Das Rathaus Veitshöchheim feiert 2022 50-jähriges Jubiläum im Kavaliersbau
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Vor gut 50 Jahren: Umzug des Rathauses in den Kavaliersbau in Veitshöchheim
Vor mehr als 200 Jahren noch prägte höfisches Leben den Kavaliersbau in Veitshöchheim. Von 1902 bis 1968 unterrichtete hier die Bayerische Landesanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau den Nachw...
Ein Rückblick auf die epochale Umgestaltung des Ortsmittelpunktes in den 70er Jahren mit neuem Rathaus, Pfarrzentrum, Kindergarten und Ratskeller und was sich seitdem alles verändert hat
Am 22. September 2022 wurde hier auf Veitshöchheim News über die Eröffnung der Heimatgeschichtlichen Ausstellung „Gut aufgehoben – von Überbleibseln, Mitbringseln und angesammelten Schätzen“ im Rathaus anlässlich der beiden gemeindlichen Jubiläen "925 Jahre Veitshöchheim - 50 Jahre Rathaus im Kavaliersbau" berichtet (siehe nachstehender Link).
Nach Recherchen im Zeitungsarchiv und in den Sitzungsbüchern der Gemeinde kann hier nun über weitere Details aus der Zeit vor einem halben Jahrhundert informiert werden. Wertvolle Infos lieferten aus den 70er Jahren vor allem die Zeitungsartikel des Veitshöchheimer Mainpost-Berichterstatters Hans Kraus. Die weitere Entwicklung bis in die heutige Zeit ist dem Verfasser durch seine 37jährige Tätigkeit als GLB bis 6/2015 und seine freiberufliche Tätigkeit für die Mainpost seit 1984 bekannt.
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Festversammlung zur Einweihung mit zahlreichen Gästen aus den Bereichen des kirchlichen, politischen, militärischen und zivilen Lebens am 6.10.72 (Foto Hans Kraus): Selten wurde Planern und Bauherren so viel uneingeschränktes Lob gezollt, wie am Wochenende bei der Einweihung und offiziellen Übernahme des neuen Rathauses, zu der sich tausend Gäste und Ortsbürger eingefunden hatten. Zur Einstimmung spielte das Heeresmusikkorps 12.
Beim Tag der Offenen Tür am Samstag, 7.10.72 gab es zum farbenfrohen Auftritt des VCC-Gardekorps von Baufirmen gespendetes Freibier und für die Schulkinder über 1000 Bratwürste am Stand des VCC. In den Gängen des Rathauses stellte örtliche Maler und Bildhauer ihre Kunstwerke aus. In seiner Ansprache hatte der damalige Bürgermeister Erwin Vornberger den beschwerlichen Weg dieser Baumaßnahme aufgezeichnet, die nun einer glücklichen und sinnvollen Lösung zugeführt wurde.
Der Umzug der Verwaltung in das neue Rathaus war bereits am 21.4.1972 erfolgt, als gerade der Neuverputz angebracht wurde und die Hofneugestaltung noch nicht begonnen war.
Zeitfenster
10.1971 | Wiedererrichtung der Hofgartenmauer nach Geländeverschiebung |
10.1971 | Umzug Raiffeisenbank Würzburg und Umgebung ins Kavaliersgebäude |
29.1.1972 | 70 Parkplätze auf dem Gelände der ehemaligen Landesanstalt nördlich der neu errichteten Hofgartenmauer sowie die Erschließungsstraße (Bilhildisstraße) südlich der Bahnhofstraße fertiggestellt |
21.4.1972 | Umzug der Verwaltung in das neue Rathaus |
7.7.72 | Sitzungssaal zur Eröffnungssitzung des neuen Gemeinderates rechtzeitig fertig |
19.8.1972 | Gemeindebücherei im Ostflügel in Betrieb |
6.10.1972 | Einweihung Kavaliersgebäude mit Rathaus, VR-Bank, Apotheke und Bücherei |
7.10.1972 | Tag der offenen Tür Kavaliersgebäude |
4.6.1973 | Bezug des neuen Kindergartens St. Bilhildis hinter dem Rathaus |
3.3.1974 | Grundsteinlegung Haus der Begegnung |
5.10.1974 | Eröffnung Ratskeller |
1975 | nun Gottesdienste im HdB |
Auszug aus dem Artikel von H. Kraus vom 6.10.1972 (Fotos Röder):
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Wo vor mehr als 200 Jahren noch höfisches Gepräge Räume und Gänge erfüllte und von 1902 bis 1968 die Bayerische Landesanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in ernster Arbeit den Nachwuchs der Winzer, Obstbauer und Gärtner unterrichtete, wird nun die Gemeinde regiert: Das neue Rathaus wurde in seiner ursprünglichen Form vom Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim von 1747 bis 1749 nach den Plänen von Balthasar Neumann als Kavaliersbau geschaffen. Das Gebäude ist 1972 im Zentrum der stadtnahen Großgemeinde nach umfassender Außenrestauration und vollständigem Innenausbau Sitz der Gemeindeverwaltung und weiterer wichtiger Objekte des Gemeindelebens geworden.
