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Thomas Lurz SPRENGT GRENZEN - Deutschlands erfolgreichster Schwimmer motivierte Veitshöchheimer Oberstufenschüler

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

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„Bevor ich aufgebe, ertrinke ich lieber!“

"Hall of fame" von The Script ertönt in der Aula des Gymnasiums Veitshöchheim und kündigt an, worum sich in den nächsten zwei Stunden alles drehen wird: ein Loblied auf den absoluten Leistungswillen. Durch eisernen Willen kann man alles erreichen, der Glaube an sich selbst kann Berge versetzen. Gleich darauf wird der Mann, der eben dies in Reinkultur verkörpert, von den Schülersprechern Alina Bastian und Amir Shandy angekündigt: der unterfränkische Ausnahmesportler und der erfolgreichste deutsche Schwimmer aller Zeiten - Thomas Lurz. Der zwölffache Weltmeister schafft es dann mühelos mit seinem Motivationsvortrag "Grenzen sprengen" sein Bekenntnis zur Leistung erlebbar zu machen.

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Identifikationsfigur: Nur kontinuierliches Arbeiten ist der Weg zum Erfolg

Mit dem Landkreisgymnasium ist der sozial engagierte Gerbrunner schon seit Herbst 2011 als Pate des Projekts "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" in Kontakt. Nun gewährte er den Oberstufenschülern tiefe Einblicke in das Leben eines Weltklasseathleten, der sich nichts schenkt, "scheiß drauf, wie schlecht’s ihm geht". Die konzentriert lauschenden Gymnasiasten, denen er diese Botschaft vermittelt, sind beeindruckt.

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Die Projektinitiatorin von "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", Studiendirektorin Jutta Merwald,  verspricht sich von der Aktion für die Jugendlichen einen gehörigen Motivationsschub für die bevorstehenden anstrengenden Wochen und Monate. Merwald: "Es ist ein Segen in unserer Region einen A-Promi vom Format eines Thomas Lurz zu haben. Er kann aufgrund seiner Authentizität Identifikationsfigur sein." Aus seinem Mund zu hören, dass nur kontinuierliches Arbeiten der Weg zum Erfolg ist, habe ungleich mehr Gewicht, als wenn der Lehrer dies mit pädagogisch erhobenem Zeigefinger anmahnt. Manch einer, der sich hinter Schutzbehauptungen, wie "das kann ich nicht" versteckt, werde sich durch sein Beispiel entdeckt sehen."

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In seinem Vortrag zieht der täglich viele Stunden hart trainierende sympathische Spitzensportler, der sofort einen Zugang zu seinem Publikum findet, dann auch alle Register: Die Schüler erfahren, wie er überhaupt zum Schwimmen gekommen ist und weshalb er nicht weiter Fußball gespielt hat. Mit sieben Jahren hat er nämlich bei einem Schwimmwettkampf die erste Medaille bekommen und sich gesagt: "Bleib beim Schwimmen, da gibt's Medaillen zugewinnen. Die gab's beim Fußball nie.“ Und wenn für den Zehn-Jährigen der Schultag morgens um sechs Uhr mit der ersten Trainingseinheit begann, dann war das keineswegs immer die reine Lust: "Der Kumpel in der Schule neben mir hat nie gewusst, warum ich so müd' bin." Doch um es bis an die Weltspitze zu schaffen, ist "kontinuierlich gute Arbeit" gefragt.

Kein Riesentalent

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Dabei ist der Profischwimmer des SV 05 Würzburg, wie er von sich sagt "kein Riesentalent", "kein Michael Phelps", als "untalentiertesten Schwimmer der Nationalmannschaft" hat man ihn sogar einmal bezeichnet. Inzwischen hat er schon schwimmend die ganze Welt umrundet.

Das heißt: 3500 Kilometer pro Jahr schwimmen, wenn man Weltmeister werden will. Da sind weder die Weihnachtstage noch die Geburtstage trainingsfrei. Und wenn man erfährt, dass von elf Trainingseinheiten acht keinen Spaß machen, dann fragt man sich: Was treibt diesen Menschen an? Es ist der absolute Glaube an das gesetzte Ziel und dafür heißt es, niemals aufgeben, immer weiter kämpfen, gerade auch dann, wenn man Niederlagen erlebt.

