Weinbau: Die Technik von morgen fährt an der LWG Veitshöchheim schon heute
Ein selbsttätig fahrender Schlepper, hochmoderne Lasertechnik, autonom gesteuerte Anbaugeräte – keine Zukunftsmusik, sondern heute schon im Weinberg zu finden. Genauer gesagt in der Premiumweinlage der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) im Thüngersheimer Scharlachberg. Am 17. September gab es bei einer Maschinenvorführung einen Vorgeschmack auf die Technik von morgen, die den Winzer u. a. bei der Beikrautregulierung künftig perfekt unterstützt.
Luft nach oben?
Während in der Landwirtschaft bereits Lenkhilfen, Spurhalteassistenten und andere Hilfssysteme die Produktionsbedingungen teilweise revolutioniert haben, steckt verglichen damit der Technikeinsatz im Bereich der Sonderkulturen noch in den Kinderschuhen.
Mit Hochdruck wird aber bei vielen Herstellern auch an Lösungen für den Wein- und Obstbau gearbeitet und erste Prototypen stehen in den Startlöchern: „Dazu zählen neben dem Einsatz von Robotik zur autonomen Beikrautregulierung auch intelligente Hacktechnik mit 3D-Lasererkennung zur Bearbeitung von Raumkulturen wie in der Rebzeile oder in der Obstplantage“, so Dr. Daniel Heßdörfer vom Institut für Weinbau und Oenologie.
Doch leistet die Technik auch was sie verspricht und ist vielleicht sogar Luft nach oben? In der Weinlage Thüngersheimer Scharlachberg testen die Weinbauexperten der LWG die verfügbaren Maschinen unter Praxisbedingungen auf Herz und Nieren.
Jeder Zentimeter zählt!
„Gerade in der Diskussion rund um den Glyphosatausstieg und hinsichtlich der Zielsetzung einer alternativen Beikrautregulierung stehen mit der aktuellen Technik praktikable Lösungen parat“, erläutert Dr. Daniel Heßdörfer.
So ist die Beikrautregulierung, also das Entfernen unerwünschter Flora aus der Rebgasse, eine der arbeitsintensivsten Tätigkeit im Weinberg, die die vollste Aufmerksamkeit des Winzers fordert: Denn bei konventionellen Unterstockbearbeitungsgeräten muss sich der Winzer neben der Fahrsteuerung auch um die Ausrichtung der Anbaugeräte kümmern.
Mit der Kombination aus mechanischen Komponenten und Software kann die Effizienz hinsichtlich Zeitaufwand und Hackergebnis deutlich gesteigert werden. „Der Maschinenbediener überwacht die Vorgänge und greift beispielsweise im Störfall ein, während die intelligenten Systeme das Fahrzeug in der Spur halten und die Hacke bis auf wenige Zentimeter an den Rebstock führen“, so Dr. Heßdörfer. Und der erfolgreiche Hackeinsatz ist entscheidend: Denn Beikräuter wie Weißer Gänsefuß oder Amarant stehen in direkter Konkurrenz mit den Weinreben um Nährstoffe und, in der Hitzeregion Franken, um Wasser.
Gesetz vs. Technik
Gerade mit Blick auf die bisher noch ungeklärten Haftungsfragen wird das autonome Fahren kontrovers diskutiert und ist in Deutschland nur unter Einhaltung strengster Auflagen umsetzbar. Dabei sind es gerade die selbsttätigen, d. h. ohne Eingreifen des Maschinenbedieners, gesteuerten Prozessabläufe, die ein elementarer Bestandteil des sogenannten Smart Farmings sind. „Die technische Entwicklung ist dabei schneller als der Gesetzgeber“, so Dr. Heßdörfer.
Im Personen- wie Nutzfahrzeugverkehr sind in Deutschland lediglich Spurhalteassistenzsysteme erlaubt. Vollständig autonom fahrende Systeme dürfen nur zum Einsatz kommen, wenn ein Fahrer auf dem Schlepper sitzt und die Maschine auf dem eigenen Feld bewegt wird.
Doch die technische Entwicklung geht weiter; das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht: „Denkbar ist, dass in wenigen Jahren selbstständig fahrende Systeme für den Bereich der Spezialkulturen verfügbar sind, die Winzer und Obstbauern bei der Bodenbearbeitung, Erkennung von Krankheiten und Schädlingen sowie beim Pflanzenschutz unterstützen“.