Erntedankfest im Veitshöchheimer Bürgergarten: Besucher erfuhren, welche Vielfalt die Natur an Heilkräutern bereithält
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Zum Erntedankfest hatte heute Nachmittag Karin Kissel Interessierte in ihren Heilkräuter-Bürgergarten am Main nördlich der Kläranlage eingeladen.
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Für die Gäste gab es zu Federweißer neben Quark mit Kräutern aus dem Garten auf selbstgebackenem Dinkelbrot auch Kürbis- und Tomatensuppe, zubereitet von Karin Kissel's Gartenhilfen Christine und Christian.
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Besuch hatte die Heilkräuterexpertin auch von einer Gruppe von Mitgliedern des Vereins für Obstbau, Garten und Landschaft aus Wertheim-Hohefeld mit ihrem Vorsitzenden Jürgen Merz.
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Groß war die Freude bei Karin Kissel, als sie ihre Lehrmeisterin, die Franziskanerin Leandra Ulsamer, die am 20. September ihren 87. Geburtstag feiern konnte, im Bürgergarten begrüßen konnte.
Als Leiterin des Kräutergartens im Kloster Oberzell hatte die die Schwester des Veitshöchheimer Lebensmittelhändlers Franz Ulsamer bei der Erforschung der Klostermedizin durch den am 27. März dieses Jahres im Alter von 65 Jahren verstorbenen Würzburger Medizinhistoriker Johannes Gottfried Mayer überregionale Bekanntheit erlangt. Seit 2006 im Raum Würzburg ansässig, durfte Kissel bei der Franziskanerin in deren Kräutergarten im Kloster Oberzell vier Jahre mitarbeiten.
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Die Nonne ist sehr davon angetan, wie sich der Veitshöchheimer Bürgergarten, vor allem Kissels ganzer Stolz, der mit Holzumrahmungen eingefassten Strabo-Garten und seinen 24 historischen Heilkräutern, seit ihrem letzten Besuch vor zwei Jahren entwickelt hat. Sie stellte ihn auf eine Stufe mit dem 1999 wiederhergestellten Apothekergarten des Klosters Seligenstadt mit seinen etwa 200 verschiedenen Heilpflanzenarten auf einer Fläche von rund 600 Quadratmetern. Dort habe auch Johannes Gottfried Mayer gewirkt.
Den Garten am Main in Veitshöchheim hatte die Gemeinde Karin Kissel im Frühjahr 2016 zur Neuverpachtung angeboten, von dem diese aufgrund seiner Lage und seines Zuschnitts sofort begeistert war, auch wenn er total verwildert und zugewachsen sich wie ein Urwald darstellte. Es standen drei alte Obstbäume, ein großer Walnussbaum, eine Reneklode und zwei Weiden. Der Boden war „steinreich“ und mit Unkraut gesegnet.
In mühevoller Arbeit war es der leidenschaftlichen Gartenliebhaberin, die als Architektin früher Wohnhäuser plante, zusammen mit etlichen hilfsbereiten Bürgern gelungen, aus der Wildnis innerhalb eines Jahres ein Gartenparadies zu machen, das Duft verströmt und in seinen Farben leuchtet und das nun ebenso wie Leandra Ulsamer auch die Besucher des Erntedankfestes erfreute und faszinierte.
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Ausführlich erläuterte die Heilpflanzenexpertin den Besuchern, was sie mit dem Nachbau des Strabo-Heilkräuter-Gartens im Beneditkinerkloster der Bodensee-Insel Reichenau in Mittelzell bezweckt. Wie sie sagte, will sie jahrhundertealtes praktiziertes und gelehrtes Heilkräuterwissen von Klöstern wieder bewusst machen und es in unsere technisierte Welt tragen, wo fast nur die Pharmaindustrie das Ideal der Heilwerdung darstelle. Kissel: "Wir wollen zeigen, welcher Reichtum, welche Vielfalt die Natur an Heilkräutern bereit hält. Wir müssen wieder lernen, die Pflanzen zu entdecken, zu bestimmen und anzuwenden.
Kissel holte weit aus, um aufzuzeigen, warum es gerade die Klöster waren, die immenses Wissen zu Heilpflanzen und zu deren Anwendungen hatten und es weiterlehrten, so im Lorscher Arzneibuch,das älteste erhaltene Buch zur Klostermedizin aus der Zeit Karls des Großen, unter benediktinischer Ägide in lateinischer Sprache im Kloster Lorsch geschrieben.
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Einen besonderen Bezug hat Kissel zum 724 n. Chr. gegründeten Benediktiner-Kloster Mittelzell auf der Insel Reichenau am Bodensee, das unter Abt Walahfrid STRABO von 842 bis 849 Glanz und Anziehung erlangt habe. Seinen Namen STRABO (der Schieler) habe der Abt wegen eines Augenfehlers abbekommen. Er habe nicht nur als Arzt der Seelen im tieferen Sinn, sondern auch als Helfer und Hirt der Kranken, Armen und Fremden gewirkt. Seine oberste Sorge und Pflicht habe nach den Regeln des im 5 . Jahrhundert wirkenden Benedict von Murcia den Schwachen, den Kindern, den Greisen und Kranken gegolten. Die Pflanzen seines Kräutergartens habe STRABO weitgehend als Heilpflanzen, als Heilmedizin angesehen.
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Nach dem Vorbild des Hortulus im Kloster auf der Insel Reichenau entstanden auch im Veitshöchheimer Bürgergarten 24 mit einer Holzrahmung eingefasste Beete mit authentischen Pflanzen.
Der individuell für jede Heilpflanze mit Holzerde, Kompost, Lehm und Sand aufgebaute Strabo bleibe immer unverändert. In jedem Beet stehe eine ganz besondere Heilpflanze, von denen etwa welche bei Bauchweh, Husten, Pickeln oder Verstopfung hilfreich sein können. Der Abt habe so vor über 1000 Jahren Menschen mit seinen Kräutern geheilt.
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Wie Kissel den Gästen erläuterte, reicht die Liste der prächtig gedeihenden Strabo-Heilkräuterpflanzen von Schlafmohn, weiße Lilie, echter Wermut, Andorn, Königswurz, Katzenminze, Schafgarbe, Odermennig über Heilziest, Eberraute, Flaschenkürbis, Melone, Salbei, Raute, Kerbel bis hin zu Sellerie, Liebstöckel und Fenchel.
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Die Heilkräuter haben nach ihren Worten als Tee oder in Wasser, Wein oder Alkohol gelegt, eine unheimliche Kraft.
Fotos (c) Dieter Gürz