Stimmen aus der Veitshöchheim-Chronik-Debatte im Gemeinderat
Wie berichtet, kauft die Gemeinde als Konsequenz der am 31.7.2012 im Gemeinderat erfolgten Abstimmungen dem Autor Thomas Struchholz kein einziges Exemplar seiner 2.500 bereits gedruckten Ortschroniken ab.
Im Rahmen dieser Abstimmungen bezogen der Bürgermeister und Sprecher aus den Fraktionen Stellung zu den einzelnen Anträgen:
Bürgermeister Rainer Kinzkofer:
"Wir sind uns klar, dass die Chronik ein "gewichtiges Werk" im doppelten Sinn ist, ein bedeutsames Werk, das unter erheblichen Zeitaufwand innerhalb von sechs Jahren mit Herzblut entstand und der Gemeinde kein Honorar gekostet hat, nicht einmal eine Anerkennungsgebühr. Es ist eine gelungene Darstellung des Kleinodes Veitshöchheim in der Region Würzburg, wie dies auch von den Lektoren bei der Präsentation in den Mainfrankensälen gut rüberkam. Das wie auf Facebook beanstandet einzelne Namen fehlen oder eine Zeit zu kurz kam, findet man immer bei derartigen Werken, egal wer es schreibt. Es gab sicherlich nachvollziehbare Irritationen in der Vorgehensweise, aber bei Wertung der Sachlichkeit gehört die Chronik in jeden Haushalt zu einem angemessenen Preis. Ich unterstütze den weitestgehenden Antrag der CSU-Fraktion, die Gesamtauflage von 2500 zum Vorzugspreis von 30,59 Euro durch die Gemeinde mit einer Gesamtbelastung von 76.450 Euro zu erwerben. Wir werden sie dann zum Preis von 36 Euro veräußern. Die Bücher haben auch als Präsent der Gemeinde einen Wert, so dass sich die Ausgabe wieder relativert. "
Der Antrag der CSU-Fraktion wurde mit 17:5 Stimmen abgelehnt.
Jürgen Götz, Veitshöchheimer Mitte:
"Der ehrenamtliche Einsatz und die Leistung des Autors sind beachtlich und sollen in keinster Weise geschmälert oder in Frage gestellt werden. Im Rahmen der Beratungen für den Haushalt 2011 war damals ein Bedarf der Gemeinde durch die Verwaltung auf 1000 Stück beziffert worden. Im Oktober 2010 gab es eine Aussage des Autors, bei der 1500 Bücher zum Stückpreis von 30,20 zuzüglich MwSt. erhältlich gewesen wären.
Der jährliche Bedarf an Büchern wird durch die Verwaltung auf 80 und 350 Bücher geschätzt. Der Autor hat eingeräumt, dass die nunmehrige hohe Auflage dem maximalen Verkaufspreis, welcher um 30 Euro liegen sollte geschuldet war.
Bereits 2005 war in einer Information an den Hauptausschuß zu hören — so steht es im Protokoll - dass der Gemeinde keine Kosten ‚ auch nicht für die schriftstellerische Leistung entstehen und dass die Gemeinde vor der Drucklegung ein
Ansichtsexemplar erhält.
Keine Kosten bedeutet zunächst einmal für mich, dass auch keine Lagerkosten (und hier fällt für die acht bis zehn Tonnen Bücher einiges an), keine Zinsen für Vorfinanzierung, für lnflationsausgleich und dergleichen anfallen, wie sie Herr Struchholz jetzt bei einigen seiner Kompromissvorschläge von der Gemeinde einfordert.
Der Autor ist mit der Auslösung eines Druckauftrages ohne einen Gemeinderatsbeschluss zur Abnahme einer gewissen
Stückzahl ein persönlichs Risiko eingegangen. Jetzt mit allen Mitteln dieses finanzielle Risiko auf die Gemeinde abdrücken zu wollen, ist für mich nicht nachvollziehbar, zumal der Autor selbst Gemeinderat ist und dies eigentlich wissen müsste.
Wir von der Veitshöchheimer Mitte sind uns jedoch auch sehr wohl bewusst, dass die Leistung und das für die Erstellung der Chronik aufgebrachte Engagement nicht außer Acht gelassen werden können.
Deshalb stellen wir nachfolgenden Antrag:
1. Abnahme von 2000 Büchern durch die Gemeinde zu einem Preis von 61.180 Euro (30,59 Euro pro Stück).
2. Vertragliche Fixierung nachfolgender Punkte:
a) Das alleinige Veräußerungsrecht liegt bei der Gemeinde Veitshöchheim, ein Privatverkauf des Autors ist jedoch zulässig.
b) Eine Neuauflage oder berichtigte Auflage ist erst nach sieben Jahren zulässig.
c) Der vom Autor festzulegende Verkaufspreis darf 36 Euro nicht überschreiten."
