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Mit Melitta Sebold, geborene Wolf, feierte am Sonntag eine Ureinwohnerin Veitshöchheim ihren 90. Geburtstag, die viel Historisches zu erzählen hat

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Wenn man sich mit Melitta Sebold, geborene Wolf, unterhält, vergeht die Zeit wie im Flug, wird ein Stück Ortsgeschichte wieder lebendig, denn die Urveitshöchheimerin hat viel zu erzählen. Diese Erfahrung machte heute auch der Verschönerungsvereins-Vorsitzende Burkard Löffler, der ihr im Bild einen Rosen-Pflanztopf zu ihrem 90. Geburtstag überreicht, den sie am Sonntag im Kreise ihrer vier Kinder, 18 Enkel und 16 Urenkel gebührend im Restaurant "Rokoko" feiern konnte. Die Jubilarin ist noch erstaunlich gut beieinander und legt noch viel Wert auf ein gepflegtes Outfit, wie man zweifelsfrei auf dem Foto sehen kann.

Sie bestreitet ihren Haushalt in ihrem Haus in der Thüngersheimer Straße noch selbst. Nur einmal in der Woche kommt eine "Putze" und versieht ihre in der Nähe wohnende Tochter die Einkäufe im Discounter.

So kocht sie sich jeden Tag, macht die Wäsche, geht beim Metzger und Bäcker im Altort einkaufen, versieht ihren Haushalt und bearbeitet auch noch ein paar Salat- und Gemüsebeete hinter dem Haus (die Fotos stammen aus dem Jahr 2013, als sich Frau Sebold beim Wettbewerb "Mein schönster Garten" des Verschönerungsvereins beteiligte und die Jury den pflegeleicht gehaltenen Ziergarten mit Rosen und Sommerblumen vor dem Haus und die ein paar 1.000 Quadratmeter große Obstwiese mit Nutzgarten hinter dem Haus mit vielen alten Obstbäumen  bewertete).

Sie liest gerne Bücher, verfolgt das Zeitgeschehen durch Mainpost-Lektüre und hält sich geistig auch durch das Lösen von Rätseln fit. Einmal im Monat trifft sich Melitta Sebold zum Klassentreffen im Café Müller mit bis zu zehn Gleichaltrigen zum geselligen Beisammensein und Schwelgen in Erinnerungen an vergangene Zeiten.

Und so erzählt sie auch bei Löfflers Besuch von ihrer Kindheit, die sie in der Erdgeschosswohnung ihrer Eltern im Forsthaus in der Herrnstraße (Foto) verbrachte, von ihrem Vater Georg Wolf, der Chef der Weinbauabteilung der Landesanstalt war und ihrer Mutter, die das Weingut mit den Weinflächen der "Lage Wölflein" führte und sie selbst sämtliche Weinbergsarbeiten ausführte.

Stolz zeigt sie das Foto, wo ihr Vater im weißen Mantel einen Stand beim Winzerfest im Umgriff des alten Würzburger Bahnhofs betrieb. Und voller Stolz erzählt die Jubilarin, dass sie sie eine der ersten Frauen war, die im Ort einen Führerschein machte.

Im Oktober 1951 heiratete sie den Maschinenbau-Ingenieur Rudi Sebold, der kurz zuvor erst im Mai aus sechsjähriger russischer Gefangenschaft heimgekehrt war. Beruflich war der gebürtige Veitshöchheimer nach einer Tätigkeit bei KöBau als TÜV-Sachverständiger für Dampf- und Druckanlagen auch für die Sicherheit des Kernkraftwerks in Grafenrheinfeld verantwortlich.

Für die Winzertochter mit ihrem besonderen Bezug zum Wein war es kein Wunder, dass sie 1950 im Erdgeschoss des Anwesens Thüngersheimer Straße 70 (Foto links), das zu diesem Zeitpunkt ihrem Vater gehörte,  die Weinstube "Wölflein" eröffnete und bis 1970 betrieb (Überbleibsel sind noch heute die mit Weinmotiven verzierten Fenster nebst Eingangstür im EG). Wie Melitta Sebold sagt, war die bis auf Montag jeden Tag geöffnete Weinstube (ab 1965 dann nur noch am Wochenende) im Ort sehr beliebt, gab es Ripple, Schlachtschlüssel aus eigener Schlachtung, Knäudele und Leberwürst und ihr angemachter Camembert sei weit und breit bekannt gewesen.

