Errichtung einer barrierefreien Rampe für die Mainfrankensäle: Architektenentwurf fand nach kontroverser Diskussion keine Mehrheit
"Zur vorgesehenen barrierefreien Rampe für die Erschließung von Mainfrankensäle und Kaskade wird der Gemeinderat in seiner Sitzung am 03. Dezember die nächsten Beschlüsse fassen. Die vorliegende Planung ist soweit mit dem Wasserwirtschaftsamt abgestimmt, so dass wir die Bauausführung für das nächste Jahr vorgesehen haben." Dies hatte Bürgermeister Jürgen Götz noch in der Bürgerversammlung am 21. November 2019 angekündigt.
Die oben zu sehende, von dem beauftragten Architekturbüro fmp, Schweinfurt, in Abstimmung mit dem Hochbaureferat der Gemeinde vorgelegte Variante mit einer Lauflinie von 80 Meter bei einer 6 Prozent-Steigung war vom Erscheinungsbild her der großen Mehrheit des Gemeinderates zu massiv und fiel deshalb durch. Sie votierte für einen Wegfall der Plattformen mit Aufenthaltsfunktion und eine Anhebung der Steigung zur Erzielung einer kürzeren Lauflinie. Auch die Drehung des oberen Rampenteiles um 90 Grad soll zur Verminderung der Massivität überprüft werden.
Hinzu kam noch, dass sich die Baukosten mit nunmehr 395.000 Euro (ohne Planungskosten) für die favorisierte Stabgitterlösung nahezu verdoppelt haben. So sprach sich die SPD-Fraktion gänzlich gegen eine Rampenlösung aus, unter Hinweis, dass ihr im Juli 2018 abgelehnter Aufzug-Vorschlag nur 190.000 Euro gekostet hätte.
Dem mit 14 Ja-Stimmen im Juli 2018 gefassten Grundsatzbeschluss lagen nämlich bei der beschlossenen Variante 1 b des Architekturbüros Keß & König mit einer Steigung von 6,5 Prozent, einer Rampenlänge von 58 Meter und einer Lauflänge von 48 Meter nur Kosten von schätzungsweise 180.000 bis 260.000 Euro zuzüglich Planungskosten zugrunde.
(siehe nachstehender Link auf Bericht vom Juli 2018)
Um eine optimale Lösung für die zukünftige Entwicklung Veitshöchheims im Mainuferbereich zu finden, lobte bekanntlich die Gemeinde durch das Büro SCHIRMER Architekten + Stadtplaner GmbH in Wü...
http://www.veitshoechheim-blog.de/2018/07/rampe-mainfrankensale.html
Bericht über die Entscheidung des Gemeinderates vom Juli 2018
Das beauftragte, für eine gute Architektur, wirtschaftlich sinnvolle und nachhaltige Objekte anerkannte Architekturbüro fmp, Schweinfurt hatte bei seinem Entwurf die DIN-Norm 18040 für öffentlich zugängliche Rampen eingehalten, um damit auch die Voraussetzungen für eine öffentliche Förderung zu erreichen. Die nun abgelehnte, im obigen Grundriss-Plan dargestellte Version hätte nach Meinung der Architektur-Fachleute folgende Vorteile gehabt:
- 1. Sie passt sich mit einer ruhigen Architektursprache an den architektonischen Stil der Mainfrankensäle an
- 2. weist den wirtschaftlichsten Flächenverbrauch auf
- 3. hat den größtmöglichen Abstand zu den Nachbarn
- 4. sowie auch in Absprache mit dem geprüften Baumkontrolleur des Bauhofs Sebastian Heller den größtmöglichen Abstand zu den Linden, die auf jeden Fall erhalten bleiben sollen (die Linde neben dem Treppenaufgang zur Kaskade hat einen Kronendurchmesser von 16,72 Meter und eine Höhe von 16 Meter)
- 5. durch eine Verlängerung der beiden nach Norden verlaufenden Rampen-Äste um jeweils 1,80 Meter ergeben sich zwei Zwischenplattformen mit 16,7 bzw. 11,5 Quadratmeter, die auch zum Verweilen einladen, wobei die erste Plattform auch über eine Treppe erreichbar ist.
