Veitshöchheimer Kabarett Frei & Frank entfachte Sturm der Begeisterung - Über 3000 Besucher
Nach 22 Jahren Bühnenpräsenz mit mehr als 13 Programmen löste heuer das Veitshöchheimer Kabarett „FREI & FRANK“ mit seinem neuen fernsehreifen Programm „KEINE AHNUNG“ in der Aula der Eichendorff-Grundschule wieder eine Welle der Begeisterung aus. Günther Stadtmüller (Bildmitte), Wolfgang Walter und Heike Mix liefen zusammen mit Pianist Markus Rummel zur Hochform auf und boten Kabarett vom Feinsten. Vor allem nach der Pause präsentierten sich die Kabarettisten bei der Welturaufführung "Ein farbenblinder Scheich sieht rot" in fernsehreifer Galaform.
Es fanden fünf zusätzliche Vorstellungen am 18., 19. und 20. sowie am 26. und 27. Januar 2013 statt.
Nach Ende Veröffentlichung der ausführliche Fassung
Der inzwischen pensionierte Mittelschullehrer Günther Stadtmüller, der Spiritus Rektor des Quartetts, setzt nachwievor auf Altbewährtes bei Figuren und den ständig wechselnden Rollenspielen, auf aktuelle Texte, ins Ohr gehende Songs und feine Wortspiele im fränkischen Dialekt, alles aus eigener Feder. Gesellschaftskritische Mono- und Dialoge, tolle Situationskomik, ständige Verwandlungen und tolle Maskeraden sowie laufend die Lachmuskeln reizende Kalauer lassen nie Langeweile aufkommen.
So wie bei der dritten Vorstellung am Sonntagabend konnte man nach über zweieinhalb Stunden attraktiver, erquicklicher und labender Unterhaltung aus dem nicht enden wollenden Applaus schließen, dass "Frei & Frank" mit "KEINE AHNUNG" wieder einmal voll den Geschmack seiner großen Fangemeinde getroffen hat.
Kein Wunder, dass nicht zuletzt durch die Vorschusslorbeeren der letzten Jahre alle fünf Vorstellungen vor dem Jahreswechsel mit insgesamt 900 Besuchern ebenso schnell ausverkauft waren, wie die sechs weiteren Termine danach. Stadtmüller kündigte deshalb an, am dritten Januarwochenende drei zusätzliche Vorstellungen zu bestreiten, um die Nachfrage nach bisher über 2.500 Karten befriedigen zu können.
Mit der Melodie "An Tagen wie diesen" und "In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht" zogen die Gladiatoren des feinen aber kleinen Vorstadtkabaretts in die Manege ein.
Auf die Frage, was spielen wir, sangen alle: "Ich hab keine Ahnung, wir alle haben keine Ahnung, ihr habt keine Ahnung."
"Was Frauen lieben und wie man bei ihnen ankommt", darüber klärte der Wolfgang den Günter auf.
Keinesfalls erbaut war jedoch Heike über den Kosenamen "Du süßer Elefant", als sie damit der Günter bedachte, Wolfgangs praktikable Frauenbetörungstipps beim Bezirzen umsetzend, dazu noch mit der Anmerkung "Ich kann doch bei der Heike nicht die Verkleinerungsform nehmen".
In die Paraderolle schlüpfte Wolfgang Walter als Schüler mit seinen bei der Hausaufgabenhilfe bei der Erklärung der Begriffe "Investment, Aktienfonds, Dow Jones und Dax" sichtlich überforderten Eltern: "Wozu brauchst du das denn überhaupt in deinem Alter?" schimpfte Vater Günter auf die faulen Lehrer, die den Kindern nichts beibringen.
Nach dem Grundsatz "Wer alt werden will, muss früh damit anfangen" schilderte der seit einem Jahr pensionierte Mittelschullehrer Günter Stadtmüller in unnachahmlicher Manier seine Erlebnisse während seines bisherigen Pensionärs-Daseins. Es herrsche zu Hause nun die "Wir-Form", die nun sein holdes Weib stets pflege, wenn es um die Hausarbeit, Reparaturen oder die Einkäufe geht. "Bei uns kann mer am Bodä essa, mer findet immer was" so sein Resümee. Gestern habe er gestreikt und mal nix gemacht. Auf den Einwand "Du hast scho gestern nix gemacht" hieß des Rentners Antwort "Da bin i ja net fertig gworda". Im übrigen sei er aber nach Bücherlektüre dermaßen gut drauf, dass er überlegen müsse, erst Bungee Jumping, dann Freestyle Climbing, dann mit dem Fahrrad in die Pampa nei oder umgekehrt. Wenn eine "Hecke" unterwegs offen habe, dann schmecken der Bacchus und der Silvaner und zu Hause warte auf ihn ja noch eine Domina.
