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Nach ausführlicher Diskusson: Veitshöchheimer Gemeinderat lehnt mit 11:10 Stimmen Grünen-Antrag auf Glyphosat-freie Bewirtschaftung von gemeindeeigenen Grundstücken ab

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Seit 2017 darf die Gemeinde Veitshöchheim kein Glyphosat mehr für die Unkrautbekämpfung verwenden. Seitdem sehen nicht alle Friedhofswege mehr so "geleckt" aus, wie dieser im Waldfriedhof, was offenbar bei manchen Bürgern, wie die Diskussion in der jüngsten Gemeinderatssitzung offenbarte, auf Unverständnis stößt.

In der Sache vom Grundsatz her zwar einig, aber nicht in der beantragten Form eines Beschlusses, war sich der Gemeinderat in der Sitzung am letzten Dienstag über den

Grünen-Antrag auf Glyphosat-freie Bewirtschaftung von gemeindeeigenen Grundstücken , der nach fast halbstündiger Diskussion keine Mehrheit fand.

Unter Tagesordnungspunkt 9 hatte Bürgermeister Jürgen Götz erläutert, dass die Bündnis 90/Die Grünen-Fraktion im Gemeinderat beantragt hat, die Gemeinde Veitshöchheim soll auf ihren eigenen Grundstücken nur noch glyphosatfreie Bewirtschaftung dulden, dies als Bedingung in die Pachtverträge mit Pächtern aufnehmen und dies auch selbst als Bedingung bei der Bewirtschaftung ihrer Grundstücke berücksichtigen und zwar gleichermaßen bei Bewirtschaftung durch den gemeindlichen Bauhof wie auch bei Auftragsvergabe an externe Auftragnehmer und Subauftragnehmer.

Weiter forderte die Fraktion, unter Beteiligung fachbezogener Behörden für alle kommunalen Grün- und Verkehrsraumflächen ein Pflegekonzept zu erstellen, das eine Bewirtschaftung ohne Glyphosat und weitgehend ohne andere Pestizide ermöglicht.

Schließlich sollte im Rahmen der gemeindlichen Öffentlichkeitsarbeit auf das geltende Anwendungsverbot glyphosathaltiger Mittel auf befestigten Flächen hingewiesen und der Zugang zu Informationsquellen hinsichtlich einer pestizidfreien Pflege von Haus- und Kleingärten vermittelt werden.

Auch bei laufenden Pachtverträgen sollte nach Meinung der Grünen auf eine glyphosatfreie Bewirtschaftung durch freiwillige Einigung hingewirkt werden (genauer Wortlaut siehe nachstehende pdf.Datei).

Antrag der Grünen-Fraktion

Stellungnahme des Bürgermeisters: Seit 2017 von Amts wegen untersagt

Zu diesem Antrag stellte der Bürgermeister fest, dass der Bauhof der Gemeinde Veitshöchheim entsprechend dem geltenden Recht bei der gemeindlichen Grünflächenpflege bereits seit 2008 glyphosathaltige Spritzmittel nur noch mit Sondergenehmigung einsetzt. Bei einer früheren Anfrage der Grünen im Jahr 2016 habe der Bauhof für das Jahr 2015 in einer Liste offengelegt und akkurat festgehalten, welche Flächen mit welchen Mitteln und Verdünnungen behandelt wurden. So seien Pflanzen teilweise mit dem Pinsel bestrichen worden, dass ja nichts neben raus gehe. Dies habe die Gemeinde jedes Jahr dem Amt für Landwirtschaft melden müssen. Eine solche Sondergenehmigung galt laut Götz insbesondere für den Friedhof.

Seit 2017, so der Bürgermeister, sei es dem gemeindlichen Bauhof nun komplett untersagt, glyphosathaltige Spritzmittel zu verwenden, was mitunter an der einen oder anderen Stelle nicht unproblematisch sei. Die Gemeinde führe ihre Grünflächenpflege durch ihren gut aufgestellten Bauhof in eigener Verantwortung selbst durch. Lediglich die Firma Hofmann habe man alternativ beauftagt, Versuche zur Unkrautbekämpgung mittels Heißwasser durchzuführen. Die weitere Alternative sei das auch im Heimbereich praktizierte Abfackeln, bei dem jedoch jegliches Kleingetier im Umkreis mit kaputt gehe.

