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Bittgottesdienst in der Veitshöchheimer Kaserne mit der Heiligen Corona: Comeback einer fast vergessenen Heiligen

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Gottesdienst mit besonderen Regeln: Die Wiese ist groß genug, um zwei Meter Abstand halten zu können.

Aufatmen in der Balthasar-Neumann-Kaserne: Jetzt, wo wieder Gottesdienste gefeiert werden dürfen, laden die beiden Veitshöchheimer Militärpfarrer zum Bittgottesdienst ein und erinnern dabei an eine fast vergessene Schutzheilige.

„Wussten Sie, dass es eine Heilige Corona gibt?“ fragt der Militärpfarrer in die Runde. Den meisten Teilnehmern beim Bittgottesdienst auf dem Hubschrauberlandeplatz ist das neu. „Die Heilige Corona gehört zu jenen Heiligen, die einst in Seuchenzeiten um Hilfe angerufen wurden“, erklärt Dr. Andreas Rudiger.

Diese alte Tradition aus der Zeit vor der Reformation belebt nun in Veitshöchheim der katholische Militärpfarrer gemeinsam mit seinem evangelischen Kollegen, Pfarrer Johannes Müller. Jetzt, wo in Bayern wieder Gottesdienste gefeiert werden dürfen, und jetzt, wo auch Militärpfarrer Müller von seiner Covid-19-Erkrankung genesen ist, laden beide jede Woche zum Corona Bittgottesdienst im Freien ein – natürlich mit dem derzeit gebotenen und auch befohlenen Abstand.

Symbol der Pandemie: Mit Mundschutz reicht der katholische Militärpfarrer in Veitshöchheim, Dr. Andreas Rudiger, einem Soldaten eine Hostie zur Heiligen Kommunion. 

Das wird gerne angenommen, wie Pfarrer Müller zufrieden feststellt. „Da ist etwas Gelöstes“, beschreibt er die spürbare Erleichterung, die er in den Gesichtern der Gottesdienstbesucher sieht. „Man merkt, dass die gottesdienstliche Gemeinschaft wieder da ist, wenn auch unter anderen Bedingungen als bislang gewohnt“. Müller weiß, wie sich das anfühlt – er hat selbst zwei Wochen in häuslicher Isolation verbracht. „Ich vergleiche das gerne mit meinem Einsatz in Mali – Soldaten wissen, was es bedeutet, wochenlang isoliert und weit weg von ihren Angehörigen zu sein.“

Pfarrer Rudiger erinnert in einer Predigt an die Heilige Corona, die zur Zeit der Christenverfolgungen im Römischen Reich zur Märtyrerin wurde.

Reliquien liegen in Venetien

Pfarrer Rudiger und Alois Schöpf, katholischer Militärpfarrer aus dem nahen Hammelburg, erinnern im Bittgottesdienst an die Heilige Corona, eine Märtyrerin, die zur Zeit der Christenverfolgung im Römischen Reich einem verurteilten Soldaten aus Kleinasien namens Viktor beistand, ihm Trost gespendet und Mut gemacht haben soll. Ihre Reliquien werden in Venetien aufbewahrt – ausgerechnet in jener Region Europas, die zuletzt sehr stark unter dem Corona-Virus litt. „All dies macht sie gerade im gegenwärtigen Augenblick zu einer wichtigen Fürsprecherin“, sagt Pfarrer Rudiger.  

Krankheit verändert den Blick

Pfarrer Müller (Mitte) berichtet, wie sich sein Blick durch die eigene Covid-19-Erkrankung verändert hat

Womöglich hat sie seinem Kollegen Müller beigestanden. Er wisse nicht, wo er sich angesteckt habe, sagt Pfarrer Müller, habe zum Glück aber einen milden Verlauf erlebt. „Selbst daran zu erkranken, das verändert den Blick aber ganz enorm. Man sieht die Schutzmaßnahmen, die unsere Regierung angeordnet hat, mit einer anderen Brille.“ Zumal Müller kürzlich erfuhr, dass er durch Covid-19 einen Freund und pensionierten Kollegen verloren hat.

Ungewöhnlich viele machen mit

Es war Pfarrer Rudigers Idee, die Bittgottesdienste anzubieten – auch unter dem Eindruck der Erkrankung seines evangelischen Kollegen. Über den Zuspruch freut er sich: Zwischen 30 und 50 Soldatinnen und Soldaten der 10. Panzerdivision sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Standorts nehmen jede Woche teil. „Bei allen Schutzvorkehrungen und menschlichen Bemühungen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus haben wir immer die Möglichkeit, uns mit unseren Bitten und Anliegen an Gott zu wenden“, betont Pfarrer Rudiger.

Endlich wieder Musik

Neuerdings wieder erlaubt: Das Blechbläserensemble des Heeresmusikkorps Veitshöchheim begleitet den Gottesdienst musikalisch.

Aufgelockert mit jeweils zwei Metern Abstand zum anderen, macht die ungewöhnliche Form der Gottesdienste unter freiem Himmel den Ernst der Lage deutlich. Es darf nicht gesungen werden. Und der Anblick von Geistlichen, die zu Ornat und Talar einen Mundschutz tragen, ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Nur die musikalische Begleitung durch ein Bläsersextett des Heeresmusikkorps Veitshöchheim – dies ist nun wieder erlaubt – erweckt den Anschein eines ganz normalen Feldgottesdienstes, wie er im Sommer gerne gefeiert wird. „Auch, wenn wir die Sicherheitsabstände einhalten, sind wir doch gemeinsam hier“, stellt Pfarrer Rudiger zufrieden fest.

 

Autor: Karsten Dyba - Fotos: Bundeswehr

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