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SONJA ARTMANN und TOBIAS ZERLANG-RÖSCH verzauberten beim zweiten Veitshöchheimer Sommerkonzert mit klassischer Querflöten- und Konzertgitarren-Musik, u.a. aus Lateinamerika und Spanien

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Tobias Zerlang-Rösch (Gitarre) und Sonja Artmann (Querflöte) begeisterten am Sonntagabend beim zweiten Sommerkonzert der Gemeinde Veitshöchheim in der sonnendurchfluteten Veitshöchheimer Christuskirche rund 50 Zuhörer bei tropischen Temperaturen von 33 Grad im Duett und jeder solistisch mit anspruchsvoller Musik, 75 Minuten lang exzellent und mit großer Spielfreude dargeboten.

Es war aufgrund der Corona-Pandemie das erste Konzert des Duos seit ihrem letzten Auftritt im November 2019 im Würzburger Spitäle. Der im Vorjahr neugestaltete Kirchenraum erwies sich akustisch durch seine schräg nach hinten verlaufende Holzdecke einmal mehr als idealer Konzertsaal. Während man eine Stecknadel hätte fallen hören können, kamen Querflöte und Konzert-Gitarre mit ihrem Klang voll zur Geltung, konnten die Zuhörer abschalten und für einige Zeit dem Alltag entfliehen.

Zur Eröffnung brillierten die Musiker mit der "Hamburger Sonate". Das beeindruckende Alterswerk aus dem Jahr 1786 von CARL PHILIPP EMANUELL BACH, dem zweitältesten Sohn von Johann Sebastian Bach, nur zwei Jahre vor dem Ableben des Komponisten geschrieben, ist ein Stück, das Maßstäbe setzte und an dem kein Alte-Musik-Freund vorbeikommt.

Viel Beifall gab es auch für das quirlig-lebendige  Zwiegespräch mit spanischem Kolorit von Flöte und Gitarre, mit dem das Duo die launige Caprice "Entr‘e Act" aus dem Jahr 1937 des Franzosen JAQUES IBERT interpretierte, der Werke zwischen Neoklassizismus und Moderne komponierte.

Ein Höhepunkt des Konzertabends waren zweifellos die vom Duo gespielten drei ersten Sätze des  "Histoire du Tango" des 1992 verstorbenen Altmeisters des Tango ASTOR PIAZZOLLA, von ihm 1986 als Originalstück für Flöte und Gitarre komponiert. Mit diesem großartigen Werk des Argeniniers machten Tobias Zerlang-Rösch und Sonja Artmann die Evolution des im Jahre 1882 in Buenos Aires geborenen Tangos lebendig, wie er entstand und wie er sich durch drei Generationen bis heute weiterentwickelte. So zu Beginn seine anmutige, lebhafte Musik, die sich in der guten Laune und Beredtheit der Französinnen, Italienerinnen und Spanierinnen widerspiegelt, die um 1900 in den Bordellen von Buenos Aires leben und Polizisten, Matrosen und Gauner in ihre Fänge locken.

Um 1930 kommt dann eine neue Epoche des Tango als die Musik der Cafés, wo man ihn nicht mehr wie 1900 tanzt, sondern anhört und er einen stark melancholischen Zug bekommt.

Der Tango um 1960 ist dann die Musik der Nightclubs, wo eine Revolution, eine tiefe Veränderung bestimmter Formen des alten Tango stattfindet und sich der argentische Tango mit dem brasilianischen Bossa Nova mischt.

Tobias Zerlang-Rösch entführte mit seiner Konzertgitarre  solistisch zunächst äußerst sensibel und gefühlvoll mit  warmem und vollem Ton in die Klangwelt der zum Träumen einladenden Kompositionen "Andantino op 71/2" des Italieniers MAURO GIULIANI (1781-1829) mit Mozart-Flair, "Tiento Antiguo" des im Alter von vier Jahren erblindeten JOAQUIN RODRIGO (1901-1999) und "Romance de los pinos" von FEDERICO MORENO TORROBA (1891-1982). Die beiden letzten gelten als bedeutendste spanische Komponisten ihrer Generation.

Ein intensives Musikerlebnis für die Zuhörer erzeugte der Gitarrist mittels feinstem Anschlag seines Instruments auch mit den "3 Preludes" des brasilianischen Komponisten HEITOR VILLA-LOBOS (1887-1959).  Der populärste und auch international bekannteste Komponist klassischer Musik seines Landes schuf mit diesem äußerst romantischen und melancholischen Werk für die Gitarre 1940 eine einzigartige klangliche Welt, die durchaus die „Seele" südamerikanischer Musik darstellt.

Tobias Zerlang-Rösch begann seine musikalische Ausbildung mit 9 Jahren, zunächst auf dem Klavier, dann auf der klassischen Gitarre. Das Musikstudium begann er an der Hochschule für Musik in Frankfurt bei Prof. Michael Teuchert und machte den Abschluss als Diplom-Instrumentalpädagoge am Hermann-Zilcher-Konservatorium in Würzburg bei Johannes Tappert und Hans Koch.

Die im Anschluss absolvierte künstlerische Reifeprüfung bei Michael Tröster an der Musikakademie Kassel rundete die Ausbildung zum Konzertgitarristen ab. Während des Studiums ergänzten Meisterkurse bei David Russell, Manuel Barrueco, Hubert Käppel, Thomas Müller-Pering und Aniello Desiderio seine gitarristischen Fähigkeiten.

Das Magazin „Akustik Gitarre“ charakterisiert ihn als studierten Klassikgitarristen, der äußerst sensibel und gefühlvoll  seine introvertierten Weisen spielt: Trotz der erkennbar akademischen Ausbildung intoniert Tobias Zerlang-Rösch mit der unangestrengten Flüssigkeit eines Improvisators seine ohnehin folkloristisch anmutenden Stücke.

Langjähriges Musizieren in vielfältigen Ensembles ermöglichten Sonja Artmann ein weites Spektrum an kammermusikalischer Erfahrung. Als Mitglied der Münchner Bachsolisten, der Philharmonie Festiva und durch zahlreiche Engagements in deutschen Theaterorchestern verfügt sie über ein breitgefächertes Repertoire.

Eine beeindruckende Kostprobe davon gab sie auf ihrer Querflöte mit "Syrinx" des französischen Komponisten CLAUDE DEBUSSY (1862-1918), mit der die Künstlerin in die antike mythologische Welt des Pan entführte.

Claude de Debussys schildert mit seiner Musik den Augenblick,  wie der trauernde Waldgott Pan, der sich in die Nymphe Syrinx verliebt hatte, die sich seiner Werbung entzog, indem sie Diana anflehte, sie in Schilf zu verwandeln, aus den Rohren des Schilfs seine Flöte zusammensetzt und auf dieser ein Trauerlied bläst. Das Flötensolo entstand 1913 als Schauspielmusik zu einem zeitgenössischen Drama (Psyché von Gabriel Mourey), hat sich aber längst als Klassiker des Flötenrepertoires verselbständigt. In seinen stilisierten Klagelauten, in der Ausnutzung der tiefen Lage des Instruments und seinem mythischen Zauber gehört es zu den poetischsten Stücken für das Instrument.

Keine Frage, dass das Duo für das begeisterte Publikum auch noch zwei Zugaben in petto hatte, so den "Libertango", den ASTOR PIAZZOLLA 1974 in Mailand als Symbol für seinen Bruch vom klassischen Tango zum Tango Nuevo veröffentlichte und "Modinha" von VILLA-LOBOS.

Fotos (c) Dieter Gürz

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