Das seit 36 Jahren in Veitshöchheim wohnende Ehepaar Josef und Seweryna Cichy ist seit 65 Jahren verheiratet
Herzliche Glückwünsche zum seltenen Jubiläum der Eisernen Hochzeit überbrachten heute dem Veitshöchheimer Jubelpaar Seweryna und Josef Cichy die stellvertretende Landrätin Karen Heußner mit Präsenten in Form von Wein, Orchideen und einem Buch sowie Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz mit einem Präsentkorb der Gemeinde und einem Geschenk des Bayerischen Ministerpräsidenten.
Wie die beiden öffentlichen Gratulanten bei ihrem Besuch bewundernd feststellen konnten, haben sowohl der 85jährige Josef als auch seine 84jährige Frau Seweryna einen Schlaganfall gut überstanden und können noch ihren Haushalt und auch die Einkäufe selbständig erledigen. Die Spätaussiedler aus Polen, die stolz auf zwei Töchter und einen Sohn, drei Enkelkinder und vier Urenkelinnen sind, hatten ihren Besuchern viel über ihr erfülltes Leben zu erzählen.
Foto Dieter Gürz
Das Jawort gaben sie sich die beiden am 1. Februar 1958 in der 80 Kilometer südlich von Posen liegenden Ortschaft Bojanowo. Der Heimatort des Jubelpaares hat eine höchst wechselhafte Geschichte hinter sich. Der 1638 von Stefan Bojanowski nach Magdeburger Recht gegründete Ort kam durch die Zweite Teilung Polens von 1793 bis 1807 vorübergehend an Preußen, wurde dann aber nach dem Frieden von Tilsit als Teil des Herzogtums Warschau wieder polnisch, aufgrund der Beschlüsse des Wiener Kongresses 1815 erneut preußisch, 1857 zerstörte ein Brand alle 440 Häuser der Stadt, verloren 2000 Menschen ihr Obdach, kam die Stadt nach Ende des Ersten Weltkrieges trotz ihrer überwiegend deutschen Bevölkerung im Januar 1920 erneut zu Polen nur drei Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt, wurde im Oktober 1939 nach der Besetzung durch die deutschen Truppen vom Deutschen Reich annektiert und nach ihrem Ehrenbürger in "Schmückert" umbenannt bis schließlich im Januar 1945 die Russen einrückten und Bojanowo an Polen zurückgaben. Während bis zum Ersten Weltkrieg über 90 Prozent der Ortseinwohner Deutsche waren, hatte sich dieses Verhältnis 1939 vor dem Einmarsch von Hitlers Truppen mit nur noch 12,5 Prozent Deutschen umgekehrt.
Ausreise nach Würzburg als Spätaussiedler
Josef (Geburtsjahrgang 1938) hatte in seinem Heimatort als LKW-Fahrer gearbeitet, seine Frau als Hauswirtschafterin auf der Kinderstation eines Krankenhauses, bis dann das Ehepaar neun Jahre nach ihrer Hochzeit 1965 in Lubin, einem der bedeutendsten Industriestandorte in Niederschlesien, 71 Kilometer nordwestlich von Breslau, sesshaft wurde, wo Josef für den polnischen Bergbaukonzern (Kupfer und Silberabbau) KGHM und seine Frau in einer Kinderkrippe arbeiteten.
Ihre 1958 geborene Tochter Mariola war aufgrund der Repressalien der damaligen kommunistischen Führung Polens bereits im September 1981 im Alter von 23 Jahren nach Würzburg übergesiedelt, wo sie beim Fischereiverband Unterfranken eine Anstellung fand. Als ihr Vater sie 1985 hier besuchte, beschloss er aus den gleichen Gründen, ebenfalls hier als Spätaussiedler zu bleiben. Seiner Frau gelang es erst zwei Jahre später nachzukommen. Für beide war es, wie sie sagen, sehr schmerzhaft, sich von ihren Verwandten und Freunden in Polen zu trennen. Josef fand in Würzburg schnell eine Anstellung als LKW-Fahrer bei der Tiefbaufirma Walch, Reichert & Co. GmbH, wo er bis zu seiner Rente arbeitete.
Seit 1987 wohnt das Ehepaar in Veitshöchheim, wo sie sich im Schenkenfeld in einer Wohnung der Bayerischen Versicherungskammer mit Blick auf den Kiefernwald wohlfühlen. Seit 36 Jahren verwöhnt so der Josef seine Seweryna , in dem er ihr jeden Tag frühmorgens das Frühstück ans Bett bringt.
Ehrenamtliches Engagement in der Polnischen Katholischen Mission
Josef und Seweryna fanden rasch in ihrer Freizeit neue Freunde und ein soziales Betätigungsfeld in der im September 1989 durch Bischof Paul-Werner Scheele errichteten Polnischen Katholischen Mission in Würzburg. Dies ist eine Einrichtung der katholischen Kirche im St. Paulus-Haus im Stadtbezirk Sanderau, die katholische Christen polnischer Sprache im Bistum Würzburg betreut. Sie erleichterte den Spätaussiedlern durch das Kennenlernen vieler interessanter Menschen das Einleben im Westen Deutschlands wesentlich. So war Josef 15 Jahre Mitglied des Pfarrgemeinderates und beide sangen bis vor zwei Jahren im Kirchenchor.
Jahrelang halfen sie ihren Kindern, indem sie sich um ihre Enkel, Gärten, Hunde und Fische kümmerten. Sie freuen sich nun sehr über die Jubiläumsfeier im Familienkreis morgen am Tag ihrer kirchlichen Hochzeit.