Der Bürgermeister sagte, die Nichtmehrverwendung von Spritzmitteln im Friedhof führe dazu, dass er ständig von Leuten angesprochen werde, weil die Wege dort nun nicht mehr unkrautfrei seien.

Bei den verpachteten landwirtschaftlichen Flächen der Gemeinde ist laut Götz eine Kontrolle des beantragten Verbotes fast nicht möglich, nur wenn man einen Verstoß zufällig mitbekomme. Nicht unerwähnt ließ er, dass es mittlerweile zukunftsorientiert schon einige Bio-Landwirte in der Gemeinde gibt. Im Bereich des Wasserschutzgebietes habe die Gemeinde schon vor Jahren Regelungen mit den Landwirten getroffen, um dort das Ausbringen von Spritzmitteln sehr stark zum Schutz des Trinkwasserbrunnens zu minimieren. Die Gemeinde sei schon immer darauf bedacht gewesen, entsprechend zu agieren.

Diskussion

Grünen-Gemeinderat Holger Kess wies auf die Studie Nr. 16/2018  "Der stumme Frühling - Zur Notwendigkeit eines umweltverträglichen Pflanzenschutzes" der Nationalen Akademie der Wissenschaften hin, wonach Einträge von Pestiziden eine wesentliche Größe im Konzept der planetaren (Belastungs-)Grenzen sind, wonach das Überschreiten kritischer Grenzwerte zu tiefgreifenden Störungen im Erdsystem führt.

Studie Nr. 16/2018 "Der stumme Frühling - Zur Notwendigkeit eines umweltverträglichen Pflanzenschutzes" der Nationalen Akademie der Wissenschaften

CSU/VM-Sprecher Marc Zenner bezeichnete den von der Grünen gestellten Antrag aufgrund der tatsächlichen Situation in Veitshöchheim als "Populismus in Reinkultur", der nur darauf angelegt sei, einen "Galerie-Beschluss" zu produzieren. Wer es ernst meine mit der Biodiversität, so Zenner, der pachte Grundstücke und lege Bienenweiden an, dann habe er mehr getan, als hier einen Beschluss beizubringen, dass Glyphosat in der Gemeinde Veitshöchheim nicht mehr verwendet wird, obwohl dies schon nicht mehr der Fall sei.

Zenner: "Es  wabert immer so mit, dass Glyphosat an allem schuld sein soll. Dabei ist dies nur eine Stellvertreter-Diskussion. Da werden im Antrag Studien zitiert, wie die der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass es potentiell krebserregend sei. Diese Studie klassifiziert auch den Friseurberuf und Wurst potentiell krebserregend. Auf diesem Niveau bewegen wir uns da."

Wie Zenner weiter ausführt sei Glyphosat zugelassen, die Gemeinde verwende es aber ohnehin nicht und Landwirte würden es auch nur unter strengen Auflagen verwenden, im Gebiet der Gemeinde Veitshöchheim sowieso kaum und nur noch ganz rudimentär.

Zenner: "Ich bin daher strikt dagegen, dass wir hier als Gemeinde Veitshöchheim versuchen, in einem Bereich der für uns keine Auswirkungen hat und uns nach meiner Ansicht auch nichts angeht, zu versuchen, Dritten Vorschriften zu machen, die wir weder kontrollieren noch  durchsetzen können." In bestehende Pachtverträge könne die Gemeinde sowieso nicht eingreifen und bei neuen Pachtverträgen sei es absolut obsolet, wenn man bedenke, dass ein Gesetz am Entstehen sei, das Glyphosat noch weiter einzuschränken.

Auch Zenners Kollege Simon Kneitz hielt den Grünenantrag nicht für das richtige Mittel. Für dessen Ziel könne sich wohl jeder im Gemeinderat erwärmen. Es sei absoluter Konsens, generell mit Spritzmitteln sorgsamer umzugehen. Es gehe ihm  viel mehr darum, Bewusstsein zu schaffen durch Ideen, die zum Nachdenken animieren anstatt mit Verboten zu kommen,die man nicht durchsetzen und kontrollieren kann.

