Baustellenbesichtigung am 13,2 Mio. Euro-Projekt Mainfrankensäle - Schadstoffe PCB, Asbest, PAK und KMF erschweren Abbrucharbeiten
Vor sechs Wochen fand in den Mainfrankensälen mit der Hochzeitsmesse die letzte Veranstaltung statt. Tags begann die teuerste Baumaßnahme in der Geschichte der Gemeinde Veitshöchheim. 13,2 Millionen Euro investiert die Gemeinde, um die im Jahr 1981 eröffnete Veranstaltungshalle mit einem Fassungsvermögen bis zu 800 Besucher bis Ende 2014 zeitgemäß umzubauen, energetisch und funktional zu verbessern und durch einen Anbau zur Mainseite hin um zusätzliche Räumlichkeiten zu erweitern. Wie Bürgermeister Rainer Kinzkofer bei einer Baustellenbesichtigung mit Architektin Manuela Jatz und Projektsteuerer Holger Keß sehen konnte, hat sich seit dem schon rein äußerlich eine Menge getan.
So wurden an der Westseite zum Main hin alle Vorbauten nebst Eingangstreppe und Behindertenrampe abgebrochen.
Hier werden durch einen Anbau das bisher zu kleine Foyer um 500 auf 727 Quadratmeter erweitert und daran anschließend mehrere Tagungs- und Gruppenarbeitsräume mit insgesamt 483 Quadratmeter Nutzfläche neu geschaffen. Schon Mitte April beginnt hier die beaufragte Rohbau-Firma Heil mit den Fundamentarbeiten für den Anbau.
Auch an der Südseite musste der aufgrund neuer Brandschutzvorschriften zu gering dimensionierte Fluchtbalkon vor den Saalfenstern weichen. Hier hat die beauftragte Rohbaufirma Otto Heil GmbH & Co. KG in Eltingshausen bereits eine neue um 80 Zentimeter verbreiterte Fluchtterasse eingeschalt.
Im Innern gleichen die Mainfrankensäle einer Rohbaustelle. Lediglich das Backsteinmauerwerk mit dem den Mainverlauf darstellenden Kunstglasnischen blieb unversehrt.
Problematische Schadstoffbelastung im Innenraum
Ins Auge fallen hier im Foyer sogleich einige technische Apparaturen, die nichts Gutes verheißen. An drei Stellen war und ist noch der Zugang während der Abbrucharbeiten teilweise nur über Vier-Kammer-Sicherheitsschleusen möglich, wie im Bild links in den Saalbereich. Es muss für den Saal auch ein eigenes Lüftungssystem betrieben werden.
Der Zugang in den Saalbereich ist derzeit nur mit Schutzausrüstung möglich.
Bei den Abbrucharbeiten stellte sich nämlich für die beauftragte Firma AKSU Group aus Kelsterbach als großes unerwartetes Problem heraus, dass hinter vielen Verkleidungen und Abhängungen meist Schadstoffe verbaut wurden.
- So waren die Akustik Wilhelmi Deckenplatten im Saalbereich mit PCB (Polychlorierte Biphenyle) belastet.
- Hinter den Wandverkleidungen kamen Lüftungskanäle zum Vorschein, die asbesthaltig verkleidet wurden. Ebenso wurden in Kamintüren asbesthaltige Dichtschnüre vorgefunden. Eingebaute PVC Platten wurden mit asbesthaltigem Kleber verklebt.
- Weiter fand man KMF–Mineralfaser-Dämmungen der Rohrleitungen, die krebserregende Faserstäube freisetzen.
- Beläge in der Kegelbahn sowie die Abdichtungsbahnen erwiesen sich als PAK-haltig (Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe).
Solche Schadstoffe fanden laut Projektleiter Keß bis in die 80er Jahre in Baumaterialien üblicherweise Verwendung. Seit 1993 ist Asbest in Deutschland verboten. Der Grund: Die eingeatmeten Fasern können Lungenkrebs verursachen. Die Fasern sind nur solange sicher im Zementmaterial gebunden, wie die Produkte unzerstört bleiben.
Alle aufgeführten Schadstoffe konnten nur unter Berücksichtigung der Sicherheitsbestimmungen ausgebaut und entsorgt werden.
Als besonders problematisch erwies sich die Beseitigung beim Estrich. Hier macht es keinen Sinn, so Jatz, den asbesthaltigen Kleber aufwändig abzukratzen. Es ist deshalb der Komplettausbruch des Estrichs notwendig, auch dort, wo die starkverklebten Linoböden nur mit einer einer Hilti gelöst werden können. Da der Estrich aber überwiegend mit drei Lagen Estrichmatten, sogenannten „Angsteisen“ versehen ist, lässt er sich nur mit erhöhtem Aufwand ausbauen.
Bauzeitenplan nicht in Gefahr, jedoch beträchtliche Kostenmehrung
Wie der Projektleiter dem Bürgermeister berichtete, braucht die iso-zertifizierte Firma AKSU nicht nur drei Wochen länger für die für 130.000 Euro in Auftrag gegebenen Abbrucharbeiten, obgleich sie für die zusätzlichen Arbeiten ihre Mannschaftsstärke von zehn auf 18 Mann erhöhte. Zusätzlich kosten der Gemeinde der Schadstoffausbau nebst Entsorgung an die 200.000 Euro, die Ersatzkonstruktionen nach Rückbau nochmals 40.000 Euro.