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Und Thomas Lurz hat sie erlebt, etwa 2004, als er bei seiner ersten Olympiade in Athen gerademal den 22. Platz über 1500 m Freistil schaffte. Und da gibt er offen zu: "Ich hab geheult nach den Olympischen Spielen in Athen, ich war fertig." Doch die Enttäuschung konnte seinen Siegeswillen nicht brechen. Im Gegenteil: Im Dezember des gleichen Jahres schafft er es in Dubai mit nur 1 Sekunde Vorsprung im Alter von 25 Jahren zum ersten Mal Weltmeister zu werden.

Erfolgreich trotz extrem harter Bedingungen

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Und dabei heißt es für einen Freiwasserschwimmer wie Thomas Lurz im Open Water mit extrem harten Bedingungen zurechtkommen zu müssen: Man schwimmt in kaltem und dreckigem Wasser und wird nicht selten von gefährlichen Tieren wie Schlangen, Quallen und Haien begleitet. All das hält ihn nicht davon ab, sich durchzubeißen, ob im Einlauf der Kanalisation im chinesischen Shantou oder in der starken Strömung und den großen Felsen im Hudson River oder bei der WM in Melbourne, wo er mit vielen Feuerquallen in Berührung kam. "Man muss den Weg gehen, der zwickt, der wehtut." so lautet sein Erfolgsgeheimnis. Es ist aber nicht nur das „Glück des Tüchtigen“, wie es Lurz nennt, sondern auch die individuelle Cleverness und das taktische Ausnützen von Situationen und Chancen. Zum Amüsement des Publikums schildert er freimütig, wie man Rivalen ins Abseits manövriert und sich den entscheidenden Vorteil auf den Titel sichert.

Erfolgreichster deutscher Schwimmer aller Zeiten

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Doch dass mit jedem Titel der Druck wächst, ist dem Rekordschwimmer durchaus bewusst: „Man ist irgendwann der Gejagte und man muss noch eins drauflegen, um wieder Weltmeister zu werden."

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Dabei geht es ihm nicht um das große Geld, das man in Deutschland im Unterschied zu Russland und China ohnehin in seiner Disziplin nicht verdienen kann. Und Lurz nennt freimütig Zahlen: 4.000 Euro für einen Europatitel, 8.000 Euro für einen Weltmeister und 15.000 Euro für einen Olympiasieg wird klar, dass dies die tägliche Schinderei davor über die Leistungsgrenzen hinaus nicht ansatzweise aufwiegt.

Immer das Beste geben

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Es herrrscht konzentrierte Stille, so eindringlich vermittelt Lurz die Grundlagen seines Erfolgsrezepts: "Wer sich keine Ziele setzt, kann sich nicht motivieren. Wer nicht motiviert ist, kann nicht kontinuierlich das Beste im Training und Wettkampf geben."  Wer nicht kontinuierlich sein Bestes gebe, könne langfristig nicht erfolgreich im Leistungssport sein. Lurz: "Der absolute Erfolgskiller ist die eigene Bequemlichkeit. Ausreden sind immer schlecht. Man kann alles schaffen, wenn man gewillt ist." Nun ist es an den Schülern diese Grundsätze auf ihr eigenes Leben zu übertragen und den Appell des Extremsportlers anzunehmen: "Ihr müsst Euch motivieren. Wenn ihr keine Ziele habt, braucht ihr auch nicht aufzustehen." Über Aufgeben oder Durchhalten – so das Resümee von Thomas Lurz – entscheidet zu 99,9 % der Geist. Und das ist nicht nur im Sport so.

Aufgeben ist keine Option

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Gewürzt mit Anekdoten aus Wettkampfsituationen und dem Schwimmeralltag gelang es Lurz allen bewusst zu machen, dass Aufgeben keine Option ist; bevor er aufgebe, ertrinke er lieber. Dass die Motivationskraft dieser Botschaft angekommen war, bewies der lang anhaltende Beifall nach dem fast einstündigem Vortrag. Dank des Zuschusses von Elternbeirat und Förderkreis war die Veranstaltung für die Schüler kostenfrei.

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Einmal eine Goldmedaille in Händen halten und ein Autogramm vom zwölffachen Weltmeister zu bekommen, der nach einhelliger Aussage der Schüler „echt cool rüberkam“, das war zum Abschluss dann für jeden ein ganz besonderer Kick.


„Ein Couchpotato ist für mich ... keine Option.“ – Thomas Lurz im Interview mit den Schülersprechern Alina und Amir

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Amir: Wir möchten unser Interview nicht wie üblich mit Fragen beginnen, sondern bitten Sie, einige Satzanfänge zu vervollständigen. Kann’s losgehen?

