Auch mit 85 noch voller Schaffenskraft - Ausstellung - Das kleine Format - des Veitshöchheimer Malers Helmut Booz im Kunsthaus Michel noch bis 1.9.2018
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Die Portraitmalerei ist eine der Stärken des renommierten akademischen Malers, Grafikers und Objektkünstlers Helmut Aloysius Booz, der am 21. Juni seinen 85. Geburtstag feierte (links ein Selbstportrait aus dem Jahr 2013).
Der seit September 1977 in Veitshöchheim beheimatete Künstler ist nachwievor voller Schaffenskraft und voller Pläne und Ehrgeiz. So sind in seiner neuesten, noch bis 1. September 2018 gehenden Ausstellung im Kunsthaus Michel in der Semmelstraße 42 in Würzburg neben diesen Portraits unter dem Titel "Das kleine Format" auch zahlreiche neue Arbeiten aus den beiden letzten Jahren zu sehen.
In Renchen im baden-württembergischen Ortenaukreis geboren, verbrachte Booz von 1936 bis 1952 seine Kindheit und Jugend in Berlin, bendete seine Schulzeit in Erlangen und studierte danach von 1954 bis 1958 an der Akademie der Bildenden Künste in München schwerpunktmäßig Grafik, Malerei und Glasmalerei, legte 1960 das zweite Staatsexamen für Kunsterziehung ab. Als Kunsterzieher wirkte er anschließend zwölf Jahre in Lichtenfels und von 1972-77 in Paris. Bis 1983 war er dann im Lehrerberuf am Wirsberg Gymnasium Würzburg tätig, arbeitete bis zu seiner Pensionierung 1995 als Kunstdidaktiker an der Universität Würzburg und ist seither freischaffender Künstler. Seitdem machte sich Booz in über 100 Ausstellungen deutschlandweit einen Namen, unter anderem auch bei den Großen Kunstausstellungen im Haus der Kunst in München.
Zur Eröffnung seiner neuesten Ausstellung im Kunsthaus Michel sprach bei der Vernissage am 6. Juli Renate Freyeisen einführende Worte und würdigte das künstlerische Schaffen von Booz. Die Kulturexpertin stellte dankenswerter Weise das Manuskript ihrer Eröffnugsrede zur Verwendung in diesem Bericht zur Verfügung.
![Helmut Booz stellt im Kunsthaus Michel aus](https://image.over-blog.com/8le0GpHoE7dmGsR2DS_T-EpB1ks=/170x170/smart/filters:no_upscale()/https%3A%2F%2Fstatic2.mainpost.de%2Fstorage%2Fimage%2F4%2F4%2F3%2F2%2F8362344_teaser-big_1rmNHq_rirst0.jpg)
Helmut Booz stellt im Kunsthaus Michel aus
Der seit September 1977 in Veitshöchheim beheimatete Künstler ist nachwievor voller Schaffenskraft und voller Pläne und Ehrgeiz. So sind in seiner neuesten, noch bis 1. September gehenden ...
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Da Bürgermeister Jürgen Götz bei der Eröffnung wegen eines anderen Termins verhindert war, folgte er nun gerne der Einladung des bekanntesten Künstlers Veitshöchheims zur Besichtigung der Ausstellung. Im Beisein des Kunsthaus-Inhabers Gerd Michel (Bildmitte) erläuterte Booz dem Veitshöchheimer Ortsoberhaupt seine seine großteils imaginativen Bilder, deren Sinnhaftigkeit und Bedeutung. Das Wichtigste ist für den Künstler die Fantasie, die ihn bei seinen vielfältigen Wahrnehmungen begleitet und ihn immer wieder zu neuen Kreationen anrege.
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In der Ausstellung von Booz ist nur das kleine Format zu sehen. Er hat in jüngster Zeit selbstverständlich auch Bilder in großen Formaten geschaffen, die er Ostern 2019 in einer eigenen Ausstellung präsentieren will.
Wie Booz dem Bürgermeister erzählt, entstehen bei ihm nach kleineren Skizzen größere Bilder. Die kleinen Formate würden ihm oft als Ideengeber dienen. Das kleine Format bedeute aber beileibe nicht, dass etwas klein oder gering sei. Das Gegenteil sei der Fall, die Aussage des Bildes auf das Wesentliche reduziert.
Es sind zwei Vorlieben, die der Künstler schon immer pflegt, das Theater und die Musik.
