Kläranlage Veitshöchheim weiter auf Kurs Richtung Energieautarkie
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Kläranlage Veitshöchheim weiter auf Kurs in Richtung Energieautarkie
Der Zweckverband „Maintal Würzburg" investiert über eine halbe Million Euro in moderne Technik für Nachhaltigkeit, Emissionsschutz und Kostenstabilität.
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Zweckverband „Maintal Würzburg“ investiert über eine halbe Million Euro in moderne Technik für Nachhaltigkeit, Emissionsschutz und Kostenstabilität
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Die Kläranlage des Abwasserzweckverbands „Maintal Würzburg“ sorgt seit 1970 für die Reinigung und fachgerechte Entsorgung der Abwässer aus Veitshöchheim und Margetshöchheim. Rund 26.000 Einwohner sind an die Anlage angeschlossen. Nach der grundlegenden Modernisierung um die Jahrtausendwende wurde wie in all den Jahren zuvor auch 2025 erneut kräftig investiert: Zwei technische Großmaßnahmen verbessern mit einem Investitionsaufwand von insgesamt 520.000 Euro sowohl die Energieeffizienz als auch die Emissionsbilanz des Betriebs.
Luftbild Gemeinde Veitshöchheim
„Die Kläranlage ist einer der größten Energieverbraucher in unserem Gemeindegebiet“, sagte Bürgermeister und Zweckverbandsvorsitzender Jürgen Götz beim Pressetermin. „Umso erfreulicher ist, dass wir sie Schritt für Schritt in einen nahezu energieautarken Betrieb verwandeln können. Diese Investitionen zahlen direkt auf den Klimaschutz ein – und helfen langfristig, die Abwassergebühren stabil zu halten.“
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Die wichtigste Maßnahme betrifft die maschinelle Schlamm-Eindickung. Eine neue, hochmoderne Zentrifuge ersetzt das in die Jahre gekommene Aggregat aus dem Jahr 1999, das stark reparaturanfällig war und für das kaum noch Ersatzteile verfügbar waren. „Unsere alte Maschine war am Ende ihrer Lebensdauer. Mit der neuen Zentrifuge können wir effizienter, sparsamer und nachhaltiger arbeiten“, erklärten Klärwerksleiter Johannes Röhm (2.v.l.) und der beim Zweckverband angestellte Elektromeister Michael Mindel (Bildmitte) bei einem Pressetermin, an dem der Zweckverbandsvorsitzende Bürgermeister Jürgen Götz und dessen Mitarbeiter aus dem Veitshöchheimer Tiefbaureferat Jürgen Hardecker (re.) und Alexander Ströhlein (2.v.r.).
Täglich fallen im Belebungsbecken rund 140 Kubikmeter Überschussschlamm an, von dem anschlließend eingedickt rund 100 Kubikmeter im Faulturm bei 37 Grad ausgefault werden. Durch die Eindickung wird das Volumen auf ein Zehntel reduziert – das spart Heizenergie und steigert gleichzeitig die Gasproduktion im Faulturm um rund 10.000 Kubikmeter jährlich.
Die Gesamtkosten für die neue Eindickzentrifuge belaufen sich auf 338.770 Euro. Röhm und Mindel planten und realisierten die Umstellung weitgehend selbst, ohne ein Ingenieurbüro hinzuzuziehen.
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Während der Bauphase bauten sie eine provisorische Zwischenlösung (im Bild), um den laufenden Betrieb sicherzustellen. Mit den Eigenleistungen sparten sie rund 42.000 Euro ein.
Die zweite Investition betrifft die Lüftungsanlage mit dem Biofilter, der bereits seit dem Umbau 1999 in Betrieb ist. Mit einem neuen Wasserrechtsbescheid wurde der Zweckverband verpflichtet, die Funktionsfähigkeit des Biofilters messtechnisch zu überwachen.