Der Bau umfasst im Erdgeschoss die Raiffeisenbank mit Schalterhalle, Buchhaltung, Nebenräumen wie Tresorraum im Keller mit 342 m², eine Apotheke mit Offizin mit 161 m² und auf 155 m² die Gemeindebücherei mit Phonothek.
Im Obergeschoss ist ausschließlich die Gemeindeverwaltung in 16 Dienstzimmern einschließlich Besucherwarteraum und Teeküche auf 800 m² untergebracht, ferner ein Sitzungssaal für 60 Personen (98 m²), ein Trauzimmer (30 m²) sowie eine Vierzimmerwohnung für den Hausmeister (110 m²) und Räume für das Archiv (86 m²).
Durch den teilweise sehr schlechten Zustand des Gebäudes und denkmalpflegerischen Verpflichtungen dauerte der gewaltige Umbau fast genau zwei Jahre. 1,5 Millionen DM musste die Gemeinde dafür aufwenden. Das in der früheren Knabenschule in der Kirchstraße 34 neben der Kirche untergebrachte alte Rathaus war durch das Wachstum der Gemeinde viel zu klein geworden.
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Der Sitzungssaal war zur Eröffnungssitzung des neuen Gemeinderates am 4.7.72 rechtzeitig fertig (vereidigt wurden u.a. Dr. Gartzke, Rudolf Hepf, Rainer Kinzkofer, Alex und Rudolf Sebold, Vera Struchholz). Durch seine gediegene Ausstattung und gefällig Aufgliederung hat er mit der schönen Deckengetaltung und dem großen hufeisenförmigen Tisch ein elegante Note bekommen. Die Stuhlreihen für die Zuhörer bieten 50 Personen Platz. Acht Fenster lassen Licht und Luft herein.
Den Westteil des Erdgeschosses hat die Raiffeisenbank Würzburg und Umgebung langfristig gepachtet und durch einen wesentlichen Teil die Umbaumaßnahme gefördert.
Mit der Gemeindebücherei mit Phonothek im Ostflügel wurde ein völlig neues Informations- und Kulturzentrum geschaffen. In übersichtlichen Regalen stehen den Lesern 4600 Bände, davon 2000 Kinder- und Jugendbücher, 140 Bände schöne Literatur und 1200 Sachbücher für Erwachsene, in der Phonothek vier Plattenspieler (100 Schallplatten Bestand), ein Kassettenrecorder, Verstärker und zahlreiche Stereokopfhörer zur Verfügung.
Die Besitzverhältnisse des Rathauses wurden durch einen Erbbaurechtsvertrag gesichert, weil der Freistaat Bayern als Eigentümer einem Verkauf wegen der denkmalpflegerischen Situation überhaupt nicht in Erwägung zog.
Diesselben Vorbehalte betreffen auch den historischen Südflügel. Zur Einweihung hieß es: "Wie weit es gelingen wird, die Pläne für den Ausbau einer Gaststätte zu verwirklichen bleibt abzuwarten."
Nach originalgemäßer Außenrestaurierung, jedoch vollständiger Entkernung im Innern, ist der Bau ein Paradebeispiel für die Erhaltung eines historischen Baudenkmals und weiterer wirtschaftlicher Nutzung. Zum erhaltungswürdigen Alten wurde auf einer Fläche von 815 m² und einer Gesamtnutzfläche von 1800 m² Neues geschickt hinzugefügt.