- 6. Um die Fluchtsituation im Hochwasserfall zu verbessern, ist im oberen Bereich ein Geländerteil demontierbar zu machen, so dass hier ein Gerüsttreppenturm zur Entfluchtung gestellt werden kann.
Die beiden Plattformen, so sagte Bürgermeister Jürgen Götz in seinem Vortrag, würden sich anbieten, hier auch eine Rast zu machen.
(Anmerkung: die Planer von fmp hatten dafür ebenso wie entlang der Wiese an der Mainlände Sitzgelegenheiten vorgesehen für die Außenbewirtschaftung der Kaskade - wohl schon in weiser Voraussicht auf den hier nach Fertigstellung des Mainsteges unter dem Schlagwort "Urbane Lände" geplanten neuen zentralen, großzügigen Platzraum aus Granitpflaster am Wasser zur multifunktionalen Nutzung wie Feste, Märkte und Aktionen - siehe vorstehender Entwurf des Wettbewerbssiegers)
Wie der Bürgermeister weiter ausführte, wurden über diesen Planstand die Mainfrankensäle GmbH, die Touristik-INFO und die Behindertenbeauftragte der Gemeinde informiert. Ihre Vorschläge seien bereits eingearbeitet worden. Absprachen mit dem BfW und dem Behindertenbeauftragten des Landratsamtes Würzburg würden gerade getätigt.
Um im Vorfeld so viel Unwägbarkeiten wie möglich auszuschließen, wurden weiter nach seinen Worten unter anderem Kanalbefahrungen durchgeführt, Leitungspläne eingeholt und Rücksprache mit dem Bodengutachter gehalten. Außerdem sei das Amt für Wasserbau und Gewässerentwicklung des Landkreises Würzburg gehört worden.
Ein Glasgeländer ist laut Götz nicht möglich, da die Hochwasserlinie HQ 100 Höhe nur 60 Zentimeter unterhalb der Terrassenhöhe der Kaskade liegt.
Nicht möglich sei es, die historische Weinpresse aus dem Jahr 1867 an diesem Standort zu erhalten. Diese müsse an eine andere Stelle versetzt werden.
Kontroverse Diskussion
Als erste meldete sich Marlene Goßmann (SPD-Sprecherin) zu der vom Bürgermeister vorgestellten Planung: "Wir sind auch weiter für einen weiteren barrierefreien Zugang, können aber bei bestem Willen nicht dieser Planung zustimmen."
Zur Begründung sagte sie, dass die ursprünglich für ein filigranes Bauwerk geschätzten Kosten von um die 200.000 Euro sich nahezu verdoppelt hätten. Was sich ihrer Fraktion gar nicht erschließe, sei die Treppe zum unteren Rampenpodest und der dafür vorgesehene extra Weg. Goßmann verwies auf die damals laut Wasserwirtschaftsamt ebenso zulässige, aber vom Gemeinderat mehrheitlich abgelehnte Alternative eines barrierefreien Außenaufzugs an der Nordostecke der Restaurant-Terrasse.
(Anmerkung: die Rede war im Juli 2018 von einem Glaspanoramaaufzug mit einer Kabinengröße 1,1 Meter x 2,1 Meter und einem wegen der Hochwasserlage in einen „Fischbauch“ aus Sichtbeton einbetonierten Aufzugsschacht, mit geschätzten Kosten von 190.000 Euro)
Mit Hinweis auf die 100 Meter lange Rampe, die zum neuen Mainsteg führt, ist der SPD-Fraktion die Häufung der Rampen auf engem Raum ein Dorn im Auge. Goßmann: "Man muss sich nur mal vorstellen, wie dies dann unten am Main aussieht."
Der Bürgermeister verwies auf den vor gut einem Jahr gefassten Beschluss, in dem sich die Mehrheit des Gremiums für eine Rampe entschieden hat. Die Treppe zum Podest sei wegen dessen Aufenthaltsfunktion eingeplant worden, also einer zusätzlichen Funktion der Rampe geschuldet. Hier seien auch Tische eingezeichnet. Auch beim zweiten Podest bestehe diese Möglichkeit einer Aufenthaltsfunktion, um von hier aus den Blick auf den Main werfen oder auch einen Schoppen genießen zu können.
