Ministerpräsident Horst Seehofer zeichnete den Veitshöchheimer Kammeroperintendanten Dr. Blagoy Apostolov mit dem Bayerischen Verdienstorden aus
Unter den 50 Persönlichkeiten, die Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer am Mittwoch, 3. Juli 2013 im Rahmen einer Feierstunde im Antiquarium der Residenz in München mit dem Bayerischen Verdienstorden auszeichnete, war als erster im Alphabet Dr. Blagoy Apostolov an der Reihe. Er erhielt den Orden für sein 30jähriges Wirken als Intendant der Bayerischen Kammeroper Veitshöchheim.
Keine Frage, dass sich mit dem Geehrten auch seine Familie sehr freute, die Apostolov dem Ministerpräsidenten vorstellte (v.l. Ehefrau Greti, Enkelin Isabelle, Sohn Blagoy junior und Enkel Marcel). Als Seehofer erfuhr, dass Isabelle vor kurzem Weltmeisterin im Kickboxen wurde, ging er vorsichtshalber in Deckung.
Zu den ersten Gratulanten vor Ort zählten die Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Bayerns ehemaliger Kultusminister und Kammeroperliebhaber Hans Zehetmair sowie Unterfrankens Regierungspräsident Dr. Paul Beinhofer und die Gattin des Ministerpräsidenten Karin Seehofer.
Statement von Dr. Apostolov nach der Verleihung
"Das ist eine kollektive Auszeichnung, denn ohne Veitshöchheim wäre sie nicht möglich gewesen." Der Orden gebühre deshalb auch Veitshöchheim und das sollte gebührend gefeiert werden. Über viele Jahre habe man gemeinsame Leistungen erbracht und viele hätten hier ein Teilchen zu diesem Orden beigetragen.
„Ich bin ein Franke“ sagt der aus Bulgarien stammende Geehrte, der an der Universität seiner Geburtsstadt Sofia Sprachwissenschaften und Gesang studierte und im Fach ,,Vergleichende Phonetik" promovierte. Vor seiner Tätigkeit als Kammeroperintendant hatte er ein fünfjähriges Engagement am Stadttheater Würzburg (1975-1980) als lyrischer Bariton.
Der 73jährige hat aber nicht vor, sich nun auf die faule Haut zu legen. Es gibt nach seinen Worten noch vieles zu tun. Der in Schwanfeld bei Schweinfurt wohnhafte Theatermann hofft, dass sich die Wege nicht trennen und weitere Formen der Zusammenarbeit mit Veitshöchheim gefunden werden können,
Er verfüge nun über mehr freie Zeit zu recherchieren und habe vor, ein Buch zu schreiben über die Geschichte der Opernregie. Dies sei ein sehr aktuelles Thema, denn gebe heutzutage viele Fälschungen. Apostolov: "Alle Werke, die auf die Bühne gebracht werden, sind geschlossene Meisterwerke von Komponisten, die wir nicht verändern dürfen.
Er arbeite diesbezüglich mit der Hochschule für Musik (Mozarteum) in Salzburg zusammen und es würden sich auch andere Institutionen wie die Bayerische Staatsbibliothek und auch die Konservatorien „Luigi Cherubini" in Florenz und "di Musica Benedetto Marcello" in Venedig.an diesem Projekt beteiligen.
Auszug aus der Ansprache des Ministerpräsidenten
„Wir verdanken den engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die hier leben und wirken, dass Bayern nicht nur wirtschaftlich an der Spitze steht! Sie sind Bayerns Kapital und tragen zur hohen Lebensqualität in unserem Land bei. Für solch herausragende Vorbilder auf wirtschaftlichem, sozialem, künstlerischem oder wissenschaftlichem Gebiet wurde im Jahr 1957 der Bayerische Verdienstorden ins Leben gerufen. Die Zahl der lebenden Träger ist auf 2.000 begrenzt.
Er wird „als Zeichen ehrender und dankbarer Anerkennung für hervorragende Verdienste um den Freistaat Bayern und das bayerische Volk“ verliehen. Derzeit gibt es 1.702 lebende Träger des Bayerischen Verdienstordens. Nach der Verleihung heute am 3. Juli 2013 sind es nun 1.752 sein.
Im Rahmen der von den Münchner Residenzsolisten musikalisch umrahmten Feierstunde hielt Professor Dr. h.c. Roland Berger einen Festvortrag zum Thema „Europas Werte, Europas Wirtschaft“.
Apostolovs verdienstvolles Wirken aus der Sicht der Gemeinde Veitshöchheim
Sein kulturelles Engagement war stets geprägt von Spontanität, Fantasie, Einfallsreichtum und Begabung. Er war stets ein Idealist. Beeindruckend war vor allem auch, wie sparsam er die Kammeroper von Erfolg zu Erfolg führte. Es gibt kein anderes Theater in Bayern mit solchen Leistungen und vor allem mit solchen Minikosten. Die Produktivität der Einsätze dürfte einmalig im Freistaat und auch weit darüber hinaus sein. So sparte er keine Kräfte und finanzierte die Kammeroper ständig aus eigener Tasche mit. Seine Mini-Gage wurde seit 1982 nicht erhöht. 2010 musste er vertragsgemäß auf sechs Monatslöhne verzichten, um den Etat auszugleichen. Als freischaffender Künstler und Intendant genoss er keinen Arbeitgeberanteil für Renten- oder Krankenversicherung. Er investierte sein ganzes freies Vermögen in die Arbeit mit der Kammeroper. Deswegen hat er jetzt eine Rente in Höhe von unter 400 Euro.
