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Veitshöchheimer "Urgestein" Kurt Scheuring feierte am 28.8. seinen 80. Geburtstag

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

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Über 60 Gratulanten zählte der Ur-Veitshöchheimer Kurt Scheuring an seinem 80. Geburtstag, die ihn  in seinem Haus in der Unteren Maingasse besuchten. Kein Wunder, gehörte doch der Heizungsbaumeister bis vor einem Jahr neun Jahre dem Gemeinderat an, engagiert er sich seit 15 Jahren bis heute in der Seniorenarbeit und ist Mitglied in  fast 40 Vereinen. Doch die größte Überraschung bereitete ihm an seinem Jubeltag seine Großfamilie. Hoch auf einem geschmückten Wagen, von einem Bulldog gezogen, kutschierten mit ihm als Höhepunkt der Geburtstagsfeier gegen Abend Ehefrau Annamaria, seine vier Kinder Siegbert, Ingeborg, Evi und Georg nebst Partnern und seine fünf Enkel und ein Urenkel, alle im Trachtenlook, durch den Ort,  um langjährige Weggefährten aufzusuchen. Keine Frage, dass sie im Gepäck reichlich Stoff zum Feiern dabei hatten und der befreundete Musiker Rudi Felgenhauer mit seinem Akkordeon für Stimmung sorgte. So stimmten alle immer wieder hoch auf dem Wagen "Geh'n mer mal rüber zum Kurt, auf'n Schnaps" an.

Mitglied in fast 40 Vereinen

Der Heizungsbaumeister hatte 1972 von seinem Vater Richard den Installations-Betrieb übernommen, nach dem er zuvor schon Teilhaber war.  Bis er sich 1997 zur Ruhe setzte und sein Heizungs- und Installationsgeschäft seinem Sohn Siegbert übergab, hatte er nur wenig Zeit, für die Allgemeinheit aktiv zu sein. Gleichwohl war die gesellige Frohnatur bei fast jedem der 40 Vereine im Ort Mitglied, zeigte sich als Sponsor stets großzügig. Seit weit mehr als 55 Jahren ist Scheuring so schon treues Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und des Sportvereins.1966 war er Gründungsmitglied des VCC und viele Jahre im Elferrat. Der Weinliebhaber kann von sich sagen, am längsten im Ort, nämlich vom 14. bis zu seinem 71. Lebensjahr im Fasching als Veitshöchheimer Ober-Schlappsau unterwegs gewesen zu sein.

Scheuring80-02.jpg

So ließen es sich denn auch an einer Station in der Nikolaus-Fey-Straße die VCC-Ratschweiber Marianne Arntz und Barbara Kinzkofer nicht nehmen, wie in der Bütt, sehr zur Freude des Jubilars, dessen "Rissli" in Erinnerung zu rufen. Der "Tiger", so sein Spitzname im Ort, sei stets zu jeder Schandtat bereit gewesen und habe nie schlapp gemacht.

Ihr Wunsch: "Bleib noch lang fit, vital und gsund, dann hamm mir zum Feiern noch oft einen Grund."

Ein großes Herz für die Senioren

kurt-scheuring.jpgSeit der Jubilar in Ruhestand ging,  investierte er uneigennützig einen Großteil seiner Freizeit  in die Seniorenarbeit. So wirkte er auch sehr aktiv im 1996 gegründeten Arbeitskreis für Senioren (AKS) mit, der jährlich ein vielfältiges Angebot von Veranstaltungen und Ausflügen für die älteren Mitbürger auf die Beine stellt.  Er fungiert auch heute noch als Sprecher des örtlichen Seniorenbeirates und gehörte lange Zeit zu den Kreis von Fahrern, die einmal wöchentlich mit dem Gemeindebus ältere Veitshöchheimer kostenlos zum Einkaufen fahren. Fast täglich kommt er bis heute in das 94 Plätze zählende Alten- und Pflegeheim der Caritas, um Senioren auszuführen oder mit ihnen zu reden oder auch finanzielle Unterstützung zu leisten. Dort gehört er seit zehn Jahren ehrenamtlich dem Heimbeirat an, leitet dessen Sitzungen, kümmert sich um die Beschwerden der Bewohner und vertritt die Heimbelange auf überörtlicher Ebene.