Lurz: Klar.

Amir: … Ein Couchpotato ist für mich ...

Lurz: ... keine Option.

Alina: Besser als Schwimmen ist ...

Lurz: …vieles

Amir: Kein Verständnis habe ich für...

Lurz: ….sich gehen lassen

Alina: …Viel Erfolgt tut…

Lurz: … gut

Amir: Wenn ich 25 Kilometer schwimme, fühle ich mich ...

Lurz: ...total beschissen

Alina: Sie haben erzählt, dass man sich immer selbst motivieren muss. Meine Fragen ist: Leistungsmotivation, die Sie als Voraussetzung für den Erfolg sehen, also der Ehrgeiz absolute Höchstleistungen zu bringen, ist der Ihnen angeboren?

Lurz: Glaube ich schon, zu gewissem Grad. Aber nicht jeder muss Weltmeister werden. Jeder muss sich seine individuellen Ziele stecken und versuchen, diese zu erreichen. Was immer dies auch ist, ist völlig egal. Dies muss jeder für sich selbst ausmachen und dann Gas geben.

Amir: Und welche Methoden haben Sie, um Ihre Motivation dauerhaft hochzuhalten?

Lurz: Das sind natürlich die Erfolge und die Ziele. Ich habe die Wettkämpfe und die Medaillen. Dies macht mir Spaß, auf dem Siegerpodest zu stehen und zu wissen, dass das ganze Jahr was man gemacht hat richtig war. Dies ist der Lohn der harten Arbeit. Und natürlich macht es auch immer Spaß, erfolgreich zu sein. Sobald man einmal Erfolg gehabt hat, möchte man es wieder haben.

Alina: Wer brachte Ihnen dieses Verhalten bei, diese Einstellung niemals aufzugeben?

Lurz: Ich muss schon sagen, auch meine Eltern, schon von ganz klein auf. In einer gewissen Art und Weise ist es Erziehung. Deswegen bin ich ihnen eigentlich auch dafür sehr dankbar.

Amir: Was ich mir auch schwer nachvollziehen kann ist folgendes: Wir haben gesehen, dass bei so einem Rennen im Freiwasser auch Sachen dabei sind, die echt gefährlich sein können. Sie haben von Schlangen, Quallen und sogar von Haien berichtet. Wie kann man weiterschwimmen, wenn man mit einer Qualle in Berührung kommt?

Lurz: Ja das ist richtig. Es gibt manche Quallen, die tun richtig brennen. Da ist es auch, wie schon erwähnt: Es gibt immer Schmerzen, das was nicht funktioniert, Unwägbarkeiten. Letztendlich gewinnt der, der sich hier durchkämpft.

Alina: Sie haben von den Extremsituationen im Wettkampf gesprochen wie dem kalten Wasser. Lähmt das nicht die Motorik? Und wie bereitet man sich auf so extreme Bedingungen vor?

Lurz: Das ist zum Beispiel ein Faktor, der wirklich sehr, sehr schwer ist. Man kann sich nur bedingt darauf vorbereiten. In London waren eigentlich 18 Grad so angebracht, die letzten 15 Jahre hatte es so 18, 19 Grad gehabt. Letztes Jahr glücklicherweise 21. Ich bin ab Mai im Dallenbergbad geschwommen, das ist natürlich beheizt. Es war schon wirklich hart. Kaltes Wasser ist schwer. Theoretisch das einzigste, was wirklich hilft, ist in dem Fall zuzunehmen.

Amir: Wie schafft man es während eines Wettkampfes auch noch Kalorien aufzunehmen, um fit zu bleiben? 19mal haben Sie sich während des 25km-Rennens in Barcelona verpflegt. Wie geht das

Lurz: Also auf der einen Seite habe ich Energieriegel dabei, also power packets, ja, die hat man im Anzug drin stecken wie beim Triatholon und beim Laufen. Zum andern muss man vorher schon gut trinken so Kohlehydratgetränke. 25 km – das ist so lang, dass man eigentlich im Normalfall die letzte halbe Stunde, bei mir waren es schon die letzten eineinhalb Stunden Cola trinkt, weil Coca Cola sehr viel Zucker beinhaltet und man dadurch relativ schnell Energie bekommt. Eigentlich trinkt man das nur in der letzten viertel Stunde, aber ich konnte das Kohlehydratgetränk nicht mehr trinken. Mir war's total schlecht und da habe ich nur noch Cola getrunken. Und von dem Zeitpunkt an ging's mir viel besser. Ich hab's besser vertragen. Mein Magen hat's besser vertragen, da muss man natürlich oft anhalten, damit man immer wieder nachschürt. Wie man einen Ofen, wo Holz drin ist, immer wieder nachschüren muss, damit's brennen kann. Cola ist da eigentlich gut. Man muss auch dazu sagen: Die Strecke muss dann auch dementsprechend lang sein, also kein zwei Kilometer Joggen draußen und Cola trinken, das ist nicht drin.

