Mainsteg-Neubau: Ausführlicher Bericht über Konstruktion und Bauablauf eines in der Region einzigartigen Bauwerks mit Fotos von oben von der Stegplattform
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Diesen phantastischen Blick wird man künftig auf Veitshöchheim haben, wenn der Mainsteg fertig ist.
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Nähere Auskünfte über die Konstruktion und den Bauablauf erteilte heute vor Ort Bauingenieur Matthias Widmayer, Bautechnik-Leiter des den Mainsteg-Neubau planenden Architekturbüros schlaich bergermann partner aus Stuttgart (links), im Bild mit Michael Krapp, dem Baupolier der Firma Adolf Lupp, dem vom Wasserstraßenneubauamt Aschaffenburg (NBA) beauftragten General-Bauunternehmer.
Widmayer ist für sein Ingenieur-Büro dafür zuständig, dass Planung und Ausführung zusammenpassen. Die komplette Bauüberwachung des Neubaus obliegt zwar dem WNA. Der Lupp-Baupolier ist aber sehr froh, dass Widmayer vom WNA, nachdem die Bauarbeiten unter der Erde abgeschlossen waren, für eine ingenieurtechnische Beratung und Kontrolle hinzu gezogen wurde. Dafür, dass die Firma Adolf Lupp mit dem Bau einer solchen pfeilerlosen Fußgänger- und Radfahrer-Brücke mit Mikropfählen und der Komplexität der Geometrie völliges Neuland betrat, hat sie es laut Widmayer bislang ganz gut gemacht.
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Es ist zwar, so der Bauingenieur, von der Konstruktion her eine schlichte Hängebrücke. So ist vom alten Mainsteg schon jetzt erkennbar, dass der neue pfeilerlose Steg ein sehr graziles Bauwerk sein wird. Der 100 Meter breite Steg wird sich nach Fertigstellung konvex wölben, im Gegensatz zu den konkaven Tragseilen, mit einem seitlichen Gefälle von zwei Prozent zu den jeweils 100 Meter langen Rampen auf beiden Mainseiten. Das Bauwerk hat somit eine Gesamtlänge von 300 Meter.
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Die Besonderheit ist, so Widmayer, dass der Margetshöchheimer Pylon nicht nur nach hinten, sondern auch zur Seite geneigt ist, wie auf dem Foto zu sehen, um die lange Rampen-Geometrie entsprechend zu berücksichtigen. Dies habe statische Gründe und sei darauf zurückzuführen, dass der neue Mainsteg schräg von Veitshöchheim aus über den Main nach Margetshöchheim führt, die Rampe in Veitshöchheim dagegen parallel zum Mainufer nach links weggeht, in Margetshöchheim dagegen zunächst gerade verläuft, bevor sie nach rechts abbiegt.
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Wie schwierig diese Materie ist, zeige sich so auch bei den beiden Ankerblöcken in Margetshöchheim, wo die Abspannseile des Pylons abgehen, die ebenso in zwei Richtungen geneigt sind, ebenso auch das Fundament davor, jeweils mit unterschiedlichen Zugkräften.
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Der ebenso nach hinten geneigte Pylon auf Veitshöchheimer Seite steht dagegen zwischen den Tragseilen senkrecht.
Wie erfolgt nun die Montage der Fertigteile?
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Der Autodrehkran auf dem Ponton hievt die Fertigteile hoch.
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Noch am Kran hängend, befestigt dann der Monteur je zwei Anhängerseile auf beiden Seiten an den angeschweißten Ösen.
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Nun lässt der Kran die Last ab, so dass diese die Anhängerseile übernehmen. Die Monteure müssen dabei, um Abstand zum nächsten Fertigteil zu halten, Hand anlegen, damit der überstehende Baustahl an den beiden Enden der Fertigteile sich ineinanderfügt und nicht übereinander zum Liegen kommt.
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Die Anhängerseile wurden bereits weitgehend beim Ziehen der Tragseile über den Pylon von Land aus befestigt. Aus zeitlichen Problemen, jedes Tragseil musste an einem Tag bis spät in die Nachtstunden zwischen den beiden Pylonen befestigt sein, unterblieb dies in Landnähe und zur Flussmitte hin. Hier werden die Anhängertragseile immer kürzer und die drei Fertigteile in der Mitte direkt an die Tragseile montiert.
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Die Montage der drei mittleren Fertigteile direkt an die Tragsteile gestaltet sich dabei etwas schwieriger als in die Anhängerseile. Die Monteure sind gerade dabei, hier die Anschlussklemmen in die Tragseile zu montieren.
