Der Dampfer des BFW Veitshöchheim ist wieder auf Erfolgskurs mit steigender Belegung und schwarzen Zahlen - Bericht vom Neujahrsempfang
Erinnerungsfoto mit Ehrengästen beim traditionellen Neujahrsempfang des Berufsförderungswerks Würzburg (BFW) in Veitshöchheim v.l.n.r. vorne Monika Weigand (TeleCoach BFW), Judith Faltl (BFW-Aufsichtsratsvorsitzende), Christine Haupt-Kreutzer (stellvertretende Landrätin), Dr. Hylia Düber (Sozialreferentin der Stadt Würzburg), hinten Norbert Metz (Regionalkoordinator Integration BAMF in Würzburg), Max-Martin Deinhard (stv. Hauptgeschäftsführer IHK Würzburg-Schwenfurt), MdL Volkmar Halbleib, BFW-Geschäftsführer Karsten Hohler, MdB Paul Lehrieder, Bürgermeister Jürgen Götz, Dr. Adolf Bauer (Bürgermeister Würzburg) und MdL Manfred Ländner
Das 1962 gegründete BFW Würzburg hat seinen Firmensitz seit 1980 in Veitshöchheim und verfügt über 200 Ausbildungsplätze in über zwanzig verschiedenen Ausbildungsberufen und Berufsvorbereitungen.
Zuversicht nach einem bewegten Jahr
Zuversicht nach einem bewegten Jahr, das hinter dem Berufsförderungswerk (BFW) liegt, verbreitete beimtraditionellen Neujahrsempfang desBFW Geschäftsführer Karsten Hohler vor rund 60 Gästen ...
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Link auf Mainpost-Online-Artikel vom 15.1.2019
Beim traditionellen Neujahrsempfang des BFW am Donnerstagabend verbreitete Geschäftsführer Karsten Hohler vor rund 60 Gästen, darunter Betriebsräte und Dienstjubilare, Teilnehmervertreter, Gesellschafter, Vertreter aus Politik und Partnern des BFW Zuversicht nach einem bewegten Jahr, das hinter dem BFW liegt. Mit einigen größeren und vielen kleineren Schritten sei es gelungen, den lecken Dampfer des BFW zu reparieren und wieder auf Erfolgs-Kurs zu bringen. Hohler: "Wenn die eingeleiteten Maßnahmen sich wie bisher weiterentwickeln, können wir mit Zuversicht in die Zukunft schauen."
Zunächst ergriff nach der Begrüßung durch den Geschäftsführer die BFW-Aufsichtsratsvorsitzende Judith Faltl das Wort.
"Die richtigen Menschen am richtigen Platz", so lautete das Credo der BFW-Aufsichtsratsvorsitzenden Judith Faltl. Die Landesvorsitzenden Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund e.V. (BBSB) meinte damit in erster Linie Karsten Hohler, den sie beim Neujahrsempfang vor einem Jahr als neuen Geschäftsführer vorgestellt hatte.
Dieser habe nicht gleich verändert, sondern erstmal geschaut, was da ist und was ansteht, was sich dann als sehr ereignisreich erwiesen hat. So musste man sich im BFW Würzburg von manchem Liebegewonnenen verabschieden. So schließe demnächst das BFW sein Regional-Center in Hannover und auch die viele Jahre praktizierte Metall-Ausbildung gehe mangels Nachfrage zu Ende.
Eine Nachfrage ergab, dass auch der Personalbestand des BFW um zehn Prozent reduziert wurde.
Es war nach Faltls Worten einiges im Bereich der Immobilie anzupacken und vor allem die Neuausrichtung des BFW voranzubringen, neue Ideen für Ausbildungsmöglichkeiten zu entwickeln. Und diesbezüglich konnte Faltl Erfreuliches vermelden: Die Rehabilitanden-Zahlen stiegen wieder, neue Wohnmöglichkeiten wie das Wohnen in Gruppen mit gemeinsamem Kochen wird nun angeboten und auch im Freizeitbereich soll einiges ausgebaut werden.
Ganz wichtig: Der Trend nach noch mehr Regionalisierung soll fortgesetzt werden. Vor Ort, dort wo die Menschen leben und wohnen, soll zumindest Beratung und auch berufliche Anpassung ermöglicht werden.
Faltl: "Das Jahr 2018 hat gezeigt, das wenn die richtigen Menschen am richtigen Platz sind, dann sehr viel möglich ist, so auch die Steigerung der Rehabilitanden-Zahlen, was anfangs allen unmöglich erschien." Sie freute sich mitteilen zu können, dass die Zusammenarbeit mit dem 68jährigen Karsten Hohler als Geschäftsführer des BFW nach dem am gleichen Tag unterzeichneten Vertrag bis zum Ende des Jahres 2021 fortgesetzt wird.
