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Der Bürgermeister beeindruckte mit seiner Rede am Volkstrauertag in Veitshöchheim

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Am heutigen Volkstrauertag-Sonntag, 17. November 2024, fand traditionsgemäß wie jedes Jahr um 11:00 Uhr am Ehrenmal an der St. Vitus-Kirche eine vom Kulturamt der Gemeinde Veitshöchheim organisierte und von Karen Heußner moderierte Gedenkveranstaltung für die Gefallenen und Kriegsopfer statt.

Ein Blechbläser-Quintett mit Trommlerin des Heeresmusikkorps Veitshöchheim eröffnete unter der Leitung von Oberstabsfeldwebel Bernhard Müßig (links) die Gedenkfeier mit Johann Sebastian Bach's tröstlichen Choral "Wer nur den lieben Gott lässt walten". Zur Kranzniederlegung intonierten die Berufsmusiker das Lied vom "Guten Kameraden",  danach ebenfalls von Bach das Passionslied „O Haupt voll Blut und Wunden“ und als Schlusspunkt der Feier die Deutschlandhymne.

Die 1. Kompanie des Fernmeldebataillons 10 der 10. Panzerdivision stellte einen Ehrenzug.

Zur würdigen Ausgestaltung der Gedenkfeier trug auch der Gemischte Chor des Männergesangvereins unter der Leitung von Stefan Schneider mit dem Lied "Irish Blessing" bei.

Kränze zum Gedenken an die Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Vertreibung legten für die Bundeswehr Brigadegeneral André Abed (seit September 2024 Kommandeur der Divisionstruppen der 10. Panzerdivision), für die Gemeinde Bürgermeister Jürgen Götz und für den Sozialverband VdK die Ortsvorsitzende Sybille Brandt nieder.

Zahlreiche Vereine leisteten der Bitte von Bürgermeister Jürgen Götz Folge, mit ihren Fahnenabordnungen teilzunehmen.

Recht herzlich eingeladen hatte das Ortsoberhaupt zu dieser Gedenkfeier auch die Bevölkerung, der jedoch außerhalb der Fahnenabordnungen nur Wenige Folge leistete.

Wie reihum zu hören war, waren alle von der Gedenkrede, die heuer turnusgemäß Bürgermeister Jürgen Götz hielt, sehr beeindruckt.

Für alle, die nicht da waren, aber der Inhalt interessiert, kann sich nachstehend selbst ein Bild davon machen.

Im Mai 2003 hatte der „Sudetendeutsche Verband Studentischer Corporationen“ (SVSC/Veitshöchheimer Convent) am Ehrenmal eine eigene Gedenktafel enthüllt (rechts an der Mauer).  Auch heuer war der SVSC mit Peter Gunnar Theiss und einer Abordnung der B! Germania - Solmontia 1884 zu Kronach im SVSC mit ihrem amtierenden Sprecher Sandro D. Böhner gekommen, um an der öffentlichen Gedenkstunde zum Volkstrauertag teilzunehmen.

Fotos Dieter Gürz

Rede des Veitshöchheimer Bürgermeisters Jürgen Götz am Volkstrauertag 2024
(gekürzte Fassung)

An diesem Volkstrauertag stehen wir zusammen, um den Opfern von Krieg und Gewalt zu gedenken. Dieser Tag lädt uns ein, innezuhalten und uns zu erinnern – an das Leid der Vergangenheit und an das Leid, das auch heute noch viele Menschen weltweit durch Krieg und Vertreibung erfahren müssen. Es ist ein Tag der Trauer und der Besinnung, aber auch der Mahnung, die Schrecken des Krieges nicht zu vergessen und für den Frieden einzutreten.

Besonders in einer Garnisonsgemeinde wie der unseren, in der die Bundeswehr einen wichtigen Teil unseres Lebens darstellt, ist der Volkstrauertag von besonderer Bedeutung. Unsere Soldatinnen und Soldaten sind nicht nur Träger der militärischen Verantwortung, sondern auch ein Symbol für den Frieden, den wir in unserem Land und über unsere Grenzen hinaus bewahren wollen. Wir stehen hier nicht nur für unsere eigene Geschichte, sondern auch im Zeichen der Verantwortung für eine friedliche Zukunft.

Heute erleben wir den dritten Volkstrauertag in Zeiten eines blutigen Krieges in unserer weiteren Nachbarschaft auf europäischem Boden. Dutzende ukrainische Menschen haben hier bei uns in Veitshöchheim Zuflucht gefunden und versuchen ihr Leben neu zu sortieren, haben Angst um ihre Freunde, ihre Familien in der Heimat oder trauern um geliebte Menschen, die Opfer dieses Krieges sind.

Wir hier in der Garnisonsgemeinde Veitshöchheim gedenken in besonderer Weise der gefallenen Soldatinnen und Soldaten unserer 10. Panzerdivision, die im Auslandseinsatz und in Erfüllung ihres Friedensdienstes ihr Leben verloren. Ihren Angehörigen, ihren Frauen, Männern und Kindern gelten unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme.

Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt Opfer geworden sind. Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in unserem Land.

Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.

