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Ist in Veitshöchheim ein Waldkindergarten gefragt? Rege Diskussion beim Online-Treffen der Veitshöchheimer Grünen mit der erfahrenen Höchberger Waldkindergarten-Pädagogin Gisela Ursprung

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Nach den Vorstellungen der Veitshöchheimer Grünen soll es bald auch in Veitshöchheim einen Waldkindergarten geben - im Bild im Gadheimer Wald die Kleinen des Johanniter-Waldkindergartens "Lohwaldspechte" in Güntersleben, der seit dem 1. September 2019 25 Kinder im Alter von drei Jahren bis hin zum Schuleintritt betreut (Foto Dieter Gürz).

Nach der kontroversen Diskussion im Gemeinderat über den Antrag der Grünen-Fraktion auf Errichtung eines Waldkindergartens bei der Haushaltsvorberatung am 19. Januar 2021 (siehe nachstehender Link) ging nun der Grünen-Ortsverein in die Offensive.

Impulsreferat

Unter der Moderation der Fraktionssprecherin Christina Feiler (links) hatten die Grünen am Thema Interessierte zu einem Online-Treffen und Erfahrungs-Austausch mit der erfahrenen Höchberger Waldkindergarten-Pädagogin Gisela Ursprung (rechts) eingeladen, die vor allem aus Kindersicht einen Einblick gab.

In Höchberg war es der erste Waldkindergarten im Landkreis, hinter dem laut Ursprung der damalige Bürgermeister voll stand, ihr als Leiterin das zutraute und sich voll um den Beginn kümmerte. Träger ist die Evangelische Kirchengemeinde. Zum Kinderhaus gehören  28 Krippenkinder (10 Monate bis 3 Jahre), 56 Kindergartenkinder (2,5 Jahre bis zum Schuleintritt) und 25 Waldkinder (3,0 Jahre bis zum Schuleintritt. Auf der Homepage steht: "Wir verstehen uns als EIN Team mit ZWEI Standorten und so kommunizieren und arbeiten wir auch."

Die Referentin vermittelte sehr informativ, wie im Lebensraum Wald alle Kinder reifen, sich ohne Stress super entwickeln und wachsen, viele schon nach einem halben Jahr nicht mehr wieder zu erkennen sind, wie sich durch ständiges Entdecken und Ausprobieren ihr Selbstwertgefühl und ihre Eigenmotivation stark verbessert, wie sie staunen, was ihnen alles gelingt, sie ihren Bewegungsdrang ausleben können, wie  so Glückshormone freiwerden, sie hier Sicherheit, Geborgenheit und Schutz finden. Diese Lebensfreude zu beoabachten,  sei auch sehr herzerfrischend für die Erzieherinnen.

Wie die Ruheständlerin in ihrem Impulsreferat weiter ausführte, kommen die Kinder im Wald trotz fehlender Zäune, ohne Dach und Wände, auch an ihre Grenzen, die ihnen die Natur auferlegt und lernen sie zu akzeptieren. Sie erleben die verschiedenen Jahreszeiten und deren Gefahren, lernen Achtung und Achtsamkeit, beispielsweise im Umgang mit der Brennessel oder am Lagerfeuer, wenn sie sich bei Kälte und Schnee aufwärmen.

Ihr Verantwortungsbewusstsein wird geschärft im Umgang mit Tieren und Pflanzen. So respektieren sie ihre Mitgeschöpfe, ob nun Schnecken, Spinnen oder Käfer.  Dies fördere das Vertrauen in sich selbst und in andere. Angeregt wird die Phantasie und kommunitive Fähigkeit der Kinder, die als Forscher und Entdecker alles ausprobieren können, wenn Blätter als Geldscheine dienen, sie Wasser stauen, ein Zwergenland bauen und sie Märchen und Geschichten lauschen. Sie spüren, aufeinander angewiesen zu sein, was hilft und nützt.

Offenbar konnte Gisela Ursprung mit ihrem Vortrag alle begeistern, wie die Resonanz im Chat zeigte. So äußerte Armin Genser: "Ich bedauere wirklich kein Kindergartenkind mehr zu sein." Peter Greb: "Und ich bedauere, dass es keinen gab, als meine Kinder in dem Alter waren. " Für den interessanten Input bedankte sich Lynn Volpert und die Gadheimer Erlebnisbäuerin Karin Kessler erklärte: "Ich hatte das Glück auf einem Bauernhof groß zu werden, aber einen Waldkindergarten zu erleben ist sicher auch eine tolle Erfahrung."

