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"Sauguad!" - Lobeshymnen für Karlstädter Quintett "Schleifstein" beim dritten Veitshöchheimer Sommerkonzert

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

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von Dieter Gürz

Einer eigenen Stilrichtung, nämlich der melodisch klingenden und abwechslungsreichen „Weltmusigg vom Mee“ hat sich die Karlstädter Gruppe „Schleifstein“ verschrieben. Im idyllischen Ambiente des Jüdischen Kulturmuseums kamen ihre kabarettistisch angehauchten Songs zu ihrer eigenen fränkischen Roots-Musik, einem verschrobenen Folk-Rock vom Blues über Walzer bis zum Punk beim Publikum sehr gut an.

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"Sauguad!" befand denn auch ein Besucher gleichermaßen hellauf begeistert über die bunte Mischung aus Gesang und Instrumentalspiel des Quintetts bei ihrem zweistündigen Auftritt beim dritten Veitshöchheimer Sommerkonzert. An die 100 Konzertbesucher erlebten sehr zur Freude der Veranstalter Martina Edelmann vom gemeindlichen Kulturamt und dem Musiker Rainer Schwander einen höchst vergnüglichen und kurzweiligen Abend.

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Die instrumental großartig besetzte Gruppe Schleifstein, das sind die Liedermacher Peter Schuhmann (Gitarre, Mandoline und Saxophon), Christine Siegmund (Akkordeon und Flöten), Gerdi Aulbach-Müller (Geige, Harmonium), Wolfgang Pollack (Bass) und Daniela Müller (Schlagzeug). Sie gefallen mit häufigen Instrumentenwechseln, vielfältigen, vielstimmigen Gesang, sauberen Soli und viel Bewegung. Auch ohne Verstärker ergibt sich stets ein klangvoller Background. Manchmal kommen auch die Trillerpfeife und ein Triangel zu Gehör.

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„Wir sind bodenständig, schräg und leicht verschroben wie die Bewohner des Maintals“, so beschreiben sich die fünf Schleifsteine. Dass sie ihre Heimat lieben, offenbarte sich in ihren vertonten und authentisch im Dialekt gesungenen Liedtexten. Meist drehte es sich um „Karschter“ Besonderheiten, um Geschichten aus dieser Stadt und ihrer fränkischen Heimat , die die Gruppe im Laufe ihres bisherigen dreißigjährigen Bestehens vertonte und dem Publikum mit spontanem Witz auch immer bestens erklärte. 

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So hatten sie eingangs auch ihr Markenzeichen, ein aus dem Main in Karlstadt geborgenes Stück der öfters gerissenen Original-Kette von der „Meekuh“ mitgebracht und dieses alte Schleppschiff besungen, das von 1898 bis 1938 von Aschaffenburg von Bamberg entlang einer Kette fuhr und andere Schiffe mitzog.

Heimatkundlich fundiert lässt das Quintett längst vergangene Zeiten und wahre Begebenheiten aufleben, wie etwa auch den großen Brand in dem Weindorf Stetten von 1873, den eine alte Bäuerin hätte retten können, der ihre Milch aber zu schade war. Zu hören ist auch eine Liebeserklärung an Nordbayerns erstes Erlebnisbad in Karscht mit der legendären 18 Uhr Bademeisterdurchsage „es ist Zeit für die Schuljuchend“. Weiter erfährt man wie der Katzeturm seinen Namen bekam, warum das bis in die Gegenwart von zwei 80jährigen Senioren betriebene Kaufhaus im Katzeturm, das „Stockleb“ als Stadt-Attraktion unbedingt erhalten werden sollte.

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Die Franken ein tanzfreudiges Volk? Mit dem einschläfernd gespielten Mazurka-Tanz bringen die Musiker so richtig das fränkische Temperament zum Ausdruck. Als Ohrwurm entpuppt sich die als Blues „Ich muss in Retzbach raus“vertonte über den vergessenen und den Zug hinterherlaufenden Schaffner.

Makaber wird es beim Song „Mein Feind, der Baum“, der nur viel Arbeit und eine Bedrohung für die Menschen als Verkehrshindernis darstellt. Originell der Song „Umchkaloabo“, mit der die Gruppe begleitet von einer als „Daumenklavier“ afrikanisierten Gitarre Schnupfenmittel-Tipps zum Besten gibt. Ein Ohrwurm, aber wenig geistreich ist der „Zwiefacher“ über das Hausmädchen „Lydia“, das erstmals mit „Das weiß ich nicht“ Bekanntschaft mit dem Telefon macht.

Skurril ist der Song vom 60 Stundenkilometer-Laster des Zementwerks Schwenk, der alle Autofahrer auf eine arge Geduldsprobe stellt und nachdenklich stimmte der Titel zur schnelllebigen Zeit „Lebt, liebt und sterbt schneller“. Ihre Flugangst beschrieb Christine Siegmund anschaulich mit dem Rap „Fliecheschiss“.

Die Gruppe animierte das Publikum auch immer wieder in Refrains ihrer Lieder mit einzustimmen wie „Wozu is e Huhn gut? Dass es Eier lechn tut. Wenn’s kee Eier lechn will? Dann kommt’s aufn Grill.“ Stand Karlstadt bisher mit der längsten Häckerplatte und dem längsten Blumenkasten im Guinnessbuch der Rekorde, so kann die Kreisstadt nun auch mit der größten Klärschlamm-Trocknungsanlage der Welt glänzen. Auch hier sangen die Gäste den Refrain „Schnuff, schnüffel, schnuff“ begeistert mit.

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