Die durch starke Durchfeuchtung vorbelasteten Außenmauern mussten saniert und separate Eingänge für Rathaus, Bücherei und Raiffeisenbank konzipiert und ohne Abtragung des Dachstuhls neue Zwischenwände und Decken eingezogen werden.
Die historische Fensterordnung wurde unterbrochen von Schaufensterflächen der nach neuesten Gesichtspunkten etablierten Apotheke im Erdgeschoss, der eine Gesamtfläche von 161 m² zur Verfügung steht.
Erhebliche Mehrkosten verursachten das Dach und der Außenputz, die sich in einem schlimmen Zustand befanden.
Installiert wurde eine zentrale Gasheizung mit getrennten Anlagen, neue Wasserzuleitung und Abwasserbeseitigung und eine neuzeitliche Elektroinstallation.
Ein neuer Massivtreppenaufgang aus Naturstein, der auch das voll ausbaufähige Dachgeschoss mit über 300 m² erschließt, führt in den ersten Stock, der ausschließlich der Gemeindeverwaltung vorbehalten ist.
Klare Linien, charakteristische Fensterfronten und gut abgestimmte Farben vereinigen sich zu einem schönen Dreiklang, dessen Harmonie besonders durch die Neugestaltung des Innenhofes unterstrichen wird.
Erneuter Quantensprung im Rathaus 1996
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24 Jahre nach dem Umzug verzeichnete die Gemeinde 1996 erneut einen Quantensprung. Wo im Erdgeschoss vormals eine Apotheke und die Gemeindebücherei war, tagte am 16. Janua tagte erstmals im neuen modern eingerichteten und multifunktional nutzbaren Sitzungssaal der Hauptausschuß und öffnete am 18. Januar 1996 das neue Bürgerbüro seine Pforten, um künftig kundenorientiert, kooperativ und unbürokratisch dem Anspruch für ein modernes Verwaltungshandeln gerecht zu werden. Ähnlich dem Schalterraum einer Bank entstand ein helles, großzügiges Großraumbüro mit sechs Arbeitsplätzen, einer Informations-Theke, freundlicher Wartezone und einem behindertengerechten Eingang.
Als zweiter Bauabschnitt folgte in den nächsten Monaten die Modernisierung des Obergeschosses mit teilweiser neuer Raumverteilung. Die Bauabteilung zog vom Osten nach Westen in die in die bisher vom Ordnungsamt genutzten Räume um und die Kämmerei nutzte nach Umbau den bisherigen Sitzungssaal. Die Kosten für beide Bauabschnitte lagen bei rund 1,6 Millionen Mark. Hinzu kommen nochmals etwa 350.000 Mark für die neue EDV-Technik. Im EDV-Bereich arbeiteten fortan alle Mitarbeiter an modernen Pentium-PCs, die miteinander im Novell-Netzwerk kommunizieren.
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Im Rahmen der Sanierung des Mittelbaus 2018/2019 wurde das Obergeschoss dem Rathaus zugeschlagen und dieses unter anderem mit einem großen Trausaal und einem zweiten Serverraum erweitert.
Damit ist aber nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Nach Sanierung von Ratskeller und Mittelbau ist in nächster Zeit auch eine Sanierung im Bereich des Rathauses geplant. Hierbei sind u.a. die barrierefreie Erschließung, der Brandschutz, und die Sanierung des Daches vorgesehen. Derzeit laufen Voruntersuchen für vorgezogene Maßnahmen sowie die Abstimmung des Umfangs und die Ermittlung der daraus resultierenden Kosten.
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Wie die Mainpost am 23.10.1971 berichtet, wurde nach Gebietsverschiebung die auf der Nordseite des Hofgartens abgebrochene Mauer in 2,5 Meter Höhe wieder mit Betonsteinen und einem Rauhverputz errichtet. Durch zwei in die Mauer eingelassene Tore können Besucher von den unmittelbar an der Mauer geplanten Stellplätzen auf dem kürzesten Weg in den Hofgarten gelangen.
Dieser Zugang war aber nur bis ins Jahr 2006 möglich, denn die Schlossverwaltung wandelte das nördlich des Schlosses gelegene Gartenareal wieder in seinen ursprünglichen Charakter am Ende 18. Jahrhunderts um, mit der Folge, dass der nördliche Hofgarten-Zugang geschlossen wurde. Seitdem gibt es auf der Nordseite nur noch vom Rathausinnenhof am Ratskeller vorbei einen Zugang.
