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Das Jazz-Trio Clarino präsentierte in der Bücherei im Bahnhof über 100 Zuhörern eine brillante Musik zum Zuhören und Genießen

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Einer nie erwarteten Besucherresonanz erfreute sich das Trio Clarino bei seiner Premiere im Lesecafé der Veitshöchheimer Bücherei im Bahnhof. Matthias Ernst und die Eheleute Bernhard und Claudia von der Goltz haben eines gemeinsam, alle drei sind als Musiklehrer tätig und haben ein Faible für das hiesige Freibad. Ernst, der als Mr. Clarino,die Jazz-Szene in Würzburg wie kein anderer prägt und in der Presse als "Würzburger Jazz-Legende" gefeiert, glänzte in Veitshöchheim auch schon in anderer Formation, sei es mit Banjostar Sean Moyses im Mai 2013 in der Bücherei, bei den Sommerkonzerten im Synagogenhof oder als Mitglied von Jazz-Bands im Kastaniengarten des Mains und früher beim Altortfest. Mit dem  Gitarristen Bernhard von der Goltz umrahmte der begnadete Klarinettist musikalisch die 125-Jahr-Feier des SPD-Ortsvereins in den Mainfrankensälen.
Im Geisbergbad im Sommer die Idee für ein Konzert in der Bücherei als Trio Clarino, nun auch mit der Sängerin Claudia von der Goltz im Bunde, die Schulmusik und Gesang studierte und am hiesigen Gymnasium unterrichtet. Nach mehreren Proben im Hause von der Goltz bereitete nun das Trio nach dem Motto des Eröffnungstückes „You and the night and the music“, ein durch Frank Sinatra bekannt gewordenes Jazzstandard aus dem Jahr 1934 von Arthur Schwartz, mit Jazz-Balladen, Liedern und Instrumentals aus der Feder von u.a. George Gershwin, Irving Berlin und Cole Porter dem Publikum in der Bücherei einen unvergesslichen Konzertabend. Wie von der Goltz sagte, etablierte sich damals der Jazz als ebenbürtig zu den bis dahin vorherrschenden Genres der Klassik und der Volksmusik.

Offenbar hat sich die Spielfreude und die musikalische Genialität des Trios herumgesprochen. Denn zur Premiere kamen mehr als 100 Besucher, so viele wie noch nie bei einem Konzert im Lesecafé der Bücherei im Bahnhof.  Wie Claudia von der Goltz, die das Konzert organisierte, sagte, war sie völlig überrascht über diesen Ansturm. Sie hatte nicht mal die Hälfte an Besuchern erwartet.

So nahmen viele, um nicht wieder von dannen gehen zu müssen, sitzend auf dem Treppenaufgang zum Obergeschoss Platz, was ihrem Hörgenuss aber keinen Abbruch tat.

Mit den Gästen unten im Saal erlebten sie außergewöhnlichen Klang einer Bassklarinette, die Matthias Ernst aus der Versenkung geholt hatte und die man nicht alle Tage hört. Er bestritt damit den Großteil der mit den Zugaben insgesamt 19 Programmbeiträge. Ihr wunderbarer tiefer Klang, oft bis tief ins Mark gehend,  sorgte für allgemeine Begeisterung, so auch bei "London by night" von Carll Coates.

Als Kontrast brachte Ernst höchst virtuous auch seine normale Klarinette zum Klingen, so bei "My romance" von Richard Rodgers oder bei den schwungvoll jazzigen "Lady be good" und "Love is here to stay", beide Nummern von George Gershwin instrumental gespielt.  Bei einigen Stücken brachte er so beide Klarinetten einsetzend  mit einer Wahnsinnstechnik und Virtuosität Klänge über sechs Oktaven zu Gehör, von der Contra Bass-Oktave bis hin zur dreigestrichenen C-Oktave. 

Bernhard von der Goltz erwies sich als kongenialer Partner, der mit seiner klassischen Konzertgitarre Ernst vollendeter Harmonie begleitete.

Ernst nahm sich immer wieder zurück und überließ passagenweise Bernhard von der Goltz das Feld, so bei "Moonriver" von Henry Mancini  und "Beautiful Love" von Wayne King.