Die Jubilarin war bis auf den Verschönerungsverein, dessen Mitglied sie als einzige schon seit 66 Jahren ist, nie vereinsmäßig aktiv, ganz im Gegensatz zu ihrem Mann Rudi.

Wie kein anderer in der Geschichte der Turngemeinde Veitshöchheim hatte sich dieser seit 1937 uneigennützig und nachhaltig für die Belange des Vereins und den Sport eingesetzt, war  viele Jahrzehnte lang  ein unermüdlicher Motor  und lag ihm besonders die Betreuung der Kinder und Jugendlichen am Herzen, war ihm hierfür keine Mühe zu viel und kein Weg zu weit.

So war er auch 14 Jahre lang von 1966 bis 1980 Jugendleiter und seit 1961 bis 1998 als Sportleiter für den Übungsbetrieb aller Abteilungen verantwortlich, übte auch überörtliche Funktionen im Bereich des Turnsports aus, war auch in der der Kommunalpolitik als Gemeinderat 23 Jahre lang bis 1990 ein Verfechter der Belange des Sports. So war es für die TGV-Führung auch keine Frage, im November 2007, ihre neue, nun vielfältig nutzbare Sportarena Rudi Sebold-Halle zu benennen und dadurch im Nachhinein die außergewöhnlichen Leistungen und Verdienste des im  Juli 2007 verstorbenen Sportfunktionärs zu würdigen.

Für diesen Einsatz bei der Turngemeinde und für die Gemeinde habe sie ihrem Mann, so Melitta Sebold, stets den Rücken frei gehalten und ihn unterstützt, wo es nur ging. So habe sie etwa die Vitusturnhalle nach einem Fest der TGV gereinigt. Gerne erinnert sie sich noch an die vielen Freizeiten, die ihr Mann im Jugend-Ferien-Dorf des BLSV in Inzell organisiert hat, wo sie bei der Betreuung mitgeholfen habe.

Die Jubilarin initiierte  schon 1953 die Wiederbelebung des Verschönerungsverein

In ihren Erzählungen hatte Melitta Sebold für den Verschönerungsvereins-Vorsitzenden Burkard Löffler noch eine Neuigkeit parat. Im September 2016 hatte beim Festakt in den Mainfrankensälen zum 120jährigen Jubiläum Altbürgermeister Rainer Kinzkofer in seiner Festrede geäußert, dass der Verschönerungsverein nach dem 2. Weltkrieg nicht mehr existent war, ehe er im November 1982 von einer kleinen Gruppe Veitshöchheimer, zu denen er auch sich zählte, wiederbelebt wurde.

Wie nun Melitta Sebold dem Vorsitzenden erzählte und dieser im Vereinsarchiv eine Bestätigung fand, lebte der Verein bereits am 1. Januar 1953 auf ihre Initiative wieder auf, um im Interesse der vielen Hofgartenbesucher von auswärts auch den Blumenschmuck an den Hausfassaden zu intensivieren, was auch ihrer Weinstube zugute kam.  Zu den Initiatoren zählten damals auch der Besitzer des Café Hubertus Kuchenmeister, sowie  Josef Ries, Hans Wolf, Josef Kneitz, Alois Bausenwein und Franz Irl. 

Die Aktivitäten des Verens waren allerdings nur von kurzer Dauer. Denn schon am 3. Juni 1961 bestimmte eine Versammlung die Herren Dr. Gerneck, Kuchenmeister und Muselmann zu Liquidatoren, die das Vereinsvermögen wie den Zickzack auf die Gemeinde übertragen sollten. Da die damals beschlossene Auflösung offensichtlich nicht vollzogen wurde, bestand der Verein noch, als im Februar 1980 der Hauptausschuss des Gemeinderates das Wiederaufleben des Vereins empfahl und bei einer Besprechung im Januar 1982 eine Liste mit noch 31 lebenden Altmitgliedern existierte, so dass Eduard Schmitt und Dr. Kilian Meyer als Liquidatoren beauftragt wurden, eine Mitgliederversammlung für November 1982 zur Wahl eines Vorstands einzuberufen, was dann schließlich auch gelang.

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