Das Greisenalter stand auch an der Bushaltestelle der Linie 19 imMittelpunkt, an der sich Waltraud und Hildegard, beide weit über 80, ein Stelldichein geben auf der Fahrt "nei in die Stadt, um die Stadtluft zu schnuppern" und tauschen sich aus über Leberkäsweck, Stricken und Seniorentanz. Hinzu kommt der Otmar, der zum Arzt wegen der Organspende will, über deren Sinn und Zweck und welches Organ wohl am besten zu spenden sei, das Trio dann viel zu diskutieren hat. So gibt es den Vorschlag, die Haut nur an Ortsansässige zu spenden, nach dem Motto "Unser Ort soll schöner werden".
Dazu sang das Trio: "Wenn man einmal älter wird und ist nicht total verwirrt, tut man überlegen, Spenden bringt wohl Segen....also nichts wie hin zum Spenden" oder anderenfalls "Return to Spender, das war wohl nix, in Deiner Leber, der Alkoholmix. ist viel zu heftig, die Konzentration kann man nicht brauchen, für Transplantation."
Altbewährt ist auch Wolfgang Walters zynischer Monolog als Hausmeister, dieses Mal über die Folgen der in Deutschland drohenden großen Ahnungslosigkeit infolge Fachkräftemangels in Apotheke, Telekomladen, bei der Heizungsinstallation, beim Flugzeug-Landeanflug oder bei der Herztransplantation, die auch vor Vorstadtkabaretts nicht Halt mache. So könne es auch passieren, dass ein Hausmeister in der Rolle eines Kabarettisten solo auf der Bühne steht und plötzlich mittendrin den Faden verliert und dann mal, wie er, weg muss, um nach der Heizung schauen.
Auch das Lokalkolorit kommt nicht zu kurz. So ist bei Frei & Frank auch eine Rats-Sitzung obligatorisch, bei der dieses Mal die wichtige Abstimmung über die 825seitige Veitshöchheim-Chronik von Thomas Struchholz zur Debatte stand. "Es is a Sünd und a Schand" so leitete Stadtmüller ein. Da schreibe einer im Ort, was so alles hier passiert ist und dann sei das Stück unverkäuflich. Jetzt gehe es darum, ob man für den Kauf von 2000 Stück sei. Dazu wurde, für was man sie alles brauchen könne. "So ein Riesendrum, wenn es aus Versehen auf den Fuß fällt, hat man chronische Schmerzen" meinte Wolfgang Walter. In Gottes Namen plädierte Stadtmüllers Fraktion dann aber für den Kauf, denn sonst müsse der arme Struchholz das Streichholz unter die Chronik halten, wenn er auf ihr sitzen bleibt.
Pause
"Wir Franka sind zwar ein bißchen trocken, aber ein ganz besonderer Schlag im Gegensatz zu den Bayern, den aufgeblasenen Kampfgockeln, die uns immer so von oben runter behandeln, als wären wir auf der Fettblase daher geschwommen und hätten nichts zu bieten" so bilanzierten die Kabarettisten Stadtmüller und Walter gleich nach der Pause in ihrer Fränkischen Nabelschau. Nach ihrer Glosse hatte man hier aber schon vor 1200 Jahren einen Fränkischen Tatort, als die Gajana den Kilian um die Ecke brachte oder später im Ochsenfurter Gau der Geyer und der Götz unterwegs waren. Selbstkritisch verwiesen sie auf hiesige soziale Brennpunkte, etwa die fränkische Frau, die mit ihrem Monsterbusen versucht habe, ihren Liebhaber zu erdrosseln und auf Jäger, die Treiber mit Wildsäuen verwechseln.
Das Schöne am Franken sei seine Bereitschaft und sein ständiges Bemühen, so dozierte das Duo, sich insgesamt nach oben zu entwickeln. Der Franke habe halt die tief schürfende Intelligenz, gepaart mit dem Menschenverstand. Damit gehe er quasi ans Überlegen ran, bevor er nachdenke. Das ganze brauche aber Zeit zum Reifen wie beim guten Wein oder beim Zeller Bock.
Stadtmüller: "Ich bin so froh, dass ich ein Franke sein darf und kein Bayer sein muss." Wenn er früh die Mainpost aufschlage, im Hintergrund Charivari höre, dann fühle er: "Hier bin ich daheim."