1995 konnte die Gemeinde das im Rahmen der Altortsanierung für 2,3 Millionen DM (1 Mio. DM Städtebauförderung) erbaute Parkdeck mit zusätzlicher Ebene unter der Erde mit insgesamt 72 Stellplätzen übergeben.
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Im Oktober 1971 konnte die Raiffeisenbank Würzburg und Umgebung mit Geschäftsführer Eugen Sendelbach und 35 Mitarbeitern im westlichen Erdgeschoss des Kavaliergebäudes ihre neuen Geschäftsräume beziehen. Der Jahresumsatz lag damals bei 400 Millionen DM, die Bilanzsumme über 40 Millionen DM.
Die 1891 gegründete Raiffeisenbank firmierte inzwischen nach Zusammenschluss der Kassen Biebelried, Gerbrunn, Lengfeld, Oberdürrbach, Rottendorf, Unterdürrbach und Zell nun als Raiffeisenbank Würzburg und Umgebung, Sitz Veitshöchheim.
Sie errichtete dann 1982 im Rahmen der Altortsanierug an Stelle des abgebrochenen alten Rathauses am Kirchplatz ein neues Bankgebäude. Bis 1997 nutzte sie, inzwischen mit der Volksbank fusioniert, allerdings auch noch die Schalterräume im Rathaus-EG weiter. Die Bankräume im Rathaus wurde1997 in zwei Praxen für die Fachärzte Dr. Michael Wiedemann und Dr. Jochen Schiffers umgebaut, die dort nun schon im 25. Jahr ansässig sind.
Rückblick
Im März 1968 kam die Schlösserverwaltung der Gemeinde und der Kirchenstiftung weit entgegen, so dass nach eingehenden Besprechungen in den freigewordenen Anlagen und Gebäuden der Bayerischen Landesanstalt in der Kirchstraße die geplanten Baumaßnahmen für eine Erweiterung der katholischen Pfarrkirche St. Vitus, kden Neubau eines modernen Kindergartens, damals noch eines Pfarrhauses mit Jugendräumen sowie der Etablierung der Gemeindeverwaltung mit Nebenstellen in Angriff genommen werden konnten.
Damals wollte die Schlösserverwaltung noch von der zunächst vorgesehenen Mauer zum Hofgarten zugunsten einer gefälligeren Heckenbepflanzung Abstand nehmen.
Ein Abbruch und Wiederaufbau des Kavaliersgebäudes für die Gemeindeverwaltung wurde damals aus denkmalpflegerischen Gründen abgelehnt. Es wurde anstelle dessen ein Ausbau des Kavaliergebäudes vorgeschlagen und zunächst den Mittelbau aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu verändern.
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Am 12. Juli 1969 berichtete die Mainpost, dass der Gemeinderat dem Erbbaurechtsvertrag mit der Verwaltung bayerischer Schlösser, Gärten und Seen zugestimmt hat, wonach der Nordtrakt (Kavaliersbau), der Mittelbau und der Südflügel der Gemeinde für Verwaltungszwecke überlassen werden. Das Erbbaurecht beginnt am 1. Oktober 1969 und läuft auf 75 Jahre mit Recht auf Verlängerung.
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Im Rahmen des Flächennutzungsplanes ist zur Abwicklung des Verkehrs eine Zufahrt vom Bahnhofsvorplatz mit Fußgängerverbindung zur Kirchstraße und entsprechender Parkraum vorgesehen (auf dieser historischen Ansicht ist der Mittelbau noch eingeschossig (bis 1923). Gleichzeitig wird mit der Straße der katholische Kindergarten erschlossen, der auf dem Gelände der ehemaligen Treibhäuser der Landesanstalt geplant ist. Damals war noch vorgesehen, dass im Erdgeschoss des Kavaliersgebäudes neben der Raiffeisenbank noch eine Zweigstelle der Energieversorgung Lohr-Karlstadt untergebracht wird.
Der 1920 errichtete Mittelbau soll bis auf weiteres Wohnzwecken dienen, während für den Südflügel noch keine abschließende Entscheidung getroffen wurde. Im Gespräch war damals die Einrichtung einer Weinstube im Erdgeschoss und im Obergeschoss eine Volksbücherei.
