Bei den Veitshöchheimer Tagen der Offenen Ateliers gab es bei den 13 mitmachenden Kunstschaffenden jede Menge zu bestaunen
Die seit 2003 mit Ausnahme der Coronajahre 2020 und 2021 von der gemeindlichen Kulturamts-Referentin Karen Heußner organisierten Tage der Offenen Ateliers waren auch 2023 für viele der 13 teilnehmenden Kunstschaffenden wie im Bild für Ursula Peterson in ihrem neuen Atelier "Glastraum" im Natur-Garten ihres Wohnhauses in der Schillerstraße 11 (Station 9) ein voller Erfolg.
Fasziniert schaute auch Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz mit Gattin Julia zu, wie die Künstlerin die Fertigung ihrer Glasperlen demonstrierte, in dem sie die zähe heiße Glasmasse um einen Stab wickelte, die Perlen durch das Drehen des Stabes formte, sie abgekühlt vom Stab streifte und zum endgültigen Abkühlen in ein Sandbett legte.
Neben ihren Ketten aus selbstgewickelten Glasperlen beeindrucken besonders die aus Ton und Glas gestalteten ausdrucksstarken Köpfe der Zahntechnikermeisterin im Ruhestand.
Wie Peterson gaben am Wochenende alle teilnehmenden Kunstschaffenden einem interessierten Publikum einen Einblick in ihre neuesten Arbeiten, ihre Techniken und aktuelle Weiterentwicklungen. Acryl-, Aquarell- und Öl-Malerei, Grafik und Collagen waren stark vertreten, aber auch anspruchsvolle handwerkliche Techniken von der Keramik, Objektkunst bis zu Mode und Schmuck waren zu bestaunen.
Wie schon bei der Premiere 2003 waren 2023 auch wieder Kathrin Feser, Elisabeth Maseizik, José F. Sánchez und Ulrike Zimmermann dabei.
Noch voller Schaffenskraft ist die 79jährige Malerin Sophie Brandes in der Unteren Maingasse 25 (Station 4). Die Besucher sind immer wieder bass erstaunt, über die unendliche Fülle von Kunstobjekten, die alle Räume ihres Hauses in der Unteren Maingasse 25 auf einer Wohnfläche von 120 Quadratmeter mehr oder weniger vollständig ausfüllen. Selbst die Garage und das Treppenhaus hat die Künstlerin zum Ausstellungsraum umfunktioniert. Im Bild zeigt die Künstlerin hinter ihr auf ein dreidimensional wirkendes Ölgemälde "Geboren im Krieg" ihrer letzten Ausstellung "Abschiedlich leben" vor Corona in der Galerie Spitäle Würzburg. Die Puppe davor symbolisiert ein armes Flüchtlingskind ohne Vater.
In einer Tasche des Taufhemdes hat die Künstlerin ihren Vater verewigt. Brandes selbst war ein Kriegskind, das im zweiten Weltkriege ohne Vater mit ihrer Mutter vor den Russen aus Breslau fliehen musste.
Aktuelle Bedeutung angesichts des Ukrainekrieges hat dieses von der Künstlerin 2014 mit Öl auf Leinwand erstellte Kunstwerk "Ecce Homo"(„Siehe, der Mensch“), auf dem oben in der Bildmitte der gefolterte, mit einer Dornenkrone gekrönte Gefangene Jesus schwebt, während unten der Syrienkrieg Tod und zerstörte Häuser bringt.
Ans Aufhören denkt Sophie Brandes noch lange nicht, denn sie hat in der Nachbargemeinde Thüngersheim ein 500 Jahre altes denkmalgeschütztes Anwesen in der Unteren Hauptstraße 31 erworben. Es ist dies zweigeschossiger Satteldachbau in Ecklage mit Fachwerkobergeschoss und Hausmadonna der Zeit um 1520. Hier will sie ihr Atelier nebst einem großen Galerieraum einrichten , um ihre über 800 Exponate museal adäquat ausstellen zu können.
In der Würzburger Straße 1, Eingang Obere Maingasse offenbarte Elisabeth Maseizik (Station 3) in ihrem Atelier im Bild gerade Gemeinderatsmitglied Jochen Müller und seiner Frau ihre Arbeitsweise, wie sie ihre lebendigen, bunten Acrylbilder auf Leinwand kreiert. Wie die Malerin erzählt, hat sie, um Struktur in das Bild links zu bekommen, sich von der örtlichen Motorsägenkünstlerin Antje Friederich aus Kirschenholz einen Abdruck zur Erstellung der Häuserfassaden fertigen lassen.
An den beiden Tagen interessierten sich 140 Besucher, wie sie ihre lebendigen Acrylbilder kreiert.
In diesem neuesten nicht grundiertem Acrylgemälde spielen ein Sonnenstrahl und die Farbe "grün" mit Blau- und Grautönen, umrahmen ihre obligatorischen bunten Häuschenformen angedeutete Wäldchen.