Hier in Veitsbach werde man von Kultur regelrecht überrollt. Und dazu habe man einen Bürgermeister, was der sich so am Tag abrackere, sei phänomenal, von der Präsenz im Geisbergbad zum Geburtstag, von der Fußpflege-Eröffnung auf den Friedhof und dann zum Empfang Prominenter. Da immer auch andere erfahren sollen, was im Ort los ist, brauche man sich nicht zu wundern, dass Veitshöchheim so dasteht.
"Auch ich werd älter" meinte die temperamentvolle Heike Mix als belebendes Element des Quartetts. Wenn man die 40 überschritten habe, überlege man, was man alles erreicht habe. Sie sterbe vor Langeweile. Mix: "Dabei hatte ich so schöne Träume wie als Freibeuterin auf allen Weltmeeren unterwegs zu sein." Nun fahre sie mit dem 19er Bus zum Kabarett nach Veitsbach, statt barfuß durch Indien zu gehen.
Sie sei jetzt in dem Alter, eine Affäre mit heimlichen Treffen und knisternder Erotik zu haben. Bei dem Gedanken werde sie schon ganz kribbelig. Humorvoll glossierte die Kabarettistin ihren Ausflug in die Online-Dating-Börse und wie sie aufgebrezelt zur ersten Verabredung an der Autobahnraststätte mit einem rosa Luftballon erschien. Doch zu ihrem Schrecken war der Internet-Verehrer der 17jährige schmalbrüstige Jüngling von nebenan.
Mit dem Song "In der Internet-Single-Börse sind sie alle reich und schön, da ist man höchstens 39, sie haben tausend geile Hobbies, sind alle sportlich und machen auf Diät, doch die Blase platzt beim ersten Date ..." gab sie ihre Erfahrungen auch gesanglich weiter.
Markus Rummel, der „schwäbelnde“ Mann am Klavier sorgte dann für eine tolle Stimmung in der Aula, als ihm mit dem humorvollen Song "I'm so happy" beim "Blind Date" der Gaul durchging. Später klatschten alle begeistert mit bei seinem schwungvollen schwäbischen Hosenladen-Bugy "Mama ist in Urlaub, der Papa geht in den Puff, doch leider kriegt der Arme seinen Hosenladen nicht uff, yeah, yeah". Stürmischer Applaus!
Da der Musiker selbst nicht mehr so richtig sehen kann, bleibe ihm als Neu-Würzburger viel erspart wie etwa der Neubau auf der Steinburg nebst Aussichtsplattform. In Stuttgart habe man viel bessere Lösungen, da würden die Bauten, die keiner wolle, einfach unter die Erde kommen. Groß war seine Verwunderung übe die "blinden" Griechen, die plötzlich wieder sehen konnten
Theatralisch rezitierte Günter Stadtmüller: "Es gibt im Leben tieftraurige Momente, wo man sich nach dem Sinn des Lebens fragt, wo man nahezu in Depressionen stürzt. Ein solcher Moment war im letzten Jahr gegeben, als es plötzlich hieß, nach 30 Jahren erfolgreicher Tätigkeit bei der Kammeroper Veitshöchheim hieß: Ein kulturelles Herzstück der Gemeinde schließt ihre Pforten, in der Welt geachtet, auf europäischen Bühnen erfolgreich gefeiert, im Ort mehr links liegen gelassen, hörte sie auf zu existieren und ein Aufschrei des Entsetzens ging durch das Land, durch die Region."
Frei & Frank sei der Meinung gewesen, dass man das nicht zulassen kann. Deshalb habe man zu Papier und Bleistift und zu den Stimmbändern gegriffen, um diese Tradition fort zu setzen und dazu eine eigene Oper konzipiert. So erlebte das Publikum die Welturaufführung "Ein farbenblinder Scheich sieht rot".
"Ich bin so unglücklich" klagt der Scheich von Abu Simpel, befallen von einer tiefen Traurigkeit. Er hat zwar Kohle, ein Konto in der Schweiz und ein Harem voller Weiber, doch es fehlt im oft der Reiz und fühlt sich innerlich so leer.
Ständig muss er sich neue Wünsche ausdenken. Der Diener soll ihn auf gute Gedanken bringen. Endlich möchte er wieder einmal lachen. Immer muss er peitschen, wenn es ihm schlecht geht (nicht enden wollendes Gelächter).
Er herrschte seinen Diener an, seine Gehirnsparlampe zum Glühen zu bringen. Der stimmte an: "Sultan, wenn Du mich schlägst, dann muss ich immer weinen."