Mit der Übernahme dieser Gebäude, so hieß es, sei auch die katholische Kirche mit ihren geplanten Baumaßnahmen für ene Erweiterung der Vituskirche, dem Bau eines Kindergartens und Pfarrhauses mit Jugendräumen einen Schritt nähergekommen.
Im Mai 1970 war im Gemeinderat auch die Frage eines Rathausneubaus an anderer Stelle eingehend diskutiert worden. Anhand der ermittelten Baukosten und der zu erwartenden Belastungen wurde festgestellt, dass die Zahlenwerte für einen Umbau sprechen, obwohl sich auch hier der Gesamtaufwand gegenüber dem ersten Voranschlag des planenden Landbauamtes verdoppelte.
Mit der Neugestaltung des städtebaulichen wichtigen Hofareals wurde die gewaltige Umbaumaßnahme abgeschlossen. Bei der Neugestaltung des Vorplatzes des Rathauses ließ Walter Kolb, Ingenieur für Garten- und Landschaftsbau, die landschaftsgestaltenden Elemente mit gestockten Betonplatten und Mosaikstreifen um eine bepflanzte Grüninsel mit Wasserspielen zur Geltung kommen. Der Platz ist Ausgangspunkt der Altortsanierung mit dem Fußgängerbereich um Rathaus, Kirche, Zugang zum Hofgarten.
In einer Sitzung im Februar 1972 hatte der Gemeinderat nach turbulenter Diskussion entschieden, die Neugestaltung des Platzes nicht bis zum Umbau des Südflügels in eine Gaststatte und der Errichtung des geplanten Pfarrzentrums zurückzustellen.
Bereits fertiggestellt waren Ende Januar 1972 die 70 Parkplätze in Betonverbundpflaster auf dem Gelände der ehemaligen Landesanstalt nördlich der neu errichteten Hofgartenmauer sowie die Erschließungsstraße (Bilhildisstraße) südlich der Bahnhofstraße. Sowohl der Rathaushof als auch das östliche Gelände am geplanten Kindergarten wurde dem Fußgängerverkehr vorbehalten.
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Am 4. Juni 1973 wurde der neue für 90 Kinder in drei Gruppen im Alter über drei Jahren konzipierte und in Fertigbauweise erstellte Kindergarten St. Bilhildis hinter dem Rathaus nördlich des Hofgartens in den freigewordenen Gärtnerei-Anlagen der Landesanstalt eingeweiht (Baubeginn 17.9.2022). Es war Zeit, dass die 60 Jüngsten aus den für einen Kindergarten ungeeigneten alten Räumen des ehemaligen Gaswerkes in der Thüngersheimer Straße nach Abzug der Ordensschwestern ein Jahr zuvor herauskamen. Der Grund wurde 1970 von der Kirchengemeinde von der Staatlichen Schlösserverwaltung erworben. Zu den 800.000 DM Baukosten erhielt die Pfarrgemeinde als Bauträger von der Gemeinde Veitshöchheim 240.000 DM, vom Bischöflichen Ordinariat 120.000 DM und 35.000 DM aus Landesmitteln. Neben den drei Gruppenräumen sind noch ein Gymnastikraum, ein Leiterinnenzimmer, die Küche, ein Personalraum un die sanitären Anlagen untergebracht.
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40 Jahre später wurde dann nach Abbruch der alten Kita an gleicher Stelle im September 2013 ein 2,18 Millionen Euro teurer Kindergarten-Neubau mit 50 Kindergarten- und 24 Krippenplätzen bezogen, der den Haushalt der Gemeinde mit 690.000 Euro und die katholische Kirche mit 550.000 Euro belastete.
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In dem zweigeschossigen Südflügel des Kavaliersgebäudes befanden sich zu Zeiten der Fürstbischöfe die Küchenmeisterei und Mundküche, eine bei großen Hofhaltungen besondere Küche für die herrschaftliche Tafel. Im oberen Stock lagen Lakaienwohnungen und Zimmer für Trompeter und Waldhornmeister.
Die Staatliche Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau nutzte die Gebäude von 1919 bis 1967. 1973/1974 erfolgte mit Kosten von 885.000 DM bei einem staatlichen Zuschuss von 225.000 DM der Umbau zu Hotel und Gaststätte „Ratskeller“. Alternativ wurde im April 1973 auch die Nutzung für die Sozialstation und kleinerer Wohnungen für ältere Leute diskutiert.
