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30jährige Ära der Bayerischen Kammeroper Veitshöchheim ging mit Mozartsommer 2012 zu Ende

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

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Beim Konzert "Pavlo & Band" in der Orangerie der Würzburger Residenz begrüßte Intendant Dr. Blagoy Apostolov zum letzten Mal bei einer Veranstaltung der Bayerischen Kammeroper Veitshöchheim seine Gäste. Apostolov: "Nach 30 Jahren ist es Zeit zu sagen, es reicht. Wir haben einiges erreicht, das war nicht leicht. Aber wir haben es trotzdem geschafft."

Rückblickend sei er  der Gemeinde Veitshöchheim sehr dankbar, dass sie die verrückte Idee eines ehemaligen Ausländers (Apostolov ist bulgarischer Abstimmung) angenommen hat, 1982 eine Kammeroper zu gründen.

Diese habe in  zahlreichen Gastspielen in ganz Europa, in Norwegen, Schweden, Finnland, Belgien, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und so weiter unter Beweis gestellt, was eine kleine Gemeinde wie Veitshöchheim zu leisten fähig ist. Sieben Jahre habe man zuletzt auch die Erfolge in der Orangerie genossen. Als letzten Akt servierte Apostolov mit dem kanadischen Gitarrenvirtousen Pavlo und seiner Band einmal etwas anderes, nicht Klassik und Mozart oder Rossini, nicht die Zauberflöte, sondern die leichte Muse.

Sein besonderer Dank galt Rainer Kinzkofer, der ihn 26 Jahre lang als Veitshöchheims erster Bürgermeister ausgehalten habe. Ohne ihn wäre vieles nicht möglich gewesen. In nur drei Tagen hätten seine Bauhofmitarbeiter in den letzten sieben Jahren die Orangerie in einen Theatersaal verwandelt mit dem eindrucksvollen barocken Goldpavillon als Bühnenbild. Die Gemeinde ließ sogar einen Fluchtweg einbauen.

Apostolovs rührende Abschiedsworte: "Herzlichen Dank für das große Herz der Gemeinde Veitshöchheim. Sie hat ein Beispiel gegeben, wie man es schafft, mit Liebe, mit Fleiß."

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Bürgermeister Rainer Kinzkofer gab noch euphorisch über das einmalige Konzert der kanadischen Band  die Komplimente an den Intendanten und seiner Frau Greti zurück:  "Ich habe es mit ihm gerne so lange ausgehalten, wenn es auch nicht immer einfach war." In den letzten sieben Jahre habe Apostolov  beim Mozartsommer die Orangerie in 161 Vorstellungen in einer großen Bandbreite mit Leben erfüllt. Kinzkofer: "Es erfüllt mich mit Wehmut, wenn er nun nach 30 Jahren die Bühne auf eigenen Wunsch verlässt."  Der Intendant habe sich 1982 seinen Wunsch, ein eigenes Theater ohne Spielstätte, ohne eigenes Ensemble und ohne administrativen Apparat erfüllt, sich vertraglich Autonomie zusichern lassen, dafür aber persönlich für Defizite zu haften, was bis auf die letzten Jahre auch gut gegangen sei. Es sei ihm gelungen, 60 Prozent seines Etats einzuspielen.

Kinzkofer: "Wir würden verarmen, wenn es nicht Leute wie ihn gäbe, die wie er eine Nische der barocken Literatur besetzten und dabei Kammeroper-Raritäten, vergessene Juwels und Pausen-Intermezzi ausgruben."

Apostolov sei ein hervorragender Werbeträger und mit über 800 Auftritten kultureller Botschafter Veitshöchheims gewesen. So habe er auch vor dem schwedischen Königshaus gespielt. Für die Qualität seiner Arbeit spreche, dass aufgrund seiner hervorragenden Beziehungen das Bayerische Fernsehen von 1982 bis 1997 elf seiner Premierenstücke von Pimpinone bis zur Nachtglocke aufgezeichnet und in voller Länge gesendet habe.

Neue Wege ging er laut Kinzkofer in Zusammenarbeit mit der gemeindlichen Sing- und Musikschule. Beispielhaft entdeckte er so den fünften Satz von Mozarts "Kleiner Nachtmusik".  Es gab ein Rosseau-Symposium, internationale Kammermusikwochen, die Welturaufführung der Kinderoper "Zwerg-Nase" und zu den 200. Todestagen von Willibald Gluck den "Zauberbaum" und von Johann Rudolf Hasse den "Handwerker als Edelmann".

Sein kulturelles Engagement sei geprägt gewesen von Spontanität, Fantasie, Einfallsreichtum und Begabung. Apostolov sei stets ein Idealist gewesen, oft in einer Person als Regisseur, Oberspielleiter, Künstler, Handwerker und Saubermann tätig.

Durch das von ihm 1987 gegründete "Radio Opera" vermittelt er seitdem und auch weiterhin Kultur einem breiten Publikum.

Für seine einmaligen Leistungen erhielt er so schon 1997 das Bundesverdienstkreuz und eine weitere Ehrung sei in Vorbereitung.

Großes Lob zollte das Ortsoberhaupt auch Apostolovs Frau Greti, die immer bei ihm mitgearbeitet und ihn stets unterstützt habe.

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Es kam dann beim anschließenden Small Talk schon etwas Wehmut bei allen Beteiligten auf. Doch die Lebensfreude des scheidenden Intendanten übernahm wieder die Oberhand, als sein Freund, der Operettenbuffo Richard Wiedl zum Schifferklavier griff und die Gästeschar des Empfangs mit Liedern erfreute.

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Da ließ sich auch die Sopranistin Susanne Pfitschler-Schmitt nicht lange bitten, ebenfalls mit einzustimmen, so dass die Frohnatur Apostolov, den Wein nach einem erfüllten Leben sichtlich genießend, schließlich auch noch seine charmanten Tanzkünste zum Besten gab.

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