Veitshöchheim ganz im Zeichen des Weins - 60. Weinbautage der LWG vom 27. bis 28. Februar 2018 in den Mainfrankensälen
Trockenstress frühzeitig erkennen – gezielt handeln: Mit dem Drohneneinsatz erhält modernste Technik auch Einzug in den Luftraum über den Weinberg und hilft das immer rarer werdende kostbare Nass effizient einzusetzen, nämlich dann, wenn die Rebe und nicht der Winzer Trockenstress leidet. (© LWG Veitshöchheim)
Was bewegt den Weinbau in Bayern? Welche Herausforderungen aber auch Potentiale gibt es?
Rund 600 Winzerinnen und Winzer aus den bayerischen Weinanbaugebieten am Bodensee, Regensburger Raum und Franken treffen sich vom 27. bis 28. Februar 2018 in Veitshöchheim (Mainfrankensäle), um sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren und weinbauliche Themen zu diskutieren.
Bereits zum 60. Mal lädt die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Kooperation mit dem Fränkischen Weinbauverband, der Fachberatung Oenologie und Kellertechnik des Bezirks Unterfranken sowie dem Weinbauring Franken e. V. dafür zu einer der größten Weinfachtagungen in Deutschland mit begleitender Technikausstellung und einer hochkarätigen Weinprobe ein.
Die Leitthemen des ersten Tages sind dabei die Biodiversität zwischen Klimawandel und Ökonomie sowie die aktuellen Herausforderungen im Weinbau. Das Profil des Frankenweins und die Möglichkeiten zur Schärfung des Profils legen die Schwerpunkte des zweiten Tages.
Im Zeichen der Biodiversität
Das Wetter ist für ihn Passion und Profession zugleich: ARD-Moderator und Meteorologe Karsten Schwanke zeigt in seinem Vortrag auf, wie der Klimawandel die Vielfalt des Lebens und die Biodiversität bedroht. Dabei bringt der Biodiversitäts-Gedanke Vielfalt und damit das Leben in die Weinberge zurück. Und das ist auch dringend notwendig, denn Insekten wie Bienen, Schmetterlinge und Falter verzeichnen einen dramatischen Rückgang. Als ´ökologisches Armageddon´ wirkt sich das Insektensterben auf die gesamte Nahrungskette aus und bedroht damit auch die Vogelwelt. Dass unsere Insekten und Vögel ein Problem haben, ist nicht die Frage, sondern vielmehr, wie sich ein weiterer Populationsrückgang stoppen lässt. Die LWG arbeitet daher mit Hochdruck an verschiedensten Lösungsansätzen. Der Weinbau steht vor großen Herausforderungen und einer tief greifenden Veränderung der weinbaulichen Strukturen – einer Veränderung, die von der Gesellschaft jedoch gefordert wird.
Dr. Christof Janko, Landesanstalt für Landwirtschaft, beleuchtet dafür die Biodiversität aus agrarwirtschaftlichen Gesichtspunkten. Artenreiche Ansaaten, Steinriegel oder vernetzte Naturbereiche: Wie die Vision der Biodiversität auch in der Praxis funktioniert, zeigt Christian Deppisch, Institut für Weinbau und Oenlogie, am Beispiel des Forschungsprojektes „Weinbau 2025“.

Biodiversität steht für eine große Vielfalt von Pflanzen, Tieren und Kleinstlebewesen und ermöglicht damit ein stabiles, sich selbst regulierendes Ökosystem, indem die Reben besonders gut gedeihen. Ein Weinberg mit hoher Biodiversität ist die Grundlage für beste Trauben, aus denen lebendige, genussvolle und charakterreiche Weine entstehen. (© LWG Veitshöchheim)
Herausforderungen erkennen und meistern
Trockenstress und Frostereignisse: Der Klimawandel wirft schon seit Jahren seine Schatten voraus und macht den Ernteerfolg mehr denn je zu einem Spielball der Naturgewalten. Doch mit dem Klimawandel kommen auch neue Krankheiten und Schädlinge, die sich in milden Wintern und trockenen Sommermonaten besonders wohl fühlen. Dr. Bern Prior, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, berichtet von neuen Krankheitsbildern im Weinbau und welche Gefahr vom Pinot gris Virus, der Xylella fastidiosa (Feuerbakterium) und anderen Schädlingen droht.
Fährt der Schlepper wirklich immer?
