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Jüdisches Kulturmuseum Veitshöchheim - Gemeinderat vergab für 28.000 Euro planerische Leistungen an Space4 für Neugestaltung der Dauerausstellung

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Einrichtung und Methodenvermittlung sind im 1994 eröffneten Jüdischen Kulturmuseum Veitshöchheim veraltet. Der Gemeinderat beauftragte deshalb in der letzten Gemeinderatssitzung einstimmig die Firma Space4 GmbH in Stuttgart mit den  planerischen Leistungen im  Bereich räumlicher und gestalterischer Ausstellungsplanung, Ausstellungsgrafik und Ausstellungsbeleuchtung laut Angebot  vom 14. Juni 2017 in Höhe von 28.192 Euro

Einrichtung und Methodenvermittlung sind im 1994 eröffneten Jüdischen Kulturmuseum Veitshöchheim veraltet. Der Gemeinderat beauftragte deshalb in der letzten Gemeinderatssitzung einstimmig die Firma Space4 GmbH in Stuttgart mit den planerischen Leistungen im Bereich räumlicher und gestalterischer Ausstellungsplanung, Ausstellungsgrafik und Ausstellungsbeleuchtung laut Angebot vom 14. Juni 2017 in Höhe von 28.192 Euro

Das Jüdische Kulturmuseum Veitshöchheim (Bauteil links), welches in der Gesamtanlage mit Synagogengebäude (rechts) und dem an der Thüngersheimer Straße neugebauten Seminar- und Archivgebäude integriert ist, wurde 1994 eingeweiht.

Seither ist an der Gestaltung und Konzeption der Ausstellung praktisch nichts verändert worden. Die Einrichtung und Methodenvermittlung entsprechen nicht mehr dem Standard eines heutigen Museums.

Die seit 1994 unveränderte Dauerausstellung in den Räumen des Museums soll deshalb nach einem von Beate Weinhold in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Gemeinde neu erstellten inhaltlichen Konzept umgestaltet werden und künftig die jüdische Geschichte als Teil der Ortsgeschichte präsentiert werden. Durch eine moderne Gestaltung sollen die Themen zukünftig greifbarer vermittelt werden.

Dazu hatte der Gemeinderat im Januar beschlossen, im Haushalt 2017 sowie in die Finanzplanung Mittel in Höhe von insgesamt 292.000 Euro und Fördermittel in Höhe von 210.000 Euro einzustellen.

Beratung in der Sitzung am 4. Juli 2017

Für die planerische Leistungen "Räumliche und gestalterische Ausstellungsplanung, Ausstellungsgraphik und Ausstellungsbeleuchtung" hatte das Kulturamt drei Angebote von in der Museumsgestaltung renommierten Fach-Büros eingeholt, so von Josef Starkl – raum gestaltung konzepte aus Seßlach (Referenz u.a. Synagoge Arnstein), Impuls-Design GmbH & Co. KG aus Erlangen (Referenz u.a. Nürnberg als Medienzentrum der Reformationszeit 2015) sowie die Space4 GmbH aus Stuttgart (Referenz u.a. Neugestaltung der Dauerausstellung für das Museum Judengasse in Frankfurt am Main sowie für die Alte Synagoge Essen).

Die drei Angebote wichen erheblich von einander ab mit höchst unterschiedlichen Zeitansätzen bei den drei Planungsbereichen Gestaltung, Grafik, Beleuchtung. Insgesamt boten so Starkl 214 Arbeitsstunden für 20.050 Euro, Impuls 185 Arbeitsstunden für 16.511 Euro und Space4  296 Arbeitsstunden für  28.192 Euro.

Das Gremium folgte gleichwohl der Empfehlung des Kulturamtes, den Auftrag der Space4 GmbH mit der größten Angebotssumme zu erteilen. Sie ist laut Bürgermeister Jürgen Götz eine im Museums- und Ausstellungswesen sehr bekannte und häufig prämierte Firma mit Spezialisten in der Ausstellungsgestaltung, Innenarchitekten und Medienexperten, die sich durch eine bemerkenswerte Ausstellungsgestaltung auszeichne und auch über ein detailliertes Wissen im Bereich jüdische Geschichte verfüge.