Am 5. Oktober 1974 wurde der Ratskeller mit einer Gesamtnutzfläche von 658 m² und 100 Sitzplätzen seiner neuen Bestimmung übergeben. Im einzelnen sind 208 m² für den Gaststättenbetrieb sowie 450 m² für Konferenzteil, Fremdenzimmer mit 15 Betten, Personalräume und Wohnung ausgewiesen.
Der Ratskeller wurde von der Gemeinde Veitshöchheim 2011 aufwändig saniert, renoviert und komplett neu gestaltet.
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Das in der Mainpost am 9.9.72 abgebildete und damals in der Vituskirche ausgestellte Modell zeigt, wie das neue Veitshöchheimer Pfarrzentrum aussehen soll. Um den Lichthof gruppieren sich die einzelnen Baukörper mit Räumen der Begegnung als Verbindung von sakraler und profaner Stätte: sakraler Raum mit 550 Sitz-Plätzen, Mehrzweckraum mit 160 Plätzen, Bücherei, Jugend- und Altenräume, eine im westlichen Trakt vorgelagerte Kegelbahn und weitere Räume für Sport und Spiel der Jugend. Im Obergeschoss ist eine Wohnung eingeplant.
Laut Mainpost vom 14.11.1973 nahmen um die 1692 erbaute Vituskirche im Herzen der Gemeinde - nach Renovierung und Etablierung der Gemeindeverwaltung im historischen Kavaliersgebäudes, dem Ausbau des Innenhofes, der Errichtung eines modernen Kindergartens und Parkraumes - das Projekt des katholischen Kirchenzentrums und die Sanierungsarbeiten am Südflügel Gestalt an.
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Für die rund 4000 Katholiken zählende Kirchengemeinde St. Vitus wurde am ersten März-Sonntag 3.3.1974 die Grundsteinlegung für das "Haus der Begegnung" durch Weihbischof Alfons Kempf zu einem besonderen Freudentag. Ein Teil des Südflügel-Wirtschaftsgebäudes musste für den Neubau des „Hauses der Begegnung“ weichen. Im darauffolgenden Jahr 1975 wechselte Pfarrer Ludwig Schneider ins neue Gotteshaus, das als neues Pfarrgemeindezentrum seinen Dienst aufnahm und es als Begegnungsstätte für die unterschiedlichsten Veranstaltungen bald sehr begehrt war.
Es trauerten aber viele alte Veitshöchheimer ihrer alten Kirche nach, insbesondere vermissten sie den vollen Klang der großen Orgel bei großen Festgottesdiensten. Mit Abschluss der Innenrenovierung 1991 wurde die barocke Vituskirche nun unter Pfarrer Herbert Neeser wieder als Gotteshaus für die Gemeinde genutzt.
Das Haus der Begegnung wird seitdem auch immer wieder von der Gemeinde für Veranstaltungen genutzt, u.a. für die Aftershowparty nach der Fernsehsitzung "Fastnacht in Franken. Es ist kein Geheimnis mehr, dass die Gemeinde aktuell in Verhandlungen mit der Pfarrei steht, das HdB zu erwerben.
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Den Mittelbau (Querbau hinten) mit seiner Nutzfläche von 600 Quadratmeter richtete die Gemeinde zunächst für Wohnungen und eine Arztpraxis her, ehe sie ihn dann im Jahr 1993 nach Sanierung an die Interdisziplinäre Frühförderstelle des Vereins für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung e.V. vermietete. Ausgenommen waren die zwei Räume am Durchgang zur Bilhildisstraße, in der bis Ende 2014 die Tourist-Info untergebracht war. Da das Gebäude jedoch nicht behindertengerecht ausgebaut war, gab die Frühförderstelle für Würzburg Stadt und Land den Veitshöchheimer Standort im April 2014 auf und zog nach Würzburg an den Berliner Platz um.
Nachdem das Mittelgebäude nun längere Zeit leer stand, führte die Gemeinde den Mittelbau für 1,4 Mio. Euro einer neuen Nutzung mit Fertigstellung im Frühjahr 2018 zu. Die neue Nutzung beinhaltet nun im EG eine Kinderarztpraxis. Im Obergeschoss wird das Rathaus unter anderem mit einem großen Trausaal und einem zweiten Serverraum erweitert. Nicht realisieren ließen sich aus Brandschutzgründen die beiden im Dachgeschoss geplanten Wohnungen. Im südlichen Teil betreibt nun hier der VCC sein Clubheim. 2020 erhielt der Mittelbau noch eine Rampe.
