Superlative für "Einer flog über das Kuckucksnest" - Theatergruppe der LWG-Technikerschule begeisterte bereits zweimal
20. Inszenierung von Günther Stadtmüller
„Das ist das Beste, was ich bisher gesehen habe“ schwärmte eine ältere Dame bereits zur Pause des Klassikers "Einer flog über das Kuckucksnest" von Dale Waterman, den Günther Stadtmüllers Theatergruppe der Technikerschule der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in der Schulaula am letzten Wochenende in bisher zwei von sechs terminierten Aufführungen hervorragend in Szene setzte.
Für Stadtmüller bedeutete die Inszenierung dieser durch den Film mit Jack Nicholson als Hauptdarsteller 1975 weltberühmt gewordenen Tragikomödie eine große Herausforderung, an die er sich erst wagte, als er sich für die Hauptrolle des rebellischen Randle Patrick McMurphy vom Veitshöchheimer Theater am Hofgarten den jungen Manuel Seemann ausleihen konnte.
Wie sich zeigte war dies in Stadtmüllers 20.Inszenierung bei der LWG ein genialer Schachzug. Denn Seemann, exzellent ausgestattet mit Body-Figur und Macho-Gehabe, war die Rolle des nicht einen völlig wahnsinnigen, so doch überdurchschnittlich durchgeknallten und sozial unangepassten Störenfrieds McMurphy wie auf den Leib geschrieben.
Nach einem kurzen Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen wegen wiederholten Tätlichkeiten und Verführung einer Minderjährigen landet der Hauptdarsteller, eine geistige Störung vortäuschend, von der ungeliebten Zelle in eine psychiatrische Klinik, wo evaluiert werden soll, ob er tatsächlich nicht mehr alle Tassen im Schrank hat.
Statt der von ihm erwarteten etwas lockereren Umgebung stößt er in der Anstalt jedoch auf ein menschenverachtendes System, in dem die Insassen mit äußerst dubiosen Methoden ruhig gestellt werden.
Die Zuschauer erleben fortan ein fesselndes Duell zwischen der chaotischen Figur des McMurphy und oppositiv der strengen Oberschwester Ratched, exzellent gespielt von Jennis Haupt, der McMurphys Kapriolen ein Dorn im Auge sind.
Die Zuschauer spüren, dass im Gegensatz zum Ordnungsdiktat der eine enorme Kälte, bisweilen sogar Bösartigkeit ausstrahlenden Oberschwester McMurphys unkonventionelle, absurde Aktivitäten das beste Heilmittel für die total eingeschüchterten Kranken sind, diese so langsam aus ihrer Lethargie erwachen und neue Lebensfreude schöpfen.
Diese schäumt förmlich über, als der vor Energie und Charisma förmlich zu platzen drohende McMurphy mit seinen Mitinsassen das Baseball-Finale am Bildschirm verfolgt, sie anschließend zum Basket-Ball animiert und schließlich eine turbulente Party über die Bühne geht, bei der der verschüchterte Billy Bibbit (Nils Gravemeier) glücksbeseelt sein erstes Liebesabenteuer erleben kann, bis er dann doch wieder der Einschüchterung der Oberschwester erliegt und damit McMurphy ans Messer liefert.
Die in Doppelrollen agierenden Stefanie Lanzl und Nathalie Sußner sorgen hier als aufgedonnerte, sexy Partygirls, von McMurphy eingeschmuggelt, für reichlich Furore.
So bleibt dessen Revolte gegen das unmenschliche Regelwerk für den Aufmüpfigen nicht ohne äußerst tragische Folgen, obsiegt vor dessen bereits organisierter Flucht die Oberschwester, als sie seinen Willen mit Hilfe der ihr hörigen Pfleger Warren (Nils Hausmann) und Williams (Sebastian Kugler) durch Elektroschocks und anderen Foltermethoden bricht, bis schließlich den auf einer Trage Gefesselten der bestens von Frederik Vollert verkörperte, zunächst sprachlos agierende Indianerhäuptling Bromden von seinen Leiden durch Ersticken mit einem Kissen erlöst.
Überhaupt überzeugte wie die Hauptfiguren das gesamte Nebendarsteller-Ensemble. So agierten auch Manuel Scheuring (Harding), Thomas Werner (Cheswig), Fabian Nützel (Martini), Stefan Panke (Bombenbastler Scanlon) und Alfons Britzl (Ruckly) so gekonnt als weitere geistig Gestörte, als hätte man es hier mit tatsächlichen Kranken zu tun.
Die furiose Inszenierung der vergleichsweise simplen Handlung ist vor allem aber auch das Verdienst von Regisseur Günther Stadtmüller, der bei sämtlichen Szenen besonderen Wert auf die Glaubwürdigkeit und Natürlichkeit seiner mitreißend-lebensecht wirkenden Figuren legte. So gelang es auch Hauptdarsteller Manuel Seemann, auf dem Grat zwischen Normalität und Wahnsinn wandelnd, trotz des tragischen Endes das menschliche Grundbedürfnis zu vermitteln, nicht in einem gutgemeinten aber wahnsinnigen und menschenverachtenden System mit einem Dschungel an vorgeschriebenen Normen und Verhaltensregeln unterzugehen und dabei die eigene Identität zu wahren.
Nicht unerwähnt bleiben kann, dass zum hervorragenden Gelingen auch Ton und Technik (Christian Fromkorth und Andreas Oehland) so wie Maske und Kostüme (Maria-Anna Stadtmüller) einen wesentlichen Anteil leisteten.
Weitere Aufführungen: Mittwoch 21.3. 20.00 Uhr, Freitag 23.3. 20.00 Uhr, Samstag 24.3. 20.00 Uhr, Sonntag 25.3 17.00 Uhr.
Der Eintritt ist frei.
Platzreservierung: 9801-114 (werktags 8.00 Uhr - 16.00 Uhr) wird empfohlen.