Overblog
Edit post Folge diesem Blog Administration + Create my blog

Veitshöchheimer Gymnasiasten fühlten US-Konsul auf den Zahn - Seine Antworten waren höchst diplomatisch

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

"Meet US – Amerikaner im Dialog mit Jugendlichen an deutschen Schulen" heißt ein Programm der Botschaft und Konsulate der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland. Es eröffnet den Schülern die Möglichkeit, brennende Fragen rund um die USA und das transatlantische Verhältnis zu stellen und mit einem Muttersprachler auf Englisch zu diskutieren. So besuchte am Montag Stephen F. Ibelli, Konsul für öffentliche Angelegenheiten am US-Generalkonsulat in München, das Gymnasium Veitshöchheim und präsentierte sich dabei den Schülern der 10. und 11. Klassen als Diplomat vom Scheitel bis zur Sohle, so ganz zum Anfassen. Seiner Aufforderung "any Question you like" folgten die  Jugendlichen ohne Scheu, löcherten ihn ohne Pause mit 28 Fragen, bis der Gong die Doppelstunde beendete.

Wie die Englisch-Fachbetreuerin Stefanie Michaeli (Bildmitte) am Ende resümierte, hätten die Schüler sehr deutlich gemerkt habe, wie geschult der Diplomat darin ist, sich "der Sprache der Diplomatie zu bedienen." Sie seien von der Nahbarkeit und Offenheit des Diplomaten sehr beeindruckt und angenehm überrascht gewesen, dass der Vortrag entgegen ihren Erwartungen "gar nicht langweilig war". Auf dem Foto heißt der Schulleitungs-Mitarbeiter Jürgen Hartmann (links) den aus München angereisten Gast willkommen.

Die Anspannung und Aufregung unter den Schülern verflog schnell, als er sie sogleich mit Fragen und kleinen Geschenken zum Dialog animierte.  So vermittelte Ibelli, dass die US-Botschaft in Berlin ihren Sitz hat, es neben München noch US-Generalkonsulate in Frankfurt, Düsseldorf, Hamurg und Leipzig gibt,  die Deutsche Botschaft in Washington residiert und es in den USA neun deutsche Generalkonsulate in Atlanta, Boston, Chicago, Houston, Los Angeles, Miami, New York und San Francisco gibt, in Deutschland Heiko Maas und in den USA Mike Pompeo Außenminister sind

Der Konsul, der in der Nähe von New York City aufwuchs und seinen Abschluss in Psychology und Near East Studies an der Cornell University machte, offenbarte sein ganzes diplomatisches Können: Er formulierte nicht seine eigene Meinung, sondern gab die amerikanische Position wieder.

So antwortete er auf die Frage, ob er sich mit der Trump-Regierung identifiziere, dass es sein Job sei, die US-Regierung zu repräsentieren, egal, welche Meinung er persönlich vertrete. Er habe schon für fünf US-Präsidenten gearbeitet, da gebe es viel Veränderung, mit der man als Diplomat zurechtkommen müsse.

Der Münchener Konsul hielt sich an die  ungeschriebene politische Regel, dass Diplomaten nicht aktiv in die Politik eingreifen sollten, ganz im Gegensatz zu seinem US-Botschafter Richard Grenell, der laufend durch seine Attacken auf die deutsche Politik provoziert (siehe nachstehender Link auf den Samstagsbrief der Mainpost von Eike Lenz vom 22.3.2019).

So führte seine Tätigkeit als Diplomat des US Außenministeriums ihn seit 2005 bereits in die verschiedensten Länder, darunter Russland, Tunesien, Irak und Oman. So arbeitete Stephen Ibelli als Sprecher der US-Botschaft in Libyen, als Direktor des Regionalbüros der Middle East Partnership Initiative (MEPI) in Tunesien und als Diplomat im öffentlichen Dienst in Najaf, Irak. Seit 2017 ist er Konsul für öffentliche Angelegenheiten (Presse und Kultur) des Amerikanischen Generalkonsulats München, dessen Schwerpunkt  auf der Intensivierung und Ausweitung der bayerisch-amerikanischen Beziehungen liegt.

Er zog seine Zuhörer mit seiner offenen, dynamischen und humorvollen Art von Anfang an in seinen Bann. Eine Stecknadel hätte man fallen hören können, als er erwähnte, dass er bereits mehrere Male unter Beschuss geraten war, diese bedrohlichen Situationen jedoch zum Glück unversehrt überstand.

Als Diplomat, so Ibelli, müsse man auch bereit sein, sich auf neue Kulturen, Sprachen und Kollegen einzulassen. Zwischen Deutschland und den USA gebe es enge freundschaftliche Verbindungen, viele Übereinstimmungen und die gemeinsamen Grundwerte der Demokratie und der journalistischen Freiheit im Gegensatz zu autoritären Staaten wie Russland oder China. 

Er ließ die Gymnasiasten ausrechnen, dass von den 328 Millionen US-Amerikanern 14 Prozent, also 45 Millionen deutsche Wurzeln haben und ihre Lebensgewohnheiten auch mit in die USA gebracht haben, wo es auch Lidl, Aldi und Lebkuchen gäbe.

Stephen Ibelli sprach mit den Jugendlichen nachdrücklich über die Vorzüge eines Lebens in Freiheit und rief sie auf, friedlich für demokratische Werte einzutreten und – damit ein Austausch mit anderen Kulturen auch gelingen kann – in jungen Jahren Fremdsprachen zu lernen. Er offerierte ihnen das Amerika-Haus in München als Ansprechpartner für ein Studium in den USA

Die Oberstufenschüler machten rege davon Gebrauch, Fragen zur Person, zum Diplomatenalltag und zu Amerika zu stellen. Das Spektrum reichte von persönlichen Fragen nach seinen Lieblingsessen in Deutschland (Fleischpflanzerl, Schnitzel, Kartoffelsalat, Sauerbraten), ob er schon auf dem Oktoberfest war (liebt das deutsche Weißbier) und welches Auto er bevorzuge (Americans loves German Cars wie BMW und VW), bis hin zu den großen Problemstellungen in den Vereinigten Staaten wie Waffengesetzgebung und was er von Schusswaffen für Lehrer hält (are not cops!), Todesstrafe, Grenzmauer zu Mexiko, Klimawandel, Handelszölle für deutsche Autos, Gesundheitswesen, Wahlsystem mit Wahlmännern und last not least der Weltpolitik wie die "Connection with Northkorea" ("Good thing for talking") und zu den Krisengebieten im Nahen Osten.

Der Schlussgong enthob Ibelli die Antwort auf weitere mögliche Fragen.

Das mehr als einstündige Sprachbad mit sehr gut verständlichem amerikanischen Englisch und die aufgeschlossene und unkomplizierte Art von Konsul Stephen F. Ibelli wird den Veitshöchheimer Gymnasiasten sicherlich noch lange in bester Erinnerung bleiben.

Das Fazit von Stefanie Michaeli: "Alles in allem erfuhren sowohl unsere Schülerinnen und Schüler als auch deren Lehrkräfte viel über Diplomatie und internationale Politik." Sie wünscht Herrn Ibelli für sein abwechslungsreiches Leben weiterhin viel Zufriedenheit und Glück und bedankte sich herzlich für seinen Besuch.

Fotos (c) Dieter Gürz

Kommentiere diesen Post