Mit 69 erstmals in den Gemeinderat

Die unwahrscheinliche Hilfsbereitschaft und Beliebtheit des Jubilars führte dazu, dass er im Alter von 69 Jahren erstmals für den Gemeinderat kandidierte und im März 2002 auf der SPD-Liste von Platz 21 auf Platz 8 vorgewählt wurde.  Bei seiner  Wiederwahl  2008 konnte er als 75jähriger erneut ein hervorragendes Stimmenergebnis für sich und seinen Ortsverein erzielen.  Im August letzten Jahres zog sic h der "Tiger" dann aus gesundheitlichen Gründen aus der aktiven Gemeindepolitik zurück. In den neun Jahren Zugehörigkeit vertrat er im Gremium nicht nur die Belange der Senioren, sondern brachte auch seinen bautechnischen Sachverstand an vorderster Stelle als Mitglied des Hauptausschusses und des Abwasserzweckverbandes ein. Es gab in dieser Zeit keine gemeindliche Baustelle, die er nicht inspizierte. Er blieb den Gemeinderäten als Kollege in Erinnerung, der zwar Ecken und Kanten hatte, auch von Emotionen geprägt war, stets seine Meinung offen vertrat. Er dachte aber nie im Kasten der Parteipolitik, war immer sehr gesellig und legte Wert auf ein freundschaftliches Verhältnis.

Ein leidenschaftlicher Bergsteiger und Segler

Dabei hätte sich Kurt Scheuring als Pensionär auch genügend damit beschäftigen können, seinen jahrzehntelangen Leidenschaften, nämlich dem Bergsteigen in den Alpen, dem Segeln an der adriatischen Mittelmeerküste und der Pflege seines Garten am Main nachzugehen.

Was Kurt Scheuring in seinem Leben anpackte, das tat er nämlich schon immer sehr intensiv und mit viel Leidenschaft. So erfüllte er sich mit 65 Jahren einen Jugendtraum, in dem er den 4.880 Meter hohen Montblanc trotz erheblicher Minustemperaturen bestieg. Er fuhr auch schon mal an einem Tag mit dem Fahrrad nach Nürnberg und wieder zurück, schwamm im Starnberger See von einem Ufer zum anderen oder lief mit reichlich Gepäck auf dem Rücken an einem Tag 70 Kilometer. Selbst die Implantation einer künstlichen Knieprothese im Frühjahr 2006 hinderte ihn nicht daran, ein halbes Jahr später schon wieder zehn Tage zum Bergwandern nach Tirol zu reisen.

Fit hielt er sich bis vor gar nicht so langer Zeit, in dem er täglich mit dem Fahrrad eine kleine Tour unternahm und früh und abends mit seiner Frau Annamaria im Main schwamm, und das auch noch, wenn das Wasser nur noch 17 Grad hatte.  Doch seit einiger Zeit plagen ihn immer mehr die Wehwehchen, musste er öfters auch ins Krankenhaus, so dass er, auch wenn es ihm schwer fällt, er  nun doch langsamer treten muss.

 

Wer noch mehr über Kurt Scheuring, seine Kindheit, seine Schulzeit, seinen beruflichen Werdegang  und viele  interessante Geschichtli aus seinem Leben, auch über so manches Saufgelage,  erfahren will,  der kann dies auf den Seiten 508 bis 511 der neuen Veitshöchheim-Chronik von Thomas Struchholz  tun, ebenso,  wenn er auf Link klickt (pdf.Datei).  Der Autor führte mit dem Jubilar als Zeitzeugen ein interessantes Interview, das auch ein Stück Ortsgeschichte dokumentiert.

Hier einige Auszüge:

Kindheit - die Fähre, der Mee und die Gäns

Mit vier Jahren bin ich runter ins Höfle gekommen, ins Mordhöfle. Seit der Zeit war ich Meegässler. Mit fünf Jahren bin ich mit dem Schelch nüber und rüber. Im Sommer bekam ich ein Seil um den Bauch rum, des war in Mee ghängt und ich hinter dem Schelch her. So hab ich‘s Schwimme glemt. Mit 51/2 bin ich allee übem Mee nüber und rüber gschwommen. Das war mein Ding, die Fähre, der Mee, der Dreschplatz. Daheim hatten wir e klees Gärtle, so 10—15 qm und da war jede Menge Viechzeuch drin. Hühnerstall, Hasenstall, Enten, 15 - 20 Gänsli, Hammel.