Da fiel dem Diener ein: "Mein lieber Scheich, das ham wir gleich. Ich habs gesehn und fand es sehr schön und du wirst gleich besser drauf sein. Sie war wunderbar, wie ich vorher nie eine sah. Du wirst lachen, ha ha ha." Es war eine Sendung aus einem fernen Land, wo alle Menschen ungläubig, aber glücklich sind und singen und tanzen und feiern, die "Fastnacht in Franken" des Bayerischen Fernsehens aus dem kleinen Ort Veitshöchheim, einem Mekka des Frohsinns, gegenüber von Marokko liegend. Alle Menschen möchten einmal im Leben dorthin eine Pilgerreise, eine Hadsch zur Fastnacht machen.
Der Scheich verkündet: "Eine großartige Idee. Hört zu, ich kauf noch heute Nacht die Fasenacht in Franken. Du fliegst noch heut zum Präsidenten und fragst was kost. Und ab die Post. Fahr ins Goldene Land. Setz dies bloß nicht in den Sand. Die Fasenacht in Franken ist heut mein Pläsir. Geld spielt keine Rolle, ich kaufe alles. Mustafa hol meinen Teppich, das schau ich mir persönlich an. Mach dich vom Acker, Teppich flieg."
Zurück in Veitsbach laufen bei den Fasenachtern die Vorbereitungen für den Empfang des Scheichs auf Hochtouren, in Erwartung auf die Zig-Millionen-Euro des Scheichs, um aus den Mainfrankensälen eine Firlefanz-Arena zu machen. Da werde auch der Seehofer glotzen. Im Museum wollen sie dann alle Sendungen von Anfang an tagtäglich nachspielen lassen. Dafür brauche man das Pulver.
Sie machen sich Gedanken, wie man den Sultan begrüßen soll. Nun ist er tatsächlich da und ohne seine Frau. "Salem aleikum, sie dürfen schon mal reinkum. Und haben sie auch Geld im Sack, dann sind sie auf zack" reimt der Fastnachtspräsident und überreicht als Begrüßungsgeschenk die Ortschronik.
Vorbereitet haben sie den Song: "Grüßt euch Gott alle miteinander." Der Scheich entgegnet: "Wenn mir Fasching gefällt, spielt Bakschisch keine Rolle". Aber erst müsse man aber ihn zum Lachen bringen.
So präsentierten ihm die Franken bekannte Fasenachter, das Lied von der Fleischereifachverkäuferin des Dreggsaggs Michel Müller, dann die Feuerwehrkapelln aus der Oberpfalz, wo aus der Uniform trieft Schmalz und schließlich die Waltraud aus Fürth, die es schließlich schafft, den Sultan in einen Lachkrampf zu versetzen.
Für 50 Millionen Euro ist schließlich der Handel perfekt. Der Fastnachtspräsident: "In punkto Frohsinn und Humor, da macht uns schnell so keiner was vor. Unser Frohsinn der stimmt an, natürlich auch den Muselmann." So eine Gaudi passe auch runter nach Saudi. Nicht möglich sei aber die Bitte, der Scheich sitze vorne in der Mitte. Dort sitze Rainer und sonst keiner. Der Sultan entrüstet: " Wisst ihr was, ihr könnt mich mal, die Verhandlung war ne Qual. Ich verlass jetzt radikal augenblicklich diesen Saal. Nein, nein, was seid ihr Franken stur, und dabei behauptet ihr, ihr seid ne Frohnatur."
Die Karnevalisten: "Ja, ja, ja, die Fasenacht bleibt da. Und wir sagen Gottseidank. Danke auch Allah."
Nach nicht enden wollendem rhythmischen Klatschen und Pfiffen gibt es noch eine Zugabe der Greisentruppe:
"Da läuft doch unser Bürgermeister. Der is auch ganz schö alt geworden" so das Trio. Man habe gehört, dass er jetzt ehrenamtlich weiter machen will. "Jetzt kost es uns nix mehr, nur noch Nerven." Mix: "Aber wäre es nicht an der Zeit, dass er aufhört. Wenn ich seine Frau wär, ich tät ihm ordentlich Bescheid sag." Stadtmüller: "Die werd froh sein, wenn er es noch länger macht." Fragen: Und die anderen Parteien, sagen die da nix? Haben wir andere Parteien, des hab ich gar net gewüsst. Und die CSU sagt selber, dass er weiter machen soll." Stadtmüller: "Wenn des so weiter geht, macht der so lang, bis die den aus dem Rathaus raustrage und direkt im Rathaushof ein Rainer-Standbild draus mache."
Abschieds-Song: "Nachts in Veitshöchheim, um die Mitternachtsstund, du guckst noch was los ist, doch es bellt nur ein Hund. Nachts in Veitshöchheim, gespenstische Ruh, denn die Kneipe hat zu, der Gehsteig ist hochgeklappt. Doch manchmal ists anders, dem Himmel sei Dank, da spielt eine Truppe, die heißt Frei & Frank und die sagt Servus."