Overblog
Edit post Folge diesem Blog Administration + Create my blog

Veitshöchheimer Bücherei im Bahnhof ein Aushängeschild des BBV und Vorbild für andere Büchereien wurde in den Mainfrankensälen mit dem Bayerischen Bibliothekspreis ausgezeichnet

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

An die Veitshöchheimer Bücherei im Bahnhof wurde heute Vormittag bei einem Festakt in den Mainfrankensälen der mit 10.000 Euro dotierte  Hauptpreis des Bayerischen Bibliothekspreises verliehen, den das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und der Bayerische Bibliotheksverband e.V. (BBV) erstmalig in diesem Jahr ausgelobt hatten. Einen mit 5.000 Euro dotiertenSonderpreis erhielt die Gemeindebücherei Gröbenzell für ihr zukunftsweisendes nachhaltiges Einzelprojekt der "Go Green"-Kampagne.

Voller Stolz und überglücklich stemmen auf dem Foto oben nach der Übergabe die beiden Büchereileiterinnen die Trophäe in die Höhe, v.l.n.r. Ministerialrat Dr. Dirk Wintzer, Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz und seine Büchereileiterin Dr. Astrida Wallat, MdL Dr. Gerhard Hopp (BBV-Vorsitzender), aus Gröbenzell Büchereileiterin Angelina Hanke und Bürgermeister Martin Schäfer sowie Moderator Yared Dibaba.

Die Gemeinde Veitshöchheim hatte sich alle Mühe gegeben, dass die Zeremoniefeier der Verleihung im modernen Ambiente des mittleren Saals der Mainfrankensälen in einem stilvollen Rahmen über die Bühne ging. Musikalisch begrüßt wurden die rund 100 geladenen Gäste vom Trio Brejeiro mit Rainer Nürnberger an der Violine, Andreas Franzky am Kontrabass und Oliver Thedieck an der Gitarre, alles Lehrkräfte der gemeindlichen Sing- und Musikschule, mit dem Stück "Piazza Vittorio" von Celso Machado. Die feierliche  Verleihung der beiden Preise untermalte das Trio mit "Milonga" von Jorge Cardoso.

Bürgermeister Jürgen Götz freute sich, neben den zahlreichen Vertretern von der fachlichen Seite unter den Ehrengästen auch Regierungspräsident Eugen Ehmann und die Landtagsabgeordneten Kerstin Celina, Manfred Ländner und Volkmar Halbleib begrüßen zu können.

Gerne gefolgt wäre der Einladung der Gemeinde auch der bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Bernd Siebler. Er wollte natürlich die erstmalige Verleihung dieses Preises persönlich vornehmen. Leider musste er sich kurzfristig entschuldigen, hat jedoch die eine Videobotschaft übermittelt (siehe nachstehender Link).

Kunstminister Bernd Sibler betonte: „Unsere Bibliotheken sind als Kultur- und Bildungseinrichtungen wichtige Anlaufstellen für Menschen jeden Alters. Mit dem Bayerischen Bibliothekspreis wollen wir auf ihre wertvolle Arbeit für unsere Gesellschaft aufmerksam machen und sie in ihrem Tun bestärken. Ob groß oder klein – in unserer vielfältigen bayerischen Kulturlandschaft ist jede Bibliothek ein funkelnder Mosaikstein.“

An seiner Stelle übernahm die Verleihung aus seinem Ministerium Ministerialrat Dr. Dirk Wintzer.

Eine achtköpfige Fachjury, in der der BBV, die Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen und der Sankt Michaelsbund vertreten sind, hatte die diesjährigen Preisträger bestimmt.

Die Wahl unter zahlreichen Bewerbungen fiel auf Veitshöchheim, da die Jury neben der hohen Zahl von Besuchen und Entleihungen vor allem auch die gesellschaftliche Vernetzung und den kreativen Einsatz digitaler Angebote insbesondere in Zeiten der Pandemie würdigte.