Deshalb tue er sich mit solchen Anträgen extrem schwer, weil er hier keinen Mehrwert sehe. Kneitz stufte deshalb den Grünenantrag als wirkungslos und als Augenwischerei ein. Viel wichtiger sei die Bewusstseinsbildung im privaten Gartenbereich, wo nach seiner Meinung bei vielen Leuten alles drauf geworfen werde, was der Baumarkt so hergebe, sei es nun Blaudünger, Schneckenkorn oder Spritzmittel.

Statt des beantragten Beschlusses ist es für Kneitz wirkungsvoller, dass die Gemeinde mit gutem Vorbild vorangehe und darauf hinweise, was sie schon alles umweltgerecht mache, um die Bürger zu sensibiliseren und anzuregen, im privaten Bereich es ebenso zu tun und es zu akzeptieren, dass man auf den Friedhofswegen nicht mehr jeden Löwenzahn und Moos den Garaus machen kann.

Von der CSU äußerte sich auch Jochen Müller, dass er ein Problem damit habe, etwas zu verbieten, was Sache des Gesetzgebers sei und was die Gemeinde nicht kontrollieren könne.

UWG-Sprecher Stefan Oppmann begrüßte es, dass sich auch der öffentliche Bereich dazu äußert. Im öffentlichen Grün müsse man den Bürgern aber klar machen, dass es die "geleckten" Wege mangels guter Alternativen nicht mehr geben kann und deshalb auch Unkraut auf den Wegen in den Friedhöfen steht. Der Bürgermeister erklärte dazu, dass die Gemeinde, um dem ganzen Herr zu werden, gegebenenfalls nicht umhinkomme, ein oder zwei Gärtner mehr einzustellen.

Auch Oppmanns Fraktionskollege Winfried Knötgen war der Meinung, dass man künftig ein Mehr an Arbeitseinsatz braucht, um das Ganze wie früher wieder hinzubekommen.

SPD-Sprecherin Marlene Goßmann erklärte, sie könne fast alle Argumente gut nachvollziehen und sich den Ausführungen des Kollegen Kneitz gut anschließen. Das Gremium habe für die gemeindeeigenen Grundstücke zu entscheiden und hier würde die Gemeinde in ihrem Bereich schon alles machen.

Zu Zenners Populismusvorwurf sagte Grünen-Ratsmitglied Holger Kess, dass man dies Prof. Dr. Jörg Hacker, dem Präsidenten der Nationalen Akademie der Wissenschaften nicht unterstellen könne. Die Leopoldina sei eine der ältesten Wissenschaftsakademien der Welt. 1652 gegründet, sei sie der freien Wissenschaft zum Wohle der Menschen und der Gestaltung der Zukunft verpflichtet. Mit ihren rund 1.500 Mitgliedern vereine die Leopoldina hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und zahlreichen weiteren Ländern.

Kess plädierte schließlich dafür, im Rahmen der gemeindlichen Öffentlichkeitsarbeit auf das geltende Anwendungsverbot glyphosathaltiger Mittel auf befestigten Flächen hinzuweisen und den Bürgern den Zugang zu Informationsquellen hinsichtlich einer pestizidfreien Pflege von Haus- und Kleingärten zu vermitteln.

Bei der Abstimmung, stimmten zehn Rats-Mitglieder für und elf Rats-Mitglieder gegen den Antrag der Grünen.

Bürgermeister Jürgen Götz sicherte trotz der Ablehnung des Grünenantrags einer Information der Bürger im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde zu, um sie zu animieren, auch im privaten Bereich auf Mittel dieser Art zu verzichten.

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A
Lieber Herr Gürz,<br /> als lösungsorientierter Mensch und zum Thema "Unkraut", in dem ich nicht ganz unwissend bin, möchte ich mich gerne zum Wohle der unterschiedlichen Parteien einbringen.<br /> Deshalb habe ich mir überlegt, mit einem Informationsbeitrag über die gesundheitlichen Aspekte der sogenannten Unkräuter, von denen fast alle Heil.- Würz-, oder/und Speisepflanzen sind, aufzuklären. <br /> In einem öffentlichen Vortrag für die Gemeinde Veitshöchheim und Interessierte würde ich folgende Inhalte anbieten: Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen und weitere Aspekte, Beikräuter positiver zu betrachten.<br /> Über Ihr Interesse würde ich mich sehr freuen, <br /> Danke für Ihre Öffentlichkeitsarbeit und freundliche Grüße<br /> Andrea Eichhorn
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