Der so von der Aufsichtsratsvorsitzenden Gelobte, sprach in seinem Jahresrückblick an, was alles im BFW-Dampfer zu reparieren und zu investieren war, um ihn wieder auf Erfolgskurs zu bringen.
Obwohl das BFW 600.000 Euro in die Instandhaltung wie Erneuerung des EDV-Hauptservers und das Betreiben der Heizungsanlage durch ein Blockheizkraftwerk investieren musste, konnte am Jahresende noch ein leichtes Plus erwirtschaftet werden.
Hohler kündigte an, 2019 diesen Reparatur-Kurs fortzusetzen. Im Wirtschaftsplan sind dafür nach seinen Worten 1,5 Millionen Euro vorgesehen. Es müssen die Aufzüge und das Dach der Wohngebäude erneuert werden. Obwohl 2018 schon 60 PCs ausgewechselt wurden, müssen heuer nochmals 350.000 Euro in die Hardware und fast 200.000 Euro in Software investiert werden.
Ganz viel habe er mit seinen Mitarbeitern auch über die Organisation im Haus nachgedacht und die bis dahin nur bruchstückhaft funktionierende Zusammenarbeit gestärkt, den Kontakt zu Rehabiltanden und Kostenträgern verändert. So habe man im BFW das Casemanagement (= individuelle Unterstützung) eingeführt und das Marketing weg von Reklame zur Erklärung der Zusammenarbeit verändert.
Hohler konnte nun voller Stolz am Jahresende verkünden: "Wir sind das einzige BFW für Blinde und Sehbehinderte, das im Moment steigende Belegzahlen hat." Wie auf Nachfrage zu erfahren war, sind die 200 Ausbildungsplätze des BFW in über zwanzig verschiedenen Ausbildungsberufen und Berufsvorbereitungen fast alle von Teilnehmern belegt.
Dieses Jahr soll weiter durch Fortbildung das Wissen vieler Mitarbeiter um die Arbeit mit den Rehabilitanden optimiert werden durch die Belegung von Kursen an der Johann WilhelmKlein-Akademie für „lebenslanges Lernen“ im Sozialbereich in Würzburg an 14 Wochenenden.
Neu ist ab Sommer für Rehabilitanden die Ausbildung zum Kaufmann im E-Commers, um Online-Jobs konstruieren und betreiben zu können.
Nach Schließung des laut Hohler sehr viel kostenden Regional-Centers in Hannover will Hohler die Regionalstelle in München in der Nähe des Hauptbahnhofs weiter ausbauen mit einem vierköpfigen Mitarbeiterstab und in Frankfurt in der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) eine Präsenz einrichten. "Wir setzen auf Miteinander und Kooperation", so der Geschäftsführer.
Fortgeführt werde weiter das im letzten Jahr vorgestellte, vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Ausgleichsfonds seit 1. März 2017 geförderte Projektes AKTILA-BS zur Aktivierung und Integration langzeit-arbeitsloser blinder und sehbehinderter Menschen, das für die Dauer von drei Jahren federführend das BFW abwickelt.
Als "neuen Kuchen im Ofen" präsentierte Hohler das Projekt "FLOW" mit Peer Coaching (kollegiale Fallberatung), um in der Fläche präsent zu sein und Menschen zu beraten, zu begleiten und zu unterstützen bis hin zu einzelnen Schulungsmaßnahmen vor Ort. Ein Thema ist auch TINA, die trägerunterstützte inklusive Ausbildung, ein neues Projekt der BfA.
Als ein Ding, das abgeht, schilderte Hohler die im letzten Jahr von Mobilitätstrainer Hellmuth Platz vorgestellte App "Selbstständig unterwegs mit dem BFW Smart-Info". So habe das BFW erfolgreich mit diesem Orientierungssystem die Landesgartenschau in Würzburg bestückt. Jetzt sei man bei der Sozialreferentin der Stadt Dr. Hylia Düber gelandet, um im Kulturspeicher die SmartApp zu installieren. Anfrage gebe es auch vom Zoo Nürnberg und von verschiedenen Behörden nicht nur in Gebäuden, sondern über GPS auch im freiem Raum.
"Sie sehen", so sagte der Geschäftsführer zum Schluss, "wir sind im Miteinander mit allen Partnern weiter dran, damit Menschen, die bei uns eine Reha machen, einen Nutzen davon haben."
