Das Stricken ist auch im 101. Lebensjahr noch das Markenzeichen von Ursula Kronenberg
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Da staunten auch die Stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer und Bürgermeister Jürgen Götz nicht schlecht, als sie Ursula Kronenberg zu ihrem 101. Geburtstag alles Gute wünschten und dass sie weiterhin so fit bleibt. Die Jubilarin ließ es sich nämlich nicht nehmen, auch an ihrem Ehrentag die Stricknadel in die Hand zu nehmen, um für ihre Tochter Uta einen Pullover zu stricken. Auch der hübsche Pullover, den sie an ihrem Ehrentag trägt, stammt wie Unzählige andere aus ihren Händen. Dies kommt nicht von ungefähr, hat sie doch viele Jahre Strickmodelle für Modezeitschriften zum Nachahmen erstellt und für eine Teile-Firma Frauen in Dreitages-Kursen auf Strickmaschinen angeleitet.
Auch geistig ist die Seniorin noch voll auf der Höhe, verfolgt aufmerksam das Tagesgeschehen im Fernsehen und in der Mainpost. Umsorgt wird von ihrer in Oberdürrbach wohnenden Tochter, die bis zu ihrer Pensionierung vor drei Jahren 26 Jahre lang als Lehrerin an der Günterslebener Schule arbeitete. Die Jubilarin kommt aber auch sieben Jahre nach dem Tod ihres Ehemannes Werner noch sehr gut alleine in ihrer Wohnung zurecht, geht auch noch regelmäßig mit ihrem Rollator in der Bäckerei und in der Metzgerei um die Ecke einkaufen.
Dermaßen noch rüstig, hat sie auch ihren Ehrengästen an ihrem 101. Geburtstag viel zu erzählen. Aufgewachsen in Sachsen-Anhalt arbeitete sie in jungen Jahren im elterlichen Einzelhandelsgeschäft. Eine einschneidende Zäsur brachte für sie, ihren Mann Werner und die damals zweijährige Tochter Uta, das Jahr 1955, in dem die DDR Mitglied des Warschauer Paktes wird. Ihr Mann, der als Kunsterzieher in Staßfurt am Südrand der Magdeburger Börde arbeitete, sollte für das Ministerium für Staatssicherheit Kollegen bespitzeln. Als er eine Kunstausstellung in Berlin besuchte, habe er sich mit einer Zeichenmappe in der Hand in den Westen abgesetzt. Seine Frau Ursula sah sich sogleich Repressalien ausgesetzt.
Als ihre zweijährige Tochter Uta an der Lunge erkrankte, durfte Ursula mit ihr zur Erholung an die Ostsee in der Nähe von Bremen reisen. Ein halbes Jahr nach der Flucht ihres Mannes blieben auch sie hier in der BRD. Allerdings musste die dann wieder vereinte Familie im Flüchtlingslager in Bad Reichenhall längere Zeit mit zwei anderen Familien in einem Raum zusammenleben, bis dann ihr Werner in bei der Landeswohnungsfürsorge in Nürnberg Arbeit als Finanzierungssachbearbeiter für kinderreiche Familien fand. Nach insgesamt sieben Umzügen fand dann die Familie 1970 in einer Eigentumswohnung in der Heidenfelder Straße in Veitshöchheim ihr neues Zuhause, wo die Jubilarin auch heute noch wohnt.
1963 war ihre nach ihr benannte Tochter Ursula auf die Welt gekommen, die heute im afrikanischen Tansania als Gemeindepfarrerin tätig ist und deren Mann als Chirurg drei evangelische Krankenhäuser unter sich hat. Leider war es durch die Corona-Pandemie nicht möglich, dass sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern wegen der notwendigen vierwöchigen Quarantäne weder zum 100. noch zum 101. Geburtstag ihrer Mutter aus Afrika kommen konnte. So bleibt nur der tägliche Telefonanruf.
Gleichwohl ist Ursula Kronenberg mit sich und der Welt im Reinen und denkt trotz aller Entbehrungen durch Weltkrieg und Flucht aus der DDR, wo sie Haus und Hof zurücklassen musste, voller Zufriedenheit an ein erfülltes Leben zurück und an ihre fünf Enkel und zwei Urenkel, zu denen sie ein besonders inniges Verhältnis hat. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihr auch die jährlichen vierwöchigen Urlaubsreisen nach Italien und im ersten Ruhestandsjahr ihres Mannes eine halbjährliche Rundreise durch Frankreich mit ihrem Wohnwagen im Sommersemester, nachdem ihr Mann im Wintersemester an der Uni Würzburg ein Studium in Kunstgeschichte begonnen hatte.
Zum Bürgermeister sagte die Jubilarin zum Abschied, sie werde alles daran setzen, dass sie ihm auch im nächsten Jahr wieder zur Last falle.