Von Ortsheiligen, Bischofsmördern, edlen Herren, Königen und gemeinem Bauernvolk - Klaus Körber als mittelalterlicher Tagdieb-Wächter - Neues Angebot der TWL in Veitshöchheim
"Er ist ja so süß!" äußerte sich begeistert eine Zuhörerin bei der Premiere des neuen Führungs-Angebotes der Touristik GmbH Würzburger Land.
Die Rede ist von Klaus Körber, Sachgebietsleiter an der hiesigen Bayerischen Landesanstalt, als solcher regelmäßiger Gast in der Sendung Querbeet des Bayerischen Rundfunks, Textschreiber und Musiker der Erlabrunner Narreköpf. Er schlüpfte am letzten Freitag erstmals in das Gewand eines mittelalterlichen Tagdieb-Wächters mit Hellebarde ausgerüstet.
Dank seiner exzellenten schauspielerischen Fähigkeiten zog das fränkische Urgestein aus Erlabrunn seine erste Führungsgruppe, neun Damen des Landfrauenvereins Retterode aus der Nähe von Kassel, von der ersten bis zur letzten Minute in seinen Bann. Diese waren mit der Bahn angereist und verbrachten hier, im Hotel am Main untergebracht, drei erlebnisreiche Tage, u.a. auch eine Schiffahrt nach Würzburg mit Stadtführung, Wanderung über den naturkundlichen Weinlehrpfad nach Thüngersheim und eine Weinprobe im Gasthaus Spundloch. Neben dem Hofgarten schwärmten die Gruppe, von der Weinperle am Main total begeistert, auch von der Mainuferpromenade mit der Kneippanlage.
Hemdsärmelig, bauernschlau, verschmitzt, aber nicht unklug, erzählte Körber in seinem mittelalterlichen Aufzug in einer Mischung aus Fakten, Geschichten, Heiterem und Besinnlichem, meist im Dorfdialekt, eineinhalb Stunden lang recht kurzweilig Episoden aus der Dorfgeschichte von Veitshöchheim seit dem 11. Jahrhundert. Diese reicherte er humorvoll mit persönlichen Empfindungen, Vermutungen, Erlebtem und Erzähltem an, meist aus der Sicht der armen mittelalterlichen Bauern, die Tür an Tür mit den reichen Adeligen wohnten, sich plagen und den Zehnt abliefern mussten und nichts zu Fressen hatten, während die Herrschaften derer von Höchheim im Überfluss schwelgten.
"So richtig o geits in Veitsöche um 550 mit dr Frankonisierung und um 650 is die Bilhildis gebora, eine Heilige aus dem Ort" so begann er seine Führung in der barocken Vituskirche vor dem dieser gewidmeten Seitenaltar. Am Hochaltar stellte er dann den im heißen Ölkessel befindlichen Vitus, einen der 14 Nothelfer vor, von dem der auf Wasser gebaute Ort im Jahr 1301 seinen Namen "Höchheim ad sanctum Vitum" verdankt. Auch einen Bischof brachte der Ort hervor, mit Herold von Höchheim im Jahr 1260, damals gekrönt von Kaiser Barbarossa. Im Jahre 1202 machte der Ort dann durch einen Bischofsmord durch den Landadeligen Bodo von Ravensburg von sich reden, der in den hiesigen Weinbergen eine wunderschön gelegene Burg oberhalb des Mains besass. Diesen kenne er sehr genau, denn er habe diesen mittelalterlichen Terroristen 30 mal in einem Theaterstück gespielt. "Ein Schlag wars und der Bischof von Querfurt, der Begründer der Festung war tot" so blickte er zurück. Er habe jedoch vom Papst als Buße nur eine Fahrt ins Heilige Land aufgebrummt bekommen, von der er reicher als zuvor zurück kam. Wegen weiterer Delikte wurde später jedoch die Ravensburg geschleift, von der heute nur noch wenige Mauerreste zu sehen sind.
"Stellt euch mal vor, Veitsöche hatte 1691 etwa 500 Einwohner und dann baun die so eine Kirche und parallel dazu den Kavaliersbau hinter dem Torbogen" sagte der Tagwächter auf dem Kirchplatz. "So was höm wir damals erlabt, wir höm uns geplagt und gebuckelt und die Herrn höm e Ding nachm annara gmacht", so der Originalton des Historikers. "Un irgendwann is der Franke a in die Schul nei" so sprang er in einem Zeitsprung auf die 1911 eingeweihte Vitusschule im Hintergrund: "Dös war für Veitshöche damals a mords Gerät".
Für Gelächter sorgte der Komödiant zwischendurch immer wieder mit Sprüchen wie: "Früher hatten wir kee Fernseh und ke Heizung, dafür Sex an Ostern und Weihnachten und jeden Montag früh um achta." Damals habe man keine Verhütung gehabt, war immer an der Mutter, dafür gab es aber eine extreme Kindersterblichkeit, wo die Hälfte das 14. Lebensjahr durch Pest, Cholera, Unterernährung nicht erlebte und viele Frauen im Kindsbett starben.
1902 wurde der Kavaliersbau hinter ihm das Domizil der Schule der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau bis 1967 mitten im Dorf. Körber: "Die Gartenbauschüler, Winzer und Gärtner, waren jung, sin der Mädli im Dorf nachgeeiert, mussten aber um zehne im Bett sein."
Warum sehr viele nach Veitsöche kommen, sei der Hofgarten und die Sommerresidenz, auf dem Foto hinter dem Gitter. Der Tagwächter: "Des Ding is 13 Hektar groß, war bester Schwemmboden und die machte solche Pflänz, ham zuerst a Jagdschlössle gemacht, um vor unsere Nase auf Fasane zu ballern und wir Blödel ham von früh bis spät gschafft." Fast 80 Jahre hätten dann bis zu zehn Fürstbischöfe am Schloss gebaut, es ständig erweitert und durch Balthasar-Neumann 1753 abgeschlossen. Dann kam die Säkularisation und es ging an Bayern. 1855 sei es dann eine Sensation gewesen, dass direkt am Schloss vorbei eine Bahnlinie mit Bahnhof gebaut wurde und hier dann auch die bayerischen Könige Max I. und Max II. im eigens für sie errichteten Königspavillon ankamen.
Über das Bildstöckle "Heilige Dreifaltigkeit" und dem Haus der Fränkischen Fasenacht ging es dann in die Herrnstraße, wo in einem schmucken Haus früher bis zum Zweiten Weltkrieg die Sternschwestern in ihrer Kinderbewahranstalt an die 100 Kinder betreuten.
Ein interessanter Abstecher ging in den Pfarrhof, wo der zufällig nach Hause kommende Ortspfarrer die Geschichte des früher dem Kloster Sankt Stephan gehörenden stattlichen Pfarrhauses näher brachte.
Schließlich führte der historische Rundgang zur Weinkellerei der Landesanstalt und zum Martinsbrunnen. Dieser vorsorgte den Ort noch bis 1924 mit Trinkwasser, da es zuvor noch keine Wasserleitung gab und speiste auch die Fontänen im Großen See des Hofgartens. Heute fließt das Brunnenwasser durch das Kneippbecken dem Main zu.
Weitere Stationen der Führung waren das frühere "Spätzeck" an der Ecke Bahnhofstraße/Kirchstraße, die Unere Meegass und am Ende die Mainlände. Natürlich erfuhren die Gäste auch etwas über die Tradition der Schlappsäu und der Heckenwirtschaften.