Hohe Defizite im Kita-Bereich auch in Veitshöchheim - Gemeinderat gewährte der Kita St. Martin einen freiwilligen Zuschuss von 42.760 Euro für das Kalenderjahr 2023
Der Kindergarten St. Martin (Aufnahme vom Frühlingsfest) verbuchte im Kalenderjahr 2023 ein Defizit von 47.500 Euro. Die Gemeinde übernimmt laut Gemeinderats-Beschluss vom 4. Juni 2024 davon 90 Prozent = 42.760 Euro.
Kitas finanziell immer mehr unter Druck
Der Gemeinderat Veitshöchheim gewährt dem Kindergartenverein St. Martin einen freiwilligen Zuschuss von 42.760 Euro für das Kalenderjahr 2023.
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Mainpost-Online 7.6.2024
Landauf, landab kommen in Bayern die Träger von Kindertageseinrichtungen wegen gestiegener Kosten, Tariferhöhungen und Personalmangel immer mehr unter Druck. So verzeichnen auch die sechs Kitas in Veitshöchheim immer höhere finanziellen Defizite, die die Gemeinde ausgleichen soll.
Hatte der Gemeinderat bereits am 5. Dezember 2023 in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, dem AWO-Ortsverein 60.540 Euro = 90 Prozent des im Kalenderjahr 2022 für das STARKE KINDERHAUS entstandenen Defizits auszuzahlen, so stand nun in der Sitzung am Dienstag, 4. Juni 2024 der Antrag des Kindergartenverein St. Martin e. V. vom 1. Mai 2024 auf Übernahme des im Kalenderjahr 2023 entstandenen Defizits von 47.515 Euro auf der Tagesordnung.
Hauptgrund für die zunehmenden Defizite der Kitas ist für Bürgermeister Jürgen Götz, dass die Refinanzierung über die Zuschüsse nach dem BayKiBiG, dem bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz, nach den vergangenen zwei Jahren mit hohen, teils zweistelligen Inflationsraten, mit erheblichen Preis- und in der Folge hohen Tarifsteigerungen bei weitem nicht mehr ausreiche. Wie der Pressemitteilung des Diözesan-Caritasverbandes (DiCV) vom 21. März 2024 zu entnehmen ist (siehe auch nachstehende Ausführungen), schrumpfe der Deckungsgrad der Kosten von Kindertageseinrichtungen von Jahr zu Jahr. Momentan liege er zwischen 50 und 60 Prozent statt der avisierten 70 bis 80 Prozent.
Somit haben immer mehr Einrichtungen Probleme, ein positives Jahresergebnis zu erwirtschaften, so auch die Kita St. Martin. Da der Trägerverein der Kita das Defizit nicht aus seinen Rücklagen finanzieren könne, bat er die Gemeinde um Übernahme des Defizitbetrages von 47.515 Euro.
Es gibt laut Bürgermeister eigentlich nur zwei Möglichkeiten, die nicht gedeckten Personalkosten aufzufangen: Entweder durch eine deutliche Erhöhung der Elternbeiträge oder durch eine Übernahme der Fehlbeträge durch die Gemeinde. Die Förderung von Kindertageseinrichtungen über die gesetzliche Betriebskostenförderung (siehe Ausführungen im nachstehenden Link auf BayKiBiG-Förderung) hinaus stelle eine grundsätzlich freiwillige Leistung dar, zu der die Kommunen nicht verpflichtet seien.
Götz: "Schade ist, dass der Gesetzgeber des BayKiBiG die Finanzierung der Kitas nicht auskömmlich gestaltet hat und immer mehr auf die Kommunen abwälzt und so überall Kitas Defizite machen." Die Kommune habe nur wenig Möglichkeiten hier etwas zu erreichen. Er empfahl deshalb den Fraktionen, über diese Problematik auch mal mit ihren überörtlichen Mandatsträgern zu reden, dass diese dies nach dem Motto "ein steter Tropfen höhlt den Stein" in den entsprechenden Gremien zur Sprache bringen.
Bereits in der Sitzung am 16. Januar 2024 hatte der Bürgermeister angedeutet, dass die drei katholischen Kindergärten im Ort für das Kalenderjahr 2023 größere Defizite erwarten. Allgemeine Zustimmung fand in dieser Sitzung der Vorschlag, mit allen sechs Trägern der Kinderbetreuungseinrichtungen im Ort für die Zukunft in einer Defizitvereinbarung einen Ausgleich des Betriebskostendefizits durch die Gemeinde mit einem Eigenanteil des Trägers von zehn Prozent zu vereinbaren, damit diese verstärkt zu einer wirtschaftlichen Handlungsweise angehalten sind.
Alle BayKiBiG-Einrichtungen in Veitshöchheim wurden in der Folge von der Gemeinde gebeten, für die Jahre 2021, 2022 und 2023 detaillierte Kennzahlen bis April 2024 zur Auswertung und Abklärung zu liefern, inwieweit die Betriebskostenergebnisse der Kinderbetreuungseinrichtungen verbessert werden können. Außerdem sollte die Kämmerei zum Vergleich die Höhe der Elternbeiträge in anderen Gemeinden in Erfahrung bringen.