 Teilnehmerkreis

Unter den 18 Teilnehmern des Online-Treffens waren auch Mitglieder der übrigen Fraktionen des Gemeinderates vertreten, so von der CSU 3. Bürgermeister Steffen Mucha, von der UWG Winfried Knötgen und die SPD-Sprecherin Ute Schnapp.

Unter den Teilnehmern waren auch welche mit einschlägigier Kita-Erfahrung, so das aktive Grünenmitglied Christine Labisch, die 19 Jahre lange eine Montessori-Kita leitete und seit fünf Jahren beim Evangelischen Kita-Verband Bayern arbeitet und hier  24 Kitas in ihrer pädagogischen Qualität und Ausrichtung unterstützt. Darunter seien auch immer wieder Waldkindergärten, mit denen sie sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Waldkinder würden prinzipiell sehr gut in der Schule zurechtkommen, seien auch kognitiv optimal auf die Schulzeit vorbereitet, in ihren Kompetenzen gleich, wenn nicht sogar hochwertiger. 

Karin Kessler, zertifizierte Erlebnisbäuerin, die oft Schulklassen zu Besuch hat, stellte fest, dass manche Kinder mit Boden und Erde überhaupt nichts anfangen können. Der Waldkindergarten ist nach ihrer Meinung genau das richtige, dass Kinder zur Natur hingeführt werden.

Hans Brumm, Beauftragter der NaturFreunde, aus der Gartensiedlung, SPD-Mitglied, ist es ein Anliegen, dass auch der Nachwuchs Freund der Natur wird. Bisher habe man mit Versuchen in diese Richtung aber noch kein rechtes Glück gehabt.  Daher würde der NaturFreunde-Verein es sehr begrüßen, dass die Grünen sich dies zu eigen gemacht haben. Brumm war beruflich als Erziehungsberater und Therapeut auch in Kitas tätig. Ehrenamtlich war er im Ruhestand in der Kuratie ein Dreivierteljahr lang jede Woche mit den Kindern im Wald, wodurch seine positiven Voreinstellungen sich verstärkten. Er äußerte sich sehr zuversichtlich, dass Veitshöchheim als fortschrittliche es schafft, diesen Schritt zu machen.

Lynn Volpert, die Sonderpädagogik studiert hat und einen neun Monate alten Sohn hat, möchte wieder nach Veitshöchheim zurück und ist sehr interessiert, dass da was in dieser Richtung kommt.

Sina Bock, eine ehemalige Kinderpflegerin ist jetzt an der Universität Würzburg (Digital Humanitites) tätig und beschäftigt sich mit der Frage, welche Kompetenzen junge Menschen benötigen, um gut auf die heutige Gesellschaft vorbereitet zu sein. Daher interessiere sie sich  sehr für das Konzept Waldkindergarten.

Fragestellungen in der Diskussion

Nach Ursprungs Impulsvortrag gab es eine rege Diskussion, stand die Referentin Rede und Antwort.

Ute Schnapp wollte von der Referentin wissen, ab welchem Alter sie den Waldkindergarten empfiehlt, ob das eine Form für die volle Kindergartenzeit sein soll und wie es mit der Vorschulvorbereitung aussieht. Den Waldkindergarten in Höchberg besuchen laut Ursprung 25 Kinder im Alter schon ab 2,8 Jahren, die ganze Zeit, bis sie in die Schule kommen. Diese Kinder seien bei den Grundschullehrern sehr beliebt, da sie nicht hyperaktiv und kognitiv sehr weit seien.

Auch für Steffen Mucha, 3. Bürgermeister und 2. Vorstand im Kindergartenverein der Kuratie fand Ursprungs Vortrag sehr interessant.  Nichtsdestotrotz habe er gemischte Gefühle, ob ein solcher in Veitshöchheim das Nonplusultra wäre. Er führte Sicherheitsauflagen, Probleme bei der Personalgewinnung und den Rückkzugsmöglichkeiten ins Feld und dass in Veitshöchheim Bedarf für eine höhere Gruppenzahl bestehe. Aufgrund seiner Erfahrungen im Kuratiekindergarten geht er davon aus, dass in Veitshöchheim zuwenig Eltern einen Waldkindergarten wünschen.