Alina: Sie trainieren jetzt seit Sie zehn Jahre alt sind sehr hart. Hatten Sie mal Momente, wo Ihnen alles egal, wo Aufhören im Raum stand?

Lurz: Ja, doch, Athen 2004 war sehr schwer für mich. Auch im Jugendalter, wobei ich da sagen muss, meine Eltern haben mich doch schon immer sehr, sehr unterstützt und dementsprechend auch manchmal angetrieben, wofür ich eigentlich im Nachhinein sehr, sehr dankbar bin. Aber doch ich hatte schon so Zeitpunkte, wenn man Rennen verliert und man denkt, wofür macht man das. Aber genau das ist der Schlüssel zum Erfolg - da weiterzumachen, weil Niederlagen erlebt jeder, aber trotzdem weiterzumachen, das ist es.

Amir: Sie haben auch schon ein bisschen von Ihrer Schulzeit erzählt. Der Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ist im Laufe seiner Schulzeit zweimal durchgefallen. Jetzt würde ich von Ihnen gerne einmal wissen: Was für ein Schüler waren Sie?

Lurz: Durchgefallen bin ich - toi toi toi - nicht. Für mich war die Note 3 schon sehr, sehr gut, 4 war eigentlich auch noch O.K. 5er war natürlich schlecht, ist klar. Außer in Sport da war ich gut, na ist logisch. Da war ich wahrscheinlich der Beste. Ich war schon bemüht, auch dann später im Studium ... Ich war ein Musterschüler in dem Sinn, dass ich eigentlich keinen großen Blödsinn gemacht habe. Wir haben schon unseren Spaß gehabt, klar, das gehört dazu, aber es war nicht so, dass ich je in meinem Leben einen Verweis gehabt hab'.

Alina: Welche Lieblingsfächer hatten Sie in der Oberstufe?

Lurz: Das ist schwer (lacht). Na, Sport ... Ausgesprochene Lieblingsfächer, wo ich sagen kann, das war super, hatte ich nicht. Das war auch im Schwimmen nicht so. Ich bin nicht zum Training und habe gesagt, das macht mir jetzt unheimlich Spaß zu schwimmen. Wettkämpfe haben mir schon Spaß gemacht, aber ich hab’ nie gesagt: Das ist jetzt mein absolutes Hobby.

Amir: Nun sind wir alle in der Oberstufe, noch dazu im G8 und wir haben schon alle den bangen Blick, wenn wir an die nächsten anstrengenden Wochen denken. Wie viele Stunden haben Sie in der 11./12. Klasse neben der Schule trainiert?

Lurz: Egal ob ich Abitur gemacht hab’ oder Diplomarbeit geschrieben hab; ich hab’ trotzdem vor der Schule und nach der Schule ganz normal trainiert. Es gibt immer einen Weg es zu schaffen, man muss nur fleißig sein. Man muss sich einen Plan zurechtschmieden, bald genug damit anzufangen und dann zielstrebig darauf zulernen und das sich dann gut einteilen. Man darf nicht in Hektik und Panik verfallen, sondern wissen: Heute mach’ ich das, morgen mach’ ich das, dann Pause. Auch im Sport einen Trainingsplan aufzubauen ist das A und O.

Alina: Welche Ziele haben Sie sich als Schüler gesetzt?

Lurz: Als Schüler wollt ich durchkommen, das war mein Ziel.

Amir: Was haben die Mitschüler dazu gesagt? Waren Sie in einer festen Clique oder hatten Sie vor allem Neider?