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Der Biofilter reinigt die Abluft des Maschinenhauses, mindert Emissionen und verhindert Geruchsbelästigungen für die angrenzende Wohnbebauung.
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„In diesem Zuge haben wir die komplette Lüftungsanlage erneuert – sie ist wichtig nicht nur für den Geruchsschutz, sondern auch für Arbeitssicherheit, Explosionsschutz und Beheizung“, erläutert Röhm. Die alte Anlage war 26 Jahre alt, Ersatzteile kaum mehr erhältlich.
Durch die neue Lüftung konnte die Energieeffizienz weiter gesteigert werden. Die Abwärme des BHKW wird über das Heizungswasser ausgekoppelt und zur Beheizung der Maschinenhalle genutzt. „Wir nutzen die Wärme aus dem Blockheizkraftwerk, den Strom aus Klärgas und Photovoltaik – damit betreiben wir die Kläranlage inzwischen zu rund zwei Dritteln autark“, erklärt Röhm. „Das BHKW läuft vor allem nachts, tagsüber liefert die PV-Anlage den Strom – so nutzen wir die Energie optimal aus.“
Die Gesamtkosten dieser zweiten Maßnahme betragen 181.900 Euro. Für die Durchführung konnte die ortsansässige Firma Wahler Sanitär- und Heizungstechnik gewonnen werden. Die Planung und Ausführung der Elektro- und Messtechnik übernahm wiederum Elektromeister Michael Mindel, wodurch weitere 41.000 Euro eingespart wurden.
Der modernisierte Biofilter sorgt nun nicht nur für geringere Emissionen, sondern auch für eine wartungsfreundlichere, personell weniger aufwendige Technik – ein Pluspunkt für den laufenden Betrieb.
Die jüngsten Investitionen bauen auf einer Entwicklung auf, die seit Jahren in Veitshöchheim konsequent verfolgt wird. Mit dem neuen Blockheizkraftwerk im Jahr 2018 und der Photovoltaikanlage mit 99 Kilowatt Leistung auf den Dächern der Kläranlage, die Ende 2023 in Betrieb ging, hat sich der Zweckverband bereits weitgehend unabhängig vom externen Energiebezug gemacht.
Die Bilanz kann sich sehen lassen: Während der Stromverbrauch 2011 noch bei 677.729 Kilowattstunden lag, sank er bis 2024 auf 262.488 Kilowattstunden – eine Reduzierung um 61 Prozent. Über 188.000 Kilowattstunden Strom und rund 600.000 Kilowattstunden Klärgas werden mittlerweile selbst erzeugt. 97 Prozent des erzeugten Stroms werden direkt auf dem Gelände verbraucht, der Rest ins öffentliche Netz eingespeist.
„Die Kombination aus Blockheizkraftwerk und Photovoltaikanlage funktioniert hervorragend“, betont Röhm. „So können wir die Energiequellen bestmöglich ausnutzen und den Bedarf im Jahresverlauf flexibel decken.“
Auch Tiefbauingenieur Jürgen Hardecker lobt die Entwicklung: „Im Bestand eine solche Effizienzsteigerung zu erreichen, ist weit schwieriger als bei einem Neubau. Dass das hier gelingt, ist der Verdienst engagierter Mitarbeiter und einer langfristig angelegten Strategie.“
Mit den beiden Investitionen in Höhe von insgesamt über eine halbe Million Euro festigt die Kläranlage Veitshöchheim ihre Rolle als Vorzeigeprojekt für nachhaltige kommunale Abwasserwirtschaft. „Wir zeigen, dass Abwasserreinigung nicht nur Kostenfaktor, sondern auch Energiequelle sein kann“, so Zweckverbandsvorsitzender Jürgen Götz.
Von dieser Entwicklung profitieren letztlich auch die Bürger. Die Gemeinde Veitshöchheim kann die Abwassergebühren stabil halten: Die Schmutzwassergebühr liegt derzeit bei 1,65 Euro pro Kubikmeter – deutlich unter dem bayerischen Durchschnitt von 2,09 Euro (Stand 2022).
