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Für 390.000 Euro neu konzeptioniertes und gestaltetes Jüdisches Kulturmuseum Veitshöchheim wird am 23. Juni 2019 eingeweiht

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Unter dem Titel „Schauplatz Dorf“ wird im Jüdischen Kulturmuseum Veitshöchheim (JKM) die Geschichte der jüdischen Gemeinde Veitshöchheim neu dargestellt. In Synagoge, Vorsängerwohnung (rechtes Gebäude) und jüdischem Wohnhaus (linkes Gebäude) wurde in den letzten Wochen und Monaten ein neues Konzept umgesetzt.

Eingeweiht wird die mit Kosten von 390.000 Euro neu gestaltete Dauerausstellung zum 25jährigen Jubiläum des JKM  am 23. Juni 2019. Die Gemeinde Veitshöchheim erwartet Zuwendungen in Höhe von insgesamt 125.000 Euro von der  Landesstelle für nichtstaatliche Museen, dem LEADER-Programm und dem Bezirk Unterfranken.

Einheitliche Graphik, ein übersichtliches Leitsystem und neue Präsentationen in den einzelnen Räumen vermitteln neue Inhalte entsprechend der räumlichen und gestalterischen Ausstellungsplanung der von der Gemeinde beauftragten Firma Space4 GmbH in Stuttgart.

Die Synagoge bleibt der wichtige zentrale Ort des Museums, um den herum verschiedene Aspekte des vergangenen jüdischen Lebens in einem Dorf erklärt werden. Es geht um Netzwerke, Verflechtungen, Trennungen, Alltäglichkeiten und Diskrepanzen, die jüdisches Leben in einem Dorf bestimmt haben. Ausstellungsobjekte sind auch zukünftig Fundstücke aus der Genisa von Veitshöchheim bzw. anderen Fundorten.

Nach der offiziellen Einweihung haben Interessierte am 23. Juni  ab 15.30 Uhr die Möglichkeit, das neue Museum zu besuchen. Zusätzlich ist das JKM in der Woche nach der Eröffnung (von Montag 24. Juni bis Samstag 29. Juni) täglich von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt an diesen Tagen ist frei.

Die regelmäßigen Öffnungszeiten sind zukünftig wie bisher auch am Donnerstag von 15 – 18 Uhr und am Sonntag von 14 – 17 Uhr.

Elf Tage vor der Eröffnung ließ sich heute Bürgermeister Jürgen Götz von seiner Kulturreferentin Dr. Martina Edelmannüber den Stand der Arbeiten informieren. Noch legen Handwerker letzte Hand an, wie hier zur Befestigung der Schautafeln an der Wand im neu geschaffenen barrierefrei erreichbaren Informationsraum im Erdgeschoss des Museums, der bisher als Abstellraum diente.  Hier ist eine kurze filmische Einführung in die Geschichte der jüdischen Gemeinden und den Erinnerungsorten in Unterfranken vorgesehen, die auch auf der Tafel im Hintergrund dargestellt sind.

 

Im  Foyer des Seminargebäuders war heute eine Firma noch dabei, einen neuen Bodenbelag zu verlegen. Hier erhalten die Gäste erste Informationen zu dem, was sie im Museum sehen können.

Es sind dies eine einheitliche Graphik, ein übersichtliches Leitsystem und neue Präsentationen in den einzelnen Räumen, die neue Inhalte entsprechend der räumlichen und gestalterischen Ausstellungsplanung der von der Gemeinde beauftragten Firma Space4 GmbH in Stuttgart vermitteln.

Der Synagogenraum bleibt aber weiterhin der wichtige zentrale Ort des Museums, um den herum verschiedene Aspekte des vergangenen jüdischen Lebens in einem Dorf erklärt werden. Es geht um Netzwerke, Verflechtungen, Trennungen, Alltäglichkeiten und Diskrepanzen, die jüdisches Leben in einem Dorf bestimmt haben. Ausstellungsobjekte sind auch zukünftig Fundstücke aus der Genisa von Veitshöchheim bzw. anderen Fundorten.

Neue Elemente sind Hörstationen oder wie hier zu sehen ein Raum für Wechselausstellungen. Hier wird zur Eröffnung eine Ausstellung mit Fotografien von Klaus Rostek gezeigt, die während der langjährigen Partnerschaft zwischen dem Landkreis Würzburg und dem Landkreis Mate Yehuda in Israel entstanden sind.