Lurz: Nee, es war eigentlich in der Schule ganz gut, weil ich natürlich sehr sportlich war. Bei den Jungs hat das schon gepasst. Ich hab mich immer gut verstanden mit allen. Es war nicht so, dass ich ein Außenseiter war. Im Gegenteil: Ich hatte schon meine Freunde und die habe ich bis heute zum Teil noch. Es hat schon Spaß gemacht, in die Schule zu gehen und seine Freunde zu treffen, das habe ich später so ein bisschen vermisst. An der Uni war es dann schwieriger. Ich habe etwas länger studiert als acht Semester und irgendwann hatte ich dann mehr Kontakt zu den Professoren als zu meinen Kommilitonen.

Amir: Als Sie Schüler waren, sind Sie da auch mal so feiern gegangen, dass Sie am nächsten Tag eben nicht um sechs Uhr früh aufstehen konnten, weil Ihnen der Schädel gebrummt hat?

Lurz: Ich hatte lange Jahre, bevor mein Bruder mein Trainer wurde, einen Trainer aus der Sowjetunion, also aus Russland, der war damals auch schon sehr erfolgreich bei den Olympischen Spielen. Der hat uns immer eines gesagt: Ihr könnt feiern, ist kein Thema, aber wenn ihr feiert, seid ihr trotzdem beim Training um sechs. Wenn ihr nicht beim Training seid, dann seid ihr Schlappschwänze. Und so blieb uns gar nichts anderes übrig. Wir haben natürlich im Trainingslager auch mal gefeiert und auch nach dem Abitur, kann ich mich erinnern. Aber ganz ehrlich: Ich hab das Training nie ausfallen lassen, es hätt' sich eh nicht rentiert, weil es uns der Trainer dann doppelt und dreifach gegeben hätte; wobei ich sagen muss, ich vom Typ her nicht jemand bin, der sonderlich viel feiert. Ich hab mir immer gesagt: OK, wenn ich hier weggehe, war für mich schon ein Problem, mich irgendwo anzustellen, an der Disco, wo ich eigentlich gar nicht rein will. Außerdem gibt's die Disco jeden Freitag, jeden Samstag, da ändert sich nichts dran. Aber jetzt bin ich noch jung, jetzt kann ich im Sport, wenn ich fleißig bin, noch etwas erreichen, was ich später nicht mehr kann. Also ich bereits’ die Welt, ich seh’ was anderes und das war für mich schon immer ein Motivationsgrund zu sagen, bevor ich jetzt abends weggehe, das ist OK, aber letztendlich verpass ich da nichts.

Alina: Nun haben Sie bei der Schwimm-WM in Barcelona wieder gründlich abgeräumt: Vier Starts – vier Medaillen, die Goldmedaille über die 25 km, knapp 5 Stunden waren Sie im Wasser. Wie bereitet man sich mental auf so eine mörderische Strecke vor?

Lurz: Wenn man das das erste Mal schwimmt, weiß man nicht so recht, was da auf einen zukommt. Man hat zwar viel Erfahrung und kann es sich ungefähr vorstellen. ... Ich hatte einen Höllenrespekt vor den 25 Kilometern. Letztendlich ist es wieder so ne typische Erfahrung, dass man eigentlich nicht aufhören darf und irgendwann alles mal endet. Während der 25 Kilometer habe ich nach Kilometer 10 und 20 gedacht , ich sterb’, es geht nicht. Und da sieht man wieder einmal, dass vieles vom Kopf gelenkt wird. Und nach Kilometer 20 ging's mir dann wieder gut. Dann sieht man so langsam das Ende, dann konzentriert man sich wieder und dann passt's wieder. Deswegen: Der Körper kann viel, meistens ist es der Kopf, der aufgibt.

Alina: Nun schaffen Sie es ja zusätzlich zu Ihrem Trainingsalltag auch noch andere Projekte anzugehen. So haben Sie die Thomas-Lurz-Sportstiftung gegründet. Welche Ziele verfolgen Sie damit?

Lurz: Die Stiftung ist für den Behindertensport. Ich glaube, es ist wichtig, wenn man viele Jahre im Sport gesund war - Gesundheit ist das A und O - und erfolgreich war ... Man möchte etwas zurückgeben. Es ist das wichtig, dass man etwas zurückgibt, wenn man viele Jahre im Sport gesund war ...

Amir: Was hat es mit dem BGM-Programm (Betriebliches Gesundheitsmanagement - Top-Fit für Top-Leistung) auf sich? Meinen Sie die Schülerschaft einer Schule könnte so etwas auch gut vertragen?