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Booz würdigt so auf seinen Bildern vor allem auch die, die mit darstellender Kunst zu tun haben, so auch Narren, Schausteller, Gaukler, Puppenspieler. Dass als Plakat der Ausstellung sein "Harlekin", ein Werk aus dem Jahr 2017, gewählt wurde, darüber freut sich Booz besonders, sieht sich doch selbst auch ein wenig in dieser Rolle.
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„Prunksitzung", 2011
Freyeisen: "Dass bei einer „Spielpause"im Theater die Besucher sich wie maskenhafte Wesen verhalten oder dass bei einer „Prunksitzung" alle wie Puppen aufgereiht sitzen, das regt Booz zum Schmunzeln an, aber er bildet sie nicht ab, sondern vermittelt die Atmosphäre, die da herrscht."
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Freyeisen: "Theater, das beinhaltet auch Maskierungen, andersartige, oft verdeckte Darstellungen menschlicher Konflikte und Aussageweisen. Nicht ohne Grund tauchen immer wieder Masken in seinem umfangreichen Werk auf, ließ Booz seine Studenten, als er in Würzburg Kunstdidaktik lehrte, immer wieder Masken anfertigen. Eine Maske verrät zwar einiges über die Wünsche und Ängste der Person, die sich darunter verbirgt, lässt den Menschen aber auch zu einem gewissen Teil dahinter verschwinden."
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Freieisen: "Immer wieder sind Theaterstücke, Szenen daraus oder Opernstoffe ein Thema für Booz. Von ihrem Gehalt, von einzelnen Szenen oder Figuren lässt er sich anregen zu Bildern, die keineswegs den Inhalt wiedergeben, sondern ihn fantastisch deuten, ihm ein imaginatives Gewand überstreifen, das den Betrachter tiefer in die Bedeutungsschichten des Bildes einführt, ihn zum Nachdenken, Nachempfinden verleitet.
So sind in dieser Ausstellung Bilder zu Wagners Walkürenritt (links) oder Don Giovanni (Bild unten) vertreten.
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; Die feinen Federzeichnungen weisen beim Wälkürenbild auf das in sich Zerrissene hin, die wilde Bewegung, die aber durch die Oper wieder in eine Art gegenläufige Ordnung gebracht wird, im zweiten Fall auf das Dämonische dieser Figur.
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Mit diesem Werk huldigt Booz 2012 dem 2010 verstorbenen Theatermacher und Filmregisseur Christoph Schlingensief.
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Aus dem Jahr 2015 sind die Gemälde "Probe des Puppenspielers" und "Theaterszene"
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Freyeisen: "Immer wieder tauchen in den letzten Jahren, nicht ohne Grund, auf den dreidimensionalen Bildern als Objekte, als quasi erinnernde Gegenstande, wie Hörgeräte in „Schlaf der Vernunft (Werk links)". So erfüllen die Hörmuscheln, wenn sie nicht mehr in Funktion, also aus dem Ohr genommen sind, die ihnen eigentlich zugewiesene Aufgabe nicht mehr - man hört ja nichts -, aber sie sind formschön, jedes individuell anders, rätselhaft, eignen sich zu intuitiven Gestaltungen."
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Freyeisen: "Musik ist die zweite Quelle, die ihn immer wieder zum Malen, Zeichnen oder dem Bauen von Objektkasten und Montieren von Collagen inspiriert. Musik lebt ja von Struktur, von Rhythmus, von Farben. Alles dies finden wir auf den Bildern von Booz.
Dazu tritt immer auch eine Schichtung, Vordergründiges über untergründiger Bedeutung. All dies vereint er vor allem bei seinen Objektkästen, bei denen häufig zeichnerisches Netzwerk oder das Stoffliche von kleinsten Fundstücken oder kaum mehr erkennbaren Alltagsrelikten das Darunter überzieht; die Dreidimensionalität verleiht den Bildern Tiefe, verunklart aber die Aussage, überlagert das Augenblickliche, das scheinbar Feststehende.
Denn das Wichtigste für Booz ist die Fantasie, die ihn bei allen vielfältigen Wahrnehmungen begleitet und ihn immer wieder schöpferisch tätig werden, Dinge neu zusammensetzen lässt. So enthält dann „Gehörte Stille" (rechs unten) nur scheinbar Widersprüchliches; Hörgeräte über dem an Notenzeilen erinnernden Gardinenstoff, noch dazu mit einem feinen Netzwerk von Strich-Gespinsten überzogen waren Auslöser für solche Schöpfungen, die tiefer hinter eigene Erfahrungen blicken lassen. "
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Freyeisen: "Booz empfängt vielfältige Eindrücke auf seinen Reisen, die er gerne in farbigen Skizzen festhält oder von denen er Zeichnungen mitbringt etwa wenn er Kathedralen wie in Reims besichtigt und von den imposant hochragenden Architektur-Wundern der Fassaden spinnwebfeine, die nach oben strebende Bauweise in rhythmischen Verdichtungen nachvollziehende Grafiken erschafft sie sind teilweise vor Ort oder aus der Erinnerung nach Skizzen entstanden.