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Die Eisen an den Enden der Fertigteile werden ineinandergeschoben. Hier an den beiden ersten Teilen besteht noch eine Höhendifferenz von fünf Zentimeter. Die gleiche Höhe, so Bauingenieur Widmayer, pendelt sich erst allmählich ein, je mehr Fertigteile sich im Seiltragwerk befinden. Dazu müssen die Eisen immer wieder per Hand auseinander gedrückt werden, bis die Höhe und damit auch die konvexe Gradiente des Steges stimmig ist. Alle Anhängerseile sind nämlich so konfektioniert, dass sie passen. Über sie kann die Höhe nicht mehr verändert werden.
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Man kann sich das so vorstellen, so Widmayer, dass eine Kette von Elementen wie eine Girlande vorliegt, die hier noch leicht konkav nach unten gewölbt sind. Je mehr Teile reinkommen, desto mehr geht die Geometrie von konkav in konvex (nach oben gewölbt) über. Um letztendlich die finale Gradiente des Stegüberbaus einstellen zu können, müssen als nächstes die Fugen verschlossen werden.
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Nach Einhängen aller Fertigteile erfolgt deshalb ein Ballastieren auf den Fugen durch 200 Liter fassende Wasserbehälter zum Ausgleich des Gewichts des noch einzubringenden Fugenvergusses. Dazu wird eine genaue Vermessung der Gradiente durchgeführt und soweit erforderlich Wasser aus den Behältern abgelassen. Um den Verguss einzubringen, bedarf es unten einer Schalung mit Holzträgern, die mit den hier zu sehenden Ankerstäben angebracht wird.
Seitlich eingefasst werden die Fugen mit Edelstahl, wie dies seitlich auch bei den Fertigteilen der Fall ist, die hier noch mit Plastik eingehüllt sind. Und dann wird das ganze betoniert.
An jedes Fertigteil werden für das über Boden 1,10 Meter hohe Geländer auf beiden Seiten zwei Pfosten angeschraubt, an die ein feinmaschiges Edelstahl-Drahtseilnetz befestigt wird. Darauf kommt ein in sich LED-beleuchteter Edelstahl-Handlauf, der nach unten den Brückenbelag ausleuchtet.
Die Brücke selbst entwässert nach links und rechts mit einem leichten Pultdachgefälle. Die lichte Weite von Handlauf zu Handlauf ist drei Meter. Dadurch können der Steg durch Fußgänger und Radfahrer gleichberechtigt benutzt werden.
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Auf Margetshöchheimer Seite wurde heute um 16 Uhr noch vor Beginn der Dunkelheit gerade das siebte Fertigteil eingehängt.
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Auf Veitshöchheimer Seite hingen zu diesem Zeitpunkt sechs Teile in den Seilen.
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Während die drei mittleren Fertigteile direkt an den Tragseilen befestigt werden, hängen alle übrigen an Anhängerseilen, die zur Seite hin immer länger werden.
Morgen kann der Einbau der Fertigteile durch den Nachunternehmer der Firma Lupp für das Seiltragwerk, die Fa. Pfeifer structures, abgeschlossen werden.
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Am äußersten Ende des ersten Fertigteils steht der Baustahl etwa einen Meter heraus, der in die Rampe übergeht, die von hier durch die Firma Lupp weiter gebaut wird.
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Sobald das Gerüst in seiner gesamten Länge aufgebaut ist, erfolgt auf dem Gerüst die Schalung für das Ausbetonieren der Rampe, nachdem zuvor eine Eisenbewehrung eingebracht wurde.
Dafür ist dann allein die Baufirma Lupp zuständig. Die Bauleitung obliegt Lisa Rieke (Master of Engineering).
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Die Stützpfeiler für die in Veitshöchheim parallel zum Mainufer verlaufende Rampe wurden bereits auf den mit jeweils vier Gewi-Stäben bewehrten Fundamenten befestigt. Die 100 Meter lange und drei Meter breite Rampe, mit einer Barriere gerechten Steigung von sechs Prozent, wird dann in einem Durchgang betoniert.
Ganz am Ende, wenn auch die Rampen fertig sind, erhält das mit Rampen insgesamt 300 Meter lange Bauwerk einen Fahrbahnbelag aus einer rutschhemmenden Epoxy-Dünnschicht mit eingestreutem Quarzsand und rauher Oberfläche, voraussichtlich aber erst im neuen Jahr.
Im Auftrag der Gemeinde Margetshöchheim, die Baulastträger des Steges ist, tritt das Wasserstraßen-Neubauamt (WNA) für das außergewöhnliche Ersatzbauwerk für den Ludwig-Volk-Steg als Bauträger auf, ist Vertragspartner der Baufirma Adolf Lupp, überwacht, dass die Ausführung den Regeln der Technik entspricht, rechnet komplett ab und ist auch noch nach der Abnahme für Gewährleistungs-Mängel zuständig.
Laut Silke Buchsot, Baubevollmächtigte des WNA, liegt die Maßnahme voll im Zeitplan. Es sehe deshalb im Moment gut aus, dass der neue Mainsteg im März 2022 übergeben werden kann.
Fotos Dieter Gürz