Splitter aus dem Sitzungsbuch der Gemeinde zum Rathausumbau
5.3.68 | Bürgermeister Erwin Vornberger vertritt die Auffassung, dass der baufällige Kavalierbau im Rahmen der Rathausverlegung zweckmäßigermaßen abgebrochen und neu aufgebaut werden sollte. |
22.3.68 | Schlösserverwaltung Präsident v. Gumppenberg gibt Zustimmung zum Kirchenneubau (HdB), ebenso Neubau Kindergarten mit Pfarrhaus (nördlicher Teil des Hofgartens, wenn Ost-West-Straßenverbindung und statt neuer Mauer südlich der Straße Pflanzung einer lebenden Hecke |
24.7.68 |
Schlossverwaltung (SV) erteilt Zustimmung erteilt für 70 PKW-Parkplätze entlang der neuen Straße Kavaliersbau: Abbruch von SV und Landbauamt abgelehnt, da unter Denkmalschutz und erhebliche Mehrkosten |
1.10.68 |
Info Bgm.: in Kürze Entwurf Erbbaurechtsvertrag - Inhalt: jegliche bauliche Veränderungen bedürfen der Zustimmung der SV, derzeitige Überlegungen: im EG VR-Bank und EVK, OG Verwaltungsräume, Mittelbau Wohnungen, da noch gut erhalten, Südflügel noch keine Verwendung, evtl. Gastwirtschaft |
19.11.68 |
Überlegung Abbruch Mittelbau, da nicht unter Denkmalschutz - Neubau vollständig neu zu gestalten und dafür OG Kavaliersgebäude für Wohnungen zu nutzen Vorschlag GR: baureifer Entwurf kleine und große Lösung mit Kosten - und Wirtschaftlichkeitsberechnung, soll kostenlos durch Landbauamt (LBA) erfolgen |
8.7.69 | Genehmigung Erbbaurechtsvertrag, Wirkung ab 1.1.72 |
10.9.69 |
Statikauftrag an Bernd Sedlacek für Verlegung Rathaus, Pläne LBA in Sitzung erläutert, Verwaltungsräume 1. OG Einverständnis, Wohnung DG noch Abklärung |
5.5.70 GR |
Planung Umbau Kavaliersbau, Vorstellung LBA Wegfall 2 Wohnungen im DG Ostseite - Kosten 1.360.000 DM 20 % Zuschuss und 20 % zinsgünstiges Darlehen für beihilfefähigen Kosten Mieterdarlehen VR-Bank 300.000 DM, Kapitalmarktdarlehen 200.000 DM, Eigenmittel 484.000 DM alternativ Rathausneubau: rd. 1,5 Mio. Euro erhebliche jährliche Mehrbelastung lt. Wirtschaftlichkeitsberechnung deshalb Ausschreibung der Arbeiten für den Umbau des Kavalierbaus als Rathaus durch das LBA |
30.3.71 | Räume der Bauabteilung reichen aufgrund Einstellung eines weiteren technischen Angestellten nicht mehr aus, deshalb Sozialraum der Bauabteilung zuzuschlagen, Sozialraum wird an Westseite des Trausaals verlegt - hat zur Folge dass Trausaal nur über Sitzungssaal erreichbar |
27.7.71 | Info: Gestaltung Eingangsbereich EG, Gestaltung Rathausvorplatz nicht befriedigend |
7.9.71 |
Ausgaben lt. Auftragserteilung 825.500 DM - Ausbauarbeiten 100.000 DM höher Schr. Gde. an LBA 30.12.71: Arbeitstempo häufig auf Kritik - Rathaus platzt aus allen Nähten - zur reibungslosen Abwicklung der Verwaltungsgeschäfte dringend Umzug der Verwaltung in die neuen Räume spätestens am 1.3.72 |
18.1.72 |
INFO: Künstlerische Ausgestaltung Bildung eines Ausschusses Auftragsvergaben: außer Nebenräume grundsätzlich Teppichboden zu verlegen -165 m² Sitzungssaal, Trausaal, Bgm.Zimmer 33,50 DM/m² , restliche Räume einschl. Apotheke, Büchrei und Flur 665 m²15,53 DM/m² auch im Dachgeschoss im westlichen Trakt eine Wohnung |
8.2.72 |
Gestaltung Innenhof vor Rathaus Gartenarchitekt Dr. Walter Kolb - Kosten 89.000 DM Ausführung eines Wasserbeckens mit bewegter Oberfläche |
