Veitshöchheimer Nachtwächter Dr. Karl-Peter Sorge rief im Bacchuskeller längst vergessene Fränkische Bräuche zur Weihnachtszeit von Martini bis Lichtmeß in Erinnerung
Der bekannte Veitshöchheimer Nachtwächter Dr. Karl-Peter Sorge entführte am Mittwochabend im Bacchuskeller zur Einstimmung auf die Adventszeit auf Einladung des Grünen-Ortsverbandes in die Welt der Fränkischen Bräuche zur Weihnachtszeit von Martini bis Lichtmeß, auch "die stade Zeit" genannt.
Im Bild begrüßen vom Ortsverband die Vorsitzende Beate Hofstetter und Beirat Martin Husch die rund 50 Gäste.
Aufgelockert wurden Sorges Geschichten durch Stubenmusik der Veitshöchheimer Musiker Bernhard von der Goltz (Gitarre) und Rainer Schwander (Hackbrett).
Das Duo begeisterte so aus dem traditionellen adventlichen Stubenmusikrepertoire mit:
- Rauhrieser Landler
- Herz Jesu Menuett
- Marien Menuett
Zu Gehör brachten sie anschließend von dem irischen Harfenisten Tourlough O'Carolan (1670-1738) Planxty Irvin und weiter "Little Martha" von Duane Allman sowie "Ich wünsch dir Glück" und zum Schluss die Eigenkomposition "Lullaby".
Der Hobbyhistoriker Sorge würzte seinen Vortrag mit Illustrationen von Otto Mayer aus einem 1978 im Stürtz-Verlag zum gleichen Thema erschienenen Buch des einstigen Bezirksheimatpflegers Dr. Reinhard Worschech, im Bild links von Frauen, die eine Gans für Martini nach Hause tragen.
Wie aus dem Weltenbuch des Sebastian Frank von 1530 hervorgeht, wurde der Martinstag am 11. November in jedem Haus mit gutem Wein und Gänsebraten gefeiert und an diesem Tag das Gesinde ausgezahlt.
Nach Sankt Kathrein am 25. November mit dem letzten Bauernball im Jahr, der zugleich als Heiratsmarkt diente, waren Tanz und Geigen verpönt, bereitete man sich auf die Adventszeit vor.
An Sankt Andreas am 30. November wurde das Andreasbrot an Arme und Hilfsbedürftige verteilt,
war diese Nacht für Mädchen besonders in der Hoffnung wichtig, bei Zeitvertreiben wie
wie Schiffchenspiel,
Bett-Brett-Treten,
Schuhwerfen oder
der Zaunmessen Näheres über den künftigen Liebhaber in Erfahrung zu bringen.
Anstelle von Tannen als Weihnachtsbäume dienten früher die Barbara-Zweige, die an Sankt Barbara am 4. Dezember ins Haus geholt wurden, um sie dann an Weihnachten im blühenden Zustand mit Zuckerwaren oder Gebäck zu behängen.
Nichts mit dem heiligen Bischof zu tun hatte in früheren Zeiten die alte fränkische Nikolausfigur. Diese waren laut Sorge vielmehr vermummte, furchterregende Gestalten, die mit Säcken oder Fellen angezogen und mit Ketten und Stricken behängt die Kinder zum Fürchten brachten.
Der Heilige Thomas ließ dann am 21. Dezember wieder die Geigen brummen, die Adventszeit war vorüber, es durfte wieder gespielt werden und Träume in dieser Nacht wurden wahr.
An Heilig Abend war dann Sternsingen auf dem Marktplatz angesagt. Der Aberglaube war groß in Mode. So ging man ging nach dem Feiertagsläuten in den Garten, umband Bäume mit Strohbüschel, um sie dann in der Nacht zu schütteln, damit sie viele und gute Früchte bringen.
Am ersten Weihnachtsfeiertag versammelten sich die Leute um die Krippe und führte Weihnachtsspiele auf.
Tags darauf waren an Sankt Stephan Pferderitte Brauch, wurden die Tiere vor die Kirche geführt, um den Segen zu erhalten.
Am 27. Dezember gab es dann den Johannestrunk: Eine Flasche Wein wurde in der Kirche geweiht und dann zuhause auf die Fässer im Keller verteilt, damit der Wein nicht verdirbt.
„E glückseligs Neus Jahr“ hieß zum Jahreswechsel der Spruch von Kindern und Bettlern, die von Haus zu Haus eilten und Geschenke erwarteten.
Viel hatte der Professor über den Dreikönigstag zu erzählen, wo der Hausherr in der letzten Rauhnacht davor im Haus mit Weihrauch und Weihwasser die Dämonen vertrieb
und die Buchstaben CMB (Christus Mansionem Benedicat = “Christus segne dieses Haus”) mit drei Kreuzen und der Jahreszahl an die Eingangstür schrieb (in der Illustration KMB).
An Maria Lichtmeß schließt sich dann der Weihnachtsfestkreis, war mit der Lichterprozession etwas Neues in Sichtweite, bereitete man sich auf den Beginn der Feldarbeit vor.
„Wie die Alten früher schon getan, so trinken wir uns heute die Stärke an.“ Mit diesem Slogan hält der Veitshöchheimer Wirtschaftswissenschaftler Professor Dr. Karl-Peter Sorge schon seit 1997 den bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts bei uns in Franken üblichen Brauch des „Stärketrinkens“ am Dreikönigstag in Erinnerung.
Die Frauen bringen dazu rohe Eier mit, die ihre Männer in einen Krug voller Bier hineinschlagen und verquirlen, um dann auf die Stärke, die Schönheit und die Gesundheit anzustoßen (so auch geschehen am 6.1.2011 im Escavinum - der Professor mit seiner Frau).
Text und Fotos Dieter Gürz