Veitshöchheimerin Barbara Wagner feiert am Samstag ihren 100. Geburtsag - im Urlaub
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Wenn Barbara Wagner am 30. Oktober Geburtstag hat, dann feiert die Mutter von zwei Töchtern und drei Söhnen sowie sechsfache Großmutter schon seit vielen Jahren nicht zu Hause, sondern verreist einige Tage mit einer Tochter in den Urlaub. So können auch am kommenden Samstag, an dem sie ihren 100. Geburtstag feiert, die sonst persönlich vorbeikommenden Gratulanten der Gemeinde und des Landkreises ihr nur schriftlich alles Gute wünschen und auch nur postalisch die obligatorischen Glückwünsche von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überbringen.
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Die Jubilarin ist nun zwar nicht mehr so gut auf den Füßen, aber noch so weit fit, dass sie es alleine die Treppe hoch in ihre Wohnung schafft. Bekochen tut sie nun ihr über ihr wohnender Sohn Klaus. Sie liest noch Bücher, täglich auch das Volksblatt und löst gerne Kreuzworträtsel, trinkt dazu ab und zu auch ein Glas Wein oder einen Schnaps. Und sie frönt auch noch einem Hobby, nämlich die Zubereitung von Eierlikör, wie diese Kostprobe zeigt.
„Da kann ich nichts dazu, dass ich noch so gut beieinander bin“, sagte sie freudestrahlend, darauf angesprochen, dass man ihr das hohe Alter nicht ansieht.
Auf Fragen nach ihrem Lebensweg sprudelt es nur so aus ihr hervor. In Würzburg geboren und aufgewachsen, suchte sie 1938 nach Abschluss der Handelsschule selber eine Ausbildungsstelle. Beim Tuchgroß- und -einzelhandel Neundörffer & Held, der damals eine Kontoristin ausgeschrieben hatte, war sie dann quasi ihr ganzes Berufsleben 50 Jahre lang bis zu ihrem Ruhestand als Buchhalterin beschäftigt.
1951 heiratete sie den Metzger Robert Wagner, der erst Anfang 1948 aus russischer Gefangenschaft heimgekehrt war und in der Rotkreuzstraße in Würzburg die Metzgerei seines Vaters übernahm. Ihn hatte Barbara 1939 bei der Feier ihres 18. Geburtstages kennengelernt.
In ihrem bisherigen Leben blieb die Jubilarin bislang von größeren Krankheiten verschont. In ihr Gedächtnis eingegraben hat sich aber als schreckliches Ereignis vor 76 Jahren die Würzburger Bombennacht am 16. März 1945, als sie in ihrer Wohnung in der Ludwigsstraße mittendrin war, sie im großen Kasematten-Keller des Hauses überlebte.
Da ringsrum alles brannte, war sie am Morgen am Rande eines Löschteiches im benachbarten Bürgerspitalgarten gesessen, bis dann Rettungskräfte alle Leute nach Rottendorf brachten. In einer Familie untergebracht konnte sie zwei Tage später mit einer Bekannten mit dem letzten Zug nach Nürnberg fahren und sich von dort wiederum zwei Tage später zu Fuß und auf LKWs zu einer in Stockdorf bei München wohnenden Tante aufmachen. Hier fand sie für ein Vierteljahr Unterschlupf, ehe sie dann bei einer Bekannten in Würzburg Zellerau unterkam, auf einem Sofa im Wohnzimmer schlafend.
Mit ihrem Chef hat sie dann, wie sie voller Stolz erzählt, dessen bis auf wenige Außenmauern zerbombtes Geschäftshaus gegenüber dem Rathaushof ausgegraben und zu zweit wieder aufgebaut. Sie weiß noch genau, wie sie am 16. März 1946 Richtfest feierten. Die Baumaterialien habe ihr Chef immer von außerhalb mit Tauschgeschäften besorgen können.
Nach ihrer Heirat wohnte sie dann im Haus ihrer Schwiegereltern über der eigenen Metzgerei in der Rotkreuzstraße. Als 1991 eine größere Sanierung anstand, verkaufte es ihr Mann und sie zogen nach Veitshöchheim in die Goethestraße in das dafür erworbene Mehrfamilienhaus, wo sie nun schon seit 30 Jahren mehr oder weniger zurückgezogen lebt.
Doch nun ist sie im Alter von 100 Jahren erneut beim Kisten packen, denn sie und ihre Kinder haben das Mehrfamilienhaus zur Auflösung der Erbengemeinschaft verkauft. Zusammen mit ihrem Sohn Klaus zieht sie nun, nachdem ihnen alles in Veitshöchheim zu teuer war, in ein Anwesen, das dieser in Wiesentheid erwerben konnte.