Die Bücherei im Bahnhof hat seit 1990 ihr Domizil im historischen Bahnhofsgebäude Veitshöchheim. Dieses wurde als Station an einer der ältesten Bahnlinien Bayerns und als möglicher Ausstiegspunkt für den bayerischen König großzügig und aufwändig errichtet. Nach seiner Stilllegung erwarb die Gemeinde Veitshöchheim das Gebäude und baute es 1990 zur Gemeindebücherei um. Auch das Jugendzentrum und Vereinsräume haben darin Platz gefunden.

Die verschiedenen Räumlichkeiten – etwa ein Blauer Salon für Literarisches, ein Königspavillon für Musik, eine Flaniermeile in den Arkaden oder ein Lesecafé mit Wiener Kaffeehauscharme und eine Lesehöhle für die kleinsten  Besucher – wurden 2019 liebevoll renoviert und mit modernster Technik ausgestattet. Digitale Technologien kommen kreativ zum Einsatz, über Social-Media-Plattformen und einen eigenen Youtube-Kanal konnte die Bücherei so auch während der COVID-19-Pandemie ihre Kundschaft erreichen.

Rund 60.000 Besucher tätigen jährlich aus dem Bestand von rund 32.600 analogen und digitalen Medien 140.000 Ausleihen. Die generationenübergreifenden Angebote werden allesamt gern angenommen, seien es kulturelle Veranstaltungen, der Bücherflohmarkt, Internet für Senioren, die „Bücherbabys“ oder Kooperationen mit Schulen und Kindergärten, dem Jugendzentrum, dem Kulturamt der Gemeinde oder einfach nur das einladende Lesecafé. Veranstaltungen in Radio und Fernsehen sowie digitale Neugestaltung der Beiträge zur Information und Unterhaltung ergänzen klassische Aktivitäten wie z.B. Lesungen. Die Bücherei im Bahnhof ist ein unverzichtbares kulturelles Zentrum nicht nur für die Bürger Veitshöchheims.

Mit dem neuen Bibliothekspreis soll die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Politik auf die besondere Innovationskraft und Leistungsfähigkeit der Bibliotheken gelenkt werden. Zugleich ist er Dank und Anerkennung für ihr großartiges Engagement.

Sehr sympathisch rüber kam als Moderator der Veranstaltung der aus Funk und Fernsehen bekannte norddeutsche Entertainer Yared Dibaba, der einen besonderen Bezug zu Veitshöchheim hat. Er hatte in dieser Halle 2019 bei der Fastnacht in Franken Ministerpräsident Markus Söder dazu gebracht, das Frankenlied auf plattdeutsch zu singen und war im Sommer 2021 während der Fußball-EM zwei Wochen lang jeden Morgen im ARD-Morgenmagazin mit Live-Berichten aus Veitshöchheim vertreten.

Yared Dibaba ist nicht nur Schauspieler, Fernsehmoderator, Entertainer und Sänger, sondern auch Autor. An die beiden Büchereileiterinnen übergab der 52jährige sein neuestes Taschenbuch "Dibabas Allerbest", das  die besten Geschichten aus seinen seit langem vergriffenen Büchern versammelt. Hier finden sich die Highlights aus "Platt is mien Welt", "Mien Welt blifft Platt", "Moin tosomen" und "Ünnerwegens". Plattdeutsch beherrscht der gebürtige Äthiopier, seit er als Kind mit seinen Eltern ins Oldenburger Land zog.

"Patent, packend, preiswürdig" lautete der Titel des Zwiegesprächs, das der Moderator mit dem BBV-Vorsitzenden Dr. Gerhard Hopp führte, der selbst Mitglied der Jury war. Wie Hopp sagte, habe Bayern eine reichhaltige und vielseitige Bibliothekslandschaft mit 1800 Bibliotheken,  in der eine super gute Arbeit geleistet werde. Der neu geschaffene Bibliothekspreis soll dies nach außen zeigen und herausstellen, vor allem Leuchttürme wie in Veitshöchheim, wo die Bücherei beispielgebend ein echter Ort der Begegnung ist, wo man gerne hingeht, der auch jungen Menschen Orientierung geben kann.