Architektin Jatz geht derzeit von einer Kostenmehrung von insgesamt 343.000 Euro gegenüber ihrer Kostenberechnung aus.
Es müssen beispielsweise auch Betonbauteile für 25.000 Euro repariert werden, da zahlreiche Elektroinstallationen im Unterdeckenbereich unter Beschädigung der Bestandsunterzüge verlegt waren und Betonbauteile zahlreiche Risse aufzeigen.
Bislang vergab die Gemeinde 29 Gewerke mit einem Auftragsvoumen von 7,4 Millionen Euro. Das sind rund 70 Prozent aller Aufträge. Da die Ausschreibungsergebnisse bisher um rund 625.000 Euro unter der Kostenberechnung der Architektin lag, kann die Gemeinde diese Mehrkosten verkraften. Das genehmigte Budget der Kostenberechnung wird noch um 283.000 Euro unterschritten. Das restliche dritte Ausschreibungspaket mit einem Auftragswert von rund drei Millionen Euro, das auch die Inneneinrichtung und die Außenanlagen enthält, soll erst Ende 2013 veröffentlicht werden.
Zwar können die Planer die ursprünglich geplanten Meilensteine der Abbrucharbeiten nicht halten. Durch eine Umorganisation der Abbruch- und Rohbauarbeiten im Bestand wollen sie jedoch erreichen, den zeitlichen Rückstand wieder zu reduzieren.So sind bereits fleißig die Bauleite der Rohbaufirma im Untergeschoss am Werk, Mauern einzuziehen und neue Durchbrüche zu erstellen.
Während die Schadstoffe im Rauminnern für die Planer nicht vorhersehbar waren und deren Beseitigung folglich auch nicht in den Leistungsverzeichnissen auftauchten, war der Asbestgehalt in den schwarzen Eternit-Dachplatten bekannt. Mit deren Beseitigung auf einer Fläche von 1000 Quadratmeter wurden als Bestandteil der Kostenberechnung nach Ausschreibung für 25.000 Euro die Firma Entox Entsorgung GmbH in Kalbach und für den Wiederaufbau mit asbestfreiem Material für 206.000 Euro die Firma Igersheim-Heller GmbH in Würzburg beauftragt.
Keine Schadstoffe sind laut Jatz im Flachdachbereich zu erwarten, der ebenfalls neu erstellt wird. Im Bild rechts erläutert die Architektin dem Bürgermeister, dass hier das Dach aufgesägt wird, um im Innern benötigte Materialien mit dem Kran einzubringen. Nach Fertigstellung im Innern wird das Dach wieder geschlossen.
Verbesserung der Funktionsabläufe
Vollkommen abgebrochen wird noch im April das Dach über der Bühne und diese durch Ausbildung als Shet-Dach wie die übrigen Teildächer maßgeblich erhöht.
Erheblich verbessert werden sollen auch die Funktionsabläufe im Innern. So werden der Regieraum verbessert (Foto links), ein größerer Lastenaufzug zur Bühne installiert und die bisherige Hausmeisterwohnung zu Umkleiden umgebaut. Selbstverständlich werden auch die Fenster der Außenfassade energetisch ersetzt und Schimmelbildungen beseitigt.
Zielsetzung
Architekten und Baufirmen sind angehalten, so der Bürgermeister, den Baufortschritt darauf abzustimmen, dass am 5. Februar 2014 der Saalbereich soweit wieder nutzbar ist, damit am 21. Februar 2014 der BR wieder von Veitshöchheim aus die Fernseh-Prunksitzung "Fastnacht in Franken" ausstrahlen kann.
Ab 2015 sollen dann der Erweiterungsbau und das Foyer auch für touristische Zwecke genutzt werden. So werde hier die Dauerausstellung "Fastnacht in Franken und barocke Bühnenwelten" eingerichtet und ziehe in ein neues Büro gleich neben dem Eingang die Geschäftsstelle der Touristik-GmbH Würzburger Land ein.
Prämisse sei aber, dass durch eine flexible Ausstellungsgestaltung die neu entstehenden Räumlichkeiten multifunktional auch für Veranstaltungen, Tagungen, Seminare und als Treffpunkt für Veitshöchheimer und Gäste genutzt werden können.
Im Altbau steht dann auch, vom 461 Quadratmeter großen Restaurant- und Küchenbereich abgetrennt, ein 242 Quadratmeter großer Cateringbereich zur Verfügung.
Eine Selbstverständlichkeit ist für die Planer, das bestehende Gebäude energieeffizient zu modernisieren. Das veraltete Lüftung-, Heizungs- und Beleuchtungssystem werde von Grund auf erneuert und dem heutigen Stand der Technik angepasst. Das Gebäude bekommt auch ein Blockheizkraftwerk und eine neue Wärmepumpentechnik.
Nach der Erweiterung verfügen die Mainfrankensäle im Erdgeschoss über 3135 und im Untergeschoß über 1765 Quadratmeter Nutzfläche. Im Untergeschoss untergebracht sind die Technik, Lager- und Nebenräume, Sanitärtrakt, Garderobe und auch ein öffentliches, von außen zugängliches WC.