Für Winfried Knötgen (UWG) sind die Podeste zu massiv. Ihm würde eine Breite reichen, dass zwei Rollstühle aneinander vorbeikämen
(Anmerkung: Wie aus dem Plan unten zu sehen, beträgt die Tiefe der Podeste 3,60 Meter. Bei Verkürzung um die Hälfte, also 1,80 Meter hätten zwei Rollstühle, die sich in der Kurve begegenen, Probleme, aneinander vorbei zukommen - d.h. einer müsste warten, bis der andere um die Kurve ist).
Der Bürgermeister sagte, die vom Planer vorgeschlagene Podestlänge sei genau das, was den gewissen Charme der Rampe ausmache.
Stefan Oppmann (UWG-Sprecher) sagte, seine Fraktion sehe die Sache nicht so extrem wie die SPD-Fraktion. Wie sein Fraktionskollege sprach aber auch er sich gegen die Plattformen aus, denn die Rampe sei in erster Linie erforderlich für Behinderte und für solche, die gut zu Fuß sind. So hält er auch den Treppenzugang zur unteren Plattform für entbehrlich.
(nach überschlägiger Berechnung des Berichterstatters könnten dadurch von 165 m² Rampenfläche 21 m² eingespart werden: laut Plan sechs Treppenstufen mit Zugang = 3,50 m Länge x 1,0 m Breite + bei Wegfall Treppe könnte Rampe um 2,40 m x 3,50 m gekürzt werden - also Einsparung von 12 m² zuzüglich Wegfall Podeste Einsparung von 2 mal 4,9 m x 1,8 m = 9 m²= insgesamt 21 m²)
Oswald Bamberger (Veitshöchheimer Mitte) hielt die größeren Podeste vom Nutzen her für sinnvoll auch im Hinblick auf den Begegnungsverkehr von Rollstuhlfahrern.
Christina Feiler (Grünen-Sprecherin): Sie sagte, sie empfände es als Behindertenbeauftragte der Gemeinde schön, alsbald eine Rampe zubekommen. Sie tue sich zwar auch ein bisschen schwer mit der Optik, dem Erscheinungsbild zur Mainlände hin. Den von ihrem Kollegen Holger Kess als Planer vorgelegten Entwurf fand sie als verspielter und gefälliger. Nichtsdestotrotz hielt sie die vorgelegte Variante für vertretbar.
Sie meinte, die Rampe würde noch funktionieren, wenn man die Podeste wegschneidet. Sie widersprach aber dem Kollegen Oppmann, dass die Rampe einzig nur als Lösung für betroffene Personen gedacht sei. Im Sinne der Barrierefreiheit sei es, dass man etwas schafft, was auch von Anderen genutzt werden könne. Aus diesem Grund fördere es den Gedanken der Inklusion, dass etwas dazukommt, um hier hochzugehen, um beispielsweise von hier den Sonnenuntergang am Main zu genießen oder Kinder hier hoch und runter flitzen. Sie könne deshalb mit der vom Planer vorgeschlagenen Rampe leben. Sie sei sicher, dass die Podeste auch genutzt werden, sei es zum Fotografieren, zum Runtergucken, um dann vielleicht dann den Weg zur Kaskade auch nicht behindert über die Rampe zu gehen.
Dr. med. Andreas Cramer (CSU): Er sagte, beim ersten Betrachten habe er die Rampe als "Monster" empfunden. Er verwies auf den behindert-gerechten Aufzug im Haus, so dass man nicht unbedingt die 6 Prozent Steigung einhalten müsse, sondern auch mit 6,5 oder 7 Prozent Steigung spielen könne. Damit würden die Strecken deutlich kürzer.