Die Vermittlung in den Ausstellungsräumen des JKM läuft über verschiedene Informationsebenen: eine Headline an der Wand leitet über zu einem Raumtext und weiter zu einzelnen Bereichsüberschriften, die wiederum zu den Objekten in den Vitrinen führen ( so wie hier im Raum "Juden im barocken Veitshöchheim" das Dokument einer Haferlieferung). Nähere Informationen dazu findet der Besucher dann wie bei allen anderen Objekten in der Schublade unter der Vitrine.

Ausstellungsraum "Jüdisches Leben im 19. Jahrhundert"

Im Raum "Auf dem Weg in die Vernichtung" sind alle Namen der Opfer und der rechtzeitig ausgewanderten Juden dargestellt und an drei Audiostationen Biografien zu hören.

Im Dachgeschoss des Museums sind die Ausstellungsräume "Jüdische Religion / Feiertage" und das Laubhüttenfest dargestellt.

Für Ausstellungszwecke genutzt wird nun auch der Raum im Erdgeschoss der Synagoge neben dem Betsal unter der früheren Vorsängerwohnung zur Darstellung der Geschichte der Synagoge.

Die Synagoge bildete das Zentrum der seit 1644 hier ansässigen jüdischen Gemeinde, die  1843 mit 160 Personen die höchste Mitgliederzahl erreichte und 1942 mit der Deportation der letzten noch am Ort lebenden fünf Juden ausgelöscht wurde.

Im Nationalsozialismus wurde das 1938 noch vor der Reichskristallnacht erworbene Gebäude von der Gemeinde zum Feuerwehrhaus umgebaut und dabei im Inneren zerstört.  Ursprünglich wollte die Gemeinde Anfang der 80er Jahre das jahrelang auch von der Feuerwehr genutzte Baudenkmal als Galerie modernisieren.

Bei Fundamentarbeiten im März 1986 kamen im Geröll die Keupersandstein-Säulenfragmente einer Lesekanzel und eines Thora-Schreins zu tage. Mit Hilfe dieser Originalfragmente und von Fotografien aus dem Jahr 1926 wurde die Veitshöchheimer Synagoge bis 1994 komplett wiederhergestellt.  Sie ist die einzige vollständig eingerichtete historische Synagoge im Raum Unterfranken und auch wieder als religiöser Ort nutzbar.

Im 1. Obergeschoss der Synagoge werden jüdische Schule und Literatur dargestellt.

Im 2. Obergeschoss, in dem gerade letzte Elektroarbeiten zur Beleuchtung im Gange sind, werden Genisa-Fund und Genisaprojekt neu dargestellt.

Bei Bauarbeiten im Zwickel über dem Betsaal der Synagoge stieß man auf sogenannte "Genisa"-Funde. Im Judentum dürfen Texte, auf denen der Namen Gottes zu lesen ist, nicht einfach weggeworfen werden. Sie wurden in den Dachböden der Synagogen aufbewahrt. Daran hielt man sich bis ins 20. Jahrhundert auch in vielen Gemeinden Unterfrankens. Die Veitshöchheimer Genisa, die bereits in einem Container zum Abtransport auf eine Bauschuttdeponie verbracht war und quasi durch einen Zufall noch rechtzeitig vor der Vernichtung gerettet werden konnte, ist die umfangreichste ihrer Art, die bislang im deutschsprachigen Raum entdeckt wurde. Neben religiösem Schrifttum wie Bibeln, Gebetbüchern, Einzelgebeten oder rabbinischen Auslegungen sind zahlreiche weltliche Texte wie etwa Märchen, allgemeine Erbauungsliteratur oder historische Werke erhalten. In großer Zahl wurde auch handschriftliches Material abgelegt, so beispielsweise Rechnungen, Briefe oder Notizbücher. Die Texte sind in hebräischer, jiddischer oder deutscher Sprache verfasst und stammen vorwiegend aus dem 17. - 19. Jahrhundert.

Die Gemeinde ergriff die Chance, diesen wichtigen Fund vor Ort aufzubewahren und repräsentative Stücke museal auszustellen. Hierfür wurde ein baufälliges und leer stehendes Anwesen direkt neben der Synagoge von der Gemeinde erworben. Der ursprünglich geplante Abriss wurde nicht durchgeführt, da man im Gebäude u.a. Decken- und Wandmalereien aus dem 18. Jahrhundert entdeckte - darunter die Jahreszahl 1739 und eine hebräische Inschrift, die auf Sukkot (Laubhüttenfest) hinweist. Bei den Umbaumaßnahmen zum Museum zwischen 1988 und 1994 konnte die historische Bausubstanz weitgehend erhalten werden, ebenso die ursprüngliche Anordnung der Räume und der Charakter eines Wohnhauses.

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