Jede Menge Insiderwissen und Anekdoten bei der Veitshöchheimer Fastnachtstour mit VCC-Urgestein Rudi Hepf
„Fastnacht in Franken“ mit den Auftritten von Heißmann und Rassau, Michl Müller und der Altneihauser Feierwehrkapell‘n ist für viele das Fernseh-Highlight in der fünften Jahreszeit. Das Veitshöchheimer Faschings-Urgestein Rudi Hepf stellte am Samstagnachmittag im Rahmen des Landkreis-Kulturherbstes auf seiner Fastnachtstour interessierten Fans die Fastnachts-Hochburg Veitshöchheim einschließlich der Ausstellung „Die Welt von Fastnacht in Franken“ in den Mainfrankensälen und anderer „kultischer“ Orte vor.
Rudi Hepf, der im Mai seinen 80. Geburtstag feiern konnte, ist nicht nur ein überzeugter SPDler und Gewerkschaftsfunktionär vom Scheitel bis zur Sohle, sondern seit über einem halben Jahrhundert auch ein leidenschaftlicher Chorsänger und Karnevalist. Da er seit der Gründung des Veitshöchheimer Carneval-Clubs im Jahr 1966 im Fasching aktiv ist, 44 Jahre lang als Büttenredner alleine oder mit anderen als Mitglied im Faschingschor des MGV und später mit den Spätzecknachtigallen, auch heute noch die Jugendarbeit des VCC als Senator unterstützt, darüber hinaus 22 Jahre dem Gemeinderat angehörte, verfügt der 80jährige über jede Menge Insiderwissen über den Ort und die Fasenacht. Und dass er dieses Wissen auch noch im hohen Alter gerne weiter gibt, beweisen an die 90 Hofgartenführungen und neun Fastnachts-Touren jährlich sowie viele Weinproben im Weingut Hessler und Stadtführungen in Würzburg.
Veitshöchheim sei aber nicht erst durch die von Edmund Stoiber 2004 zur "Kultsendung" gekürte Fastnacht in Franken deutschlandweit bekannt geworden. So habe es bereits im Jahr 1246 eine Königswahl gegeben, als der Thüringer Landgraf Heinrich Raspe in Veitshöchheim von einer Minderheit der deutschen Fürsten mit Unterstützung einiger Erzbischöfe zum Gegenkönig zu Kaiser Friedrich II. und dessen Sohn Konrad IV. gewählt wurde.
Hepf blickte dann zurück auf 53 bewegte Jahre zurück, in denen der Veitshöchheimer Carneval-Club seit seiner Gründung im Gasthaus Stern nach Differenzen mit der 1959 von Josef Ries und Alfred Durhack gegründeten Faschingsabteilung der Turngemende zu einer der renommiertesten und aktivsten Gesellschaften in Franken aufstieg und viele Glanzlichter im Jahreskreislauf bei Prunksitzungen, der Ausrichtung von Turnieren ebenso wie bei Faschingsumzügen und Festen setzte.
Hepf erinnerte an die Erfolge der ersten Jahre, an die legendären Mainfeste, Spielmannszug, Mexiko-Gruppe, Rathaussturm in Würzburg, die erste Jubiläumssitzung in den Huttensälen oder die Gemeinschaftssitzungen für die Aktion „Ein Platz an der Sonne“ oder zugunsten der Deutschen Krebshilfe. Dank seiner hervorragenden Nachwuchsförderung habe es den Verein jahrzehntelang ausgezeichnet, seine Prunksitzungen in allen Sparten mit eigenen Aktiven zu gestalten. Hepfs Freund Edgar Wenger war nicht nur maßgeblich an der Gründung des VCC 1966 beteiligt und dessen 1. Sitzungspräsident. Er war es schließlich auch, der 2003 mit seiner Familie maßgeblich dazu beitrug, dass es seitdem mit der Tanzsportgarde Veitshöchheim einen zweiten karnevalistischen Verein im Ort neben dem VCC gibt.
