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Inklusives Fußballteam Veitshöchheim erringt mit 2.500 Euro dotierten Inklusionspreis des Bezirks Unterfranken 2020 im Bereich Freizeit/Sport - Sporthalle gesucht

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Voller Stolz über den Gewinn des mit 2.500 Euro dotiierten Unterfränkischen Inklusionspreises 2020 im Bereich Sport/Freizeit ist das „Inklusive Fußballteam Veitshöchheim“.

Den Preis überreichte heute Nachmittag im BFW Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel in Anwesenheit der Preisgerichtsmitglieder, der beiden Behindertenbeauftragten Karin Renner und Christina Feiler (Veitshöchheim), der Bezirksräte Rosa Behon und Thomas Zöller sowie die Vertreter von Menschen mit Körperbehinderung (Evi Gerhard), mit geistiger Behinderung (Sonja Scheuplein), mit Blindheit (Herbert Hennlich) und mit seelischen Erkrankungen (Karin Ball).

Mit dem Preis will der Bezirk Unterfranken laut Dotzel Beispiele für besonders gelungene Inklusion würdigen. Er ist in diesem Jahr mit insgesamt 12.500 Euro dotiert, die zu jeweils 2.500 Euro an die Gewinner (Berufsfachschule, Blaskapelle, Musikgruppe, Hotel und Fußballteam) verteilt werden. Normalerweise wurde die Auszeichnung auf der Unterfrankenschau "Ufra" in Schweinfurt verliehen. Doch in diesem Jahr ging der Bezirk wegen der Corona-Pandemie auf Tournee: Die insgesamt fünf Preise wurden jeweils dort überreicht, wo sich die Projekte der Gewinner abspielen, so auch am BFW in Veitshöchheim. Insgesamt lagen 28 Bewerbungen in den Kategorien „Bildung und Erziehung“, „Arbeit“, „Wohnen“, „Freizeit, Sport“ sowie „Kultur, Natur und Umwelt“ vor.

Neben den Mitgliedern der Jury und der Sozialverwaltung des Bezirks mit Leiter Peter Ditze freuten sich v.l.n.r. besonders auch  die Geschäftsführer des BFW Karsten Hohler und des BBW Andreas Halbig über die Auszeichnung.

"Wir hatten nie die Absicht, Inklusion zu machen," sagt Marcus Meier (rechts), der "Spiritus Rector" und Motivationsantreiber der Freizeitfussballer, von Beginn an dabei, als er noch als Marketingmanager am BFW Würzburg in Veitshöchheim wirkte. Gründungsmitglied und seitdem dabei ist auch Ernst Heßdorfer (2.v.l.), der IT-Experte des BFW. 

Seit 2004 spielen hier unter den Fittichen dieses Duos im BFW  Freizeitkicker jeden Mittwoch-Abend 90 Minuten lang  aus Lust und Laune Fußball. Rund zwei Drittel sind Teilnehmer des Bildungszentrums für blinde und sehbehinderte Erwachsene (BFW) mit bundesweitem Einzugsgebiet oder seit 2011 des Don Bosco-Bildungszentrums (BBW) für junge Erwachsene mit Förderbedarf aufgrund von Lernschwierigkeiten oder Autismus an der Außenstelle des Markushofes in Gadheim, mit fränkischem Einzugsgebiet.

Integriert wurden auch Flüchtlinge, so der 26 Jahre alte Yasser Alhussain, der 2015 aus seinem Heimatland Syrien (Damaskus) flüchtete, hier am BFW 2017 die deutsche Sprache  lernte  und seit 2019 aufgrund seiner starken Sehbehinderung einen Punktschriftkurs absolviert, da er aktuell nur noch über zwei Prozent Sehrest verfügt.

Ein Höhepunkt der Woche ist für für ihn, wie er sagt, trotz seiner Seheinschränkung - das Fußballspielen im inklusiven Fußball-Team.  Hier treffen sich nach seinen Worten Menschen mit und ohne Handicap, normal Sehende und Sehbehinderte, geflüchtete Menschen aus Syrien und waschechte Veitshöchheimer, alt, jung, dick, dünn:  Was sie verbindet, ist die Leidenschaft für den Fußball.

Yasser (der das Bewerbungsschreiben mit verfasst hatte): "Hier bin ich dank des Sports voll akzeptiert, lerne spielerisch Deutsch und kann die Alltagssorgen - wie meine behinderten und nichtbehinderten Mitspieler - für 90 Minuten zur Seite legen. Inzwischen bin ich auch gerne bei der „3. Halbzeit“ dabei, wenn wir uns nach Spielende bei einem Getränk auf deutsch über die vergebenen Torchancen unterhalten." 

Aus Syrien (Aleppo) ist auch Shervan, sei 2018 dabei. Den Spitznamen "Howie" bekam Mehawi Weidu, geboren in Eritrea und seit 2019 BFW-Teilnehmer, ein Supertyp und ehrgeizig, der noch nie foul gespielt hat.

Durch den zweijährigen Wechsel  im BFW und im BBW sind die Teilnehmer der beiden Bildungszentren immer nur eine gewisse Zeit im inklusiven Fußballteam, wurden so laut Meier in über 15 Jahren schon über 100 Mitpieler "verschlissen". Neben Meier und Hessdörfer kickte bis vor kurzem über zehn Jahre lang auch der IT-Teamleiter Enrico Göbel, der Nationalkeeper und jetzt Co-Trainer der Deutschen Blindenfußball-Nationalmannschaft mit.  Hängengeblieben im Team sind der Ex-Zivi am BFW, der gebürtige Veitshöchheimer und Tennistrainer Timo Josten sowie auch der ehemalige BBW-Teilnehemr Christian Friebel, heute Servicekaraft bei der Bäckerei Brandstätter in Würzburg oder auch als Außenstehender Stefan Ulrich, über drei Ecken im Team gelandet. Eine besondere Rolle nimmt Stefan Schauderna ein, der als Betreuer und Ansprechpartner der BBW-Teilnehmer, die im BFW-Internat übernachten, rekrutiert und die gelben Leibchen verwaltet.

Das inkluive Fußballteam ist  kein offizielles Freizeit-Projekt des BFW, wie BFW-Geschäftsführer Karsten Hohler sagte. Es nutzt nur die Sportstätten des BFW, da hier ein Teil der (seh- und lernbehinderten) Mitspieler wohnt. Heuer mussten die Freizeitsportler aufgrund der Corona-Pandemie einige Monate Corona-Pause einlegen. Seit Anfang August  ist es aber wieder am Start.

Ein Damoklesschwert bedroht jedoch das Projekt: Die marode Sporthalle des BFW kann schon ab November 2020 nicht mehr vom inklusiven Fußballteam genutzt werden. Marcus Meier ist deshalb auf der Suche nach einer Halle im Ort. Im Tausch könnte einer Trainingsgruppe, der der kleine Sportraum des BFW ausreicht, zur Verfügung gestellt werden. 

Mit dem Preisgeld wäre das inklusive Fußballteam Veitshöchheim aber auch in der Lage, eine inVeitshöchheim eine geeignete Halle anzumieten, um ihren Sport jeden Mittwoch auch weiter nachgehen zu können.

Fotos (c) Dieter Gürz

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