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Heute wurde bei der Frankonia Schokoladen GmbH in Veitshöchheim wegen höherer Entgelte gestreikt

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Gerechtere Löhne für die Beschäftigten und Auszubildenden forderte am Montag die Belegschaft der seit über 40 Jahren in Veitshöchheim in der Daimlerstraße ansässigen Frankonia Schokoladenwerke GmbH. Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) hatte vor den Toren des Betriebs für die erste Schicht ab 4.00 Uhr und die zweite Schicht ab 13.45 Uhr zum Warnstreik für ihre Forderungen nach Erhöhungen der Entgelte und Ausbildungsvergütungen aufgerufen. Dem Aufruf von Ibo Ocak, dem Geschäftsführer der NGG für die Region Unterfranken, folgten bei der ersten Schicht, wie im Bild zu sehen, 52 Streikende, die wie später auch die Streikenden der zweiten Schicht ihre Schutzkleidung gegen Streik-Westen und Gewerkschaftsplakate und -fahnen tauschten. Bei 29 Arbeitswilligen und vier Leiharbeitenden in der ersten Schicht war die Produktion an diesem Tag stark eingeschränkt.

Die NGG verhandelt derzeit mit dem Bundesverband der Süßwarenindustrie (BDSI) über höhere Löhne für die rund 60.000 Beschäftigen der Branche. Sie fordert laut Ocak mit einer Laufzeit von zwölf Monaten 500 Euro mehr pro Monat in den unteren Tarifgruppen A bis E, 400 Euro mehr pro Monat in allen anderen Tarifgruppen und 200 Euro mehr pro Monat für die Auszubildenden, zusätzlich eine Fahrtkostenpauschale von 50 Euro monatlich.

Das Angebot der Arbeitgeber, die Löhne um 3.8 Prozent in 2023 und 2.9 Prozent in 2024 zu erhöhen, werde der prekären Situation vieler Beschäftigten in keiner Weise gerecht. Der Gewerkschaftsfunktionär verweist darauf, dass es in der Süßwarenindustrie keine Krise gibt, sondern laut statistischem Bundesamt der Umsatz in Deutschland von 14,4 Milliarden in 2021 um elf Prozent auf 16,23 Milliarden Euro in 2022 gestiegen sei. Ocak: "Davon wollen auch die Beschäftigten bei Frankonia endlich ihren fairen Teil abhaben. Wegen der Rekordpreise in den Supermärkten, explodierenden Mieten und Spritpreisen sind die finanziellen Sorgen riesengroß. Für die Streikbereitschaft gilt das gleiche.“

Mit einer „deutschlandweiten Warnstreikwelle“ will die NGG, so Ocak, nach zwei ergebnislosen Verhandlungsrunden den Druck erhöhen. Der Streikschwerpunkt liegt dabei zunächst bei der Stollwerck-Gruppe in Norddeutschland und Berlin. Die Streikteilnehmer wurden zum Teil mit Bussen zu einer zentralen Kundgebung nach Hamburg gefahren. Bis zu dem nächsten Verhandlungstermin am 22./23.06.2023 sollen Streiks auch in den anderen Tarifgebieten folgen.

 

 Sie leiteten die Streikaktion vor den Toren der Frankonia-Schokoladen GmbH in Veitshöchheim v.l.n.r. Frank Jauch (NGG-Gewerkschaftssekretär Unterfranken), Doreen Leibig (stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Frankonia), Ibo Ocak (Geschäftsführer der NGG Unterfranken) und Michael Hadry (Betriebsratsvorsitzender Frankonia)

Bestreikt wurde auch die Frankonia Schokoladen GmbH in Veitshöchheim mit derzeit 185 Beschäftigten, denn Frankonia gehört nach Übernahme der französischen Cémoi-Gruppe, die zu über 95 Prozent die Geschäftsanteile hält, durch die belgische Gruppe Baronie seit Juli 2021 zum Stollwerck-Konzern, der weltweiten Nummer eins im Bereich der Eigenmarken-Schokoladenhersteller mit einem Umsatz des Konzerns von zuletzt 1,2 Billionen Euro und insgesamt 5.000 Mitarbeitern und 23 Fabriken.

Obwohl konzernzugehörig ist die Frankonia, nach dem Motto "Wir denken global, aber handeln lokal" völlig eigenständig bei der Produktentwicklung und den Investitionen, sagt Frankonia-Geschäftsführer Hüseyin Alkan. Die von der NGG angeführte Umsatzsteigerung von elf Prozent im letzten Jahr treffe für die Frankonia nicht zu. So seien für seine Firma 2022 die Rohstoffpreise gewaltig gestiegen, so für Zucker um das Doppelte, die Energiekosten gar um das Dreifache. Aus diesem Grund war dann der Umsatz genau so hoch wie 2021, obwohl der Absatz pro Kilogramm Schokolade um 17 Prozent zurückging. So falle auch der Gewinn um 50 Prozent niedriger aus als noch 2021.

Der Frankonia-Geschäftsführer, der selbst der Tarifkommission des BDSI verweist darauf, dass die Forderungen der NGG, die unteren Lohngruppen um 500 Euro im Monat zu erhöhen, eine Lohnerhöhung von teilweise über 20 Prozent bedeuten würde. Dies könne nur durch höhere Verkaufspreise aufgefangen werden, die aber aufgrund des gegenwärtigen Preisdrucks der Discounter nicht umsetzbar seien, so dass Produktionsausfälle und die Entlassung von Beschäftigten zur Folge hätte. So sei die Belegschaft in einem Jahr schon von 230 auf aktuell 185 zurückgegangen.

Im übrigen verweist Hüseyin darauf, dass derzeit die Entgelte in den unteren Tarifgruppen über dem Mindestlohn liegen, so in Tarifgruppe A bei 13,28 € z.Zt. keine Beschäftigten bei Frankonia), B: 13,81 €, Tarifgruppe C: 14,79 € und Tarifgruppe D: 15,69 €. Zum Entgelt erhalten die Beschäftigen zusätzlich noch Zuschläge.

Wie Hüysein sagt, habe die Arbeitgeberseite am 15. Mai 2023 Inflationsausgleichsprämien im Jahr 2023 in Höhe von insgesamt 1.000 Euro netto und weitere Inflationsausgleichsprämien im Jahr 2024 in Höhe von insgesamt 500 Euro netto, die Anhebung der Entgelte für alle Entgeltgruppen im Jahr 2023 um einen Festbetrag in Höhe von 125 Euro und die weitere Erhöhung der Entgelte für alle Entgeltgruppen um einen Festbetrag in Höhe von 100 Euro im Jahr 2024, die Erhöhung der Ausbildungsvergütungen in allen Ausbildungsjahren um insgesamt 100 Euro.

In der Laufzeit von 24 Monaten bedeute dieses Angebot 1.500 Euro Einmalbeträge netto, Entgelterhöhungen in Höhe von 225 Euro brutto (Beispiel Nordrhein-Westfalen 6,66 Prozent im Eckentgelt für einen Facharbeiter und in einer unteren Lohngruppe zum Beispiel B von 9,53 Prozent. Ungeachtet dieses Angebotes und weiterer konstruktiver Gespräche habe die Gewerkschaft, so der Frankonia Geschäftsführer die Verhandlungen einseitig abgebrochen und zu flächendeckenden Warnstreiks im Juni 2023 aufgerufen.

Fotos Dieter Gürz

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