Veitshöchheimer Gemeinderat stellt die Weichen für Bewirtschaftung des Gemeindewaldes bis 2033 - Nachhaltigen Forstwirtschaftsplan gebilligt
Nachhaltigkeit ist auch in den nächsten 20 Jahren oberstes Gebot bei der Bewirtschaftung des 230 Hektar großen Veitshöchheimer Gemeindewaldes. Nach Billigung im Gemeinderat stellte Bürgermeister Rainer Kinzkofer die Grundzüge des neuen Forstwirtschaftsplanes der Gemeinde bei einem Ortstermin zusammen mit Fachleuten und den für die Bewirtschaftung zuständigen Mitarbeitern vor (v.r. Revierleiterin Annette Fricker vom AELF, Forstsachverständiger Michael Junginger, Forstwirt Jürgen Taupp, Bürgermeister Rainer Kinzkofer, AELF-Abteilungsleiterin Elfi Raunecker, Bauhofleiter Rudolf Köhler, Bauhof-Verwaltungsangestellte Sonja Bayer)
"Ich war im vergangenen Sommer und Herbst im Gemeindewald zu Gange, habe dabei Vieles gemessen, begutachtet und geplant", so führte der Forstsachverständige Michael Junginger in seine Präsentation in der Gemeinderatssitzung in das Thema ein. Da der alte Forstwirtschaftsplan für den Gemeindewald zum 31. Dezember 2011 abgelaufen war, hatte der Ferienausschuss in seiner Sitzung vom 21. August 2012 das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Würzburg mit der Neuerstellung beauftragt.
Der von Junginger erstellte neue Plan garantiert, dass auch weiterhin eine baumartenreiche Waldgeneration mit hohem Entwicklungspotential heranwächst. Die Nutzung ist sehr nachhaltig, da mit 1.360 Festmeter mehr zuwächst als geschlagen wird. Es ist künftig jährlich ein Gesamthiebsatz von 1.030 Festmeter vorgesehen. Der Hiebssatz betrug 1992 noch 600 fm im Jahr (5,5 fm/ha HB) und wurde nach dem Ankauf von 1997 auf 850 fm im Jahr angehoben (3,9 fm/ha HB). Kennzeichen der Bewirtschaftung ist eine sehr üppige Naturverjüngung. Auch weiterhin sollen jährlich zwei Hektar Wald verjüngt werden, davon nur 0,1 durch Pflanzung.
Durch den Kauf der 109 Hektar großen Waldflächen „Gebranntes Hölzlein“ und „Gadheimer Wald“ vom Juliusspital Würzburg im Jahr 1997 für 2,8 Mill. Euro (rote Flächen) konnte die Gemeinde ihren Waldbesitz auf insgesamt 223 Hektar verdoppeln.Dieser Kauf war nach den Worten von Bürgermeister Rainer Kinzkofer eine Zukunftsinvestition für die Gemeinde, der nicht nur die Bohrung eines eigenen Trinkwasserbrunnens mit 190.000 m³ Fördervolumen jährlich, sondern auch der Gemeinde einen größeren Spielraum bei der Bewirtschaftung und Nutzung des Waldes als Erholungsraum ermöglichte.
Durch die ganzjährige Tätigkeit der zwei gut ausgebildeten gemeindlichen Forstwirte Jürgen Taupp und Sebastian Kräml, so bestätigte Junginger, erfährt der Wald eine heute selten gewordene ökologische Aufwertung und Sicherung in allen seinen Funktionen. Der Gemeindewald ist eine hervorragende „Solarfabrik“, der neben seiner Funktion als Sauerstoffspender, Wasserreservoir und Erholungsraum auch von wirtschaftlicher Bedeutung ist.
Es wird aber in Sinne der Nachhaltigkeit weniger geerntet als nachwächst. Es bleiben auch Flächen der natürlichen Entwicklung überlassen. Hier bieten umgestürzte Bäume als Totholz einer Vielzahl von Vögeln, Insekten, Pilzen und Mikroorganismen artspezifische Lebensräume. Der Gemeindewald ist als FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat) eingestuft und als Bannwald geschützt.