Für die Auszeichnung von Veitshöchheim mit dem Hauptpreis war laut Hopp nicht nur der Eindruck "Schöner in einem ganz modernen Ambiente und besser ausgestattet kann eine Bücherei gar nicht sein" und die vielen gesellschaftlichen Veranstaltungen,  sondern auch entscheidend, wie grandios die Bücherei im Bahnhof gerade während der Zeit der Beschränkungen durch die Coronapandemie so viele Menschen digital über Social Media mit über 2000 Followern (Instagram und Youtube-Kanal) erreicht hat. Veitshöchheim sei ein Aushängeschild des BBV, ein Vorbild für andere Büchereien.

Bei Gröbenzell sei eindeutig der nachhaltige, grüne Ansatz für den Sonderpreis gewesen, wie die Bücherei es schafft, beispielsweise Bürger für die Energieeinsparung mitzunehmen.

Schließlich führte Dibaba auch ein Gespräch mit den Bürgermeistern beider Gemeinden Jürgen Götz (rechts) und Martin Schäfer, was ihre Büchereien besonders auszeichnet. Wie der Veitshöchheimer Bürgermeister sagte, ist die hiesige Bücherei ein echter Treffpunkt, finden statt viele Konzertveranstaltungen, auch der Musikschule, Lesungen, Ausstellungen, Kinderkorbtheater, erfolge eine Kooperation mit den Schulen, werde sie genutzt von Schülern für Hausaufgaben, werden Senioren digital geschult,

Bürgermeister Jürgen Götz hielt in seiner Rede die Bibliotheken für unverzichtbar, denn die Fähigkeit sich Wissen anzueignen, mittels Buch Video oder Internet sei heute wichtiger denn je. Nur wer informiert sei und seine Kenntnisse erweitert, behalte in unsrer immer komplexer werdenden Gesellschaft den Überblick. Niemand könne sich all die Medien beschaffen, die er einmal brauchen könnte.

Götz: " Ich freue sich deshalb sehr, dass mit der Einrichtung und Verleihung des Bayerischen Bibliothekspreises die Aufmerksamkeit von Fördergebern und Öffentlichkeit auf das, was unsere Bibliotheken zu leisten im Stande sind gelenkt wird und damit vor allem auch die Arbeit und das Engagement der Verantwortlichen vor Ort, auf für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, gewürdigt werden."

Als Astrida Wallat vor ziemlich genau einem Jahr ihren Dienst als neue Büchereileiterin antrat, ging nach ihren Worten aufgrund von Corona erst wenig, dann gar nichts mehr. Von Dezember bis Anfang März musste die Bücherei komplett schließen.

Um kreativ durch den Lockdown zu kommen, hat sie das vorstehende, bei der Preisverleihung von ihr präsentierte  Imagevideo produziert, um digital nach außen  zu tragen, wie spannend, vielfältig und modern sich das Büchereileben gestaltet.

Hier ein Auszug aus ihrer Rede: "Digitalisierung mag zwar das Wort der Stunde sein, das Entscheidende an einer Bücherei bleibt die persönliche Begegnung. Denn selbstredend wird bei uns nicht nur gelesen. Schließlich sind wir ein Bahnhof und damit Umschlagplatz für alles Mögliche. Als dritter Ort sind wir fest in der Gemeinde verankert. Wir bieten einen Treffpunkt für Gesprächskreise, Bücherbabys und Senioren, die das Internet erkunden wollen.

In Kooperation mit örtlichen Künstlern und Institutionen realisieren wir Ausstellungen, musikalische Events und zuletzt einen Fairtrade-Malwettbewer.  Nah am Mittelpunkt Europas kann man bei uns jiddische Lieder erleben, auf Italienisch diskutieren und französisches Flair genießen.