Nur wenige Meter von Maseizik entfernt war erstmals Michaela Lutz dabei, die in ihrem Haus Würzburger Straße 6 (Station 2) beeindruckende Höhlen-Fotos und Videoaufnahmen und im Garten-Pavillon Fotos von Wasserfällen und Makroaufnahmen von seltenen Blumen präsentierte.
Die Fotokünstlerin ist mit ihrem Partner Georg Scheuring immer wieder in Höhlen im In- und Ausland unterwegs, um die Schönheit der unterirdischen
Natur ins rechte Licht zu setzen. Diese faszinierende Welt bleibt den meisten Menschen zeitlebens verborgen.
Für ihre eindrucks- und anspruchsvollen Höhlenfotos braucht sie aber Zeit, viel Zeit, denn diese Bilder macht man nicht einfach so im Vorbeigehen, sondern man muss sich bereits im Vorfeld mit der Höhle auseinandersetzen.
Wie auch in den Fotos der Künstlerin zu sehen, braucht man generell ein Modell, das – in welcher Höhle auch immer – in Szene gesetzt werden kann, das etwa in riesigen Hallen als Größenvergleich dient.
Um die Stimmung in einer Höhle naturnah festzuhalten, bedarf es Zeitaufnahmen mit Kunstlicht. Faszinierend sind auch die Kunstgebilde der durch kalkhaltiges Wasser gebildeten Tropfsteine, die je nach Art als Stalaktiten, Stalagmiten oder Stalagnaten bezeichnet werden.
Erste Station laut Routenplan war bei der Mode- und Schmuckdesignerin Katharina Schwerd (Bildmitte)l in der Würzburger Straße 30, die hier mit viel Phantasie, Witz und Charme höchst individuelle Einzelanfertigungen an Mode, Schmuck oder Accessoires präsentiert. So fand denn auch Barbara Kinzkofer Gefallen an der roten Bluse aus Viskosestoff und der roten Halskette.
Zu Gast war bei Schwerd auch wieder die Absolventin des California College of Arts and Crafts in San Francisco Kathrin Feser (rechts) mit ihren neuesten Ping-Pong Collagen, deren Abbildungen auch Schwerd auf ihren genähten Leder-Handtaschen verwendet.
Einen kleinen Schuppen in Schwerds Garten nutzte Feser, um hier die Serie ihrer mit Adobe Photoshop aus eigenem Fotomaterial digital erstellten "Ping-Pong-Collagen" auszustellen. Es sind kleine visuelle Geschichten. Wie Feser im Bild dem Altbürgermeister Rainer Kinzkofer erzählte, haben manche ihrer Collagen 100 Ebenen, bevor sie sie in Photoshop zusammenschmilzt. Neu ist, dass sie jetzt dreidimensional mehr Räume aufzeigen.
Eine Hausidylle ist das Studio des Künstlers José F. Sanchez in dem alten Anwesen Thüngersheimer Straße 84 (Station 5) noch westlich der Bahnlinie, der mit einem beeindruckenden Spektrum an Stilen, Techniken, Farben und Ideen beeindruckt. Leider war er hier das letzte Mal bei einem Tag der Offenen Ateliers anzutreffen, denn der Hauseigentümer hat ihm zum September 2023 gekündigt.
Besonderes Augenmerk legte dieses Mal der Künstler auf seine tollen Kunstwerke, mit denen er die Fantasy-Geschichte der Veitshöchheimer Autorin Emma B. Friese illustrierte, die unter dem Titel "Das Geheimnis der Pergamentrolle" im Siva-Natara Verlag in Reichenberg herausgebracht wurde (siehe nachstehender Link).
Die Palette des Künstlers reicht im Übrigen von kitschigen Stillleben zum Monotype, von Holzschnitt, keltisch inspirierter handgeschöpfter Papierprägung, Gemälde, Skulptur bis hin zu Radierungen, Frottagen, Buch-Illustrationen, Miniaturen und Zeichnungen sowie Computerkunst.
Etwas außerhalb im Sendelbachtal gelegen, lohnte sich auch der Abstecher zu Ulrike Zimmermann in der Sendelbachstraße 76 (Station 6). Ihr Markenzeichen ist nach wie vor das „Ziegenmotiv" für ihre Collagen, das sie noch nicht ausgereizt hat . Wie sie auf dem Foto oben zeigt, arbeitet sie hierbei mit Schablonen.
Erstmals dabei war mit naturalistischer Ölmalerei in höchster handwerklicher Perfektion die 1977 in Riga in Lettland geborene Künstlerin Kristīne Šķipsna-Halbleib in der Hofellernstraße 26 (Station 7). Die Liebe zu einem Cousin des Landtagsabgeordneten Volkmar Halbleib hat sie in Kontakt zu Franken gebracht. So lebt und arbeitet sie nun in Lettland und in Veitshöchheim. 2005 hat sie an der Kunstakademie in ihrer Heimatstadt den Master of Arts (MA) in Bildender und Plastischer Kunst und Malerei erlangt. Sie verfügt auch als Sängerin vom geistlichen Lied bis zum Jazz über eine besondere Begabung.