Der muschelkalkhaltige Boden im Gemeindewald ermöglicht einen Mischwald mit großer Artenvielfalt. 17 Laub- und 6 untergeordnete Nadelholzbaumarten sind hier in ausgezeichneter Qualität und hoher ökologischer Wirksamkeit anzutreffen.
Nach Jungingers Baumarten-Erhebung dominiert das Laubholz mit 90 Prozent. Nur zehn Prozent entfallen auf Nadelholz. Häufigste Baumart ist die Eiche mit 45 Prozent vor der Buche mit 25 Prozent. Im Vergleich zu anderen Betrieben mit Mittelwaldvergangenheit sei dieser Buchenanteil als natürliche Hauptbaumart erfreulich hoch. Das vor allem in jüngeren Beständen anzutreffende Edellaubholz hat einen Anteil von 15 Prozent, davon sechs Prozent Esche, 4 Prozent Bergahorn und ein Prozent Linde. Anzutreffen sind hier auch Baum-Individuen wie Spitzahorn, Walnuss, Kirsche, Elsbeere und Speierling.
Es sind große Altbestände mit führender Eiche anzutreffen. 53 Prozent der Waldfläche hat ein Durchschnittsalter von mehr als 100 Jahren. Je jünger die Bestände sind, umso weniger ist hier Eiche anzutreffen (rechte Grafik).
Als besonders positiv stellte der Forstsachverständige einen ausreichenden Buchenanteil in allen Altersklassen heraus. Er lobte, dass seit Generationen hier nachhaltig gewirtschaftet und die Buche mit ihrer positiven Auswirkung auf das Bestandes-Innenklima erhalten wurde. So seien auf natürliche Art genug Samenbäume, genug Verjüngung und Zwischenstand vorhanden, so dass die Bestände schattig bleiben und nicht verlichten. Dadurch sei bisher auch noch keine Massenvermehrung von wärmeliebenden Schadinsekten und demzufolge auch keine Bekämpfungsmaßnahmen notwendig gewesen.
In den flächigen Natur-Verjüngungsbeständen der Schattbaumarten seien die Verbiss-Schäden durch Rehe tragbar. Eine Einzäunung sei nicht notwendig. Nach Jungingers Feststellungen können jüngere Bäume der Altbestands-Oberschicht zum Teil noch achtzig Jahre stehen und Wert zulegen. Bis dann die letzten Bäume dieses Bestandes geerntet werden, sind die ersten aus der jetzigen Verjüngung schon reif. Dies bedeutet, dass im Veitshöchheimer Gemeindewald man im Dauerwald angekommen ist und nie wieder ein Kahlschlag erfolgen muss.
Die Laufzeit des Forstwirtschaftsplanes beträgt 20 Jahre, wobei nach 10 Jahren eine Zwischenrevision zur Überprüfung der Planungsziele vorgesehen ist.
Revierleiterin Annette Fricker betonte, dass der reich strukturierte Eichen- und Buchenwald mit hohem Totholzanteil insbesondere den seltensten Arten wie Mittelspecht, Halsbandschnäpper, Mops- und Bechsteinfledermaus, Hirschkäfer, Eremit oder Eichenbock passende Lebensbedingungen biete.
Die Gemeinde unterstütze mit ihrer daran orientierten naturgemäßen Bewirtschaftung ihres Waldes die Erhaltung und Verbesserung dieses Lebensraumes. Beim Erhalt alter Bäume durch das Baummethusalem-Konzept steht zunächst die Waldästhetik im Mittelpunkt (Alter, Dimension Gestalt dieser Bäume). Da sie bis zu ihrem natürlichen Absterben stehenbleiben, haben sie mit der Zeit auch einen hohen ökologischen Wert (Refugium für viele Pflanzen und Tierarten). Bisher sind im Gemeindewald über 30 solcher Individuen dauerhaft markiert (umgedrehtes grünes Dreieck mit weißer Innenfläche).
Großer Wert werde auch auf die Pflege des Waldrandes gelegt, der als Einladungskarte für den Zugang zum Wald vielfältige Funktionen zu erfüllen habe. In seiner Erholungsfunkton erfreue er das Auge der Spaziergänger durch seine Pflanzenvielfalt zu jeder Jahreszeit. Im Frühjahr seien es natürlich mehr die krautigen Blüh-Pflanzen, die noch mehr Licht benötigen und im Herbst würden Weißdorn, Holunder, Liguster, Speierling oder die Elsbeere durch ihr Farbenspiel ins Auge fallen. Die beiden Forstleute der Gemeinde würden hervorragend darauf achten, dass diese Sträucher am Waldrand überleben können und nicht von hohen Bäumen verdrängt werden.