Bei Verabschiedung des Haushaltsplans 2024 am 12. März hatte dann der Bürgermeister angedeutet, dass hinsichtlich der Kostendeckung der Träger ein runder Tisch mit den Trägern und Leitungen der sechs Kita-Einrichtungen im Ort geplant sei und Veitshöchheim bei den angestrebten Defizitverträgen in Unterfranken eine Vorreiterrolle einnehme. Wie der Bürgermeister in der Sitzung am Dienstag sagte, wurde dieser runde Tisch auf heute, Donnerstag, 6. Juni 2024, terminiert.
Entsprechend den Empfehlungen des Bayerischen Gemeindetages und des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes in den von diesen erstellten Mustervereinbarungen, sollte die Kita-Träger einen Eigenanteil in Höhe von zehn Prozent des Defizites selbst tragen, damit diese zu einer wirtschaftlichen Handlungsweise angehalten sind.
Nach den Feststellungen der Geschäftsleitung der Gemeinde müsse die Gemeinde aufgrund der Vorschrift in Artikel 61 Abs. 3 GO finanzielle Risiken minimieren. Ein erhöhtes Risiko liege bei einem grobes Missverhältnis bei der Risikoverteilung zu Lasten der Gemeinde vor, wie dies einer 100 Prozent Übernahme des Defizites durch die Gemeinde der Fall wäre.
Diskussionsbeiträge
Für Grünensprecherin Christina Feiler ist es fraglich, ob die Kita-Träger den Eigenanteil von zehn Prozent stemmen können. Beim runden Tisch müsse eine Regelung für die Zukunft gefunden werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung mit der AWO stimme ihre Fraktion jetzt für die Kita St. Martin der Defizitübernahme von 90 Prozent für das Jahr 2023 zu.
UWG-Sprecher Stefan Oppmann schloss sich Feilers Ausführungen an. Er hofft, dass beim runden Tisch mit den Verantwortlichen der örtlichen Kitas es zu einer für beide Seiten tragbaren Lösung komme.
Marlene Goßmann (SPD) ergänzte, dass es für die Kita-Träger schwierig sei, geeignetes Personal zu finden. Hinzukomme, so ergänzte der Bürgermeister, dass ein unterjähriger Personalausfall zu Schließungszeiten führe und den Eltern Beiträge anteilig zurückerstattet werden.
Simon Kneitz (CSU/VM) gab zu bedenken, dass bei der Vielschichtigkeit der Gründe für die Defizite eine generelle Übernahme von 100 Prozent durch die Gemeinde keinen Anreiz für die Träger biete. Lösen könne man dies nur durch einen intensiven Austausch bei der Runde am Donnerstag, um hier einen vernünftigen Mechanismus zu finden und die Kita-Träger "nicht im Regen stehen" zu lassen, ihnen aber auch keinen Freibrief zu erteilen.
Der Gemeinderat folgte deshalb einstimmig dem Vorschlag der Verwaltung, vom Defizit der Kita St. Martin in Höhe von von 47.515 Euro nur 90 Prozent = 42.764 Euro an den Trägerverein auszuzahlen.
Hohe Defizite im Kita-Bereich überall in Bayern
Der Diözesan-Caritasverband (DiCV) warnte in einer Pressemitteilung vom 21. März 2024 unter der Überschrift "Hohe Defizite im Kita-Bereich" eindringlich vor hohen Defiziten, erheblichen Finanzierungslücken sowie einer wirtschaftlichen und personellen Schieflage und forderte die Landespolitik zu schnellem Handeln auf.
„Wir brauchen eine kostendeckende Refinanzierung im Kitabereich, sonst können wir Gebührenerhöhungen, Kürzungen von Betreuungszeiten, die Schließung einzelner Gruppen oder ganzer Einrichtungen nicht mehr ausschließen. Das alles sollte aber weder auf dem Rücken der Eltern noch der Mitarbeitenden noch der Kommunen ausgetragen werden“, mahnte Gabriele Stark-Angermeier, Vorständin des Diözesan-Caritasverbands. Hinzu komme wegen des Fachkräftemangels ein ausgeprägter Wettbewerb um die besten Talente auf dem Markt.
„Wer soll für das fehlende Geld aufkommen? Die Träger, die Eltern oder die Kommune? Wir sitzen alle in einem Boot!“ Stark-Angermeier forderte die Bayerische Staatsregierung daher auf, die Förderlogik des BayKiBiG dringend und schnellstens weiterzuentwickeln. „Die Lage der Kitas ist überall prekär. Der Freistaat muss die Kita-Finanzierung den Realitäten anpassen, damit wir nicht sehenden Auges in eine fatale Situation für die Kinder und Eltern rutschen.“ Und in der Folge in eine fatale Situation für die Wirtschaft: Denn ohne Kitas stehe die Wirtschaft still. Nachdem die derzeitigen Regelungen nach dem BayKiBiG zu nicht unerheblichen Finanzlücken bei den Trägern führten, forderte die Caritas-Vorständin einen gemeinsamen Runden Tisch aller Beteiligten mit der Landesregierung, um u.a. den Basiswert zur Refinanzierung der Kitas für 2024 nachzuverhandeln. Das diene nicht nur der Planungs- und Finanzierungssicherheit der Träger. Das diene auch der Sicherung der Wirtschaftsstandorte in Bayern.
Wie finanzieren sich Kindertagesstätten in Bayern? Die BayKiBiG-Förderung
Die kindbezogene Förderung berechnet sich für jedes in der Einrichtung betreute Kind durch eine Multiplikation aus den Faktoren Basiswert und Qualitätsbonus einerseits, sowie Buchungszeitfaktor und
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