Veitshöchheimer Theater am Hofgarten mit glanzvoller Premiere: Das Comeback der Glitterboys scheiterte kläglich

„Du bist das lebende Desaster von Veitshöchheim“, wirft in der Eingangsszene die pubertierende Tochter Lena (Selina Weisenseel) ihrer für sie spießigen und ignoranten Mutter vor, da sind „die High Heels schon mal höher als der IQ“ und „der Arbeitseifer schaltet in den Energiesparmodus“. Dabei träumt auch Birgit Hirschfeld (Charmaine Brunzel) von der großen Gesangskarriere mit Teilnahme am Eurovisions-Song-Contest. „Ich habe eine Chance“, findet sie und probt unter schwebender Trockenhaube mit dem Staubsauger übers Parkett tanzend: „Wenn schon eine Wurst mit Bart gewinnt, dann kann ich das auch!“

Der "Hausdrachen" führt ansonsten mit ihrem brav erscheinenden Ehemann Franz, einem in die Jahre gekommenen Schreinermeister, ein eher beschauliches Familienleben, nichts von dem glitzernden Vorleben ihres Gatten ahnend. Der von Dr. Matthias Brunzel erstmals in einer Hauptrolle überzeugend dargestellte Handwerker war in den 80ern mit seinem Kumpel Bodo Käseberg (Alexander Götz) Discostar und als Glitterboy die Billigantwort auf Modern Talking.

So wird nicht Birgit, sondern ihr Mann Franz von der Eventmanagerin Regina Rautenstengel aufgesucht. Er soll als „Frank Stagfield“ auf „80er Revival-Tour“ mit seinem Kumpel Bodo wie in jungen Jahren gehen. Kerstin Angermeier brachte die Rolle der dominanten Managerin, die das zerstrittene Duo wieder auf Tournee schicken will, hervorragend rüber.

Mit einem unterschriftsreifen Vertrag wedelnd, bringt sie die bis dato vorherrschende Beschaulichkeit im Hause Hirschfeld ins Wanken und beschert überraschende Wendungen. Vor dem Start der Revivaltour braucht es Botoxbehandlungen und Tanzunterricht. Die Männer sind wenig begeistert, doch das Geld lockt. Wie sich so später herausstellt, war die Managerin eine den Drogen verfallene "Schneekönigin", die die "verwelkten" Glitterboys für ihren Drogenschmuggel benutzen wollte.

Fuchsteufelswild wird Franz als sein früherer Glitterboy-Kompagnon Bodo Käseberg (Alexander Götz) auf der Bildfläche erscheint, denn der war schuld am Ende des Duos, da er mit der Kasse durchgebrannt war.

Birgits Haushalt durcheinander wirbelt die durchgeknallte Fanclub-Leiterin der Glitter Boys Mira Bell, die besessen von ihren Stars hysterisch gut gelaunt ständig ins Haus eindringt und sogleich ein Fotoshooting mit „atv-Reporter“ Jens (Jürgen Eißner in seinem ersten Kurzeinsatz) organisiert. Wegen eines Ausfalls übernahm vier Wochen vor der Premiere Barbara Kinzkofer, beim VCC jahrzehntelang als Ratschweib in der Bütt, die Rolle der Mira Bell. Sie erweist sich als Unterhosenfetischistin mit amourösen Absichten, die keinen Halt macht, die Schlüpfer von Franz als Souvenir zu sammeln, um sie dann voller Freude ins Publikum zu schleudern.

Derweil ließ sich ihr Mann Franz für sein Comeback ein starkes Aufbaupräparat spritzen, für den Hausarzt Dr. Wurm (Bernd Schäfer) eine harte und zugleich höchst amüsante Aufgabe.

Glitter-Boy Nummer zwei (Alexander Götz) versucht die Alterspuren auch mittels Botox aus der Welt zu schaffen, was ihm Sprachstörungen ebenso einträgt wie schwankhafte Gesichtsschwellungen, bei einer Musikprobe sehr zum Mißfallen seines Musik-Partners Franz.

Auch der arrogante Promikoch-Fernseh-Produzent Viktor Winsel (Manuel Seemann in einer Doppelrolle) wirbelt Birgits Haushalt durcheinander, ihre Einrichtung als Schund bezeichnend.

Gehörig Leben in die Bude der Hirschfelds bringt schließlich auch die aufreizend gekleidete Birgit Wolf-Kroll als Coco Cabana, eine exzentrische „Klatschspalten-Reporterin“, deren Reizen Glitterboy Bodo nicht widerstehen kann.

Lena Hirschfeld (Selina Weisenseel) lässt sich vom windigen Viktor Winsel (Manuel Seemann in einer Doppelrolle) zu einem Casting bei der Castingshow „Next Top-Model“ überreden. Weisenseel, die heuer das zweite Mal auf der Bühne stand, stellte Knötgen voller Stolz als seine Enkelin vor.

Die Eventmanagerin nimmt von Franz die Maße für seine Show-Kleidung.

Das Leben als Geschäftsfrau bringt Stress und Kopfweh. Die Eventmanagerin hat dafür ein Mittel parat.

Lena gerät ins Schwärmen wegen ihres Auftritts in einer Casting-Show.

Intermezzo der alten Glitterboys

Die besessene Fanclubleiterin ist nicht zu bremsen.

Die beiden abgehalfterten Stars der Vergangenheit in neuer Show-Kleidung. Sie haben jedoch bei ihren jämmerlichen Gesangsproben gehörig mit den Nebenwirkungen der Gewichts-, Botox,- und Hormoninjektionen zu kämpfen.

Hossa Rodriguez versucht, den ungelenken und hüftsteifen Oldies eine Tanz-Choreographie näher zu bringen.

Als Birgit Hirschfeld von anrüchigen Fotos ihrer Tochter bei der Casting-Show erfährt, bricht für sie eine Welt zusammen. Und schon ist Schluss mit „Glitter Boys“, ebensolchen Outfits und privatem Tanzlehrer, will sie fortan als liebevolle Ehefrau und Mutter agieren. Da entpuppt sich auch die Klatschspalten-Reporterin als geistreiche, verständnisvolle Persönlichkeit.

Schließlich landet auch die furchtsam gewordene Tochter wieder in den Armen ihrer nun wieder fürsorglichen Mutter.

Für den Clou und das überraschende Ende sorgt jedoch Mira Bell, die nur vorgespielt hat, ein besessener Fan der Glitterboys zu sein. Vielmehr war sie in das Haus der Hirschfelds gekommen, um als Drogenfahnderin die Eventmanagerin in flagranti zu erwischen und dingfest zu machen.