Hier im Detail die Grundlagen der zukünftigen Bewirtschaftung:
Jungbestandespflege |
Bestandesfläche: 18,5 ha Umlauf: 1,2 Pflege in der VVJ: 31,3 ha jährliche Pflegefläche: 5,4 ha Entnahmesatz: 6 fm/ha Mischungsregulierung: Mischbaumarten erhalten, Eichenanteil sichern Negativauslese: Grobformen entnehmen Ansonsten sollen die Bestände möglichst dicht gehalten werden, um eine zügige Astreinigung zu gewährleisten. |
Jungdurchforstung |
Bestandesfläche: 9,3 ha Umlauf: 2,0 jährliche Pflegefläche: 1,9 ha Entnahmesatz: 29 fm/ha Die Bestände müssen dicht gehalten werden, um die Astreinigung zu gewährleisten. Die Eingriffe dürfen nicht zu stark sein und erfolgen daher in zwei Durchgängen pro Jahrzehnt. |
Altdurchforstung |
Bestandesfläche: 130,8 ha Umlauf: 1,2 jährliche Pflegefläche: 15,7 ha Entnahmesatz: 47 fm/ha In den Altbeständen erfolgt eine abschließende Kronenpflege In den jungen Beständen werden die Kronen der Zukunftsbäume freigestellt, hierzu sind i.d.R. zwei Eingriffe im Jahrzehnt notwendig. |
Langfristige Behandlung |
Bestandesfläche: 54,6 ha Verjüngungssollfläche: 46,7 ha (86%) Vorausverjüngung: 29,5 ha (54%) Noch zu verjüngende Fläche 17,2 ha (Naturverjüngung) Entnahmesatz: 50 fm/ha Umlauf: 1,3 Pflegefläche: 71,0 ha Die Vorausverjüngung v.a. aus Schattlaubholz ist i.d.R. weit fortgeschritten, wo möglich soll ankommende Eichen-Naturverjüngung gesichert werden. Hierzu muss punktuell auf- und nachgelichtet werden, ansonsten sollen bessere Bestandesglieder voll ausreifen. |
Verjüngungsnutzung |
Bestandesfläche: 4,8 ha Verjüngungssollfläche: 4,2 ha (88%) Vorausverjüngung: 1,1 ha (23%) Noch zu verjüngende Fläche 3,1 ha Pflanzfläche: 0,8 ha erwartete Naturverjüngung: 2,3 ha Einreihungsquote: 30% Es handelt sich um zwei Fichtenbestände mit Auflösungserscheinungen und zwei Altbestandesreste mit Bodenverwilderung. |
Verjüngung der Bestände | Jährlich sollen 2 ha Wald verjüngt werden, 0,1 ha davon durch Pflanzung.
Das durchschnittliche Verjüngungsziel über alle Endnutzungsbestände lautet: Buche 33,7 ha 57% Bergahorn 11,1 ha 19% Feldahorn 3,8 ha 6% Hainbuche 3,7 ha 6% Eiche 2,8 ha 5% Esche 2,6 ha 4% Edellaubholz 0,6 ha 1% Tanne 0,6 ha 1% Fichte/Douglasie 0,6 ha 1% |
Hiebssatz |
Nutzungsart jährliche Nutzung je ha % Verjüngungsnutzung: 45 fm 95 fm 4 Langfristige Behandlung: 270 fm 50 fm 26 Nachhiebsreste/Überhälter: 60 fm 6 Summe Endnutzung: 375 fm 36 Jungbestandespflege: 10 fm 6 fm 1 Jungdurchforstung: 25 fm 29 fm 3 Altdurchforstung: 620 fm 47 fm 60 Summe Vornutzung: 655 fm 64 Gesamthiebssatz: 1 030 fm je ha HB: 4,7 fm Errechneter Zuwachs: 1 360 fm je ha HB: 6,2 fm Vorratsaufbau im Jahrzehnt: 3 300 fm je ha HB: 15 fm (6%) |