergangenes eröffnen, auf eine ungeahnte Vielfalt an Baustilen und auf das, was über Jahrhunderte Bestand hatte. Denn immer noch könnten uns viele geschichtliche Vorbilder ein einfühlsames, maßstäbliches und materialgerechtes Bauen lehren, das — überwiegend auf dem Lande — heute im Argen liege.
Für Neugierige, Urlauber und Interessierte öffnen sich Tore aber nicht nur zu den berühmten Sehenswürdigkeiten, sondern zum Großteil auch in die unbekannteren Gefilde der neun Landkreise und drei kreisfreien Städte in Unterfranken..
Tolle Erlebnisse
Schilling: "Was ich in all den Jahren auf meinen vielen Reisen und bei meinen Recherchen nebenher so alles erlebte, damit könnte ich ein separates Buch füllen."
Über solche Erlebnisse will der Autor auch bei seiner Buchvorstellung am 19. September erzählen.
Überall suchte Schilling auch das Gespräch mit den Hausbesitzern. Bis auf einige private Schlossbesitzer, die ihn aus ihrem Hof verwiesen, so Schilling, habe er bei seinen Arbeiten überall Unterstützung erfahren. So habe auch der Bezirksheimatpfleger sein Vorhaben unterstützt und die Druckkosten gefördert. Oft seien es auf dem Land als Heimatpfleger des Ortes tätige Lehrer gewesen, die bei seinen Recherchen wertvolle Hilfe geleistet hätten.
Nur das Kulturamt der Stadt Würzburg habe ihm als einzige Gebietskörperschaft verwehrt, im Lageplan der historischen Baudenkmäler der Stadt das offizielle Stadt-Wappen zu verwenden. Hier behalf er sich letztlich damit, dass er eine eigene Schwarz-Weiß-Version eines Stadtsiegels aus dem 14. Jahrhundert kreierte (siehe Abbildung).
Nicht ganz einfach war es für den Autor, das zurzeit leerstehende und somit dem Verfall preis gegebene Schloss Greifenstein zu skizzieren, das sich seit 1937 auf dem Territorium des Truppenübungsplatzes Hammelburg, also im Bundesbesitz befindet. Ebenfalls nur mit Genehmigung des Kommandeurs konnte er zur ebenfalls auf diesem Gebiet liegenden malerischen Ruine der Burg Reußenberg gelangen. Als Schilling diese Ruine ein zweites Mal in der Meinung aufsuchte, die für das erste Mal erteilte Genehmigung berechtige ihn dazu, flogen nicht weit weg von ihm plötzlich Kugeln des Schießbetriebs.
Im Gegensatz zu anderen Autoren hebt Schilling laut Hennze die „Sterne“ der fränkischen Architektur wie Aschaffenburgs Johannisburg, die fürstbischöflichen Sommerresidenzen Werneck und Veitshöchheim oder gar Würzburgs barocke Prunkbauten nicht besonders hervor. Die seien schon an anderer Stelle ausführlich beleuchtet worden! Alle herrschaftlichen Gebäude — seien sie nun ehrwürdig und vornehm oder ernst und verhalten — würden gleichwertig in seinem Werk Aufnahme finden.
Zu seinem großen Bedauern musste der Heimatforscher allerdings feststellen, dass einige seiner Zeichnungen zwischenzeitlich schon überholt sind, wie beispielsweise beim Bronnbacher Hof Würzburg. Hier wurden das Gebäude kürzlich bis auf einen kleinen Mauerrest auf der Südseite abgerissen und von einem Bauträger Läden und Eigentumswohnungen wieder aufgebaut, wobei als einzige denkmalpflegerische Geste die Übernahme des Arkadenmotivs erfolgte.
Im Wasserschloss Ebelsbach wiederum hat 2009 ein Brand große Schäden angerichtet, die bis dato noch nicht behoben sind.
Auch Schillings Heimatort Veitshöchheim ist selbstverständlich vertreten:
So präsentiert er zum berühmten Rokokogarten einen einmaligen Blickwinkel auf den Hofgartensee von der Spitze des benachbarten 44 Meter hohen Vitusturms, den er 2002 bei der von ihm geleiteten Turm-Restaurierung bestiegen hatte.
Natürlich fehlt auch nicht die Ruine Ravensburg (Rabensburg), direkt an der Gemarkungsgrenze auf Thüngersheimer Gebiet.
Dazu schreibt Schilling:
"Auf einer rechts des Mains dreiseitig steil abfallenden und etwa parallel zu ihm verlaufenden Felszunge liegt die Ruine der ehem. Rabensburg, von der noch ein Stumpf des Bergfrieds mit einem äußeren Durchmesser von 11 m und einer lichten Raumgröße von 2,50 x 2,5 m und einer Höhe von ca. 3 m erhalten ist. Zusammen mit einem 1838 freigelegten, aber wieder eingefüllten Keller von ca. 20 x 7 m im Grundriss und einigen kleinen Mauerresten aus Muschelkalk-Steinen lassen sich Dimension und Form der staufischen Burg nicht eindeutig rekonstruieren. Ein breiter Graben im nördlichen Teil trennt und schützte die Hauptburg-Ebene vom nach Norden ansteigenden Hang. Im südlichen Teil des Plateaus lässt eine deutliche Vertiefung im Fels eine ursprüngliche Zisterne vermuten. Weinberge bedecken heute große Teile des Berings. Auf der Burg lebte um 1160 Dietho von Rabensburg, später Heinrich von Rabensburg bis 1202, als die Burg zur Strafe für den Mord an dem Würzburger Bischof Konrad von Rabensburg (nach Heßler), durch Botho von Rabensburg und seinem verbündeten Heinrich Hund von Falkenberg (dessen Burg lag nahe der gegenüberliegenden Mainseite) zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde. Spätere
Besitzer des Burgareals waren die Abtei St. Stephan zu Würzburg und die Herren von Reinstein aus Veitshöchheim.
Heute gehört der nördliche Teil mit dem Bergfried der Gemeinde Thüngersheim, die vor Ort eine Hinweistafel aufstellen ließ, der Weinbergsbereich privaten Winzern."
Die Reste der Ravensburg sind einen Ausflug wert. Diese ist in den im Juli 2009 übergebenen Wein-, Natur- und Kulturlehrpfad der Gemeinde Veitshöchheim integriert.
Vom einzig als Torso verbliebenen Bergfried der Anlage eröffnet sich ein sagenhafter Blick ins Maintal (linkes Foto nach Veitshöchheim, rechtes Foto jenseits des Mains auf den größten Streuobstbestand Nordbayerns zwischen Margetshöchheim und Erlabrunn und auf den mit 120 Hektar größten Schwarzkiefernbestand in Mitteleuropa im Bereich der gegenüber liegenden Hangkuppen).
Schaut man von der Ravensburg direkt über den Main, so sieht man im Hintergrund oberhalb der Badeseen den Felssporn, auf dem einst die Burganlage derer von Falkenberg stand, die eng mit den Ravensburger verbündet waren.
Auf diesem Foto erläutert Walter Schilling 2009 an der Burgrunie den Teilnehmern einer naturkundlichen Exkursion durch das Naturschutzgebiet "Edelmannswald" oberhalb der Veitshöchheimer Weinbergslage "Fachtel" die Geschichte der Ravensburg.
Hinweis: Noch ausführlicher dokumentiert ist "Die Ravensburg und der Bischofsmord" auf den S. 70 bis 79 der neuen Veitshöchheim-Chronik von Thomas Struchholz.