Ausführlich schilderte Rudi Hepf, wie die im ersten Jahr 1987 aus dem oberfränkischen Lichtenfels gesendete "Fastnacht in Franken" ein Jahr später dank Edgar Wenger und Bürgermeister Rainer Kinzkofer nach Veitshöchheim kam und seitdem hier alljährlich bis auf den Ausfall 1991 wegen dem zweiten Golfkrieg in den Mainfrankensälen über die Bühne ging und seit 1991 die höchsten Einschaltquoten im Bayerischen Fernsehen erzielt. Er selbst habe bisher immer das Vergnügen gehabt, als Senator des VCC eine der 650 von über 10.000 Leuten begehrten Eintrittskarten für die Fernsehsitzung zu bekommen.
Bei der Erweiterung und dem Umbau der Mainfrankensäle in den Jahren 2013/2014 hat sich die Fläche des Foyers mit nun 640 Quadratmeter mehr als verdoppelt und ist nun fast so groß wie der Saal. Das vergrößerte Foyer bot sich als originaler Schauplatz an, hier die Sendung „Fastnacht in Franken“ darzustellen mit dem Ziel, auch denen, die nicht regelmäßig an der Kultsendung des Bayerischen Rundfunks vor Ort sein können, Gelegenheit zu geben, diese Luft zu schnuppern.
Darsteller wie Waltraud und Mariechen sind als farbig gefasste Pappmaché-Figuren zu sehen.
Für einen Hingucker und eine Belebung sorgen hier vor allem die beiden Panoramabilder auf acht Millimeter starkem splitterfesten Glas. Die Aufnahmen sowohl von der Generalprobe einer BR-Fernsehsitzung als auch im Heckentheater des Hofgartens sind ein Meisterwerk des örtlichen Berufs-Fotografen Ronald Grunert-Held. So hat das Original-Panoramabild von der Fastnacht in Franken-Sitzung fast vier Gigabyte, aufgenommen mit einer Spezialkamera (Maschine), die 320 Einzelbilder aneinander setzt.
Der ganz in der Nähe der Mainfrankensäle liegende Hofgarten von Veitshöchheim, Besuchermagnet seit langer Zeit, im letzten Jahr besuchten ihn 350.000 Leute, liefert unter dem Titel "Das Theater im Hofgarten Veitshöchheim – Theaterkulisse in Barock- und Rokoko" zeitszenische und optische Anknüpfungspunkte für die Kulisse von „Fastnacht in Franken“. So treffen sich im Interesse der Besucher Veitshöchheims zwei kulturelle Besonderheiten, über die die neue Dauerausstellung zusätzliche Informationen liefert.
Vier inhaltliche Schwerpunkte bilden das Grundgerüst der kostenlos zu besuchenden Ausstellung, ohne ein wissenschaftliches Museum zu sein. Es geht dabei um die Darsteller auf der Bühne, die Produktion im Hintergrund, das Publikum vor der Bühne und in Anlehnung an den Hofgarten um die barocke Theaterbühne.
Diese zwölf Tafeln oben schildern, was es für den Ort bedeutet, wenn die blau-weißen Autos des BR jedes Jahr zur Faschingszeit kommen.
Links die Figur des Norbert Neugirg, dem scharfzüngigen Kommandanten der Altneihauser Feierwehrkapelln, mit der sich ebenfalls viele Besucher der Ausstellung ablichten lassen.
Ausstellungsbesucher können auf dem Fotopodest der Promis in deren Rolle schlüpfen und sich in diversen Kostüm-Figuren (ohne Kopf) ablichten lassen. Auch können in einer Sofa-Ecke Ausschnitte aus früheren Live-Sendungen nacherlebt werden.
An insgesamt zwölf Stationen werden so Streiflichter aus der nun schon mehr als 30jährigen Geschichte der Fernsehsendung in Veitshöchheim gezeigt.
Dargestellt als Faschingsfigur ist in der Ausstellung auch eine Nachbildung der Veitshöchheimer Schlappsau.
Wer als Narr etwas auf sich hält in Veitshöchheim, so Hepf, gehe wie er es jahrzehntelang selbst praktizierte, am Faschingsdienstag aus Tradition als Schlappsau.
