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Kontroverse Diskussion im Veitshöchheimer Gemeinderat bei der Haushaltsvorberatung 2021 zum Antrag der Grünen-Fraktion auf Errichtung eines Waldkindergartens

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Vogelstimmenerkundung mit den NaturFreunden - Einer Fachgruppe der NaturFreunde mit dem Arbeitstitel „Für Familien mit Kindern“ geht es  darum, Freude an der Natur zu wecken und zu fördern. Die Idee des „Waldkindergartens“ beschäftigt die Fachgruppe seit geraumer Zeit, liegt doch das NaturFreundeHaus direkt vor der Tür zum Wald (im Bild der pensionierte Mittelschul-Rektor Sigi Hofmann,  Vogelstimmenexpertin Ulla Hanke und Diplom-Psychologe Hans Brumm, ein emsiger Befürworter eines Waldkindergartens). 

Die  grüne Fraktion stellte nun  zum Haushalt 2021 der Gemeinde Veitshöchheim einen Antrag auf einen Waldkindergarten, der bei der Gemeinderatssitzung am Dienstag im Haus der Begegnung eine kontroverse Diskussion auslöste.

Bekanntlich geht der vom Gemeinderat am 21. Juli 2020 abgesegnete Kindergarten-Bedarfsplan aufgrund des Baugebietes Sandäcker von einem Bedarf von 36 Krippenplätzen und 75 Plätzen für Kindergartenkinder (also jeweils drei Gruppen) aus, der nur durch einen Kindergarten-Neubau gedeckt werden kann.

Als weitere Möglichkeit für einen Kindergarten sieht die grüne Fraktion einen Waldkindergarten an. Angenehmer Nebeneffekt sei, dass er nur ca. 25 Prozent eines stationären Kindergartens kostet.

Im Protokoll der Sitzung über die Haushaltsvorberatung des Gemeinderates am letzten Dienstag steht nun dazu: "Im Haushalt 2021 werden keine Mittel für einen Waldkindergarten eingestellt."

In der vom Gremium abgesegneten Investitionsplanung sind neben den 750.000 Euro für den Anbau des Kuratiekindergartens um eine Krippengruppe im Haushalt 2021 in der Finanzplanung für Kindergartenbauten 2,4 Mio. Euro  im Jahr 2022 und je 1,7 Mio. Euro in den Jahren 2023 und 2024 eingestellt.

Kontroverse Diskussion

Bürgermeister Jürgen Götz:

Als Hauptargument gegen einen Waldkindergarten führte der Bürgermeister Sicherheitsaspekte ins Feld. Nach seiner Meinung sei vor allem die Verkehrssicherungspflicht  im Wald ein großes Problem für die Gemeinde,  denn sie trage die Verantwortung, wenn Kinder dauerhaft in den Wald geschickt werden. Es sei durch die Trockenheit der letzten Jahre im Gemeindewald vermehrt zu umstürzenden Bäumen und Trockenastbrüchen gekommen, was zur Sperrung von Wanderwegen durch den Wald geführt habe. Wenn bislang Kindergärten im Ort einen Waldbesuch machen wollen, dann erfolge dies in Absprache mit Gärtnervorarbeiter Sebastian Heller, der sich als Baumsicherheitsbeauftragter der Gemeinde vorab die Örtlichkeiten anschaue, damit es in diesem Bereich auch sicher sei und nach menschlichem Ermessen nichts passieren kann. So einen Aufwand könne die Gemeinde aber nicht jeden Tag oder jede Woche betreiben

Desweiteren sieht der Bürgermeister die Zahl der möglichen Plätze als kritisch an, die von der Kindergartenaufsicht für einen solchen Waldkindergarten genehmigt werden. Gegenüber dem ermittelten und vom Gemeinderat beschlossenen Bedarf seien sie bei weitem nicht ausreichend, müsste zusätzlich noch ein herkömmlicher Kindergarten gebaut werden. Zusätzlich Projekte zu planen und auszuführen, sei zudem vom Sachgebiet Hochbau der Gemeinde nicht zu leisten. Es seien deshalb hierfür vom Kämmerer auch keine Mittel in den Haushalt eingestellt worden.