2.8.72 | Info: Einweihung Freitag 29.9.72 - Sa./So. Tag der Offenen Tür - erfolgte eine Woche später |
Ein Blick weiter zurück: Die Bayerische Landesanstalt residierte von 1902 bis 1967 im Kavaliersgebäude
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Bis 1922 blieb der Schulbesuch mit jährlich 20 Schülern – meist Weinbauern – ziemlich konstant. Nach dem Neubau des Verwaltungsgebäudes (= Verbindung zwischen dem früheren fürstbischöflichen Kavaliersbau, dem späteren Schülerheim, heute Veitshöchheimer Rathaus) und dem früheren fürstbischöflichen Küchentrakt (heute Veitshöchheimer Ratskeller) im Jahre 1922 konnte das Internat im fürstbischöflichen Kavaliersbau erweitert werden, wodurch die Schülerzahlen dann merklich anstiegen, auf jährlich 50 bis 80 Studierende. Auch der Anteil an Schülern des Garten- und Obstbaues nahm deutlich zu.
Von 1939 bis 1943 waren (außer den jährlich 30 bis 40 Südtiroler Schülern) infolge der Kriegsjahre keine einheimischen Schüler da. 1944 wurden lediglich einige wenige Kriegsversehrte unterrichtet.
Infolge amerikanischer Besatzung musste von 1945 bis 1946 der Schulbetrieb völlig ruhen. Als dann 1946 sämtliche Gebäude von den amerikanischen Besatzungstruppen wieder freigegeben worden waren, konnte 1947/48 der erste Nachkriegswinterlehrgang durchgeführt werden.
Er war mit 123 Schülern (45 Winzer, 78 Gärtner und Obstbauern) überdurchschnittlich groß.
Einen entscheidenden Schülerrückgang verursachte 1961/62 die Schließung des Internats im alten Kavaliersbau wegen Baufälligkeit.
Als dann 1966 das neue Wohnheim an der Steige (Veitshöchheimer Wölflein) fertiggestellt und 1967 der Unterricht ins neue Schulgebäude dorthin verlegt wurde, nahm der Schulbesuch wieder beträchtlich zu.
Hier einige Zahlen im Überblick
1907 | Die Keller- und Kelteranlagen im fürstbischöflichen Zehntgebäude (Herrnstraße) in Veitshöchheim gehen in den Besitz der Schule über. Seitdem dort: Lehrkellerei |
1913 | Die Schule wird umbenannt in "Königliche Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau". |
1921 | Übernahme des Staatl. Hofgartens in Veitshöchheim als "gartenkünstlerisches Lehrobjekt" für Maßnahmen in der Landschaftsgärtnerei. |
1923 | Der Umbau des Schülerheimes wird abgeschlossen. Ein großer heller Speisesaal, ein Tagesaufenthaltsraum und zwei Waschräume werden neu erstellt. Jetzt können in vier großen und luftigen Schlafsälen mit 21, zwei mal 14 und 12 Betten sowie einigen Mehrbettzimmern mit 3 und 4 Schlafgelegenheiten insgesamt 100 Schüler untergebracht werden. |
1958 | Rückgabe des Hofgartens an die Schlösserverwaltung. |
1960 | Planung einer neuen Lehr- und Versuchsanstalt, Entscheidung für den Standort Veitshöchheim durch Ministerbeschluss. |
1964/68 | Neubau der Schule und des Internats an der Steige (Wölflein) sowie der Versuchsbetriebe Zierpflanzenbau, Gemüsebau, Garten- und Landschaftsbau. |
1967 |
Unterrichtsbeginn an der neuen Schule. |
1968 |
Feierliche Eröffnung der neuen Schulgebäude durch den Bayerischen Landwirtschaftsminister Dr. Dr. Alois Hundhammer. Umzug vom Kavaliersbau im Altort Veitshöchheim an die Steige/Wölflein. |
Erstellung der Dokumentation durch Dieter Gürz