Eine Gans als Haustier

Eine Gans, die wir hatten, das war die Liesl, die war mindestens 17 Jahr alt. Die ist meim Vater oder meiner Mutter nach wie ein Hund. Die ist die Treppe mit nauf, die war in der Küche ghockt und hat geplaudert, die ist auch nie gschlachtet worn, die hat einfach so sterb dürf.

Einfach, aber schön

Es war alles eine sehr einfache Zeit, aber es war eine schöne Zeit. Da hast dich gfreut, wenn du dem Nachbarn was besorgt hast und hast dafür en Apfel gschenkt kriegt. Das war fei scho was! Gar net davon zu reden, wenn du mal für‘n Nachbarn eigekäfft hast und hast en Zehner kriegt! Da für haste paar Lakkelie kauf könn beim Hack. Die hatten die großen Bonbonnieren, da waren die roten Gutsli drin!

Turnen im Hofgarten

Zum Turnen in der Schule sind wir oft in den Hofgarten nüber. Einer hat den Stuhl tragen müssen, der andere hat‘s Stöckle getragen! Am Rondell in der Näh vom Schneckehäusle war dann das Turnen, und wehe, wenn einer net gspurt hat. Der ist dann über den Stuhl gelegt wom und dann hat der (Lehrer Beck) aber drauf ghaut! Das war halt gang und gäbe und den

Stock und den Stuhl hast noch selber heimtragen dürfen!

Schokolade von den Amis

Mir ham unser Schoklad und unser Orangen von den Amis auf‘m Dreschplatz kriegt, wo sie ihre Wasserstation hatten. Jeden Tag gab‘s für uns genug. Wir mussten für die die Kanister befüllen.

Arbeit nach Schulschluss

Tee, alle Tee ham mir gsammelt: Spitzwegerich, Brennessel, Zinnkraut Schafgarbe, das warn bestimmt vier bis fünf Kräuter, die du suchen musstest. Und mir harn mit zur Kartoffelernte gmusst. Da war ich in der Krakeburg oben, der Mordsbauernhof in Gadheim. Dort ham mir von der Schul aus hingmusst. Für 10 Kartoffelkäfer haste 1 Pfennig kriegt! Das war damals viel Geld! Du hast e Fläschle in die Hand gedrückt kriegt, da war Wasser drin und da hast du dei Kartoffelkäfer neischmeiß müss. Die sind da drin gezählt worn.

Durfte nicht Koch werden

Ich wollt von Beruf eigentlich Koch wern. Ich hab sogar schon e Stelle in Garmisch ghabt. Mein Onkel hat mir die besorgt der war Bürgermeister in Margetshöche und da hätt ich dort anfangen können. Aber so einfach war das nicht. Mein Großvater war Installateur, mein Vater war Installateur und was macht der Sohn? Der MUSS Installateur werden. Diskussionen gab‘s keine. Da hab ich halt beim Gerlinger gelernt und heute kann ich zurückblicken und sagen, mein Beruf, der hat mir Spaß gemacht.

Sieben Jahre auf Montage

Ich hatte damals in Kaiserlautern eigentlich ein Bombengeld verdient, dafür haben wir 60—80 Stunden in der Woche gschafft und wenn du dann mal gekommen bist, dann warst du halt der King! Ich hab mei ganze Kumpel eingeladen, die warn ja sowieso alle auf Kiliani, da haben wir ordentlich einen drauf gemacht! Spätzeck, Büttnerschänke, das waren Zeiten, die kommen nie mehr! Sowas kommt nie mehr. Und von Kiliani bin ich zu Fuß runter gelaufen, weil mein Geld nicht mehr gelangt hat! Hab noch mein Rad verkaufen müssen dort auf Kiliani! Aber schön wars! Du hast da dort halt dei ganze Rass getroffen und da hat das Geld nicht gelang.

Meisterprüfung

Ich hatte meine Meisterprüfung noch in Abendkursen zwei Jahre lang nachgemacht, Zuhause warn aber schon vier Kinder! Das war für mich eine harte Zeit. Und wie mein Siegbert die Meisterprüfung hatte,musste ich ihn vor die Entscheidung stellen, entweder ich verkaufe den Betrieb oder er übernimmt ihn. So ging‘s dann in die nächste Generation. Seitdem bin ich in Rente.

© Dieter Gürz

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