Grünen-Sprecherin Christina Feiler

Sie verwies auf die Kosten für einen Kindergarten, je größer man ihn baue, desto teurer sei er. Die Investitionskosten für einen Waldkindergarten würden dagegen nur ein Viertel eines normalen Kindergartenneubaus betragen. Zudem sei es hier schneller möglich, mit einer Gruppe schnell zu starten, da weniger Vorgaben als bei einem herkömmlichen Kindergarten bestehen würden.

Zum Sicherheitsaspekt sagte sie, dass ja trotz solcher Bedenken reihum Waldkindergärten betrieben werden, wie seit letztem Jahr in Güntersleben oder auch in Reichenberg  sowie in Höchberg, wo eine Waldgruppe in den Evangelischen Kindergarten eingebettet ist.  Es gebe sehr viele Variationsmöglichkeiten, die nutzbar sind.

Feiler. "Als einer der größten Gemeinden im Landkreis würde es Veitshöchheim gut stehen, mit einem solchen Waldkindergarten eine Alternative zu schaffen für Leute, die etwas anderes wollen."

Der Bürgermeister entgegnete, er müsse dennoch auf das Problem der Verkehrssicherungspflicht abzielen, denn wenn was passiere, stelle dies ein gewaltiges Problem dar. Zu den Kosten sagte er, dass die Grundkosten unabhängig von der Größe da seien und es daher unter Umständen sogar günstiger sei, größer zu bauen. Die Größe eines Waldkindergartens sei bei weitem nicht das, was die Gemeinde für ihren Bedarf brauche. Zudem sei es nicht so einfach, einen Betreiber hierfür zu finden.

CSU-Sprecher Marc Zenner:

Es sei zwar eine romantische Vorstellung, dass man einen Kindergarten im Wald hat und dass es ganz flexibel und schnell geht. Er tue sich aber schwer, im Hinblick auf die vom Bürgermeister angesprochenene Verkehrssicherungspflicht in  Veitshöchheim einen geeigneten Platz zu benennen. Für ihn sei eine Waldgruppe mit 15 Kindern ein Nischenprodukt, das der Gemeinde zur Bedarfsfriedigung nicht helfen würde. Eine solche Gruppe würde nur noch mehr Druck in unsere Waldflächen, in die Natur, die Flora, die Fauna und die Tiere hineintragen, wie dies ohnehin schon durch die Erholungssuchenden erfolgt, die jetzt wegen Corona verständlicherweise herausgehen wollen. Deshalb lehne er grundsätzlich einen Waldkindergarten ab.

SPD-Sprecherin Ute Schnapp:

Mit Romantik haben nach ihren Worten die Erfahrungen mit Waldkindergärten gar nichts zu tun. Sie empfahl in bestehenden Waldkindergärten wie im Guttenberger Forst mögliche Größen, Flächen, Personal, Kosten und Sicherheitsaspekte für die Schaffung von zwei Grupppen zu recherchieren.

Der Bürgermeister kann sich vorstellen, zunächst ohne Auswirkungen auf den diesjährigen Haushalt Brainstorming in diese Richtung zu betreiben, auch zu einem möglichen Standort und ob in Frage kommende Betreiber Interesse haben.

Winfried Knötgen (UWG)

Er schloss sich dem Vorschlag von Ute Schnapp an, zu eruieren, wie Waldkindergärten in anderen Gemeinden funktionieren. Wichtig sei aber auch in Erfahrung zu bringen, ob es überhaupt genügend Familien im Ort gibt, die sich einen solchen Waldkindergarten wünschen.

Der Bürgermeister verwies darauf, dass Eltern explizit keinen Anspruch auf einen Waldkindergartenplatz haben.

