Es swingte, blueste, funkte und der Funke sprang über beim Sommerkonzert der Main City Stompers in der Veitshöchheimer Christuskirche
"'s wonderful" von George Gershwin aus dem Jahr 1927 spielten die Main City Stompers beim ersten Sommerkonzert des Kulturamtes der Gemeinde Veitshöchheim in der Christuskirche, ihre Freude darüber ausdrückend, heuer das erste Mal wieder ein Konzert vor Publikum bestreiten zu können, v.l.n.r. Matthias „Clarino" Ernst (Klarinette, Saxophon), Paul Schmand (E-Bass-Gitarre und Gesang), Wolfgang Görner (Posaune), Werner Becker (Trompete), Raimund Beck (Schlagzeug) und Ralf Meyer-Natus (Piano). Hans-Wilhelm Kuhn (Gesang) hatte wegen Erkrankung kurzfristig abgesagt. Mit ihrer Zugabe "What a wonderful world" von Louis Armstrong aus dem Jahr 1968 brachten die Musiker ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die Corona-Pandemie bald der Vergangenheit angehört.
Die jeweils 50 Besucher im neugestalteten Kirchenraum der Christuskirche, im gebührenden Corona-Abstand sitzend, spendeten den Musikern aufgrund ihrer phantastischen Solo-Einlagen Szenenapplaus am laufenden Band, etwa bei Ella Fitzgeralds groovendem Song "Undecided" aus dem Jahr 1939. Es swingte, blueste, funkte und der Funke sprang über bei den mit zwei Zugaben 14 Stücken, die die Jazz-Band 70 Minuten lang präsentierte.
Wie die gemeindliche Kulturreferentin Dr. Martina Edelmann zur Begrüßung sagte, wäre die Konzert-Reihe während der Sommerferien, die sie nun schon zum zwölften Mal zusammen mit dem örtlichen Profimusiker Rainer Schwander organisierte, heuer beinahe Corona zum Opfer gefallen. Dafür, dass sie nun stattfinden können, wenn auch unter besonderen Bedingungen und auch nicht im Synagogenhof, sondern in der Christuskirche galt ihr ein besonderer Dank Pfarrer Sebastian Wolfrum, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte. Dies war notwendig, da eine Schlechtwettervariante beim Synagogenhof nicht gegeben gewesen wäre. Aufgrund seiner durch die nach hinten abgesenkte Holzdecke tollen Akustik entpuppte sich der Kirchenraum als idealer Konzertsaal.
Die Besucher mussten sich namentlich anmelden und nur Paare durften nebeneinander sitzen, ansonsten nur im Abstand von mindestens 1,5 Meter. Da so nur maximal 50 Leute zugelassen waren, gab es ausnahmsweise für die Main City Stompers aufgrund der großen Nachfrage gleich zwei Konzerte am Sonntagabend.
Die restlichen fünf Konzerte am 9. August mit Artmann & Zerlang-Rösch, am 16. August mit Si Senor Musica Latina mit Margarita Gonzales, am 23. August mit Tovte, Klezmer aus Köln, am 30. August 2020 mit Fiedler & Kling und am 6. September 2020 mit dem Jochen Volpert Quartett beginnen alle jeweils um 18 Uhr.
Die überwiegend professionellen Musiker der Main City Stompers verbindet eine teilweise Jahrzehnte lange Freundschaft. Posaunist Wolfgang Görner (Jahrgang 1941) aus Bad Kissingen, der durch das Programm führte, ist der einzige, der bereits bei der Erstgründung im Jahr 1960 und dann auch bei der Wiedergründung im Jahr 1970 dabei war.
In die Zeit des legendären Veitshöchheimer Altortfestes versetzt sah sich Altbürgermeister Rainer Kinzkofer (vorne mittig mit Gattin Barbara). Der begeisterte Jazzfan hatte in der über 25jährigen Ära des Festes zum Sonntagsfrühschoppen als besondere Attraktion immer eine Jazzband, so auch die Main City Stompers oder die Royal Garden Jazzband auf dem Portal der Vituskirche aufspielen lassen.