Was die beiden ihren Instrumenten für Töne wie aus einem Guss entlockten, war sensationell. Alle präsentierten Stücke stellten an die Ausführenden wegen der teilweise sehr hohen Geschwindigkeit und Präzision sowie der genauen Übereinstimmung der Solos hohe Anforderungen, die sie hervorragend meisterten.

Einen Kontrapunkt dazu setzte Claudia von der Goltz mit ihrem zarten, introvertiert innig klingenden Sopran. Man spürte, dass sie über eine langjährige Erfahrung mit jiddischen Liedern verfügt, gehört sie doch wie ihr Mann seit 1999 dem Ensemble "Hot & Cool" an. Sie fing richtig zu strahlen an, als sie mit ihrer Sopranstimme gefühlvoll die swingenden Klezmermelodie   "And the angels sing" von Ziggy Eltmann sang, einem Musiker von Benny Goodmann oder als sie "Bey mir bist Du sheyn" von Sholem Secunda anstimmte und als erste stürmisch geforderte Zugabe den Klezmersong "a bissl sun, a bissl Regen" zum Besten gab.  Erstmals sang sie nun bei einem öffentlichen Auftritt Songs aus der Blütezeit des jazzigen Swing-Repertoires der 30er und 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts..

Schwungvolle Rhythmen wechselten sich mit melancholischen langsamen Stücken ab. Zu hören war auch die Cover-Nummer "Til there was you" der Beatles, eines der liebsten Lieder von Claudia von der Goltz, gepaart mit zum Träumen einladenden Gitarren- und Klarinettensolos.  Zum Dahinschmelzen auch das Lied "In the wee small hours"  von David Mann aus den 40er Jahren, eine gefällige Ballade zu später Stunde zwischen Tag und Nacht. Als Kontrast dazu ging es dann mit dem so richtig jazzigen und swingenden "Check to cheek" von Irving Berlin in die von den Musikern wohlverdiente Pause.

Für Abwechslung sorgte zuvor Ernst auch als Sänger mit sonorer Stimme mit dem Lied "Comes love" von Lew Brown,  zwischendurch zur Klarinette greifend, was mit viel Applaus bedacht wurde.

Zu Gehör brachte das Trio passend zur Jahreszeit auch die Eigenkomposition "Wintertime" von Matthias Ernst, ein mit viel Applaus bedachtes wunderschönes, trauriges und zugleich stimmungsvolles Lied, von Richard Roblee getextet. Mit dem Posaunisten hat Ernst beim ersten Sommerkonzert im Veitshöchheimer Synagogenhof am 28. Juli ein Gastspiel.

Eine Hymne an den Strand von Rio und die Liebe erklang mit "Corcovado" von Antonio Carlos Robim. Aus den 20er Jahren stammte das flotte, zum Mitswingen einladende flotte, von Ernst mit seiner Klarinette höchst virtuos gespielte "When you're smiling". "Wirst Du mich auch morgen noch lieben?" wurde beim Lied "Will you still love me tomorrow" von Carole King gestellt.

Ein besonderes Schmankerl hatte sich das Trio für den Schluss als zweite Zugabe aufgehoben.  Das Evergreen "What a wonderful world",  Louis Armstrongs berühmte Popballade, bildete den krönenden Abschluss eines unvergesslichen Konzertabends.

Dem Trio Clarino gelang es, mit ihrer Musik tiefe Emotionen auszudrücken, die den Zuhörer unwillkürlich anrührten und in ihren Bann zogen.

"Es hörte sich alles füllig, rund sehr harmonisch an, eine ungewöhnliche wunderschöne Besetzung und es macht total Spaß", so brachte es Ernst selbst auf einen Nenner.

Der pensionierte Heeresmusiker Erhard Rada, der an der Musikschule das Fach Klarinette unterrichtete, meinte, es sei immer ein Erlebnis, die brillante Technik von Ernst zu hören. Das Spiel mit seiner  Bassklarinette stufte er als ganz was Tolles ein.  Wie der so Gelobte sagte, habe er seine musikalische Karriere eigentlich Rada zu verdanken. Denn als er als Wehrpflichtiger zum Heeresmusikkorps kam, habe ihm Rada Thomas Lampert vom Stadttheater als Lehrer empfohlen, da seinerzeit seine Spielfertigkeit auf der Klarinette nach Meinung von Rada noch zu wünschen übrig ließ. Inzwischen hat Ernst im Jazz den Bachelor an der Musikhochschule in Nürnberg absolviert.

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