Grundsteuerreform: Gemeinde Veitshöchheim lässt die Hebesätze unverändert bei 300 v.H. - Nur leichtes Plus beim Aufkommen
Grundsteuerreform: Gemeinde Veitshöchheim lässt die Hebesätze unverändert
Der Veitshöchheimer Gemeinderat hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit dem Thema Grundsteuer befasst.
Link auf Mainpost vom 13.11.0224
Der Gemeinderat beschloss in der Sitzung am Dienstag, 5.11.2024 für die Erhebung der Realsteuern (Grund- und Gewerbesteuer) eine eigene Hebesatzung (HebS) unter Beibehaltung der seit 2012 geltenden Hebesätze.
Hintergrund ist, dass das Bundesverfassungsgericht im April 2018 die bisherigen Berechnungsgrundlagen der Grundsteuer, die Einheitswerte, als verfassungswidrig eingestuft hat, da die Werte veraltet sind und die Grundbesitzer deshalb ungleich behandelt werden.
Die bisherigen Hebesätze, die mit der Haushaltssatzung 2024 für das Haushaltsjahr 2024 beschlossen wurden, verlieren zum 01.01.2025 automatisch ihre Gültigkeit nach § 25 Abs. 2 GrStG. Grundsteuergesetz.
Die Gemeinde Veitshöchheim musste daher die neuen Hebesätze, die ab dem 01.01.2025 gelten sollen, noch im Kalenderjahr 2024 festlegen.
Dies konnte allerdings nur über eine Hebesatzsatzung erfolgen, die noch im Haushaltsjahr 2024 bekannt gemacht wird, damit die Rechtskraft zum 01.01.2025 eintritt.
Weiterhin war es auch sinnvoll, nicht nur die Grundsteuerhebesätze, sondern auch den Gewerbesteuerhebesatz in der Hebesatzsatzung festzusetzen.
Flächenmodell in Bayern
Der Freistaat Bayern hat von der Möglichkeit der sogenannten Länderöffnungsklausel Gebrauch gemacht und eine vom Bundesrecht abweichende Regelung für die Grundsteuer B getroffen. Nach dem Flächenmodell sind nur noch die Flächen des Grundstücks und der Gebäude sowie deren Nutzung maßgeblich (Äquivalenzprinzip). Der Wert des Grund- und Bodens spielt also keine Rolle mehr. Damit wird im Gegensatz zum Bundesmodell verhindert, dass die Grundsteuer allein aufgrund steigender Immobilienpreise automatisch steigt. Die Ermittlung der Grundsteuer wird dadurch für die Bürger einfacher und damit nachvollziehbarer (kritische Stimmen siehe nachstehender Link auf MP-Bericht vom 6.11.2024).
Für was muss Grundsteuer bezahlt werden?
Die Grundsteuer ist eine Objektsteuer. Ihr unterliegen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) und Grundstücke, z.B. Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen, Gewerbegrundstücke (Grundsteuer B). Die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers werden bei der Feststellung der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt. Ist ein Grundstück vermietet, kann die Grundsteuer als Teil der Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden.
Mit den Grundsteuereinnahmen sollen laut Bayerisches Landesamt für Steuern allgemeine Ausgaben der Gemeinde für öffentliche Leistungen finanziert werden (z. B. Ausgaben für Infrastruktur, Spielplätze, Brandschutz, Straßenbeleuchtung). Es wird davon ausgegangen, dass ein Grundstück umso mehr Aufwand für die öffentlichen Leistungen der Gemeinde verursacht, je größer es ist. Daher wird an die Flächen angeknüpft.
Um in Bayern die neuen Berechnungsgrundlagen für die Grundsteuer ab 2025 ermitteln zu können, mussten alle Eigentümer von Grundstücken sowie auch die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft bis zum 30. April 2023 eine Grundsteuererklärung einreichen. Für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) wird in allen Bundesländern - wie auch bisher - die Aufteilung anhand pauschalierter Ertragswerte berechnet.
Bei der Grundsteuer B wird es für eine Vielzahl von Bürgern zu einer Veränderung im Vergleich zur aktuellen Grundsteuerbelastung kommen. Dies ist dem neuen Modell geschuldet: Manche werden mehr bezahlen müssen, manche aber auch weniger – abhängig von der Fläche des Grundstücks und der Fläche des Gebäudes (Wohnfläche) und der Nutzung der Immobilie.
Was als Wohnfläche gilt, bestimmt die Wohnflächenverordnung. So wird die Grundfläche von
Gerechnet wird mit sogenannten Äquivalenzzahlen. Letztere betragen 0,04 Euro pro Quadratmeter für das Grundstück sowie 0,50 Euro pro Quadratmeter für Gebäude (Wohnfläche). Dazu kommt die Grundsteuermesszahl. Sie beträgt für die Fläche des Grundstücks 100 Prozent, für die Wohnfläche 70 Prozent.
Zusammengefasst lautet die Formel zur Berechnung der Grundsteuer in Bayern: (Grundstücksfläche x 0,04 Euro) x 1 + (Wohnfläche x 0,50 Euro) x 0,7 = Grundsteuermessbetrag × Hebesatz der Gemeinde = Grundsteuer.
Denkmalgeschützte Gebäude, sozialer Wohnungsbau und Wohngebäude, bei denen eine enge räumliche Verbindung mit einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft besteht, profitieren in Bayern von einer um 25 Prozent geminderten Grundsteuermesszahl.