Steffen Mucha (3. Bürgermeister), CSU

Er sprach über seine Erfahrungen, die er als Vorstandsmitglied im Kuratie-Kindergartenverein mit dem Thema Kindererziehung im Wald gemacht habe. So seien die NaturFreunde auf die Kita zugekommen, ob hier eine Tendenz für eine Waldgruppe bestehe. Man habe aber relativ schnell festgestellt,  dass das Interesse von Eltern an einer Beteiligung nicht so gegeben sei, aufgrund der ganzen Auflagen und was sich alles dahinter verbirgt und es auch Erzieher braucht, die bei Wind und Wetter draußen mit den Kindern verbringen. Diese Idee sei dann nicht weiter verfolgt worden. Der Kuratiekindergarten sei aber sicher nicht allein aussagekräftig. Er plädierte für einen neuen Kindergarten, der breit aufgestellt ist und auch die Belange des Waldes mit berücksichtigt. Ein Waldkindergarten, der diese komplette Bildungs-Bandbreite abdecke, ist nach Muchas Meinung nicht zu verwirklichen.

Grünensprecherin Feiler vertrat dagegen die Auffassung, dass in vielen Waldkindergärten sehr wohl die ganze Bildungsbandbreite vermittelt werde.

Simon Kneitz (CSU)

Er bezog sich auf seinen beruflichen Kontext als Anwalt im Arbeitsrecht und sagte, der Arbeitsschutz von Mitarbeitern eines Waldkindergartens sei nicht unproblematisch. Zudem werde ein Waldkindergarten das Bedarfsproblem im Ort nicht lösen.

Abschließend sicherte der Bürgermeister aber zu, dass sich die Verwaltung im Zuge der Planung für den neuen Kindergarten auch mit dem Thema "Waldkindergarten" auseinandersetzen und zusammmentragen werde, also was sind die Grundvoraussetzungen, mögliche Kosten, wo gibt es mögliche Standorte.

Es bestand so Konsens, im Haushalt 2021 keinen Ansatz für Planungskosten einzustellen.

Anmerkungen zum Bedarf

In ihrer Bedarfsfeststellung vom 15. Juli 2020 geht die Gemeindeverwaltung davon aus, dass im Neubaugebiet  Sandäcker von den möglichen 192 Wohneinheiten 100 mit Familien bewohnt werden und sich so ein Bedarf  von 36 Krippenplätzen und 75 Plätzen für Kindergartenkinder (also jeweils drei Gruppen) ergibt, der durch einen entsprechenden Kindergarten-Neubau gedeckt werden soll.

 

Ein Blick auf die Bevölkerungsentwicklung der letzten zehn Jahre  in Veitshöchheim zeigt, dass in diesem Zeitraum die Zahl der Einwohner mit Hauptwohnsitz kontinuierlich um insgesamt 453 abgenommen hat.

Vergleicht man die Zahlen der jüngsten hier wohnenden Jahrgänge (Stand 31.12.2020) dann ist die Summe der drei Jahrgänge 2018 - 2020 von 233, die nun in den nächsten drei Jahren sukzessive von der Krippe in die Kindergartengruppen überwechseln, um 17  Kinder kleiner als die Summe von 250 der drei Jahrgänge 2015 bis 2017 ist, die derzeit im Kindergartenalter sind.

Derzeit sind für die fünf örtlichen Kindergärten elf Kindergartengruppen (jeweils drei Jahrgänge)  mit 311 Plätzen vom Freistaat anerkannt. Zieht man die 250 Kinder der drei Jahrgänge 2015 bis 2017 (bzw. 233 der Jahrgänge 2018 bis 2020) ab, verbleiben 61 bzw. 78  Plätze. Bei derzeitiger Vollbelegung dürften aktuell 61 Plätze wohl mit Inklusionskindern (die 4,5fach auf einen Platz angerechnet werden) oder auswärtige Kinder belegt sein.   

Ein "Naturgehänge" kreiert dieses Kind nach eigenen Vorstellungen. Stecken und Tannenzapfen gibt es genügend im Wald.

Recherchen  zum Thema Waldkindergarten

Bedingungen

Der Waldkindergarten wird häufig als „Kindergarten ohne Dach und Wände“ bezeichnet. Der wesentliche Unterschied zu konventionellen Kindergärten besteht darin, dass die betreuten Kinder mit ihren Erziehern den Kindergartenalltag fast durchgehend außerhalb von Gebäuden, d. h. im Wald, auf der Wiese oder am Strand, verbringen.

