Das Mittelalter erwachte beim 5. Veitshöchheimer Sommerkonzert - Untermain-Trio -"Triskilian" faszinierte mit ungewöhnlichen Instrumenten
Mittelalterweltfolk, dieser nicht alltägliche Hörgenuss faszinierte die 60 Besucher des fünften diesjährigen Sommerkonzertes des gemeindlichen Kulturamtes, das witterungsbedingt vom Synagogenhof ins Seminargebäude des Jüdischen Kulturmuseums verlegt wurde.
Das im Raum Aschaffenburg beheimatete Ensemble TRISKILIAN nahm die Zuhörer mit auf einen akustischen Ausflug in das klangreiche Mittelalter. Das von ihnen vorgestellte ungewöhnliche Instrumentarium reichte von Rekonstruktionen zum Teil längst vergessener Instrumente des europäischen Kulturraumes bis zu jenen, die bis zum heutigen Tag ihren festen Platz in der traditionellen Musik haben, von Schlüsselfidel (Nickelharpa), Oud, Drehleier, Harfe, Flöten, Dudelsack, Ney, Fidel, Tzouras, Cister bis hin zu Chalumeau, Duduk, Davul, Zarb, Darabuka, Bendir und Riqq. Mit traumwandlerischer Leichtigkeit spielte das Trio großartig zusammen und pendelte zwischen atmosphärischen Gesängen und virtuosen Instrumentalsoli.
Der im Jahr 2000 in Aschaffenburg von Dirk Kilian und Jule Bauer gegründeten Musikgruppe für Mittelaltermusik gehört seit Ende des Jahres 2009 die Perkussionistin Christine Hübner an. Das Ensemble verzückte mit musikalischen Schätzen aus mittelalterlichen Handschriften der drei großen Kulturen im Mittelmeerraum. König Alfons X, genannt „el Sabio" (der Weise) hatte im 13. Jahrhundert an seinem Hof Künstler und Musiker aller drei Religionen vereint und dadurch die Entstehung einer Vielzahl von wunderschönen Liedern mit Einflüssen aus christlicher, jüdisch-sephardischer und orientalischer Musik begünstigt.
So erklang schon zur Eröffnung ein mitreißendes Pilgerlied aus den Cantigas de Santa Maria und später ein Marienlied aus dem Laudario de Cortona, bei dem der exzellente Gesang und das Zusammenspiel von keltischer Harfe, Schlüsselfidel und Rahmentrommel (Foto) für eine wunderbare Klangvielfalt sorgte, ebenso auch bei einem Lied aus Kasaschtan. Ein am Hof im Spätmittelalter präsenter maurischer Moriskentanz hörte sich wieder ganz anders an.
Zu hören waren weiter ins Ohr gehende Klänge mit Rahmentrommel- und Oud-Solis aus dem Osmanischen Reich. Nicht minder wussten die ausdrucksstarken, sehr melodiösen Liebes-Lieder der sephardischen Juden spanisch-orientalischer Herkunft zu gefallen wie "Öffne deine Tür, ich empfinde Liebe für dich, meine Schöne, lass uns gemeinsam weggehen von hier" .
Viele Stücke prägte Jule Bauer mit ihrer glockenhellen Stimme. Die 35jährige besitzt eine Gesangsausbildung mit Schwerpunkt „alte Musik“ und übt seit 2003 eine Lehrtätigkeit für Gesang und Nyckelharpa aus. Die Sängerin zog mit ihrer faszinierenden Art und voller Temperament das Publikum in ihren Bann, den Charakter der Werke zur Geltung zu bringen und dabei auch noch verschiedene Instrumente zu beherrschen. Ein Hochgenuss waren so aus dem christlichen Kulturkreis die von ihr interpretierten Lobpreisungen der Natur von Hildegard von Bingen (1098 – 1179).
Der 50jährige Ensemble-Leader Dirk Kilian, bis 2005 auch als Pantomime, Akrobat und Zirkus- und Theaterpädagoge tätig, ist nicht nur Songwriter romantisch verklärter Lieder. Er spielt vor allem Sackpfeifen, Nyckelharpa (linkes Foto), Drehleier, Cister, keltische Harfe, arabische Oud (Foto mittig) und Nei und singt auch. Kilian entlockte beim mehrstimmigen Liebeslied einer jüdischen Mutter an ihre Tochter seiner armenischen Duduk (Foto rechts) einem Doppelrohrblatt-Holzblasinstrument wie die Schalmei, wunderbar melancholisch klingende Töne in höchster Qualität.
Die 23jährige Diplom-Musiktherapeutin (FH) Christine Hübner, die Dritte im Bunde ist ebenfalls eine Herzblutmusikerin und Sängerin, die neben ihren Trommeln auch andere Instrumente wie die keltische Harfe autodidaktisch erlernte.
Allen ist gemeinsam, durch unbändige Spielfreude und den Einsatz vieler historischer Instrumente der alten Musik neues Leben einzuhauchen und die Mystik und Lebendigkeit dieser frühen Musik in die heutige Zeit zu transportieren.
Dass ihnen dies eindrucksvoll gelang, zeigte sich am prasselnden Applaus am Schluss.