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Die bayerischen Bezirksheimatpfleger tagten im Jüdischen Kulturmuseum Veitshöchheim - Themenschwerpunkt: Genisaprojekt

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Sie sind wichtige Ansprechpartner in kulturellen Fragen: Die bayerischen Bezirksheimatpfleger (BHP) der sieben Regierungsbezirke. In vielen Fragen der Heimatpflege haben sie eine Schlüsselrolle inne. Veitshöchheims 2. Bürgermeister Elmar Knorz hieß sie heute im Jüdischen Kulturmuseum willkommen v.l.n.r. Elmar Knorz,  Dr. Andrea Kluxen (BHP Mittelfranken), Tobias Appl (BHP Oberpfalz), Astrid Pellengahr (BHP Oberbayern), Günter Dippold (BHP Oberfranken),  Elisabeth Singer-Brehm (Genisaforscherin seit 2001 in Veitshöchheim), Prof. Dr. Klaus Reder (BHP Unterfranken),  Christoph Lang (BHP Schwaben), Dr. Martin Edelmann (Kulturreferentin und Genisaforscherin Veitshöchheim) und Beate Weinhold (wissenschaftliche Mitarbeiterin Genisaprojekt) -  entschuldigt Dr. Maximilian Seefelder (BHP Niederbayern).

Die bayerischen Bezirksheimatpfleger treffen sich regelmäßig zum Gedankenaustausch und inhaltlichen Fortbildung, dieses Mal wieder in Unterfranken. Im Mittelpunkt stand bei der Arbeistagung heute im Jüdischen Kulturmuseum am Vormittag das Projekt "Genisa", das nach den Worten des unterfränkischen Bezirksheimatpflegers Prof. Dr. Klaus Reder als Gastgeber hier in Veitshöchheim vorbildlich für ganz Bayern läuft.

Am Nachmittag tauschte man sich aus zu verschiedenen anderen Fragestellungen, die die bayerischen Heimatpfleger derzeit intensiv betreffen, so über die Themen "Musikantenfreundliches Wirtshaus" (siehe nachstehender Link auf Leitfaden) und die "Ehrungskultur", also wie man umgehen  kann mit den ganzen historischen Gebäuden.

Der Heimatpflege kommt gerade in Zeiten der Globalisierung besondere Bedeutung zu. Heimat stiftet Identität. Sie kennt vielfältige Ausdrucksformen: Unsere Tradition und Kultur finden wir in Denkmälern ebenso bewahrt wie in der Regionalgeschichte. Auch Sprache und Literatur sowie Tracht und Volksmusik sind wertvolle Kulturgüter. Bezirksheimatpfleger leisten in ihrer jeweiligen Region einen wichtigen Beitrag, diese für nachfolgende Generationen zu erhalten, und tragen so zur Weiterentwicklung kultureller Identität bei.

 In diesen Bereichen sind die Heimatpfleger wichtige Ansprechpartner. Sie sind regional verortet und verfügen daher über Kennntnisse der kulturellen Charakteristika der jeweiligen Region. Mit großem Engagement bringen sie sich auch in das Thema Immaterielles Kulturerbe ein und fördern so die große Resonanz des Themas in Bayern.

In seinem Grußwort verwies 2. Bürgermeister Elmar Knorz darauf, dass 1990 ein Kulturamt bei der Gemeinde eingerichtet wurde. Dies war dann auch der Beginn, sich fundiert mit der Ortsgeschichte und vor allem mit den Veitshöchheimer Traditionen und mehr zu beschäftigen. Es gab schon 1990 einen Heimatgeschichtlichen Arbeitskreis, der Ausstellungen zu Veitshöchheimer Themen erstellt und 2001 das kleine Dialektbuch  „Veitshöchheimer Wörder un Schbrüch“ herausgab.  Knorz: "Und natürlich ist das 1994 eröffnete Jüdische Kulturmuseum ein wichtiger Beitrag zur Heimatpflege und Geschichte unseres Ortes." Sein ganz besonderer Dank galt dem Bezirk Unterfranken und hier vor allem Professor Dr. Klaus Reder, der von Anfang an das Museums-Projekt unterstützt habe.

Das Genisaprojekt Veitshöchheim, das am Vormittag der Tagung der Bezirksheimatpfleger Bayerns im Mittelpunkt stand, konnte laut Knorz nur deshalb bis heute so aktiv sein, weil neben dem persönlichen Einsatz der beiden gemeindlichen Kulturreferentinnen Karen Heußner (seit 1990) und Dr. Martina Edelmann (seit 1993) eine finanzielle Förderung durch alle drei fränkischen Bezirke stattfand.

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Die Synagoge mit dem Jüdischen Kulturmuseum ist bundesweit für ihre „Genisa“-Forschung bekannt. Einem glücklichen Zufall war es zu verdanken, dass die Synagoge in Veitshöchheim wieder als orthodoxes Gotteshaus in altem Glanz erstrahlt, und der Ort somit eine überregional bedeutende Museumsanlage hat, deren Wurzeln bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen. Ursprünglich sollte das jahrelang auch von der Feuerwehr genutzte Baudenkmal als Galerie modernisiert werden. Bei Fundamentarbeiten im März 1986 kamen im Geröll die Keupersandstein-Säulenfragmente einer Lesekanzel und eines Thora-Schreins zu tage. Bei weiteren Bauarbeiten über dem Betsaal stieß man auf sogenante "Genisa"-Funde. Im Judentum dürfen Texte, auf denen der Namen Gottes zu lesen ist, nicht einfach weggeworfen werden. Daran hielt man sich bis ins 20. Jahrhundert auch in vielen Gemeinden Unterfrankens. Religiöse Schriften, die nicht mehr in Gebrauch waren, wurden in den Dachböden der Synagogen aufbewahrt. Als „Genisa“ bezeichnet man also Orte, in denen alten Gebetsbücher abgelegt wurden.

Bei den Funden in Veitshöchheim ergriff die Gemeinde die Chance, das geistige Innenleben einer jüdischen Gemeinde über mehr als 200 Jahre hinweg zu dokumentieren. 1994 wurde nach jahrelangen wissenschaftlichen Arbeiten die Gesamtanlage mit Synagogengebäude, Genisa-Museum und Seminar- und Archivgebäude eingeweiht anlässlich des 25jährigen Jubiläums des JKM die Neugestaltung am 23. Juni 2019 eröffnet (siehe nachstehender Link).

Fotos Dieter Gürz

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