Wie die Kulturreferentin Dr. Martina Edelmann sagte, sei es sehr schwierig, die Angebote im gestalterischen Bereich miteinander zu vergleichen. Man habe mit allen Anbietern Gespräche geführt. So habe Starkl etwa sehr viele gute Arbeit bei der Einrichtung jüdischer Museen in der Region wie in Arnstein geleistet.

Sie habe schließlich zu Space4 tendiert, denn diese Firma habe in Frankfurt u.a. auch Genisa-Funde aus Veitshöchheim, also für den Laien nicht verständliche Texte und brüchiges Papier, als Leihgabe für die Besucher sehr ansprechend dargestellt. Sie ist guter Hoffung von der Space4 GmbH, die bundesweit seit 2004  auf ihrer Homepage 182 Referenzprojekte aufweist, ein Alleinstellungsmerkmal für das Jüdische Kulturmuseum hier in Veitshöchheim zu bekommen.

CSU-Fraktionssprecher Marc Zenner legte Wert auf die Feststellung, das beauftragte Büro solle kein Wolkenkuckucksheim planen, sondern stets die Umsetzungsfähigkeit und vor allem die finanziellen Kapazitäten im Auge behalten. Es sei wichtig, voranzukommen. Die Umsetzung bedarf dann aber noch nach Vorlage der Planung durch Space4 eines gesonderten Auftrags.

Auf Nachfrage von Robert Röhm (UWG) erklärte der Bürgermeister, die Gemeinde könne mit Zuschüssen von der Landesstelle für nichtstaatliche Museen, vom Bezirk Unterfranken und von der LAG aus dem EU-Leader-Programm rechnen. Von der Landesstelle und vom Bezirk seien bereits für dieses Jahr Teilbeträge bewilligt worden.

Hier werden noch die Inhalte des neuen Ausstellungskonzeptes eingefügt!

Zur Geschichte des jüdischen Kulturmuseums Veitshöchheim mit Synagoge

Einem glücklichen Zufall war es zu verdanken, dass die Synagoge in Veitshöchheim wieder als orthodoxes Gotteshaus in altem Glanz erstrahlt, und der Ort somit eine überregional bedeutende Museumsanlage hat, deren Wurzeln bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen.

Ursprünglich sollte das jahrelang auch von der Feuerwehr genutzte Baudenkmal als Galerie modernisiert werden. Bei Fundamentarbeiten im März 1986 kamen im Geröll die Keupersandstein-Säulenfragmente einer Lesekanzel (im Bild wiederhergestellt) und eines Thora-Schreins zu tage. Bei weiteren Bauarbeiten über dem Betsaal stieß man auf sogenante "Genisa"-Funde. Im Judentum dürfen Texte, auf denen der Namen Gottes zu lesen ist, nicht einfach weggeworfen werden. Daran hielt man sich bis ins 20. Jahrhundert auch in vielen Gemeinden Unterfrankens. Religiöse Schriften, die nicht mehr in Gebrauch waren, wurden in den Dachböden der Synagogen aufbewahrt. Als „Genisa“ bezeichnet man also Orte, in denen alten Gebetsbücher abgelegt wurden.

Die Veitshöchheimer Genisa ist die umfangreichste ihrer Art, die bislang im deutschsprachigen Raum entdeckt wurde. Neben religiösem Schrifttum wie Bibeln, Gebetbüchern, Einzelgebeten oder rabbinischen Auslegungen sind zahlreiche weltliche Texte wie etwa Märchen, allgemeine Erbauuungsliteratur oder historische Werke erhalten. In großer Zahl wurde auch handschriftliches Material abgelegt, so beispielsweise Rechnungen, Briefe oder Notizbücher. Die Texte sind in hebräischer, jiddischer oder deutscher Sprache verfasst und stammen vorwiegend aus dem 17. - 19. Jahrhundert.