Aufgrund der zwei Hin- und Hergänge (versetztes M) erscheine die Rampe von der Straße her gesehen sehr wuchtig, da sie übereinanderstehen. Cramer schlug deshalb vor, zu überprüfen, ob man nicht den oberen hinteren Rampenteil um 90 Grad nach hinten zur Fassade des Restaurants Kaskade hin dreht. Dadurch werde das Erscheinungsbild optisch deutlich aufgehellt. Er verwies noch darauf, dass man Rathaushof am Mittelbau gerade eine Rampe von 8 Prozent Steigung baue. Der Abstand nach hinten müsse deshalb ausreichend sein.
Der Bürgermeister gab Cramer recht, dass man einen DINgerechten Aufzug habe. Sein Vorschlag sei theoretisch denkbar und würde die Massivität deutlich reduzieren. Man müsse bei diesem Vorschlag Abstandsflächen und nachbarrechtliche Belange noch prüfen.
Dieter Leimkötter (SPD) sprach sich dafür aus, nicht adhoc zu entscheiden. Er verwies auf den beträchtlichen Kostenunterschied gegenüber dem von seiner Fraktion vorgeschlagenen Aufzug von 190.000 Euro zu den nun nach der Planung des Architekten erforderlichen 390.000 Euro, in denen noch nicht die Kosten für die Verlegung der Weinpresse und begleitende Maßnahmen enthalten seien.
Leimkötter sieht es für wahrscheinlich an, dass hier die halbe Million Euro überschritten werden. Für ihn stelle sich deshalb die Frage, ob der Beschluss vom Juli 2018 angesichts dieser neuen Sachlage hinsichtlich der Verdoppelung der Kosten für eine Rampe der Richtige gewesen sei. Nicht nur ein Aufzug, sondern auch die Rampenlösung verursache nicht unerhebliche Folgekosten hinsichtlich Winterdienst und Reinigung.
Marc Zenner (CSU-Sprecher): An der Ausführung einer Rampe rüttele seine Fraktion nicht. Er verwies darauf, dass man die Rampe nicht nur brauche, die Mainfrankensäle zu betreten, sondern sie im Notfall auch verlassen zu können. Es könne dann für einen Gast mit Handicap leichter sein, die Halle über eine Rampe, als über einen weiteren Aufzug verlassen zu können. Auch er sei erschrocken über die Massivität der Rampe gewesen, denn es sei klar gewesen, dass es ein möglichst schonender Eingriff werden soll. Deshalb sei seine Fraktion nicht so wirklich glücklich mit diesem Vorschlag.
Es sollten deshalb einige vorgebrachte Punkte, vor allem der Vorschlag seines Kollegen Cramer und eine größere Steigung vom Planer überprüft werden und auch ob wie beim Geländer des neuen Mainstegs eine Netzlösung mit mehr Durchsicht in Frage komme. Diese Zeit der Überprüfung für diese Varianten sollte man sich nehmen.
Stefan Oppmann meldete sich nochmals zu Wort, dass er nicht behindertenfeindlich sei. Damit auch Nichtbehinderte die Rampe benutzen, brauche es aber nicht der Treppe. Er stellte angesichts der Überprüfungsvorschläge den Antrag auf Vertagung.
Der Bürgermeister verwies darauf, dass für die Überprüfung nochmals entsprechende Planungskosten anfallen, bei einer Kürzung der Rampe durch eine höhere Steigung und bei Wegfall der Podeste würden sich aber auch die Kosten reduzieren.
Der Bürgermeister ließ dann aber nicht über den Antrag von Oppmann auf Vertagung, sondern über folgende Punkte abstimmen:
1. Für eine reine Lauflinie der Rampe, also ohne Plattformen mit Aufenthaltsfunktion votierten 14 Ratsmitglieder, also die Mehrheit.
2. Bei vier Gegenstimmen sprach sich weiter eine deutliche Mehrheit für eine Abweichung von der 6 Prozent-Steigung aus, um dadurch eine kürzere Lauflinie sowie auch eine Abweichung von der Ausrichtung zumindest einzelner Rampenteile zu ermöglichen.
3. Bezüglich der Gestaltung der Geländer bestand Einstimmigkeit, auch eine Netzvariante wie beim Mainsteg zu überprüfen.