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Grandiose Premiere der wahnwitzigen Komödie Neurosige Zeiten des Veitshöchheimer Theaters am Hofgarten

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Recht turbulent und temporeich, so wie im Bild beim rauschenden Finale mit dem spanischen Sommerhit "Despacito" des Jahres 2017, ging es am Samstagabend bei der ausverkauften Premiere der Neuinszenierung des Dreiakters „Neurosige Zeiten" von Winnie Abel in den Mainfrankensälen zu. Drei Stunden lang konnten die 200 Gäste an den runden Tischen die Aufführung mit jeder Menge einfallsreicher Szenen und viel Situationskomik und zwischendurch Essen und Trinken genießen, wie dies der 1987 gegründete Theaterverein schon seit 1995 praktiziert.

Es erwiesen sich alle Akteure des zehnköpfigen Theaterensembles als liebenswert skurrile Typen, die Regisseur Winfried Knötgen (links) aufbot. Dabei war es für den pensionierten Grundschul-Rektor und derzeitigen zweiten Bürgermeister der Gemeinde schon ein Wagnis, denn mehr als die Hälfte der Laienschauspieler, mit denen er zweimal wöchentlich seit Ende Juni in der Eichendorffschule probte, standen erstmals auf der Bühne. Nicht nur die renommierten, sondern auch die  neuen Kräfte überzeugten restlos. "Mir ging das Herz auf, als ich sah, welche Fortschritte die Neulinge machten", sagte der Regisseur, der zum 25. Mal beim Theaterverein Regie führte.

So sprach denn auch Vereinsvorsitzender Bernd Schäfer am Ende von einer Superleistung und lobte den Regisseur,  dass es ihm so hervorragend gelungen war, die Rollen des Stückes adäquat zu besetzen und deren Charaktere überzeugend herauszuarbeiten. Dieser Meinung war offenbar auch das Publikum, das mit nicht enden wollenden Beifallstürmen die grandiose Darbietung des Ensembles honorierte.

Das erfolgreiche und ohne jegliches Lampenfieber auftretende Ensemble v.l.n.r. Claudia Schädel, Marina Bertignoll, Sabine Werner, Selina Weisenseel, Manuel Seemann, Birgit Wolf-Kroll, Luca Schenk, Sonja Binde, Jürgen Eißner und Kerstin Angermeier

Das erfolgreiche und ohne jegliches Lampenfieber auftretende Ensemble v.l.n.r. Claudia Schädel, Marina Bertignoll, Sabine Werner, Selina Weisenseel, Manuel Seemann, Birgit Wolf-Kroll, Luca Schenk, Sonja Binde, Jürgen Eißner und Kerstin Angermeier

 

Im Mittelpunkt der wahnwitzigen Verwechslungskomödie steht die von Birgit Wolf-Kroll gespielte Agnes Adolon, Tochter aus reichem Haus, die ständig auf Männerfang aus ist.  Wie sich später herausstellte, ist ihre Sexsucht erblich bedingt. Ihrer Familie gaukelt sie vor, sie lebe in einer mondänen Villa und sei eine erfolgreiche Geschäftsfrau. In Wirklichkeit ist sie zur Therapie in einer offenen Wohngruppe der Psychiatrie Veitshöchheim, Mainlände 1, weil sie nackt zu einem Meeting erschien und ihrem Chef an die Wäsche ging.

Auf dem Foto rechts versucht sie zu Beginn des Stückes zum Schlager "Sexbomb" vergeblich, ihren Mitbewohner Hans, einen zwangsneurotischen Finanzbeamten (Manuel Seemann) zu betören.

Der Wohngruppe gehören weiter auf dem Foto unten v.l.n.r. der soziophobe Willi (Luca Schenk), die manisch-depressive Künstlerin Desirée (Marina Bertignoll) und die Stalkerin Marianne (Kerstin Angermeier) an.

Ihre tragende Rolle ist Birgit Wolf-Kroll wie auf den Leib geschnitten, in der sie förmlich aufblühte, dabei mehrmals ihre Kostümierung wechselnd.

Als elegante Dame von Welt, zur High Society gehörend, spielt Claudia Schädel (Bildmitte) bei ihrer Theater-Premiere die Frau Mama und Hotelbesitzerin Cécilie Adolon. Als sie sich zum Überraschungsbesuch ankündigt, nötigt Agnes ihre  Mitbewohner bei der Vertuschungsaktion mitzuspielen. Dies führt zu den komischsten Verwicklungen, Heimlichtuereien und Täuschungsmanövern.

Wie die Tochter, so erweist sich auch die Mutter als adrette Verwandlungskünstlerin.

Manuel Seemann mimt den überkorrekten, peniblen Finanzbeamten Hans, einen Ordnungsfanatiker mit Putz- und Kontrolltick, den Agnes vor ihrer Mutter als ihren Verlobten ausgibt. Schon einige Jahre wie Wolf-Kroll beim Ensemble, musste sich Manuel total verstellen. Er hat dies sehr zur Freude des Regisseurs aber voll durchgehalten, obwohl eine solche Rolle ganz untypisch für ihn ist. Knötgen lobte am Ende: "Dies zeichnet einen hervorragenden Schauspieler aus."

 

Penetrant pocht er bei jeder Gelegenheit bei seinen Mitbewohnern und den Gästen auf die Einhaltung der Hausordnung.