Wenn der Veitshöchheimer Matthias Ernst, in Fachkreisen durch seine Virtuosität auf seiner Klarinette als „Jazz-Legende“ eingestuft, Mitglied eines Jazz-Ensembles ist, dann ist für Jazz-Liebhaber ein ganz besonderer Genuss garantiert, vor allem wenn er die Melodiestimme seiner Klarinette über mehrere Oktaven hinweg in Szene setzt. Aber auch mit dem Saxophon (im Bild) wusste der Musiker zu begeistern, so bei dem populären Jazzstandard "I can't give you" von Jimmy Mc Hugh aus dem Jahr 1928 oder als er bei "Harlem Nocturne", Lounge-Musik vom Feinsten förmlich zum Dahinschmelzen von Early Hagan aus dem Jahr 1939, mit Saxophon-Solos brillierte.
Mit den Main City Stompers ist der "Mister Clarino" schon seit über 15 Jahren verbunden. Im Vorjahr war er bei der Eröffnung der Sommer-Konzertreihe in der Formation der außergewöhnlichen Musiker des "Franconia Jazz Ensemble" dabei, vor drei Jahren trat er hier als Mitglied des Djangology-Quartetts auf
In Veitshöchheim glänzte Ernst weiter schon zusammen mit Banjostar Sean Moyses im Mai 2013 in der Bücherei im Bahnhof sowie als Duo Clarino mit dem örtlichen Gitarristen Bernhard von der Goltz, als er die 125-Jahr-Feier des SPD-Ortsvereins in den Mainfrankensälen musikalisch umrahmte. Ernst unterrichtet in Würzburg an der städtischen Sing- und Musikschule, am Matthias–Grünewald–Gymnasium sowie an der Universität.
Das Konzert eröffnete das Sextett passend zum Kirchenraum mit "The Preacher" von Horace Silver aus dem Jahr 1955.
Fetzig folgte "Blues my naughty sweetie", ein Song über Küssen und Lachen aus einem Broadway Musical des Jahres 2014. Nach New Orleans versetzte mit tollen Posaunensolos stimmungsvoll "Blue monk", ein typischer Blues von Thelonious Monk aus dem Jahr 1954.
E-Bass-Gitarrist Paul Schmand aus Dietzenbach hatte für den erkrankten Hans-Wilhelm Kuhn bei acht Stücken die Gesangsrolle übernommen, so auch bei Frank Sinatras flotter Jazzreferenz "All of me" mit glänzenden Klarinettensolos von Matthias Ernst.
Trompeter Werner Becker aus Mömbris glänzte mit seinen Solos besonders bei der McCartney-Komposition "Honey Pipe" (Süßer Schatz), das die Beatles 1968 als Hommage an den Britischen Music-Hall-Stil veröffentlichten. Das Gypsy Jazz Guitar-Stück, das von einem Arbeitermädchen aus Nordengland handelt, das in den USA zur Leinwandlegende aufstieg, spielte die Band auf Wunsch des Sommerkonzert-Mitorganisators Rainer Schwander erstmals ohne vorherige Probe ganz famos.
Ralf Meyer-Natus aus Bad Kissingen, ein Pianist mit Herz und Leidenschaft, begeisterte immer wieder mit herrlichen Solopassagen, so auch bei "Crazy Rhythm", einem Jazzstandard aus dem Jahr 1928 von Joseph Mayer, bekannt auch durch die Loverversion im Film "Tea for Two" mit Doris Day aus dem Jahr 1950.
Schlagzeuger Raimund Beck aus Kleinrinderfeld, in Veitshöchheim auch bekannt bei den Konzerten von Petra Prinz in den Mainfrankensälen, war stets voll in seinem Element, so auch bei "Hello Dolly", dem größten Erfolg von Louis Armstrongs Karriere oder dem populären Jazzstandard "Bye bye blues" sowie auch bei der Zugabe "Basin street blues", ebenfalls von Louis Armstrong aus dem Jahr 1964, mit der sich die Musiker verabschiedeten.