Er bildet nicht nur die Lebensgrundlage für die Weinrebe und regelt den Stoffwechsel, sondern gehört neben Rebsorte und Mikroklima zu den wichtigsten Einflussfaktoren auf die Weinqualität: der Boden. Mit welchen Konzepten Bodenerosion und Bodenverdichtung vorgebeugt werden kann und wie der Schutz des wertvollen Gutes beispielsweise mit der richtigen Maschinenauswahl gelingt, zeigt Prof. Dr. Hans-Peter Schwarz von der Hochschule Geisenheim auf. Darüber hinaus stellt Beate Fader (DLR Rheinhesse-Nahe-Hunsrück) Möglichkeiten und Verfahren des ökologischen Pflanzenschutzes im Zuge des Klimawandels vor.
Unterstützung aus der Luft
Mit Raupenfahrzeugen und Wetterstationen hat Hightech schon lange Einzug in den Weinberg erhalten. Doch künftig bekommen Winzer auch Unterstützung aus der Luft: Dr. Daniel Heßdörfer, Institut für Weinbau und Oenlogie, stellt dafür ein neues technisches Verfahren zur Trockenstressmessung vor. Dabei erfasst eine Drohne mittels Farbanalyse der Blätter die tatsächliche Trockenstresssituation der Weinstöcke und gibt so Handlungsempfehlungen für eine zielgerichtete, effektive Bewässerung – die nicht vom Winzer, sondern vielmehr vom Weinstock direkt bestimmt wird.
Grand Cru oder Oechsle?
Bislang galt die nach ihrem Erfinder Ferdinand Oechsle benannte Maßeinheit für das Mostgewicht des Weinbeerensaftes als das Qualitätsmerkmal für den Wein ´made in Germany´. Doch die Qualität des Weines wächst bekanntlich im Weinberg und nicht im Keller. So bildet mit dem EU-weiten Wechsel zum Romanischen Klassifizierungssystem nicht mehr die Traubenqualität, sondern vielmehr die Herkunft des Weines das Maß aller Dinge. Dr. Matthias Mend stellt dafür die Grundidee und die Möglichkeiten der ´geschützten Ursprungsbezeichnung´ (g.U.) und der ´geschützten geografischen Angabe´ (g.g.A.) vor. Wie eine erfolgreiche Umsetzung gelingt, erläutert Werner Waldboth am Beispiel des Konsortiums Südtiroler Wein.

Erste ´Grand-Cru-Lage´ in Deutschland: Der Bürgstadter Berg (Lkr. Miltenberg) wurde als erste geschützte Ursprungsbezeichnung 2017 in das europäische Herkunftsregister eingetragen. Den Namen „Bürgstadter Berg“ dürfen aber nur die Weine tragen, die auf den Bundsandsteinböden des nach Süden ausgerichteten Hanges angebaut werden. (Hildenbrand © LWG Veitshöchheim)
Weine mit Stil & Profil
Einfach-fruchtig, kräutrig-würzig oder cremig-mineralisch: Der fränkische Silvaner zeichnet sich durch einen ganz besonderen Facettenreichtum aus. Doch was ist typisch und was unterscheidet den fränkischen Silvaner? Dieses Thema beleuchtet Hermann Mengler vom Bezirk Unterfranken.
Johannes Burkert von der LWG Veitshöchheim erläutert praxisnah, mit welchen kellertechnischen Möglichkeiten die Gärführung so beeinflusst werden kann, dass eine ganz bestimmte Weinstilistik erreicht wird. Denn schon ein kleiner Eingriff im Gärprozess kann eine große Wirkung auf die sensorischen Eigenschaften des Weines haben.
Blick über den Tellerrand: Klaus Gasser von der Kellereigenossenschaft Terlan (Südtirol) zeigt auf, wie es durch Profilierung gelingt, den Wein geschmacklich vom Wettbewerb abzuheben und gibt Einblicke in die Spitzenlinien Premium, Ultrapremium und Kult.
Geschmack auf Sinnesreise
Eine Lehrweinprobe mit 14 hochkarätigen Weinen aus Franken sowie nationalen wie auch internationalen renommierten Weinanbaugebieten bildet den fulminanten Abschluss der diesjährigen Fachtagung in Veitshöchheim. Neben der Verkostung von fränkischen ´Profilweinen´, die sich über das gesamte Anbaugebiet durch eine vergleichbare Stilistik auszeichnen, liegt ein besonderes Augenmerk auf dem Geschmackserlebnis von profilierten Weinen, die ganz besondere sensorische Ecken und Kanten aufweisen und damit unverkennbar für ihren Weinbautrieb stehen. Zur Weinprobe sind auch interessierte Weinfreunde selbstverständlich herzlich eingeladen!
Während der Weinbautage findet eine Fachausstellung im Foyer sowie im Außenbereich der Mainfrankensäle statt. Hier finden Sie die Möglichkeit, sich über die Produkte und Angebote verschiedener Hersteller und Lieferanten zu informieren.
Link auf Programmflyer als pdf.Datei