Die Gemeinde ergriff die Chance, diesen wichtigen Fund vor Ort aufzubewahren, repräsentative Stücke in einem hierfür eingerichteten Museum auszustellen.

Die Gemeinde ergriff die Chance, diesen wichtigen Fund vor Ort aufzubewahren, repräsentative Stücke in einem hierfür eingerichteten Museum auszustellen.

 

Hierfür wurde ein baufälliges und leer stehendes Anwesen direkt neben der Synagoge  von der Gemeinde Veitshöchheim erworben. Der ursprünglich geplante Abriss wurde nicht durchgeführt, da man im Gebäude u.a. Decken- und Wandmalereien aus dem 18. Jahrhundert entdeckte - darunter die Jahreszahl 1739 und eine hebräische Inschrift, die auf Sukkot (Laubhüttenfest) hinweist. Diese hebräischen Inschriften und Wandmalereien im Dachboden sind Zeugnisse der jüdischen Familien, die hier bis etwa 1850 lebten.

Bei den Umbaumaßnahmen zum Museum zwischen 1988 und 1994 konnte die historische Bausubstanz weitgehend erhalten werden, ebenso die ursprüngliche Anordnung der Räume und der Charakter eines Wohnhauses.
 
Jüdisches Kulturmuseum Veitshöchheim - Gemeinderat vergab für 28.000 Euro planerische Leistungen an Space4 für  Neugestaltung der Dauerausstellung
Gliederung der bisherigen Austellungsbereiche im JKM
  • GRUNDLAGEN DER JÜDISCHEN RELIGION - Torah, Bibel, Talmud, Gebet, Rabbbiner
  • DAS JÜDISCHE JAHR - Religion im Lebenslauf, Jüdischer Kalender, Jüdische Feste und Feiertage
  • JIDDISCH UND DIE JIDDISCHE LITERATUR – Familienbibeln, Moralbücher, Historische Erzählstoffe und Lieder, Übernahme von Stoffen aus nichtjüdischen Vorlagen
  • GESCHICHTE DER JUDEN IN VEITSHÖCHHEIM – Ansiedlung. Simon Höchheimer - Arzt und Aufklärer. Berufsleben, Geschäftliche Bücher und Briefe, Wohltätigkeit für das Heilige Land, Aufbruch für Deutschland, Aufbruch aus Deutschland, Zum Beispiel die Familie Stern, Juden in Veitshöchheim im 20. Jahrhundert
  • DIE VEITSHÖCHHEIMER SYNAGOGE - BAUWERK UND GESCHICHTE - Jüdische Schule, Vorsinger, Religionslehrer und Schächter, Die Synagoge von ihrer Erbauung bis 1937, Die Synagoge von 1938 bis 1945, Die Synagoge von 1945 bis zur Wiederherstellung, Die Mikwe
  • DIE GENISA VON VEITSHÖCHHEIM - Der Fund im Dachboden, Was - Wo - Warum wird abgelegt? Genisaprojekt Veitshöchheim

Geschichte der jüdischen Gemeinde Veitshöchheim

In der frühen Neuzeit bilden sich besonders in Süddeutschland viele jüdische Gemeinden auf dem Land. Vor diesem historischen Hintergrund entsteht die jüdische Gemeinde von Veitshöchheim, wo die ersten jüdischen Familien 1644 bezeugt sind. Kontinuierlich wächst die Zahl der Juden in Veitshöchheim, und um 1840 sind es etwa 150 Personen. Sind die meisten Veitshöchheimer Juden im 18. Jahrhundert wie überall in den Landgemeinden einfache Händler in unsicheren wirtschftlichen und gesellschaftlichen verhältnissen, so ändert sich die Situation im 19. Jahrhundert. In einem langwierigen und wechselvollen Prozess wird die rechtliche Gleichstellung der Juden erreicht. Erst ab dann ist es den Juden erlaubt, ein Handwerk auszuüben, Landwirtschaft zu betreiben oder sich den Wohnsitz frei zu wählen.