Immer wieder empfangen wir illustren Besuch, wie etwa den Dichter Rafik Schami oder den superstarken Gallier Asterix mit seinen meefränggischen Vätern Gunther Schunk und Kai Fraass.

Künftige Projekte sind im wahrsten Sinne des Wortes gesät: Eine kleine Saatgutbibliothek haben wir schon, eine Bibliothek der Dinge ist in Planung, und in Kooperation mit dem Gymnasium wollen wir unsere Holzlokomotive Veit, die bei uns im Garten steht, mit einem eigenen kleinen Buch zur Leseförderung lebendig werden lassen."

Wallat war mit ihrem Team  Susanne Lohse, Verena Schmitt und Katharina Otto der Jury für diese wunderbare Auszeichnung sehr dankbar.

Den Erfolg möglich machten neben Wallat auch die beiden ehemaligen Büchereileitungen, Elisabeth Birkhold (1990 bis 3/2004), die laut Bürgermeister sozusagen vor über 30 Jahren mit ihren ersten Konzepten den Grundstock zu diesem Preis gelegt hat und ihr Nachfolger Martin Wehner (4/2004 bis 12/2020), der auch vor 30 Jahren beim Umzug ins Bahnhofsgebäude schon dabei gewesen ist

Nun ist der feierliche Augenblick der Preisübergabe durch Ministerialrat Wintzer gekommen, während das Musiktrio Milonga von Jorge Cardoso interpretiert.

Freudestrahlend nehmen der Bürgermeister und die Büchereileiterin die Trophäe aus Glas aus der Hand des Ministerialrats entgegen.

Von der gastgebenden Gemeinde Veitshöchheim gab es Geschenke für die Gäste aus Gröbenzell, so einen Präsentkorb mit örtlichen Weinen, das neue Landkreisbuch und die Veitshöchheimer Ortschronik sowie Harald Schmausers Veitshöchheim-Poster mit den örtlichen Sehenswürdigkeiten.

Bereits am frühen Morgen hatten die Gröbenzeller ihre Gastgeschenke in der Bücherei im Bahnhof mit der Pflanzung einer Ziersäulenkirsche im Lesegarten und einem Wandbehang (Foto unten) überbracht.

Fotos Dieter Gürz

 Vorstellung des Sonderpreisträgers Gröbenzell

Die 16 Kilometer von München entfernt im Landkreis Fürstenfeldbruck liegende Gemeinde zählt 20.000 Einwohner. Die dortige Gemeindebücherei erhielt den mit 5.000 Euro dotierten Sonderpreis für ihr nachhaltiges Konzept „Grüne Bibliothek“.

Hierzu zählte Büchereileiterin Angelina Hanke u.a. der Aufbau eines speziellen Medienbestands, eine „Bibliothek der Dinge“ aber auch die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Bereich „Natur & Umwelt". Ihren Besuchern bietet sie Fair -Trade-Produkte, sie ist aktiv in der Planung für ein E-Lastenrad zur mobilen Versorgung.

Ein solches benutzt auch Gröbenzells Bürgermeister Martin Schäfer, von Beruf Forstwirt, nicht nur privat, sondern auch für die Erledigung seiner Amtsgeschäfte

Außerdem engagiert sich die Gemeindebibliothek Gröbenzell bei kommunalen Veranstaltungen aus dem Bereich Nachhaltigkeit, wie z.B. beim Stadtradeln. Mit ihrem Einsatz in den Themen Umwelt- und Klimaschutz sowie Nachhaltigkeit trägt sie zur Entwicklung der Gesellschaft und des Ortes selbst bei und ist eine wichtige Stütze, um diese Themen gesellschaftlich zu verankern.

Auch die Gemeinde Gröbenzell hat ihre Bücherei jüngst renoviert, sie  im Gegensatz zu Veitshöchheim jedoch nicht völlig neu ausgestattet mit Mobiliar, sondern dieses sogar mit Secondhand ergänzt. Details über die "Grüne Bibliothek" siehe nachstehender Link auf Video.

Kommentiere diesen Post