Hierzu sagte die Referentin, dass es in ihrer achtjährigen Tätigkeit als Leiterin des Waldkindergartens in Höchberg keine Sicherheitsprobleme gegeben habe, der Bauhof außer den turnusmäßigen Überprüfungen nur nach einem Sturm im beanspruchten Gebiet am nächsten Tag nach dem Rechten schaue.

Beim Personal sei der Schlüssel im Wald mit 7,9 viel besser als in der normalen Kita. Geöffnet sei der Waldkindergarten entsprechend dem nachgefragten Bedarf von 7.00 bis 16.30 Uhr und freitags bis 14.30 Uhr. Als Rückzugsmöglichkeit dienen zwei Bauwägen, neuerdings auch eine Jurte und wenn es zu sehr stürmt, diene der Matthäus-Saal als Fluchtort, was in den letzten acht Jahren aber nur zwei bis dreimal benötigt worden sei. Christina Labisch ergänzte zum Personal, dass nach ihren Feststellungen es so sei, dass in normalen Kitas Erzieherinnen in allen Altersklassen kündigen würden, wenn in der Umgebung ein Waldkindergarten entsteht. Viele wollten aus Leidenschaft bewusst in den Wald gehen. So würde auch die Leiterin von St. Hildegard in Würzburg nie mehr zurückwollen.

Sehr groß ist nach Ursprungs Worten das Engagement der Eltern, die mit Kettensägen anrücken, um Sitzmöglichkeiten zu schaffen, ein Tipi bauen, ein Hochbeet anlegen. Inzwischen gebe es auch eine Warteliste für die Kinder. 

Lynn Volpert führte als junge Mutter an, dass gerade junge Familien nicht zuletzt durch die Klimakrise die  Natur total in sei. Veitshöchheim sei als attraktiver Wohnort sehr gefragt, wo auch die jungen Leute hinwollen. Der Bedarf gehe deshalb in diese Richtung.

Ganz allgemein wurde deshalb von fast allen Teilnehmern bemängelt, dass im Interesse der Vielfalt in der Gemeinde Veitshöchheim, der zweitgrößten Gemeinde im Landkreis, ein so breit aufgestelltes Angebot fehlt, während es reihum immer mehr Waldkindergärten gibt.

Christine Labisch verwies zu Muchas Bedenken darauf, dass sich der Bau eines herkömmlichen Kindergartens und die Errichtung eines Waldkindergarten nicht ausschließen. Als ein Beispiel, wie es auch in Veitshöchheim laufen könnte, empfahl sie die Gemeinde Mainaschaff. Dort wurde unter der Trägerschaft der Evang.-Luth. Kirchengemeinde St. Markus im Dezember 2020 der Waldkindergarten Fuchsbau in Betrieb genommen (siehe nachstehender Facebook-Post des Bürgermeisters) und gleichzeitig die Kindertagesstätte Riesenglück mit drei Kindergartengruppen und drei Krippengruppen errichtet, die nun im April in Betrieb geht. Die Fachaufsicht erteilte dafür zwei Betriebserlaubnisse.

Christina Feiler resümierte, dass ein Waldkindergarten evtl. vom gleichen Träger als erstes schneller und kostengünstiger errichtet werden kann und dann entsprechend dem weiteren Bedarf ein kleinerer Kindergarten im herkömmlichen Sinn gebaut wird. Das Beispiel Mainaschaff bezeichnete sie als sehr interessant, das man sich näher anschauen sollte. Sie verdeutlichte, dass ein Waldkindergarten keine Konkurrenz zu den bisherigen fünf Kindergarten sein soll, sondern nur ein weiteres Angebot für Eltern.

Der 3. Bürgermeister wurde gebeten, sich dafür bei der Gemeinde einzusetzen, dass  als erstes eine Umfrage bei jungen Familien gestartet wird (siehe nachstehendes Beispiel der Gemeinde Mainaschaff), in der ein Flyer beigelegt wird, der  informativ über die Konzeption eines Waldkindergartens aufklärt (siehe nachstehender Link auf Konzeption in Höchberg).

Interessierte Eltern könnten sich jederzeit bei Christina Feiler oder auch bei der Gemeinde, Herrn Ihle, melden.

 

 

Konzeption Kita und Waldkita in Höchberg

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