Monika Weigand, die im Vorjahr ihr 35. Dienstjubiläum beim BFW feiern konnte, führte den Gästen in ihrer Funktion als TeleCoach BFWonline vor allem das Alleinstellungsmerkmal über Deutschland hinaus der vor zehn Jahren eingeführten E-Learning-Plattform des Bildungszentrums für Blinde und Sehbehinderte vor Augen.
Sie beleuchtete zunächst die Frage, ob der Wandel von der analogen zur digitalen Welt für Blinde ein Fluch oder ein Segen ist. Infolge des Wandels seien ganze Berufsfelder wie der klassische Telefonist oder die Schreibkraft seien verschwunden, würden einfach nicht mehr gebraucht.
Digitale Lösungen brachten nach ihren Worten aber auch viele Fortschritte. Es kamen ganz tolle elektronische Hilfsmittel, allen voran die Braille-Zeile, der Screenreader, Sprachausgaben, Vergrößerungssoftware, Scanner und Mobilgeräte mit einer tollen Fülle an Möglichkeiten für Blinde und Sehbehinderte. So können Blinde nun auch privat Nachschlagewerke nutzen, Telefonnummern nachschlagen, Fahrkarten kaufen oder den Kontoauszug lesen.
Im beruflichen Bereich berachte die Digitalisierung viel Neues und Gutes so im BFW mehrere neue Berufsbilder wie Verwaltungsfachangestellte, kaufmännische Berufe, Fachinformatiker, Tele-Marketing und Schriftdolmetscher.
Eine der neuen Möglichkeiten ist das Online-Lernen auf der vom BFW selbst erstellten E-Learning-Plattform, die ein angenehmes Arbeiten für Blinde ermöglicht und einfach strukturiert, barrierefrei und leicht lernbar ohne Kampf mit der Technik ist. Die Lerninhalte seien zielgruppenorientiert und in unterschiedlichen Szenarien einsetzbar.
Weigand: "Wir entdecken immer wieder neue Einsatzmöglichkeiten und haben in den letzten Jahren vieles ausprobiert." So könne man nicht nur klassische Onlinekurse auf der Plattform erledigen. Es gebe auch einen Trainigsbereich für selbständiges Arbeiten, wo der PC alles auswerte sowie virtuelle, praxisorientierte Unternehmen und einen Pool an Unterrichtsmaterial.
Die E-Learning-Plattform sei deshalb aufgrund der unterschiedlichen Level der Kursteilnehmer, wo ein Hauptschulabsolvent neben einem Abiturient oder einem Handwerksmeister sitzt, zu einem ganz wichtigen Werkzeug in der Ausbildung des BFW geworden. Denn sie ermögliche eine individuelle Ausbildung im Haus entsprechend den Befürfnissen des Einzelnen.
Das eigentliche Erfolgsrezept der Plattform sei, dass die Teilnehmer zwar alleine arbeiten, aber niemals allein gelassen werden, sondern vielmehr einen bestimmten Online-Trainer an der Seite haben, die sie unterstützen, Übungen korrigiert und ein individuelles Feedback geben und auf die Einhaltung des Zeitplanes schauen. Der durch ein Zeugnis dokumentierte Abschluss findet allerdings nicht online, sondern unter Aufsicht im BFW statt.
Im BFW sind laut TeleCoach ständig bis zu 120 Teilnehmer im E-Learning aktiv, weitere in den Regional-Centern aber auch User wie Studenten außerhalb des BFW, die sich so fit machen, sei es nun beispielsweise in Word, Excel oder Powerpoint.
Besonders stolz ist Weigand, dass BFW-Elearning inzwischen auch international gefragt ist, so seit fünf Jahren durch eine Blindeneinrichtung in St. Gallen in der Schweiz in der Erkenntnis, dass keine vergleichbare Plattform gibt, die für Blinde so gut zu bedienen ist.
Ganz konsequent per Fernlehrgang arbeitet die Gruppe der Schriftdolmetscher für gehörgeschädigte Menschen, in der seit Mitte 2015 Blinde und Sehende gemeinsam inklusiv auf einer Plattform lernen können.
Für Abwechslung zwischen den einzelnen Programmpunkten und für stimmungsvolle Unterhaltung im geselligen Teil sorgten mit Ausschnitten aus ihrem aktuellen Programm die sechs Musiker von Vinzenz Midnight Project des Don Bosco-Bildungswerkes, während Küchenchef Martin Eberle und sein Team die Gäste mit orientalisch-fränkischen Spezialitäten vom kalt-warmen Buffet verwöhnten.
Fotos: Dieter Gürz