„Unsere Investitionen zahlen sich langfristig doppelt aus“, betont Götz. „Wir leisten aktiven Klimaschutz, verbessern die Wirtschaftlichkeit der Anlage – und entlasten zugleich die Bürgerinnen und Bürger durch niedrige Gebühren.“
Mit der neuen Schlamm-Eindickung, der modernisierten Lüftungsanlage und dem effizienten Energieverbund aus BHKW und Photovoltaik ist die Kläranlage Veitshöchheim ein Beispiel dafür, wie kommunale Infrastruktur technisch modernisiert, wirtschaftlich betrieben und zugleich ökologisch sinnvoll gestaltet werden kann.
„Unser Ziel bleibt klar: Wir wollen die Kläranlage möglichst energieautark betreiben – und das mit eigenen Ressourcen, viel Fachwissen und möglichst geringen Kosten“, fasst Veitshöchheims Bürgermeister zusammen.
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Bereits im Herbst 2018 wurde dazu anstelle der veralteten Siebbandpresse (im Bild) eine 300.000 Euro teure Schlämmentwässerungs-Zentrifuge in Betrieb genommen, die sich bis 2030 amortisiert. Für die notwendige Ersatzbeschaffung wurden Entwässerungsversuche mit unterschiedlichen Entwässerungstechniken gefahren, um das für den vorliegenden Schlamm beste Entwässerungs-Ergebnis zu erzielen. Am effektivsten erwies sich die Zentrifuge der Fa. Flottweg, die jetzt auch wieder bei der Schlammeindeckung wieder zum Zuge kam.
Bei der neuen Zentrifuge fielen statt vorher 1.200 Tonnen Klärschlamm jährlich nur noch 800 Tonnen mit bis zu 25 Prozent Trockensubstanzgehalt an, was die Verbrennung von Klärschlamm im Müllheizkraftwerk ermöglichte. Dies führte zu jährlich 25.000 Euro Einsparungen bei der Entsorgung.
Nachstehend ein Schaubild des Gesamtprozesses zur Schlammbehandlung mit den bei der Kläranlage eingesetzten Flottweg-Zentrifugen:
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| Es fallen im Klärwerk unterschiedliche Schlämme an. | |
| Rücklaufschlamm | Der Belebtschlamm ist die sogenannte Biomasse, eine Ansammlung von Mikroorganismen die zur Abwasserreinigung nötig sind. Im Belebungsbecken werden diese mit Sauerstoff und Nahrung (Abwasser) versorgt. Der Belebtschlamm gelangt mit dem Ablauf aus dem Becken in ein weiteres Becken, dem sog. Nachklärbecken. Darin trennt sich Schlamm und Wasser. Der schwerere Schlamm setzt sich ab und das Überstandswasser gelangt über den Ablauf der Kläranlage in den Main. |
| Rücklaufschlamm | Aus dem Nachklärbecken wird der abgesetzte Schlamm, der sog. Rücklaufschlamm dem Belebungsbecken zurückgeführt. |
| Überschussschlamm | Aus diesem Rücklaufschlamm wird ein Teilstrom entnommen. Dieser nennt sich Überschussschlamm. Das ist die nicht mehr benötige Menge an Biomasse. Der Überschussschlamm wird im Faulturm zum Faulschlamm. |
| Faulschlamm | Auf der Siebbandpresse wird dann ausgefaulter Schlamm aus dem Faulturm entwässert. Faulschlamm ist das zu entsorgende Abfallprodukt aus der Kläranlage. |
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Die Kläranlage als Energieerzeuger: Seit Ende 2023 trägt eine Photovoltaikanlage mit 99 kW auf den Dächern der Kläranlage Veitshöchheim zu einer besonders positiven Entwicklung der Energiebilanz und zum Klimaschutz bei.
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Fotos Dieter Gürz