Diese bewundernswerte konstruktive Leistung versieht er dann noch mit einem „natürlichen" Detail, etwa einem Vogelschwarm, der wiederum ganz dezent eine gegenläufige Bewegung erzeugt. Nichts wirkt bei Booz statisch."
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oben: "Antibes", 1985 - unten links: "Tregastel",1988 - rechts: "Duhnen an Regentag, 2017
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"Städtereise übers Land" und "Übers Land", 2017
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"Kleine Winterreise" 2016
Freyeisen: "Naturbeobachtungen finden als farblich-zeichnerische Eindrücke ebenso Eingang in das Schaffen von Booz, wobei die ,,Kleine Winterreise" (im Bild), bei der über einem quasi „müden“ Farbkosmos feine Lineamente mit der Feder geordnete Bewegung ausdrucken, sowohl an eine Winterstimmung wie auch an Schuberts Liedzyklus erinnern kann."
Freyeisen: "Einerseits enthalten die Bilder von Booz Gegenständliches, andererseits aber zeigen sie auch die Vergänglichkeit des Gegenständlichen, wenn er Bruchstücke von Gefundenem, Stofffetzen, Gaze, eine Spirale, gelochtes Papier, Schachtel-Teile und Ähnliches in sie integriert, sie erinnern an die Flüchtigkeit des momentanen Eindrucks, des Konkreten.
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"Küstenlandschaft nach dem Sturm", 2018
Nichts bleibt, wie es ist, wie es scheint, wofür es eine Funktion hat, alles unterliegt einer zweiten Ebene des Dahinschwindens, des Werdens, der künstlerischen Metamorphose, die Dinge verändert. Die kontrollierte Komposition wird überlagert vom impulsiven Duktus und umgekehrt. Beobachtungen über unsere gegenwärtige Welt werden von der Fantasie angereichert bzw. in Frage gestellt.
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"Flug des Ikarus", 2018
All dies verleiht den Bildern von Booz den Eindruck einer flirrenden, schwer fassbaren Oberfläche, unter deren Gewebe eine ordnende Hand spürbar ist, die dem Ganzen wieder Struktur gibt. Abstraktion und rhythmische Gliederung, gegenständliche Wahrnehmung und innere Schwingungen gehen bei ihm eine harmonische Einheit ein, assoziieren Raumtiefe und Ruhe trotz Bewegung.
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"Gefährliche Reise", 2012
Leichtigkeit, Fülle, humorvolle Beobachtungen, tiefsinnige Bedeutung und nur vage Wahrnehmbares vereinen sich zu farblich und zeichnerisch ausgeglichenen Werken, die stilistisch eigentlich nicht in eine irgendwie zuordnende Schublade passen, aber trotzdem unverkennbar Booz sind.
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"Stammtischgespräche", 2017
Und auch eine gewissermaßen hintergründige Ironie ist ihm nicht fremd, etwa wenn er Bierdeckel nimmt, sie übermalt, gegenüber anordnet und durch stoffliche Fragmente dazwischen das Hin und Her mittels dieser Gegenstände als eigentlich unerhebliche „Stammtischgespräche" von bizarren Kontrahenten zum Thema macht, von denen aber nur Gegensätzliches in Erinnerung bleibt.
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"Brutstätte", 2010
Auch der Deckel eines Farbeimers, übermalt und mit anderen Teilen von Gegenstanden zu·einem Gesicht angereichert, dient ihm als ,,Brutstätte" der Fantasie, verbindet Kulturelles mit biologischen Assoziationen; er nimmt sich selbst als Künstler dabei ein wenig auf die Schippe.
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"Irritationen", 2015
Aus all dem umfänglichen und vielseitigen Werk von Booz zeigt sich, dass für ihn der „Reiz der kleinen Dinge" wichtig ist, denn die haben seine Fantasie angeregt zu immer neuen Kreationen. Und der Betrachter sollte an ihnen seine eigene Fantasie entfalten."
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"Mein Smartphone spinnt", 2017