Ein sehr belebendes Element des Stückes war der Auftritt der als manisch-depressiv eingelieferten Künstlerin Desirée. Marina Bertignoll glänzte in dieser Rolle nicht nur durch die  Farbenpracht ihres Outfits und ihrer Malerei, sondern daran anknüpfend auch mit ihrer Euphorie, die sie immer wieder an den Tag legte.

 

 

Der Jüngste im Ensemble, Luca Schenk,  spielte als Freddi und Willi eine Doppelrolle. 

Der menschenscheue Willi leidet an einer sozialen Phobie, in der permanenten Angst lebend, sich in der Öffentlichkeit zu blamieren. Diese nicht ganz einfache Rolle, in der er nach der Ankunft von Agnes Mutter den Hausmeister spielen muss, hielt Luca voll  durch und hat es nach den Worten des Regisseurs ganz total toll gemacht.

Ganz im Gegensatz dazu war sein couragierter Auftritt in seiner Kurzrolle als Fotoreporter der Bildzeitung (Foto links)..

Bei der Ankunft von Agnes Mutter musste sie eine Haushälterin spielen. Seit einigen Jahren dabei, mimte Kerstin Angermeier aber auch hervorragend die Rolle einer Stalkerin, die sich einbildet, die große Liebe des Schlagerstars Hardi Hammer zu sein.

Sie ist völlig aus dem Häuschen, als ihr Idol, gespielt von Jürgen Eißner plötzlich leibhaftig vor ihr steht mit dem Bildzeitungs-Reporter Freddi im Schlepptau.

Nach einem Kurzeinsatz im Vorjahr hatte nun Eißner einen längeren Part als Volksmusikstar, der für eine Story der Bildzeitung seine Stalkerin aufgesucht hatte.  Es spielen sich so zwischen Marianne und Hardy  recht turbulente Szenen ab.

Die beiden kommen sich näher, bis Marianne zu der Einsicht gelangt, dass der Hardy doch nicht ihre große Liebe ist.

 

Sonja Binde war als Tupper-Verkäuferin Herta guter Hoffnung, den "Geisteskranken" bei einer Tupper-Party so allerlei aufschwatzen zu können und hatte dazu sogar Häppchen mitgebracht. Die temperamentvolle Dame wurde zum Opfer einer Verwechslung, nachdem ihr Willi versehentlich die Eingangstür, neben der sie stand, auf den Kopf knallte und sie ko ging. 

 

 

Von den Bewohnern der WG zunächst für die Mutter von Agnes und für tot gehalten, wurde sie plötzlich wieder quicklebendig und fühlte sich von den Bewohnern bedroht. Als sie zum vermeintlichen Gegenangriff überging, wurde sie von diesen überwältigt und gefesselt.

Wieder befreit, wollte Herta nur noch schleunigst das Haus verlassen und wie sie der verblüfften Mutter von Agnes  erklärte, mit den "Verrückten" des Hauses nichts mehr zu tun haben. Auch sie meisterte ihre erste Rolle hervorragend.

Mit von der Partie beim Theater war zum dritten Mal Selina Weisenseel, dieses Mal als esoterisch angehauchte Beschäftigungstherapeutin Uli, die positiv auf die Bewohner der WG ging und hoffte, dass sie alles mitmachen,  so auch Kastanienmännchen basteln.

Es stellt sich schließlich heraus, dass der Hardy überall seine "Sternschuppen" hatte, zu denen in Berlin auch die Mutter von Agnes zählte, die ihm als einen ihrer unzähligen Männerbekanntschaften den Sekt aus dem Bauchnabel schlürfte.

 

Zum ersten Mal agierte im Ensemble Sabine Werner als die strenge und unerbittliche Psychiaterin Dr. Dr. Ilse Schanz, die den Fotografen Freddi aus der Wohngruppe verwies und die Mutter von Agnes in eine Gummizelle verfrachtete.

 

 

Happyend: Cécilie Adolon hat die glorreiche Idee, wie sie ihre Tochter entgegen dem Willen der Psychiaterin wieder aus der Klapse holen kann. Als Druckmittel macht sie geltend, dass diese sie ohne gerichtliche Anordnung in eine Gummizelle gesteckt hatte.

Da jubelt die Tochter und auch die übrigen Insassen sind hocherfreut, als Cécilie ihnen eröffnet, dass sie der Wohngruppe ihre Finca auf Mallorca zur Verfügung stellt und auch Schlagerstar Hardy mitkommen will.

Und es wurde sogleich spanisch auf der Bühne. Als der Sommerhit "Despacito" erklang, tanzten sogleich alle mit.

 

Für den vergnüglichen Theaterabend sorgten im Hintergrund Michael Oppmann (Licht- und Tontechnik), Melanie Seybold (Maske), Birgit Wolf-Kroll und Winfried Knötgen (Requisite/Kostüme), Peter Kern (Bühnenbild) und Karin Schäfer-Reinhart (Tischdekoration).

Für die weiteren Vorstellungen Samstag, 10.11., 19 Uhr und Sonntag 11.11., 14 und 18 Uhr gibt es noch einige Restkarten

Auskunft Bernd Schäfer 0931-94993.

Fotos (c) Dieter Gürz

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