Apostolov war ein hervorragender Werbeträger und mit über 800 Auftritten ein bedeutender kultureller Botschafter Veitshöchheims, sagte Bürgermeister Rainer Kinzkofer im Vorjahr bei seiner Verabschiedung als Intendant. Mit zahlreichen Gastspielen in ganz Europa habe Apostolov unter Beweis gestellt, was eine kleine Gemeinde wie Veitshöchheim kulturell zu leisten fähig ist. Bei der Operettengala in den Mainfrankensälen zu seinem 70. Geburtstag bezeichnete Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel den Theamtermann als ein leuchtendes Vorbild für alle Kulturschaffenden im Bezirk.
Für die Qualität seiner Arbeit spricht, dass aufgrund seiner hervorragenden Beziehungen das Bayerische Fernsehen von 1982 bis 1997 elf seiner Premierenstücke von Pimpinone bis zur Nachtglocke aufgezeichnet und in voller Länge gesendet habe.
Bereits 1996 hatte ihn der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog mit dem Bundes-Verdienstkreuz am Bande in Anerkennung der um Volk und Staat erworbenen besonderen Verdienste im Bereich der Kunst und der Kultur ausgezeichnet.
Er hat mit Begeisterung sehr hart gearbeitet und solange er noch jung und bei Kräften war, schien es kein Problem für ihn zu sein, alle Aufgaben auf seinem eigenen Rücken auszutragen. So war er in all den Jahren in Personalunion Intendant, Oberspielleiter, Regisseur, Dramaturg, PR, Presseleiter, technischer Leiter, Lichtdesigner, bereitete eigenhändig die Drucksachen, wie Programme, Broschüren vor, schrieb und sprach im Radio alle Veranstaltungsmeldungen. Zuletzt schaffte er es aber naturgemäß nicht mehr, das wundervolle Mädchen-für-Alles zu spielen.
Neue Wege ging Apostolov in Zusammenarbeit mit der gemeindlichen Sing- und Musikschule. Beispielhaft entdeckte er so den fünften Satz von Mozarts "Kleiner Nachtmusik". Es gab ein Rosseau-Symposium, internationale Kammermusikwochen, die Welturaufführung der Kinderoper "Zwerg-Nase" und zu den 200. Todestagen von Willibald Gluck den "Zauberbaum" und von Johann Rudolf Hasse den "Handwerker als Edelmann". Apostolov gründete 2006 den Mozartsommer in der Orangerie der Residenz Würzburg mit alljährlich an die 30 Veranstaltungen.
Der Geehrte engagierte sich über die Bayerische Kammeroper hinaus. So gründete er 1985 mit Radio Opera auf eigene Kosten und Risiko den bislang einzigen privaten Kunst- und Kultursender in Bayern mit bis heute über 8.000 Sendungen in Selbstvorbereitung, Moderation und technischer Herstellung in den eigenen Studios in Würzburg, Schwanfeld, München. Mit seiner Radiosendung auf Charivari trägt er auch nach dem Ende der Bayerischen Kammperoper noch für die Kunst und die Kultur in Mainfranken und Bayern bei und berichtet regelmäßig über regionale und internationale Veranstaltungen, Interviews mit Künstlern, Besprechungen von Werken.
Er ist nach dem Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst der zweithöchste Orden des Freistaates Bayern.
Ordensträger dürfen lebenslang zusammen mit einer Begleitperson unentgeltlich alle Objekte der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen und der staatlichen Museen, Sammlungen und Sonderausstellungen nutzen, soweit diese der Öffentlichkeit zugänglich sind. Auch die kostenlose Nutzung der Bayerischen Schifffahrt auf dem Ammersee, Königssee, Starnberger See und Tegernsee ist darin enthalten.
Kontaktaufnahmen mit dem Geehrten sind über www.radio-opera.de möglich.
Bilder vom pompösen Antiquarium
Das zwischen 1568 und 1571 von Herzog Albrecht V. für seine Sammlung antiker Skulpturen errichtete Antiquarium gilt mit seiner Länge von 66 Metern als der größte und prächtigste Renaissancesaal nördlich der Alpen. Die 16 Gemälde im Scheitel des Gewölbes von dem Münchner Hofmaler Peter Candid zeigen Allegorien des Ruhmes und der Tugenden in der Gestalt sitzender Frauenfiguren. Die seitlichen Stichkappen und die Fensterleibungen sind mit 102 Ansichten von Städten, Märkten, Burgen und Schlössern des damaligen Herzogtums Bayern geschmückt. Die an den Längswänden präsentierten Büsten und Skulpturen – darunter antike Stücke sowie Nachbildungen der Renaissance – stammen zum Teil noch aus der Antikensammlung Herzog Albrechts V..
Nur wenige Meter vom Ort der Feierstunde entfernt liegt eine alte Wirkungsstätte von Apostolov als Intendant, an die er sich gerne, wenn auch mit etwas Wehmut, erinnert. Genau elf Jahre sind es nämlich her, dass er im Cuvilliés-Theater (ehemals Residenztheater), das als das bedeutendste Rokokotheater Deutschlands gilt, mit "DIDO UND AENEAS" Erfolge feierte.
© Fotos Dieter Gürz