Marc Zenner (CSU-Fraktion) zum Kompromiss-Antrag der Veitshöchheimer Mitte
"Dass unser Maximalantrag keine Mehrheit findet, war aufgrund der Gespräche in den letzten Wochen zu erwarten. Jetzt liegt hier ein Kompromiss-Antrag vor, dem man als Gremium mitgehen sollte. Es wäre blamabel, wenn wir nicht einspringen und wenigstens 2.000 Stück erwerben, um einen akzeptablen Kaufpreis auch für die Bevölkerung sicher zu stellen. Dieser sei mit 36 Euro auch sozial verträglich. Wenn dieses Buch 78 Euro kosten würde, dann schließt es einen Großteil der Bevölkerung aus und werden viele zögern, das Buch zu kaufen, werden Veitshöchheimer Geschichte und Geschichten nicht weiter gegeben."
Die Fraktion Veitshöchheimer Mitte kam mit ihrem Vorschlag, mit dem auch der Autor konform ging, bei 8 Ja- und 14- Neinstimmen nicht durch.
Herr Zenner verweist im Nachhinein per E-Mail auf die Pressemitteilung seiner Fraktion auf Facebook "Eine Blamage ersten Ranges" und auf seine persönliche Stellungnahme "Veitshöchheim braucht die Ortschronik" von vor zwei Tagen auf Veitshöchheim News, die auch im Namen der Fraktion als sein Debattenbeitrag in der Sitzung zu sehen sei.
Udo Backmund (SPD-Fraktion)
"Wir haben uns intensiv darum bemüht, einen Kompromiss herbeizuführen. Es gab einige Treffen und sehr starken E-Mail-Verkehr, die diesen Willen unterstreichen. Wir sahen aber seitens des Autors und des Verlages kaum ein Entgegenkommen, so dass keine Übereinkunft möglich war. Ich stimme zu, dass der Bevölkerung eine Chronik zu einem akzeptablen Preis zur Verfügung gestellt wird. Aber wir werden jetzt vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich bin sehr wohl der Meinung, wenn wir von Anfang an über unseren Haushalt hätten mitreden dürfen, hätten wir eine Lösung herbeiführen können in einer geringeren Auflagenzahl, um einen ähnlich guten Preis zu erwirken. Diese Möglichkeiten sind uns als entscheidendes Gremium über die Verwendung von Steuergeldern genommen worden. Wir stehen deshalb vor vollendeten Tatsachen und befinden uns in einer Zwangslage. Eine andere Lösung, als im Rahmen des Haushaltsansatzes den Kauf von 650 Büchern zum Preis von je 30,59 Euro anzubieten, könne die SPD-Frakton nicht mitgehen."
Der SPD-Sprecher wies außerdem auf ungelöste Probleme bei der Lagerung nebst Haftung bei Abnahme einer größeren Menge hin.
Zur Meinung der SPD gab die Orts-Vorsitzende Gertrud Azar bereits im Vorfeld auf Veitshöchheim News einen Kommentar ab.
Dem Antrag der SPD-Fraktion wurde zwar mit 13 Ja- bei 9 Neinstimmen zugestimmt. Er ist jedoch nicht zu vollziehen, da seitens des Autors bei der Abnahmemenge von nur 650 Stück der Preis von 30,59 Euro nicht aufrecht erhalten werden kann.
Ergänzungen:
- Heute 16.40 Uhr ging auf Veitshöchheim News folgender Kommentar von Amely Bauch, Fraktionssprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen ein:
"Thomas Struchholz hat ein sehr umfangreiches, imposantes Werk geschaffen, das ohne Zweifel sein Geld wert ist. Es ist viel mehr als eine Chronik, es ist gleichzeitig ein Bildband und eine lebhafte Schilderung der neuen Geschichte durch die Zeitzeugenberichte entstanden. Das verdient hohe Anerkennung. Doch leider ist das Buch dadurch sehr groß und schwer geworden, auch preislich keine Kleinigkeit mehr.
Der Gemeinderat wünschte sich eine Überarbeitung der bestehenden Ortschronik mit Ergänzung der letzten 30 Jahre und einem Stichwortverzeichnis.Wenn sich der Autor an diese Vorgaben gehalten hätte, wäre das Werk deutlich kleiner, leichter und kostengünstiger. Ich denke, dass dann die Abstimmung über den Kauf der Chroniken im Gemeinderat anders ausgefallen wäre.
Die Fraktion Bündnis 90/ Grüne konnte aber unter den gegebenen Voraussetzungen dem Kauf nicht zustimmen.
Sehr schade finden wir aber die fehlende Kompromissbereitschaft des Autors bezüglich der erfolgten Abstimmung, denn er hat sich dadurch die Möglichkeit verbaut, an einem einzigen Tag 650 Exemplare zu verkaufen und die übrigen Exemplare kostenfrei zu lagern."
- nachstehend im Anhang Kommentar von Marc Dossler - 1.8.2012 - 17.00 Uhr