Die Aktivitäten im Freien finden bei jedem Wetter statt; Einschränkungen gibt es nur bei Witterungsbedingungen, die einen sicheren Aufenthalt im Freien unmöglich machen.

Vorgeschrieben sind in Deutschland eine beheizbare Unterkunft in zumutbarer Nähe des Waldgebietes, in welcher Kinder und Erzieher bei sehr schlechten Witterungsbedingungen Schutz und Aufenthaltsmöglichkeit finden sollen. Hierzu dienen in der Regel ein beheizter Bauwagen oder eine Waldhütte.

Im Waldkindergarten wird in der Regel auf handelsübliches Spielzeug verzichtet. Die Kinder spielen mit Naturgegenständen, die sie in ihrer Umgebung finden. Die vorgeschriebene Gruppengröße liegt bei einem Waldkindergarten bei 15 bis 20 Kindern bei einem Schlüssel von mindestens zwei staatlich anerkannten Erziehern.

Abgesehen von diesen Rahmenbedingungen stellen sich die Waldkindergärten als normale Kindergärten vor, in welchen Kinder gebildet, begleitet und erzogen werden. Inzwischen gibt es bewährte Fort- und Weiterbildungsangebote für eine Tätigkeit als pädagogische Fachkraft im Waldkindergarten.

Die Rechtsform eines Waldkindergartens ist meist der eingetragene Verein (e. V.). Das pädagogische Personal sind dann Angestellte dieses Vereins. Finanziell trägt sich ein Waldkindergarten durch staatliche Zuschüsse, Spenden und Elternbeiträge. Die staatlichen Zuschüsse sind jedoch von Ort zu Ort verschieden. Vereinzelt betreiben die Erzieher den Waldkindergarten auch in Eigenregie und schließen dazu mit den Eltern privatrechtliche Verträge ab.

Quelle: Wikipedia

Auswirkungen der Waldkindergartenpädagogik

Der tägliche Aufenthalt in der freien Natur unterstützt eine positive Entwicklung der kindlichen Motorik und Wahrnehmung in den Bereichen Grob- und Feinmotorik, Koordination, taktiler Wahrnehmung und Tiefensensibilität.

Kinder, die einen Waldkindergarten besucht haben, sind auf schulische Anforderung nicht weniger gut vorbereitet als Kinder, welche einen Regelkindergarten besucht haben – sie werden sogar in der Mehrzahl der Bereiche etwas besser benotet (Häfner 2002; Gorges, 1999, 2002).

Kinder im Waldkindergarten sind gesundheitlich stabiler, haben weniger Unfälle und fallen sicherer. Da die meisten Waldkindergärten konzeptionell kein konventionelles Spielzeug mit „vorgeschriebener“ Bedeutung nutzen und die Kinder mit Naturgegenständen spielen, wirkt sich die Waldpädagogik auch auf die Sprachentwicklung unterstützend aus, weil sich die Kinder über Bedeutung von Gegenständen und das Spielgeschehen häufiger verbal austauschen (Warmbold 2002).

Im Waldkindergarten sind Kinder und Pädagogen generell weniger lärmbelastet als in geschlossenen Räumen. Traditionelle Kindergärten weisen eine höhere Lärmbelastung und daher auch einen erhöhten Stress bei Kindern und Erziehern auf. Festgestellt wurden auch positive Auswirkungen auf das Immunsystem von Kindern und Erziehern durch den stundenlangen Aufenthalt im Freien (Warmbold 2002).

Eine weitere Auswirkung der Waldkindergarten-Pädagogik liegt auf einer anderen Ebene: Seit der vermehrten Gründung von Waldkindergärten in Deutschland und Diskussionen und Publikationen zu diesem Thema beziehen immer mehr Kindergärten Waldtage, Waldwochen oder Waldprojekte in ihr Programm mit ein. Auf diese Weise versuchen sie, die Vorteile der Waldkindergarten-Pädagogik zumindest zeitweise ihren Kindern zukommen zu lassen.

Quelle: Wikipedia

 

Download Broschüre "Sicherheit im Waldkindergarten" - pdf.Datei

Vorstellung von Waldkindergärten im Umkreis

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