Wie sie sagt, sieht sie ihre Aufgabe und ihre Freude darin, die Wunder der Welt zu erforschen und zu entdecken und in romantischer Form mit den größten Ausdrucksmöglichkeiten der technisch sehr anspruchsvollen Ölmalerei darzustellen. Jedes Kunstwerk stelle den Höhepunkt eines langen Prozesses dar, von der Ideenskizze bis zu den letzten Lasierungen. Sie stelle an sich höchste Qualitätsansprüche und arbeite so nur mit hochwertigen Materialien und Pigmenten, die die Zeiten überdauern.
Kristīne Šķipsna-Halbleibs Tierportraits sind sie weit mehr als bloße Abbildung. In langwierigem Prozess werden edle Pferde, Hunde oder auch einmal ein Bulle in Szene gesetzt. Besonders bemerkenswert fallen selten gewordene Stillleben ins Auge. Der Realismus steigert sich so, dass er gelegentlich schon surreal wirkt und an Formen des Phantastischen Realismus erinnert.
Gleich nebenan in der Hofellernstrasse 28 (Station 8) hat die Keramikkünstlerin Barbara Grimm ihre Töpfer-Werkstatt. Sie ist seit über drei Jahrzehnten für ihre herrliche winterfeste Gartenkeramik wie Raben, Eulen, Hühner, Katzen, Hunde, Frösche und menschliche Figuren, Kugelbäumen und Skulpturen verschiedenster Art bekannt. Die Keramikerin vermittelt ihr Können seit über einem Jahrzehnt auch in zahlreichen Töpferkursen der VHS. Stolz präsentierte die Keramik-Künstlerin wie hier zu sehen ihre neuesten Kreationen als Wandbehang.
Diese kunstvolle Keramik-Gans fand gerade eine Abnehmerin.
Bei dem herrlichen Wetter am Sonntagnachmittag war der durch die Vielzahl an originellen Keramikskulpturen ausgestattete sagenhafte Stauden- und Rosengarten der Familie Grimm mit dem schönen Weitblick ins Maintal für jeden Besucher ein einmaliges Erlebnis. Barbara Grimm: "Aufgrund des Vorberichts in der Mainpost (siehe nachstehender Link) hatten wir einen guten Besuch."
Impressionen Keramikkunst im Grimm'schen Garten
13 Kunstschaffende laden ein zu Tagen der offenen Ateliers in Veitshöchheim
Auf ihr 20-jähriges Bestehen blicken heuer die Tage der Offenen Ateliers in Veitshöchheim zurück. Schon der erste Kunstparcours im Dezember 2003 war ein voller Erfolg und zog Scharen von ...
Schließlich führte der Routenplan noch zu zwei Stationen im Veitshöchheimer Gewerbegebiet.
In der Raiffeisenstraße 1 (Station 10) offerierten in ihren Ateliers Claus Orgzall Driftwood-Art, Woodcarving Africa und Nautiluslampen und Petra Söder ihre wunderbaren Gemälde in Acryl, Öl und Aquarell.
Erstmals öffnete in Veitshöchheim bei den Tagen der Offenen Ateliers auch die diplomierte Kommunikationsdesignerin mit Schwerpunkt Grafik-Design und Freie Kunst, Floristin, Kunst- und Kreativtherapeutin Susanne Streit ihr Atelier in der Raifeisenstraße 13 (Station 11 = am Ende der Tour).
Mit ihrer Liebe zur NATUR lässt die freischaffende Künstlerin ihre Werke förmlich aus der Wand wachsen. Dreidimensionale Objekte aus Fenchelstauden, Rinden, Körnern, Saatgut und anderen Naturmaterialien werden mit Acrylfarbe zu NEUEM Leben im RAUM. Es entsteht ein neues Ganzes mit neuer Identität.
Wie sie sagt, inspiriert sie die Natur schon immer. In ihren Kunstobjekten kann man förmlich Form, Farbe, Bewegung, Wachstum, Veränderung spüren, die neue ungewöhnliche Verbindungen zu Raum und Betrachter herstellen. Werke von ihr hängen z. B. im Polizeipräsidium Unterfranken und Aschaffenburg.
Streits Werke kommunizieren mit den Räumen, in denen sie hängen und sind oft auch direkt für diese gestaltet. Nach dem Motto „Von Draußen nach Drinnen“ findet die Natur bei ihr im Raum ein zweites Leben. Die Bilder zitieren Zitate von Albert Einstein - oben: "Die Freude am Schauen und Begreifen ist die schönste Gabe der Natur"
und links: "Wenn die Entwicklung der Wissenschaft praktischen Zielen untergeordnet wird, dann stagniert wahre Wissenschaft."
Diese Kunstwerke widmete die Künstlerin Albert Einstein mit dessen Zitaten oben: "Wissenschaft ist eine wunderbare Sache, wenn man nicht davon leben muss"
und unten: "Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich nur darin zurechtfinden."
Fotos Dieter Gürz