In Veitshöchheim entstehen einige kleinere jüdische Handwerksbetriebe wie etwa eine Kunstweberei oder eine Schneiderei. Gleichzeitig wandern viele Veitshöchheimer Juden in die nahegelegene Mainmetropole Würzburg und in andere Städte ab, wo sie bessere Lebens-, Beschäftigungs- und Ausbildungsmöglichkeiten vorfinden.

Um die Jahrhundertwende leben zwischen 50 und 70 Juden in Veitshöchheim. Die jüdischen Mitbürger sind in das Gemeindeleben integriert. Viele von ihnen engagieren sich politisch oder gesellschaftlich im Dorfgeschehen. Auch die Teilnahme am Krieg von 1870 und am 1. Weltkrieg ist für die meisten Juden selbstverständlich. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erkennen viele Veitshöchheimer Juden die verheerenden Zeichen der Zeit und wandern in die Vereinigten Staaten, nach England oder Palästina aus. Die jüdische Gemeinde wird ausgelöscht, als die letzten fünf noch in Veitshöchheim lebenden Juden 1942 in die Konzentrationslager deportiert und dort ermordet werden.

1644

Erste Nennung von Juden in Veitshöchheim.

ab 1709

Mehr als 10 jüdische Familien leben im Ort.

Um 1730

Errichtung der Synagoge mit Vorsängerwohnung und Mikwe.

1744

Simon Höchheimer wird in Veitshöchheim geboren.

1746

Der Kultraum der Synagoge geht in den Besitz der jüdischen Gemeinde über.

1813

Erlass des "Edikt(s), die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen in Bayern betreffend" (Durchführung in Veitshöchheim 1817). Die Zahl der jüdischen Haushalte in Veitshöchheim wird durch den Matrikelparagraph auf 21 festgelegt.

1826

Die jüdische Gemeinde erwirbt die Vorsängerwohnung und die Mikwe.

1843

Die jüdische Gemeinde erreicht die höchste Mitgliederzahl (ca. 160 Personen).

1861

Abschaffung des Matrikelparagraphen des Edikts von 1813. Von nun an können auch Juden, die im Königreich Bayern leben, ihre Wohnsitze frei wählen.

1871

Durch Reichsgesetz werden die Juden mit den Nichtjuden als Bürger des deutschen Reiches gleichgestellt.

1881/1882

Zuzug der Unterleinacher Juden nach Veitshöchheim.

1914-1918

16 Männer der jüdischen Gemeinde melden sich zum Militärdienst im Ersten Weltkrieg. Julius Kahn, Berthold Klein und Siegmund Sichel fallen im Krieg.

1925

Die jüdische Gemeinde in Veitshöchheim hat 53 Mitglieder.

1933

Noch 36 Juden leben in Veitshöchheim. Zwischen 1933 und 1939 wandern 18 Veitshöchheimer Juden Amerika und Palästina aus.

1938

Übernahme der Synagoge durch die Gemeinde Veitshöchheim. In der Pogromnacht werden ein jüdisches Geschäft verwüstet und jüdische Wohnungen beschädigt.

1940

Umbau der Synagoge zum Feuerwehrgerätehaus.

1941/1942

Deportationen von Juden aus Würzburg und Umgebung in osteuropäische Ghettos oder Konzentrations- und Vernichtungslager, unter ihnen die letzten, noch in Veitshöchheim lebenden Juden.

1952

Die Gemeinde Veitshöchheim erwirbt die ehemalige Synagoge von der "Jewish Restitution Successor Organisation" (JRSO).

1986 - 1994

Wiederherstellung der Synagoge und Einrichtung des Jüdischen Kulturmuseums Veitshöchheim.

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