Eine Schlappsau, darunter verstehe man eigentlich einen nachlässig gekleideten Menschen. In Veitshöchheim ist nach seinen Worten dieser Ausdruck am Faschingsdienstag aber eher ein Kompliment.
Die Veitshöchheimer Schlappsäue seien nämlich ein Stück Kultur: Wer eine richtige Schlappsau sein will, brauche dazu einen Lampenschirm als Kopfbedeckung und einen Vorhang als Umhang. Und erkennen soll man die Schlappsau auch nicht. Also gehöre auch eine Maske dazu und sie verstellt ihre Stimme. Ein Brauch, der sonst nirgendwo noch zu finden sei.
Während die Lumpengestalten früher noch auf der Straße ihr Unwesen trieben, sind sie, nun in Gruppen auftretend, bei vielen Veitshöchheimern gern gesehene Gäste. Keine Frage, dass sie auf ihrer stundenlangen Tour von Haus zu Haus schon allerhand Stehvermögen haben müssen. Überall wartet nämlich auf sie reichlich Speis und Trank. Tolle Stimmung bringe natürlich eine Gruppe, wenn sie auch noch Instrumente dabei hat, wie die Schlappsäu vom Musikverein.
Kurz vor Mitternacht ertöne dann lautes Wehklagen und Jaulen einer großen Schar maskierter Lumpengestalten und Marschmusik im Altort, wenn die Originialgestalten der Veitshöchheimer Fasenacht im Rathausinnenhof einfallen, um ihre geliebte Fasenacht, die seit dem 11.11. in Veitshöchheim ihr Unwesen trieb, zu Grabe zu tragen. Und der Rudi Hepf hat hier schon oft in eine Mönchskutte schlüpfend, den Beerdigerpart übernommen.
Der Fastnacht-Tourführer verwies dann im Hofgarten auf die Ortschronik von Vera Struchholz, nach der nach der Säkularisation im Hofgarten zahlreiche große Kostümfeste, Bälle und sonstige Feste stattfanden. So war im Juli 1812 die französische Kaiserin Marie Louise zu Gast, ebenso verbrachten später auch Bayerns gekrönte Häupter wie Max I als auch sein Nachfolger Ludwig I. hier zahlreiche Sommer im Schloss und um die Mitte des 19. Jahrhunderts ging es bei zahlreichen großen Festen im Hofgarten hoch her mit zeitweise 15.000 Menschen, die alle Räume des Hofgartens ausfüllten. Von den 300 Skulpturen im Hofgarten, so Hepf, seien 60 als Faschingsleute verkleidet.
Keine Frage, dass Hepfs Tour dann auch an das Fastnachtshaus in der Bahnhofstraße führte.
Auf der Fassade des Hauses mit der Nummer 13 ranken auf einer Länge von 28 Meter allerlei Fastnachtsgestalten. Neben liebreizenden Tänzerinnen lächeln die einem millionenfachen Publikum bekannten Protagonisten aus Bayerns Fernsehsendung mit den höchsten Einschaltquoten, nämlich der Fastnacht in Franken entgegen, geben sich furchterregende Masken, hinter Gittern hervorlugend, darunter auch das Konterfei des Bayerischen Miinisterpräsidenten in seiner 2014er Maskerade als giftgrüner Oger mit Knubbelnase und Trichterohren verkleidet, ein Stelldichein. Der Sitz des Fastnacht-Verbandes Franken (FVF) wurde so im September 2015 publikumswirksam zu einer neuen touristischen Attraktion des Ortes aufpoliert.
Ausführliche Beschreibung der Wandmalereien siehe nachstehender Link auf Bericht auf Veitshöchheim News vom 4.9.2015
Last not least fand die Tour ihren Abschluss im Hotelcafé-Restaurant Müller in der Thüngersheimer Straße, dem laut Hepf "Head-Quarter" der Fastnacht in Franken, wo jährlich Fernsehleute und Künstler residieren, so schon im 21. Jahr "Waltraud und Mariechen" alias Volker Heißmann und Martin Rassau. Hier würden nach der Generalprobe die Auftritte analysiert und gegebenfalls abgeändert.
Fotos (c) Dieter Gürz