Lurz: Mit Sicherheit. Sport - einmal unabhängig vom Leistungssport - ist sehr, sehr wichtig. Bewegung tut unserem Körper sehr gut. Wir müssen uns bewegen. Wir haben nur eine Gesundheit, ist sie kaputt, ist sie kaputt. Deswegen ist Rauchen schon mal schlecht. Ganz, ganz wichtig: Treibt kein Schindluder mit Eurem Körper.

Man muss keine 25 Kilometer schwimmen, das ist auch nicht gesund. Aber man muss kontinuierlich Sport treiben, was einem Spaß macht, auf die Ernährung achten. Weil natürlich heutzutage muss man sagen mit dem Handy und den ganzen Spielen, Playstation und so weiter, man doch gerne zuhause sitzt. Deswegen ist Bewegung und Ernährung das A und O, weil das ist Euer Körper, das ist Euer Kapital, den habt ihr auch nur einmal, geht der kaputt, ist es schlecht. Den kann man nicht mehr austauschen. Deswegen achtet drauf und bewegt euch viel, dann habt ihr auch lange Zeit davon etwas.

Alina: Heißt es dann, dass Schwimmen, wie Sie es ausüben, auch immer noch gesund ist?

Lurz: Da kommt es natürlich an eine Grenze. ... Wenn ich zum Arzt gehe und mich durchchecken lasse, außer dass das Herz etwas groß ist, das muss man wieder abtrainieren ... Das ist auch wichtig, im Großen und Ganzen ist es schon gut ...

Alina: Sie sind auch inzwischen Coach beim Unternehmen s.Oliver, sprechen vor Führungskräften. Wie muss man sich das vorstellen? Was machen Sie da genau?

Lurz: In dem Fall ist es so, dass die Führungskräfte eine Ausbildung durchlaufen mit verschiedenen Themen und Schwerpunkten, wo Motivation und Leistungsdruck dazu- gehört. Es sind viele Dinge und Synergien, die man aus dem Leistungssport auch übertragen kann, das ist ein Hauptbestandteil.

Amir: Welche Ziele haben Sie noch in der Zukunft?

Lurz: Ja, natürlich irgendwann einmal wird's natürlich auch einen Beruf geben und da ist mir schon wichtig, auch Erfolg zu haben.

Alina: Das heißt, wo sehen Sie sich in 20 Jahren?

Lurz: 20 Jahre (lacht) - schau mer mal. So weit habe ich jetzt noch nicht gedacht, sicherlich ne Familie, klar, das ist schon wichtig. Gesund zu bleiben ist wichtig und beruflich ... Ich würde natürlich schon sehr gerne in meiner Heimat bleiben. Würzburg ist mein Zuhause, es ist zwar keine Großstadt, aber trotzdem schon irgendwie schön. Von daher wäre es schön, wenn ich hierbleiben könnte. Muss man mal schauen.

Amir: Am 6. Oktober sind Sie schon wieder zum Open Water World Cup in Hongkong, am 13. Oktober in Shantou, am 23. Oktober haben Sie dann einen Messeauftritt in Nürnberg - wie schaffen Sie diese ständigen Wechsel?

Lurz: Das ist schon mal gut, das habe ich zwar im Kalender, aber noch gar nicht so dran gedacht. Seit Barcelona hatte ich noch keinen Tag frei, das muss man auch mal so sehen, schwierig ... aber auf der anderen Seite muss man das alles auch wahrnehmen, das ist wichtig, auch für später. Auch da gilt's fleißig zu sein. Es sind sehr, sehr viel Termine, muss man machen, sollte man machen. Ist nicht einfach, weil die Zeit zum Ausruhen braucht man schon. Man muss es auch da gut planen, das ist das Wichtigste, dann geht das auch, wobei es manchmal echt schwierig ist ...

Amir: Unsere Zeit ist allmählich zu Ende. Herr Lurz, Sie haben noch drei Wünsche frei. Was wünschen Sie sich?

Lurz: Für Euch oder generell?

Amir: Das müssen Sie entscheiden.

Lurz: Ich wünsche für Euch, dass Ihr alle einen guten Abschluss macht, damit Ihr dann später Eurem Beruf oder Eurem Studium nachgehen könnt. Seid fleißig und gesund ist wichtig, ernährt Euch gesund und bewegt Euch. Und dann wünsch' ich Euch für die Zukunft alles Gute und bleibt am Ball und - wie gesagt – wenn’s mal schwere Zeiten gibt, denkt dran, es gibt andere, die haben es noch schwerer und dann fällt's auch ein bisschen einfacher.

Alina: Wir bedanken uns sehr für das coole Interview!

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