84jähriger Veitshöchheimer marschiert täglich 20 Kilometer - in den letzten zehn Jahren insgesamt schon über 50.000 Kilometer
Leichtfüßig "schwebt" der Veitshöchheimer Werner Eckhardt über die Veitshöchheimer Mainuferpromenade, wo er tagtäglich schon ab fünf und ab sieben Uhr jeweils eine Stunde lang anzutreffen ist.
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Mit 60 Kilogramm ist er ein Leichtgewicht und mit einer Körpergröße von 156 nur von zwergenhafter Statur, mit den Jahren um neun Zentimeter geschrumpft. Und er hat auch im Alter von 84 Jahren noch einen großen Ehrgeiz. Die Rede ist von Werner Eckhardt aus Veitshöchheim, der tagtäglich, egal ob es stürmt, schneit, in Strömen gießt oder die Sonne bei tropischen Temperaturen herunterknallt, auf vier Etappen insgesamt 20 Kilometer mit seinen beiden Laufstöcken leichten Fußes im Ort unterwegs ist und so in den letzten zehn Jahren schon über 50.000 Kilometer zurücklegte.
Der Senior machte als 80jähriger schon auf einem anderen Gebiet von sich reden, als er anlässlich des 22. Kulturherbstes des Landkreises Würzburg im September 2011 sein schöpferisches Wirken in seinem Atelier in der Kerzenleite 42 unter dem Titel „Allerlei aus Holz und Ton“ einer breiten Öffentlichkeit offenbart hatte.
Bis zu seinem 65. Lebensjahr war der Veitshöchheimer als Oberschachtmeister und Bauleiter der Tiefbaufirma Holzmann so enorm gefordert, dass er keine Zeit und Muße hatte, einem Hobby nachzugehen. Damit ihm im Ruhestand nicht langweilig wurde, schrieb er sich bei einem Töpferkurs der Volkshochschule ein, denn mit dem Rohstoff „Ton“ hatte er bis dahin Jahrzehnte lang schon in der Form von Backsteinen zu tun. Nach den beiden Kursen bei der VHS schaffte er sich Drehscheibe und Brennofen an, verbesserte fortan aber seine Kunstfertigkeit autodidaktisch – und unbeirrbar.
Und so erstreckt sich die Sammlung seiner geschaffenen Werke in der ganzen Breite des Untergeschosses seines Hauses. Wie in einem Geschenkartikelladen reihen sich dort vom Boden bis zur Decke auf Regalen keramische Figuren, Vasen und Zierteller von beeindruckender künstlerischer Qualität. Ton aber war Werner Eckhardt nicht mehr genug und so probierte er als 78jähriger etwas Neues aus: das Schnitzen von Lindenholz. Und da es gelang und gefiel, schnitzte er fortan Kopien von zuvor von ihm getöpferten Figuren, die auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden sind.
„Wenn er etwas im Kopf hat, ist er nicht mehr anzusprechen und gibt keine Ruhe, bis das Werk vollendet ist“, sagt seine Frau Maria nicht ohne Stolz.
Und so ist es inzwischen auch mit dem Gehen, das er seit zwei Jahren noch forcierter betreibt und so keine Zeit mehr für seine Hobbykunst hat.
Angefangen hat dies vor zehn Jahren, als er mit seiner Frau in der Schweiz einen dreiwöchigen Kur-Urlaub verbrachte. Seine dort ansässige Nichte und deren Mann, beides Ärzte, hatten ihm damals dringend empfohlen: "Du musst Dich mehr bewegen und regelmäßig laufen". So schenkte ihm zu Weihnachten seine Frau einen Kilometerzähler und in der Silvesternacht fasste er den Vorsatz, den er dann schon am Neujahrstag 2006 in die Tat umsetze. Und seitdem führt Werner Eckhardt akribisch Buch über Laufstrecken und Laufzeiten. Waren es anfangs täglich zwischen drei und acht Kilometer, steigerte er 2007 diese Strecke auf zehn Kilometer, die er vom Gebrannten Hölzlein in der Gartensiedlung bis zu den Windrädern in Güntersleben und wieder zurück mit seinen Stöcken ging. Ende 2010 war er so schon auf 19.000 Kilometer gekommen.
Vor zwei Jahren konnte er nicht anders, sich nochmals zu steigern und nun vier Mal am Tag zu genau fest gelegten Zeiten an den Start zu gehen und zwar um 5.00 Uhr, 7.00 Uhr, 10.30 Uhr und 13.00 Uhr, um in genau einer Stunde eine Strecke von fünf Kilometer, also insgesamt 20 Kilometer in vier Stunden zu absolvieren. Da es im Winterhalbjahr an den ersten beiden Terminen noch dunkel ist, verlegte er die Laufstrecke an den Main vom Rewe-Markt bis zur Kläranlage und wieder zurück. Hier ist diese befestigt und bis zum Mainsteg auch beleuchtet. Denn auf seiner angestammten Strecke mit Start am Waldfriedhof entlang dem Feldweg an der WÜ 3 und über das Waldgebiet "Gebranntes Hölzlein" zurück war er zuvor zwei mal über Wurzeln gestolpert und gefallen und hatte sich dabei Schürfwunden und eine blutende Nase geholt.
"Ich fühle mich heute fitter als vor zehn Jahren" strahlt Werner Eckhardt über beide Ohren. Außer den wenigen Tagen, bedingt durch die beiden Stürze, war er im letzten Jahrzehnt nie krank und versäumte so keinen Tag das angestrebte Laufpensum.
Am 5. Juni 2014 konnte er mit einem Weinschorle auf ein für ihn besonderes Ereignis anstoßen: Er hatte nach seinen Aufzeichnungen den Erdumfang von 40.000 Kilometern erreicht.
"Man kann beim Gehen sehr schön denken" schwärmt der Senior beim Pressetermin rundum zufrieden. So sei es ihm leicht gefallen, sein langjähriges Faible, das Töpfern und Schnitzen aufzugeben. In seinem Alter könne man nicht mehr zwei so zeitaufwendige Hobbys gleichzeitig betreiben. Am Nachmittag relaxe er sehr gerne, lese eifrig die Mainpost und pflege auch den Garten um das Haus, während seine 79jährige Frau Maria sich um den Haushalt kümmere und auch alle Einkäufe tätige, obwohl sie aufgrund ihrer chronischen Rückenschmerzen Probleme mit dem Gehen habe.
Früh um fünf Uhr trifft der Stöcke-Geher entlang der Mainuferpromenade höchstens mal auf einen Radfahrer. Um sieben Uhr sei das schon anders, denn dann würden viele Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern Gassi gehen. Man treffe dann zwar viele Leute, aber außer "Guten Morgen" werde nicht viel geredet.
Auf die Frage, warum er denn nicht von seinem Haus in der am Steilhang liegenden Kerzenleite auf Tour geht, sondern mit dem Auto immer die Startpunkte seiner beiden Gehtouren am Rewe-Markt und am Waldfriedhof ansteuert, hat der ansonsten noch sehr fitte Senior als Antwort parat: "Ich mag keine Steigungen, da reicht meine Puste nicht."