Das heutige Innehalten am Volkstrauertag ist umso wichtiger, wenn wir uns vor Augen halten, wie sich uns die Welt – fast 80 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges– heute darstellt: die Kämpfe in der Ukraine, der seit Jahren anhaltende blutige Bürgerkrieg in Syrien, die militärischen Auseinandersetzungen im Gazastreifen, in Israel und im Libanon, die Schreckensherrschaft der Taliban in Afghanistan.

In all diesen Konflikten sind es vor allem die Zivilisten, die die höchsten Opferzahlen erleiden. Frauen und Kinder, die in den Wirren von Kämpfen und Bombardierungen ihr Leben verlieren oder fliehen müssen, sind häufig die unsichtbaren Opfer dieser Kriege. Auch die Vertreibung von Millionen Menschen, die keine Heimat mehr haben, bildet ein erschreckendes Bild unserer Gegenwart.

Es gibt bedenkliche Entwicklungen aber auch in unserem Land, Entwicklungen, die dem Frieden im Innern nicht guttun. Populisten und rechte Gruppierungen schüren Ängste und vertiefen Gräben, ein Denken und Handeln in den Kategorien „Wir“ und „Die“ macht sich breit. Und, was über 80 Jahre nach dem Novemberpogrom der Nazis besonders bedrückend ist: Antisemitische Hetze und Übergriffe haben wieder zugenommen, antisemitische Vorurteile sind selbst in der Mitte der Gesellschaft anzutreffen.

Freiheit und Frieden sind nie einfach nur da. Sie müssen stets verteidigt und bewahrt werden. In diesem Sinne sollten wir uns auch mit unserem eigenen Land auseinandersetzen und aktiv für eine freie und gerechte Gesellschaft eintreten. Wir dürfen Rassismus, Hass und Gewalt keinen Raum geben. Stattdessen sollten wir für Solidarität, Toleranz und Respekt eintreten.

Angesichts so vieler Gräben und Konflikte in aller Welt müssen wir alle Anstrengungen verstärken, Frieden, Demokratie und Menschenrechte durchzusetzen und zu verteidigen. Wir müssen mehr tun, um die vielen Krisen einzudämmen; wir müssen handeln, ehe die Konflikte explodieren. „Nicht der Krieg ist der Ernstfall, der Friede ist der Ernstfall, in dem wir uns alle zu bewähren haben“ – so hat es Gustav Heinemann, der dritte Präsident der Bundesrepublik Deutschland, einmal formuliert.

Bevor eine Auseinandersetzung beginnt, ein Krieg ausbricht, hat er längst schon in den Herzen der Menschen begonnen. Der Volkstrauertag sollte für uns Lebende auch vor allem ein Tag des Nachdenkens werden, der kritischen Prüfung unseres Standpunktes. Toleranz wird erforderlich sein, wenn man mit anderen Menschen zusammenleben will. Es kann nicht immer nur unsere eigene Lebens- und Denkart die einzig Wahre sein, auch wenn es uns schwerfällt.

Hass, Grausamkeiten, Unterdrückung hat es zu allen Zeiten gegeben und wird es wohl leider vielfältig auch zukünftig geben. Die Menschennatur ist nicht nur zu edlen Taten fähig, sondern leider auch zu Untaten.

Wir wollen uns heute besonders befragen und Antwort suchen, ob wir nicht selbst etwas ändern und in den Alltag mit hinübernehmen können, ob wir alles getan haben, diese Welt etwas besser zu machen, verständnisvoller mit den Problemen anderer umzugehen, sich für Verständigung und Frieden im eigenen Umfeld einzusetzen.

Feindbilder sind in allen Lebenslagen bequem. Sie dienen gerne als Blitzableiter für eigene Probleme. Vorurteile, Ungerechtigkeit, Neid, Habsucht, Intoleranz, Desinformation und Überheblichkeit, mangelnde Solidarisierung und krasses gesellschaftliches Ungleichgewicht waren stets die Vorstufen für Volksverführer, für Krieg und Elend, für Völkermorde, Gefangenenelend, Vergeltungsexzesse, Vertreibung ganzer Völker und menschenverachtender Vorgänge.

Die richtig genutzte Freiheit ist die schwerste Lebensform überhaupt, beinhaltet sie doch vor allem Verantwortungsbewusstsein gegenüber den anderen.

Es geht heute nicht um eine Trauer, die das Leben lähmt. Trauer ist so verstanden Ansporn zu Tat, ist Ansporn, nicht nachzulassen, Frieden zu erhalten und Frieden zu schaffen. Deshalb ist und bleibt der alljährliche Volkstrauertag zeitlos. Er fordert uns aber auch auf, unsere eigene Verhaltensweise auf den Prüfstand zu stellen.

Üben wir uns in etwas Demut gegenüber anderen und im eigenen Handeln. Verbannen wir den Hass aus unseren Herzen, die Herrschsucht, die persönliche Eitelkeit. Sind wir kritischer in unserem Denken und Handeln.

Die Frage des Friedens ist damit nicht nur eine Frage an die Welt, sondern eine Frage an jeden einzelnen von uns!

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