Auswirkungen auf Veitshöchheim
Nach der Intention des Gesetzgebers soll die Reform möglichst aufkommensneutral umgesetzt werden. Aufkommensneutralität bedeutet aber nicht, dass die individuelle Grundsteuer des jeweiligen Grundstückseigentümers auch gleich hoch bleibt. Aufkommensneutralität bedeutet nur, dass die Gemeinde Veitshöchheim ihr Grundsteueraufkommen insgesamt stabil halten kann. Das Aufkommen im Haushaltsjahr 2025 sollte genauso hoch wie im Haushaltsjahr 2024 sein. Es gibt allerdings keine gesetzliche Pflicht zur Aufkommensneutralität.
Die Grundsteuereinnahmen der Gemeinde Veitshöchheim waren im Jahr 2023 im Verhältnis zur Gewerbesteuer (21 Prozent) und der Einkommensteuer (30 Prozent) mit einem Anteil von fünf Prozent nicht so gewichtig.
Jahr | Messbeträge Grundsteuer B | Grundsteuereinnahmen Hebesatz 300 v.H. |
2024 alt | 371.772 | 1.115.315 € |
2025 neu | 373.467 | 1.120.402 € |
Laut Bürgermeister Jürgen Götz wurden bislang bei der Grundsteuer B vom Finanzamt zum Stichtag 1.1.2025 für Veitshöchheim 3909 neue Messbetragsbescheide in Höhe von insgesamt 331.223 an die Grundstückseigentümer versandt. Noch nicht bearbeitet waren 203 Grundsteuererklärungen mit darin deklarierten Messbeträgen in Höhe von insgesamt 42.244. Dies ergibt eine neue Messbetragssumme von 373.467, die fast identisch mit den alten Messbetragszahlen für 2024 ist.
Bei Zugrundelegung des bisherigen Hebesatzes von 300 v.H. ergibt dies mit 1.120.402 Euro bei der Grundsteuer B für 2025 ein leichtes Plus von 5.087 Euro gegenüber 2024. Aufkommensneutral wäre ein Hebesatz von 299 v.H.
Der Gemeinderat schloss sich deshalb gegen die drei UWG-Mitglieder Stefan Oppmann, Bernd Schäfer und Martin Issing dem Vorschlag von Kämmerer Erich Müller an, den bisherigen Hebesatz von 300 v.H. zu belassen.
Rechnungsprüfer Bernd Schäfer hatte für die UWG-Fraktion dafür plädiert, wegen der angespannten Haushaltslage der Gemeinde die Hebesätze moderat zu erhöhen, auch wenn eine solche Entscheidung bei den Bürgern unpopulär sein sollte. Er bedauerte die vergebene Chance, 100.000 Euro Mehreinnahmen (wäre Erhöhung des Hebesatzes um 10 Prozent) zu erzielen.
Kämmerer Erich Müller hatte in seiner Beschlussvorlage festgestellt: "Reichen die Haushaltsmittel zum Haushaltsausgleich nicht aus, müssen auch angemessene Steuererhöhungen über die Festlegung des Hebesatzes diskutiert werden. Bei einem sich abzeichnenden notwendigen Bedarf zur Aufrechterhaltung der Pflichtaufgaben der Gemeinde Veitshöchheim müssen voraussichtlich Mehreinnahmen aus den Realsteuern generiert werden für die zukünftigen Haushalte. Dies hätte zur Folge, dass die Hebesätze entsprechend in der Haushaltsberatung 2025 angepasst und neu festgesetzt werden müssen." Dies könne dann auch noch über eine Änderung der Hebesatzsatzung erfolgen.
Marc Zenner sprach sich für die CSU-Fraktion dafür aus, trotz der schwierigen Lage der öffentlichen Haushalte die Zahlungspflichtigen vor Mehrbelastungen zu schonen und dafür lieber für einen Haushaltsausgleich bei den Ausgaben zu kürzen. Dieser Auffassung schloss sich auch Marlene Goßmann (SPD).: "Bei der Haushaltsberatung können wir ja sehen, ob wir was erhöhen sollten."
Christina Feiler (Grüne) verwies darauf, dass die Gemeinde in den letzten Jahren in der glücklichen Lage war, keine Probleme mit dem Haushaltsausgleich zu haben. Feiler: "Wir können deshalb warten, wie sich die Zahlen entwickeln."
Dazu Bürgermeister Jürgen Götz: "Belastbar lässt sich dies dann sagen, wenn wir tatsächlich auch Zahlen haben und wir dann über mögliche Erhöhungen nachdenken können und was dann auch Sinn macht." Der Kämmerer sei gerade dabei, den Haushaltsentwurf für 2025 zu erstellen, wobei noch vieles unklar sei wie die Kreisumlage und die Höhe der Schlüsselzuweisungen. Die Gemeinde verschicke deshalb vorher auch nicht die Grundsteuerbescheide für 2025. Wenn die Zahlen zum Haushalt 2025 könnte man nochmals über eine Erhöhung der Hebesätze befinden.
Dazu hatte der Kämmerer in seiner Vorlage festgestellt: "Eine rückwirkende Festsetzung in einer Hebesatzsatzung bedarf keiner Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde. Bis zum 30. Juni kann ein Gemeinderatsbeschluss über die Festsetzung des Hebesatzes noch gefasst werden, danach nur, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet."
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MP 6.11.2024